Personengesellschaft, Sondervergütung: Wird dem Gesellschafter einer Personengesellschaft eine (zusätzliche) Vergütung gewährt, die nicht durch Dienstleistungen oder Nutzungsüberlassungen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG, sondern durch das Bestreben veranlasst ist, ihn vorzeitig an noch nicht realisierten Gewinnen der Gesellschaft zu beteiligen, so handelt es sich um eine Entnahme des Gesellschafters. - Urt.; BFH 24.1.2008, IV R 87/06; SIS 08 14 77
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) und die A-GmbH (A) sind zu
je 50 v.H. an der Arbeitsgemeinschaft B (ARGE) beteiligt. Zweck der
ARGE ist das Abteufen von zwei Schächten aufgrund eines 1983
geschlossenen Werkvertrages mit der C-GmbH (C). Die ARGE begann mit
den Arbeiten am 1.4.1984.
Für das Durchteufen der nicht
standfesten wasserführenden Schichten des Deckgebirges
verwendete die ARGE das Gefrierschachtverfahren. Dazu wird unter
Verwendung von Gefrierrohren das den geplanten Schacht umgebende
Gebirge eingefroren. Nach Fertigstellung des Schachtes taut der
Frostmantel durch natürliche Wärme wieder auf.
Der Vertrag mit der C sah vor, dass
Leistungen für eine Nettoangebotssumme von rund 120 Mio. DM
erbracht werden sollten. Zur Erleichterung und Vorbereitung der
Endabnahme wurden den technischen Gegebenheiten entsprechend
vorläufige Bauabnahmen vorgenommen. Durch diese
vorläufigen Bauabnahmen sollten weder die Abnahme erklärt
noch Ansprüche wegen nicht vertragsgemäßer
Lieferung oder Leistung präjudiziert werden. Die Endabnahme
sollte für die beiden Schächte getrennt nach
Fertigstellung aller Leistungen stattfinden; frühestens dann,
wenn das Gebirge um den betreffenden Schacht herum in einer Zone
von wenigstens 0,5 m Breite auf der ganzen Länge des
Gefrierschachtteils aufgetaut sein werde. Die Gefahr sollte mit der
Abnahme auf die C übergehen. Noch im Jahr 1999 verweigerte die
Auftraggeberin die von der ARGE beantragte Endabnahme bis auf
weiteres. Im April 2002 kam es zu einer Teilabnahme.
Nach dem Gesellschaftsvertrag waren die
Gesellschafter verpflichtet, zur Erreichung des Gesellschaftszwecks
im Verhältnis ihrer Beteiligung Beiträge und Leistungen
an die ARGE zu erbringen. Die Gesellschafterleistungen wurden nach
§ 4.2 des ARGE-Vertrages nach Maßgabe des
Gesellschaftsvertrages vergütet. Sofern eine Festlegung der
Vergütung fehlte, sollte die „Aufsichtsstelle“
entscheiden. Bei ihr handelt es sich um das höchste Organ der
ARGE, in dem beide Gesellschafter je eine Stimme haben.
Den Gesellschaftern oblag gemeinsam die
technische Geschäftsführung der ARGE. Die
kaufmännische Geschäftsführung und Vertretung oblag
der Klägerin allein. § 11 des Vertrages regelt die
Vergütung für Sonderleistungen der ARGE-Partner. Die
Klägerin sollte danach für die kaufmännische
Geschäftsführungstätigkeit eine sog.
Federführungsgebühr in Höhe von 0,8 v.H. des
Umsatzes erhalten. Für die technische
Geschäftsführung sollte beiden Gesellschaftern eine
weitere Federführungsgebühr zustehen, deren Höhe
sich zunächst ebenfalls auf 0,8 v.H. vom Umsatz belief. Die
technischen Federführungsgebühren wurden zum 1.1.1991 auf
2,3 v.H. erhöht.
