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Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI

Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI: 1. Die Gewinnrealisierung tritt bei Planungsleistungen eines Ingenieurs nicht erst mit der Abnahme oder Stellung der Honorarschlussrechnung ein, sondern bereits dann, wenn der Anspruch auf Abschlagszahlung nach § 8 Abs. 2 HOAI entstanden ist. - 2. Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI sind nicht wie Anzahlungen auf schwebende Geschäfte zu bilanzieren. - Urt.; BFH 14.5.2014, VIII R 25/11; SIS 14 25 73

Kapitel:
Unternehmensbereich > Gewinnermittlung > Verschiedene Bilanzierungsfragen
Fundstellen
  1. BFH 14.05.2014, VIII R 25/11
    BStBl 2014 II S. 968
    DStR 2014 S. 2010

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 12.11.2014
    F.K. in BB 43/2014 S. 2610
    H.J.P. in BFH/PR 12/2014 S. 410
    H.W.G. in FR 24/2014 S. 1138
    H.W.G. in BB 1-2/2015 S. 43
    KAM in Stbg 2/2015 S. M 11
    H.M.K. in AktStR 1/2015 S. 39
    F.W. in HFR 12/2014 S. 1045
Normen
[EStG] § 4 Abs. 1
[HOAI] § 8 Abs. 2
[HGB] § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz
[BGB] § 631, § 640
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 12.04.2011, SIS 12 17 14, Gewinnrealisierung, Ingenieur, Baugewerbe, Fiktion, Realisationsprinzip
Zitiert in... / geändert durch...
  • Thüringer FG 13.11.2019, SIS 20 08 01, Aktivierung entstandener Honoraransprüche eines Steuerberaters aus unfertigen Leistungen: 1. Ein Steuerbe...
  • BFH 7.11.2018, SIS 18 21 03, Keine Gewinnrealisierung durch Bewilligung eines Vergütungsvorschusses für bilanzierenden Insolvenzverwal...
  • FG Berlin-Brandenburg 2.5.2018, SIS 18 14 62, Zeitpunkt der Aktivierung von Forderungen eines privaten Arbeitsvermittlers aus der Vermittlung von Arbei...
  • BFH 26.4.2018, SIS 18 09 93, Bilanzierung von Provisionsvorauszahlungen und damit im Zusammenhang stehender Aufwendungen: 1. Solange d...
  • FG Berlin-Brandenburg 1.3.2018, SIS 18 11 44, Dem ausscheidenden Sozius einer Insolvenzverwaltungs-GbR nachträglich zufließende Vergütungsanteile für z...
  • BFH 17.1.2018, SIS 18 06 19, Gewinn aus als Gegenleistung für Vermögensübertragung an Anteilseigner zu gewährende Aktien, keine Rückwi...
  • FG Hamburg 5.4.2016, SIS 16 13 45, Umwandlungssteuerrecht, Zeitpunkt der Realisierung stiller Reserven bei einer Vermögensübertragung gegen ...
  • BMF 15.3.2016, SIS 16 05 42, Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen: Das Bundesfinanzministerium hat sein Schrei...
  • FG Baden-Württemberg 3.3.2016, SIS 16 10 65, Gewinnrealisierung bei der Erfüllung eines Gerüstbauvertrages: 1. Der selbstständige Gerüstbauvertrag ist...
  • FG Düsseldorf 28.1.2016, SIS 16 20 56, Vergütungsvorschuss eines bilanzierenden Insolvenzverwalters, Zeitpunkt der Gewinnrealisierung, Behandlun...
  • BMF 29.6.2015, SIS 15 14 20, Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen: Die vom BFH im Urteil vom 15.4.2014 (BStBl ...
  • LfSt Bayern 21.5.2015, SIS 15 12 77, Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen der Architekten nach HOAI: Die Grundsätze de...
  • BMF 13.5.2015, SIS 15 12 73, Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen für Werkleistungen der Architekten nach HOAI: Die Grundsätze de...
Fachaufsätze
  • LIT 03 11 76 U. Prinz, DB 7/2016 S. 371: Realisationsprinzip bei Abschlagszahlungen - Neues "Dauerstreitfeld" mit der Finanzverwaltung? - Lit.; U....
  • LIT 03 12 27 P. Oser/A. S. Bolik/H. Wirtz, DB 8/2016 S. 421: Anwendungsfragen zur Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen - Buchhalterische Abbildung und Auswirkung...
  • LIT 03 13 96 U. Prinz, DB 12/2016 S. 684: Überraschende "Wende" der Finanzverwaltungsauffassung zu Abschlagszahlungen für Werkleistungen - Lit.; U....
  • LIT 03 14 38 R. Köhler, StBp 4/2016 S. 93: Einzelprobleme in der Bilanzierungspraxis von Abschlagszahlungen bei Werkverträgen - Lit.; R. Köhler, StB...
  • LIT 03 30 73 D. Korte/R. Mujkanovic, StuB 22/2016 S. 843: Erlöserfassung von Abschlagszahlungen? - Lit.; D. Korte/R. Mujkanovic, StuB 22/2016 S. 843; HGB § 252 Abs...
  • LIT 03 03 32 H.M. Korth, AktStR 1/2015 S. 39: Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach § 8 HOAI - Anmerkungen zum BFH-Urteil vom 14.5.2014, VIII ...
  • LIT 03 00 36 H. Weber-Grellet, FR 24/2014 S. 1138: Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI - Kommentar zum BFH-Urteil vom 14.5.2014, ...
  • LIT 02 97 78 F. Kleinmanns, BB 43/2014 S. 2610: Gewinnrealisierung bei Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI - BB-Kommentar zum BFH-Urteil vom 14.5.201...
Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betreibt ein Ingenieurbüro für Bautechnik. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In ihrer Bilanz auf den 31.12.2000 aktivierte sie „unfertige Leistungen“ in Höhe von 8.481.829,85 DM und passivierte „erhaltene Anzahlungen“ in Höhe von 11.041.615,56 DM als Verbindlichkeiten, da sie davon ausging, dass insoweit eine Gewinnrealisierung noch nicht eingetreten sei. Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Auffassung, dass ein wesentlicher Teil der Leistungen, die die Klägerin in ihrer Bilanz als unfertige Leistungen ausgewiesen hatte, bereits wirtschaftlich erfüllt und der Gewinn auch insoweit realisiert sei. Für mögliche Belastungen durch Restarbeiten und Planungsfehler setzte es eine Rückstellung in Höhe der Differenz zwischen den Honorarforderungen und den erhaltenen Anzahlungen an und erhöhte in dem geänderten Feststellungsbescheid für 2000 vom 4.11.2005 den Gesamthandsgewinn der Klägerin auf 3.984.378 DM. Nach Abzug der Sonderbetriebsausgaben beliefen sich die festgestellten Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 3.959.445 DM.