Die von der Auftraggeberin gezahlten Gelder
mussten nach dem Gesellschaftsvertrag zur Deckung der laufenden
Ausgaben einschließlich der Gesellschafterleistungen, zur
Tilgung kurzfristiger Kreditverbindlichkeiten und zur monatlichen
Angleichung der Gesellschafterkonten verwendet werden. Danach
verbleibende Beträge standen den Gesellschaftern zur Entnahme
zur Verfügung. Sie wurden als Forderungen auf den
Gesellschafterverrechnungskonten aktiviert.
Die Aufsichtsstelle beschloss für die
Jahre 1993 bis 1997 jeweils am Jahresende, dass die Gesellschafter
zur „Abdeckung von zusätzlichen
Geschäftskosten“ eine zusätzliche
Federführungsgebühr erhalten sollten. Für die Jahre
1993 bis 1997 richtete sich deren Höhe nach einem für die
verschiedenen Jahre unterschiedlichen Vomhundertsatz des vom
Baubeginn bis zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres angefallenen
„Umsatzes“. Für das Streitjahr (1994) belief sich
dieser Vomhundertsatz auf 3. Der maßgebliche
„Umsatz“ wurde mit 513 Mio. DM ermittelt (Beschluss der
Aufsichtsstelle vom 6.12.1994). Die Klägerin berechnete der
ARGE demzufolge mit Rechnung vom 31.12.1994 unter Angabe des
Betreffs „Geschäftsführung“ einen Betrag in
Höhe von 15.390.000 DM. Diesen Betrag buchte die ARGE in ihrer
Buchführung per Konto
„Federführungsgebühr“ (Aufwandskonto) an
Konto „Forderungen ARGE-Partner“. Gleichzeitig buchte
sie diesen Betrag per Konto „in Ausführung befindliche
Bauaufträge“ (Bestandskonto) an Konto
„Erhöhung des Bestandes der in Ausführung
befindlichen Bauaufträge“ (Ertragskonto). Die
Klägerin erfasste die zusätzliche
Federführungsgebühr als Sonderbetriebseinnahme.
Die Klägerin erzielte ausweislich
ihrer Bilanz zum 31.12.1994 - einschließlich der Erträge
aus der ARGE - einen Jahresüberschuss in Höhe von
4.890.313 DM. Der Abschlussprüfer erteilte einen
uneingeschränkten Bestätigungsvermerk, ohne auf die
zusätzliche Federführungsgebühr einzugehen.
Im Jahr 1996 reichte die Klägerin
für die ARGE eine Feststellungserklärung ein, derzufolge
sie, die Klägerin, aus den laufenden Einkünften der ARGE
anteilig 47.612 DM erzielte. Als Sonderbetriebseinnahmen wies sie
einen Betrag in Höhe von 16.691.628 DM aus, in denen die
zusätzliche Federführungsgebühr enthalten war. Der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erließ
einen entsprechenden Feststellungsbescheid unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung.
Mit Schreiben vom 20.12.2000 beantragte die
Klägerin, den Feststellungsbescheid insoweit zu ändern,
als bei ihr 15.390.000 DM als Erträge aus zusätzlichen
Geschäftskosten zu Unrecht erfasst seien. Zur Begründung
führte die Klägerin aus, die Vereinbarung vom 6.12.1994
sei steuerlich nicht anzuerkennen. Bei nahestehenden Personen
könnten nachträglich abgeschlossene Vereinbarungen nicht
anerkannt werden. Es handele sich vielmehr um Entnahmen der
Gesellschafter.
Das FA lehnte die Änderung ab und wies
den dagegen eingelegten Einspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin als zur
Vertretung berufene Geschäftsführerin der ARGE und als
Feststellungsbeteiligte Klage. Sie trug ergänzend vor,
entgegen der Formulierung in dem Beschluss vom 6.12.1994 seien bei
ihr keine zusätzlichen Kosten angefallen. Es handele sich um
eine Vereinbarung, die einem Fremdvergleich nicht standhalte. Zwar
seien die Bestimmungen des ARGE-Mustervertrages in den zwischen ihr
und der A geschlossenen ARGE-Vertrag übernommen worden. Diese
sähen jedoch keine zusätzliche - zudem von Baubeginn an
kumulierte - Anpassungsregelung vor. Eine solche Anpassung sei
nicht üblich. Auch unter dem Gesichtspunkt einer
Teilgewinnrealisierung ergebe sich kein anderes Ergebnis. Zudem sei
Streitgegenstand der Klage die Frage, ob eine zusätzliche
Federführungsgebühr als Sondervergütung zu
berücksichtigen sei; aufgrund der im Übrigen
eingetretenen Teilbestandskraft des angefochtenen
Feststellungsbescheides könne nicht mehr über eine
Teilgewinnrealisierung entschieden werden.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) sah es zwar aufgrund von Zeugenaussagen als
erwiesen an, dass die zusätzliche
Federführungsgebühr - anders als im Beschluss der
Aufsichtsstelle angegeben - nicht dazu gedient habe,
zusätzliche Kosten der Gesellschafter zu vergüten. Diese
Ausdrucksweise sei nur gewählt worden - so ein Zeuge
wörtlich -, „damit das Kind einen Namen“ habe.
Vielmehr habe es sich um eine Erhöhung der ursprünglich
vereinbarten Federführungsgebühr gehandelt. Die
Erhöhung der Federführungsgebühr sei steuerlich
anzuerkennen, da sie weder willkürlich noch unangemessen
gewesen sei. Der Fall sei genauso zu werten, wie wenn von Anfang an
eine höhere Federführungsgebühr vereinbart worden
wäre. Die Vereinbarung der zusätzlichen
Federführungsgebühr sei von den an der Beschlussfassung
beteiligten Personen als Mittel betrachtet worden, um angesichts
der positiven Entwicklung des Auftrags einen Teilgewinn aus der
Auftragsfertigung zu realisieren.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit
der Revision.
Sie beantragt, unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 7.8.2003
das FA zu verpflichten, den Feststellungsbescheid 1994 für die
ARGE dahingehend zu ändern, dass entsprechend dem
Änderungsantrag der Klägerin vom 20.12.2000 deren
Sondervergütung um 15.390.000 DM niedriger festgestellt
wird.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur
Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
1. Einer Beiladung der ARGE nach § 60
Abs. 3 FGO bedurfte es nicht, weil die Klägerin die Klage
zugleich als zur Vertretung berufene Geschäftsführerin
der ARGE erhoben hat (vgl. z.B. Senatsurteil vom 19.8.1999 IV R
13/99, BFHE 190, 11, BStBl II 2000, 85 = SIS 00 03 07, m.w.N.). Die
Beiladung der A war nicht notwendig i.S. des § 60 Abs. 3 FGO,
weil die Klage lediglich die Sondervergütungen der
Klägerin betrifft (s. nachfolgend unter 3.).
2. Der Verwaltungsakt, mit dem das FA die
Änderung des nach § 164 Abs. 1 i.V.m. § 181 Abs. 1
Satz 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung stehenden Gewinnfeststellungsbescheides 1994
abgelehnt hat, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in
ihren Rechten. Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann der
Steuerpflichtige die Änderung des Steuer- oder
Gewinnfeststellungsbescheides jederzeit beantragen (§ 164 Abs.
2 Satz 2 AO). Diesem Antrag ist - vorbehaltlich der hier nicht
einschlägigen Möglichkeit, die Entscheidung zu
verschieben (§ 164 Abs. 2 Satz 3 AO) - zu entsprechen, wenn
der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangene Bescheid
rechtswidrig ist.
a) Der Gewinnfeststellungsbescheid 1994 war
insoweit rechtswidrig, als in ihm die von der Klägerin der
ARGE in Rechnung gestellte zusätzliche
Federführungsgebühr als Sonderbetriebseinnahme den
Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft erhöhte. Die
Klägerin macht zu Recht geltend, dass die zusätzliche
Federführungsgebühr als Entnahme hätte behandelt
werden müssen.
aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zu den Einkünften
aus Gewerbebetrieb auch die Vergütungen, die der
Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit
im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen
oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern
bezogen hat. Als Sondervergütungen sind im hier
interessierenden Zusammenhang daher nur solche Vergütungen
anzusehen, die als Gegenleistung für die kaufmännische
und technische Geschäftsführung der Klägerin
für die ARGE anzusehen sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs
- BFH - vom 28.3.2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000,
612 = SIS 00 09 75 zu Nutzungsüberlassungen; Schmidt/Wacker,
EStG, 26. Aufl., § 15 Rz 561). Die Feststellungen des FG
lassen nur den Schluss zu, dass es im Streitfall an diesen
Voraussetzungen fehlt.
bb) Allerdings obliegt dem FG als
Tatsacheninstanz grundsätzlich die Auslegung der Vereinbarung
der Aufsichtsstelle vom 6.12.1994. Die Schlussfolgerung des FG, die
Vereinbarung habe eine Erhöhung der ursprünglich
vereinbarten Sondervergütung zum Inhalt gehabt, wird durch die
tatsächlichen Feststellungen des FG jedoch nicht gedeckt und
ist daher für den Senat nicht bindend. Vielmehr hat das FG
aufgrund der Beweisaufnahme festgestellt, dass die zusätzliche
Federführungsgebühr nicht etwa deswegen gezahlt wurde,
weil sich der Umfang der von der Klägerin an die ARGE
erbrachten Leistungen erhöht hätte. Die
Federführungsgebühr ist auch nicht deswegen erhöht
worden, weil den in der Aufsichtsstelle paritätisch
vertretenen Gesellschaftern die ursprünglich vereinbarte
Federführungsgebühr nachträglich unangemessen
niedrig erschienen wäre. Vielmehr bezweckten die
Gesellschafter mit der Behandlung der zusätzlichen
Federführungsgebühr als Sondervergütungen eine
Teilgewinnrealisierung, die ansonsten - jedenfalls nach
herrschender Auffassung - mangels Abnahme durch die Auftraggeberin
handelsrechtlich unzulässig gewesen wäre. Der
bilanzrechtliche Hintergrund ist unter dem Schlagwort
„Teilgewinnrealisierung bei langfristiger
Fertigung“ bekannt.
Bei Werkverträgen i.S. des § 631 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) bedarf es außer der
Übergabe der Abnahme des Werkes durch den Besteller (§
640 BGB), um den Übergang der Preisgefahr und damit die
handels- und steuerrechtliche Gewinnrealisierung
herbeizuführen (BFH-Urteile vom 17.1.1963 IV 335/59 S, BFHE
76, 702, BStBl III 1963, 257 = SIS 63 01 76, und vom 13.11.1985
VIII R 391/83, BFH/NV 1986, 531 = SIS 86 12 21; Krawitz, DStR 1997,
886, 888; Hillenbrand/ Brosig, BB 1994, 1397, 1398; Adler/
Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der
Unternehmen, 6. Aufl., HGB § 252 Rz 82). Bei Verträgen
über eine langfristige Fertigung kann sich daraus ergeben,
dass der Ausweis eines Gewinns beim Hersteller für lange Zeit
ausgeschlossen ist. Eine Teilgewinnrealisierung vor der
endgültigen Abnahme kommt nur dann in Betracht, wenn das
Gesamtwerk in abgrenzbare Teilleistungen zerlegt werden kann, eine
Teilabnahme vertraglich vorgesehen und auch erfolgt ist
(BFH-Urteile vom 5.5.1976 I R 121/74, BFHE 119, 59, BStBl II 1976,
541 = SIS 76 02 93; vom 7.9.2005 VIII R 1/03, BFHE 211, 168, BStBl
II 2006, 298 = SIS 05 47 92, unter II.B.4. der Gründe;
Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 9. Aufl., §
6, S. 251; Stobbe in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 5 EStG Rz 292;
Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 5 Rz 270
„Langfristige Fertigung“, jeweils m.w.N.). Diese