 

 

2

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das Finanzgericht (FG) der Klage in seinem in EFG 2012, 816 = SIS 12 17 14 veröffentlichten Urteil vom 12.4.2011 13 K 3413/07 F teilweise stattgegeben. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass der Gewinn nur insoweit realisiert worden sei, als die Planungsleistungen der Klägerin (fiktiv oder konkludent) abgenommen worden seien. Der Gewinnfeststellungsbescheid sei insoweit rechtswidrig, als in dem festgestellten Gewinn Abschlagszahlungen für Projekte erfasst worden seien, die am Bilanzstichtag noch nicht abgenommen worden seien. Das FG setzte den Gesamthandsgewinn der Klägerin auf 2.132.062 DM herab und übertrug die Aufteilung des Gewinns auf die Gesellschafter dem FA. Während des Revisionsverfahrens erließ das FA für das Streitjahr geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 15.6.2011 und 20.7.2011 (letzteren nur wegen erneut geänderter Gewinnverteilung), in denen es den Gesamthandsgewinn nach Maßgabe des FG-Urteils erneut feststellte und auf die Gesellschafter verteilte.

 

 

3

Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Erhöhung des Gesamthandsgewinns sei rechtswidrig. Eine Gewinnrealisierung sei nicht eingetreten, da weder Honorarschlussrechnungen gestellt noch die Planungsleistungen abgenommen worden seien. Entgegen der Auffassung des FG könne eine Teilabnahme nicht fingiert werden.

 

 

4

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 12.4.2011 13 K 3413/07 F, die Einspruchsentscheidung vom 7.8.2007 sowie die geänderten Bescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2000 vom 4.11.2005, vom 15.6.2011 und vom 20.7.2011 aufzuheben.

 

 

5

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen sowie die Klage gegen die Änderungsbescheide vom 15.6.2011 und 20.7.2011 abzuweisen.

 

 

6

II. Auf die Revision der Klägerin ist das angefochtene Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, sodass die Klage gegen die Änderungsbescheide abzuweisen ist.