an einer strengen Anwendung des Realisationsprinzips orientierte
Gewinnrealisierung wird international als
Completed-Contract-Methode bezeichnet. Ihr wird allerdings wegen
des durch sie verursachten unstetigen Ergebnisausweises eine
Beeinträchtigung der Aussagefähigkeit und
Vergleichbarkeit der Jahresabschlüsse und damit ein Konflikt
mit der Generalnorm des § 264 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs
(HGB) vorgeworfen. Ihre Kritiker stellen ihr die
Percentage-of-Completion-Methode gegenüber, bei der der Ertrag
nach Maßgabe des Leistungsfortschritts berücksichtigt
wird (vgl. Krawitz, DStR 1997, 886, 888 und 891). Wegen der
für den Hersteller bis zur endgültigen Abnahme
verbleibenden Risiken wird diese Methode gleichwohl
überwiegend abgelehnt (vgl. z.B. Knobbe-Keuk, a.a.O., §
6, S. 251; Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzen, 8. Aufl., S. 685 ff.,
Krawitz, DStR 1997, 886, 891, m.w.N.). Auch der BFH hat Bedenken
gegen ein solches Vorgehen geäußert (BFH-Urteil in BFHE
119, 59, BStBl II 1976, 541 = SIS 76 02 93).
cc) Entgegen der Auffassung des FG kann eine
Personengesellschaft dieser Problematik nicht durch eine
„Teilgewinnrealisierung im Bereich der
Sonderbilanz“ ausweichen. Der Gewinn, um den es hier
geht, rührt aus dem Vertrag der ARGE mit der Auftraggeberin
her. Folglich kann der Gewinn auch nur im gesamthänderisch
gebundenen Gesellschaftsvermögen der ARGE entstehen. Nach dem
insoweit geltenden Prinzip der transparenten Besteuerung kann die
ARGE Anteile an diesem Gewinn nicht weiterleiten, bevor er bei ihr
entstanden ist. Andererseits bedarf es zur Weiterleitung des bei
der ARGE entstandenen Gewinns - anders als bei einer
Kapitalgesellschaft - keiner Ausschüttung.
dd) Die von FA und FG vertretene Auffassung
lässt sich auch nicht auf die Überlegung stützen,
dass die zusätzliche Federführungsgebühr - soweit
angemessen - nicht anders behandelt werden dürfe als eine von
vornherein vereinbarte höhere Federführungsgebühr.
Das FG hat aufgrund der Zeugenaussagen festgestellt, dass die
Zeugen die Höhe der Federführungsgebühr gerade von
der Höhe des mittlerweile entstandenen
„Polsters“ von nicht realisierten Gewinnen
(Differenz zwischen Anzahlungen einerseits und Restrisiken
andererseits) abhängig gemacht hätten. Eine Ermittlung
der Federführungsgebühr auf dieser Grundlage wäre im
Zeitpunkt der ursprünglichen Vereinbarung nicht möglich
gewesen. Diese Art der Bemessung der höheren
Federführungsgebühr zeigt zugleich, dass der Wert der von
der Klägerin erbrachten Leistung bei ihrer Ermittlung keine
Rolle spielte.
ee) Bei Zugrundelegung der vorstehenden
Erwägungen kommt es nicht darauf an, ob dem Beschluss der
Aufsichtsstelle vom 6.12.1994 bereits deshalb die steuerliche
Anerkennung zu versagen war, weil er gegen den das ganze
Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsatz der Nichtanerkennung
rückwirkender Vereinbarungen (Senatsbeschluss vom 15.3.2000 IV
B 35/99, BFH/NV 2000, 1185 = SIS 00 12 54) verstieß. Die
Anwendung dieses Grundsatzes wäre jedenfalls nicht deswegen
ausgeschlossen, weil der Beschluss zwar zum Ende, aber noch
innerhalb des laufenden Veranlagungszeitraums getroffen worden war
(BFH-Urteil vom 31.7.1963 I 164/62 U, BFHE 77, 328, BStBl III 1963,
440 = SIS 63 02 85).
ff) Ist die zusätzliche
Federführungsgebühr nicht als Entgelt für die von
der Klägerin gegenüber der ARGE erbrachte technische
Geschäftsleitung anzusehen, so fehlt es auf Seiten der ARGE an
den Voraussetzungen für den Betriebsausgabenabzug bzw. die
Aktivierung bei den Herstellungskosten als
„Speicherung“ künftiger Betriebsausgaben.
Es handelt sich mithin um Entnahmen der Klägerin.
b) Die Klägerin ist nicht durch den
Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, sich auf die
Unrichtigkeit ihrer ursprünglichen steuerlichen Behandlung der
zusätzlichen Federführungsgebühren zu berufen.
Solange der Vorbehalt der Nachprüfung i.S. des § 164 AO
besteht, kann ein als fehlerhaft erkannter Steuerverwaltungsakt
geändert werden. Dabei ist unerheblich, ob derjenige, der die
Änderung vornimmt (Finanzbehörde) oder begehrt
(Steuerpflichtiger), zuvor eine andere Rechtsauffassung vertreten
hat.
3. Die Sache ist entscheidungsreif.
Insbesondere bedarf es keiner Zurückverweisung zur
Klärung der Frage, ob der Gewinn der Gesellschaft deswegen zu
korrigieren war, weil sich das Gesellschaftsvermögen infolge
einer Teilgewinnrealisierung erhöht hatte. Was die Höhe
des Gesellschaftsgewinns angeht, so ist der
Gewinnfeststellungsbescheid 1994 bestandskräftig geworden. Die
Höhe des Gewinns oder Verlustes im Bereich des
Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters kann für
sich genommen Streitgegenstand im Klageverfahren gegen einen
Gewinnfeststellungsbescheid sein, mit der Folge, dass dann auch
grundsätzlich nur über die diesen Bereich betreffenden
steuerrechtlichen Folgen zu entscheiden ist (vgl. z.B. BFH-Urteile
vom 10.2.1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544 =
SIS 88 14 48, und vom 7.8.1990 VIII R 257/84, BFH/NV 1991, 507).
Allerdings hat der VIII. Senat des BFH mehrfach darauf hingewiesen,
dass er eine Ausnahme von diesem Grundsatz ggf. dann für
geboten hält, wenn die Angriffe gegen die Höhe des
Sonderbetriebsgewinns eines Gesellschafters zwangsläufig
Auswirkungen auf die Höhe des Sonderbetriebsgewinns eines
anderen Gesellschafters oder auf die Höhe des Gewinns aus dem
Gesellschaftsvermögen haben würden (BFH-Urteile in BFHE
152, 414, BStBl II 1988, 544 = SIS 88 14 48, und vom 12.12.1995
VIII R 59/92, BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219 = SIS 96 09 39,
unter C.II.2.b der Gründe). Das ist vorliegend indessen nicht
der Fall. Zwar hat die Nichtanerkennung der zusätzlichen
Federführungsgebühr als Sondervergütung zur Folge,
dass die Gebühren nicht als Herstellungskosten der
Schachtanlage aktiviert werden dürfen. Der Gewinn der
Gesellschaft im gesamthänderisch gebundenen
Gesellschaftsvermögen ändert sich dadurch jedoch nicht.
Auch auf den Sonderbetriebsgewinn des anderen Gesellschafters A hat
der Streit um die Behandlung der zusätzlichen
Federführungsgebühr bei der Klägerin keine
Auswirkung. Zwar dürfte die der A eingeräumte
zusätzliche Federführungsgebühr rechtlich ebenso
wenig als Sondervergütung anzuerkennen sein wie die der
Klägerin zuerkannte. Es ist aber keine Abhängigkeit in
dem Sinne gegeben, dass die Nichtanerkennung als solche Auswirkung
auf die Höhe der Sondervergütungen der A hätte.