 

 

7

1. Das angefochtene Urteil ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Das FG hat über den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2000 vom 4.11.2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7.8.2007 entschieden. Das FA hat sich nicht darauf beschränkt, nach Maßgabe des FG-Urteils das Ergebnis der Neuaufteilung des Gesamthandsgewinns festzustellen, sondern hat in den geänderten Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2000 vom 15.6.2011 und 20.7.2011 auch den Gesamthandsgewinn festgestellt. Die Bescheide sind an die Stelle des ursprünglich mit der Klage angefochtenen Bescheides getreten, sodass dem Urteil des FG ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt und es deshalb keinen Bestand haben kann (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.11.2003 IV R 31/02, BFHE 204, 166, BStBl II 2006, 7 = SIS 04 06 10, m.w.N.).

 

 

8

Die geänderten Feststellungsbescheide vom 15.6.2011 und 20.7.2011 sind nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Da sich hinsichtlich der streitigen Punkte keine Änderungen ergeben haben und die Klägerin auch keinen weiter gehenden Antrag gestellt hat, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, sodass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (BFH-Urteil vom 23.1.2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43 = SIS 03 23 11).

 

 

9

2. Aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO entscheidet der Senat in der Sache selbst. Die Klage ist unbegründet und deshalb abzuweisen. Der zuletzt ergangene Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2000 vom 20.7.2011, der die vorangegangenen Bescheide in sich aufnimmt, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da der festgestellte Gewinn zum Abschlussstichtag bereits in voller Höhe realisiert worden war.

 

 

10

a) Der Zeitpunkt der Aktivierung von Forderungen bestimmt sich auch bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung - GoB - (BFH-Urteile vom 10.9.1998 IV R 80/96, BFHE 186, 429, BStBl II 1999, 21 = SIS 98 23 22; vom 6.12.1983 VIII R 110/79, BFHE 140, 74, BStBl II 1984, 227 = SIS 84 05 11; Schmidt/ Heinicke, EStG, 33. Aufl., § 4 Rz 44). Zu diesen GoB gehört das in § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. Halbsatz des Handelsgesetzbuchs geregelte Realisationsprinzip, demzufolge Gewinne nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind (BFH-Urteil vom 17.3.2010 X R 28/08, BFH/NV 2010, 2033 = SIS 10 32 06). Bei Lieferungen und anderen Leistungen wird Gewinn realisiert, wenn der Leistungsverpflichtete die von ihm geschuldeten Erfüllungshandlungen „wirtschaftlich erfüllt“ hat und ihm die Forderung auf die Gegenleistung (die Zahlung) - von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken abgesehen - so gut wie sicher ist (vgl. BFH-Urteile vom 20.3.2013 X R 15/11, BFH/NV 2013, 1548 = SIS 13 25 06; vom 3.8.2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20 = SIS 05 45 92; vom 12.5.1993 XI R 1/93, BFHE 171, 448, BStBl II 1993, 786 = SIS 93 19 17; vom 28.1.1960 IV 226/58 S, BFHE 71, 111, BStBl III 1960, 291 = SIS 60 01 68, jeweils m.w.N.). In diesem Fall reduziert sich das Zahlungsrisiko des Leistenden darauf, dass der Empfänger Gewährleistungsansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist. Ohne Bedeutung ist hingegen, ob am Bilanzstichtag die Rechnung bereits erteilt ist, ob die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob die Forderung erst nach dem Bilanzstichtag fällig wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20 = SIS 05 45 92, m.w.N.).

 

 

11

b) Eine Dienst- oder Werkleistung ist „wirtschaftlich erfüllt“, wenn sie - abgesehen von unwesentlichen Nebenleistungen - erbracht worden ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 71, 111, BStBl III 1960, 291 = SIS 60 01 68). Zwar bedarf es bei Werkverträgen i.S. des § 631 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich der Übergabe und der Abnahme des Werks durch den Besteller (§ 640 BGB), um die handels- und steuerrechtliche Gewinnrealisierung herbeizuführen (vgl. BFH-Urteile vom 24.1.2008 IV R 87/06, BFHE 220, 385, BStBl II 2008, 428 = SIS 08 14 77; vom 8.9.2005 IV R 40/04, BFHE 211, 206, BStBl II 2006, 26 = SIS 05 45 96, jeweils m.w.N.). Dies kann uneingeschränkt jedoch nur dann gelten, wenn die Wirkungen der Abnahme für das Entstehen des Entgeltanspruchs des Unternehmers nicht durch Sonderregelungen, wie etwa eine Gebührenordnung, modifiziert werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.1979 IV R 69/74, BFHE 129, 380, BStBl II 1980, 239 = SIS 80 01 35).

 

 

12

c) Dies ist bei den von der Klägerin erbrachten Planungsleistungen der Fall, da für deren Abrechnung die Bestimmungen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gelten. Nach § 8 Abs. 2 HOAI in der im Streitjahr geltenden Fassung vom 21.9.1995 (BGBl I 1995, 1174) hat der Werkunternehmer in angemessenen zeitlichen Abständen für bereits nachgewiesene Leistungen einen Anspruch auf Abschlagszahlungen. Dieser setzt weder voraus, dass eine Teilabnahme vereinbart worden ist, noch, dass eine solche tatsächlich erfolgt ist. Erforderlich ist lediglich, dass der Auftragnehmer die (Teil-)Leistung abnahmefähig erbracht und eine prüfbare Rechnung wie bei der Schlussrechnung vorgelegt hat. Zweck der Regelung ist es, dem Auftragnehmer die Nachteile der bestehenden Vorleistungspflicht zu nehmen, da es sachlich nicht gerechtfertigt ist, dem Auftragnehmer einen beträchtlichen Teil des Honorars für eine längere Zeit vorzuenthalten, wenn die zu vergütende Leistung bereits erbracht worden ist (Beschluss des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 22.12.2005 VII ZB 84/05, BGHZ 165, 332, m.w.N.; Korbion/Mantscheff/Vygen, HOAI, 7. Aufl., § 8 Rz 22, 54; Locher/Koeble/Frik, Kommentar zur HOAI, 7. Aufl., § 8 Rz 58 ff.; Pott/Dahlhoff, HOAI, 5. Aufl., § 8 Rz 10).

 

 

13

Da weder die Abnahme der Planungsleistung noch die Stellung einer Honorarschlussrechnung für die Entstehung des Honoraranspruchs nach § 8 Abs. 2 HOAI von Bedeutung sind, ist mit der auftragsgemäßen Erbringung der Planungsleistung die Abschlagszahlung bereits verdient (vgl. BFH-Urteile in BFHE 129, 390, BStBl II 1980, 239 = SIS 80 01 35; vom 29.11.2007 IV R 62/05, BFHE 220, 85, BStBl II 2008, 557 = SIS 08 13 67; in BFHE 71, 111, BStBl III 1960, 291 = SIS 60 01 68). Sie ist dem Leistenden auch „so gut wie sicher“, da eine Rückforderung geleisteter Abschlagszahlungen ausgeschlossen ist, wenn der Auftragnehmer durch Überreichung einer prüfbaren Honorarschlussrechnung nachweist, dass der Honoraranspruch in der bereits abgerechneten Höhe entstanden ist (BGH-Urteil vom 22.11.2007 VII ZR 130/06, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2008, 328, m.w.N.; Korbion/Mantscheff/Vygen, a.a.O., § 8 Rz 61). Der Auftragnehmer hat es danach - unabhängig von der Abnahme des Werkes - selbst in der Hand, ob er das bereits verdiente Entgelt behalten kann. Es besteht somit kein Grund, Abschlagszahlungen nach § 8 Abs. 2 HOAI wie Anzahlungen auf schwebende Geschäfte zu bilanzieren.

 

 

14

d) Nach diesen Grundsätzen ergibt sich ein höherer als der vom FA im Bescheid vom 20.7.2011 festgestellte Gewinn, da in diesem nicht alle von der Klägerin bis zum 31.12.2000 gemäß § 8 Abs. 2 HOAI vereinnahmten Abschlagszahlungen mit gewinnrealisierender Wirkung erfasst worden sind. Das Verbot der reformatio in peius schließt indessen die Feststellung eines höheren Gewinns aus (vgl. BFH-Urteil vom 16.2.1989 IV R 64/87, BFHE 157, 44, BStBl II 1989, 708 = SIS 89 16 16). Die Klage ist daher abzuweisen.

 

Anmerkung RiBFH Prof. Brandt

Die Entscheidung unterstreicht die Erheblichkeit von Sonderregelungen wie § 8 HOAI für die Bestimmung des Zeitpunkts, in dem eine steuerrechtliche und handelsrechtliche Realisation von Forderungen kraft „wirtschaftlicher Erfüllung“ anzunehmen ist. Ist nach einer solchen Sonderregelung weder die Abnahme noch die Stellung einer Honorarschlussrechnung für die Entstehung des Honoraranspruchs Voraussetzung, besteht bereits mit der auftragsgemäßen Erbringung der geschuldeten Leistung unbedingter Anspruch auf die Abschlagszahlung (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.2007 IV R 62/05 = SIS 08 13 67, BStBl 2008 II S. 557) mit der Folge, dass Abschlagszahlungen nicht wie Anzahlungen auf schwebende Geschäfte, sondern als zu aktivierende Forderungen zu bilanzieren sind.