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Realisierungszeitpunkt eines Auflösungsverlusts bei insolvenzfreier Liquidation mit Nachtragsliquidation, Änderung eines Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

Realisierungszeitpunkt eines Auflösungsverlusts bei insolvenzfreier Liquidation mit Nachtragsliquidation, Änderung eines Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO: 1. Maßgebender Realisierungszeitpunkt des nach § 17 Abs. 4 EStG zu berücksichtigenden Auflösungsverlusts ist auch im Fall einer Nachtragsliquidation derjenige, in dem mit einer Auskehrung von Gesellschaftsvermögen an den Gesellschafter und mit einer wesentlichen Änderung der durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen nicht mehr zu rechnen ist. - 2. Fallen im Rahmen der Nachtragsliquidation Aufwendungen an, die nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, handelt es sich um ein nachträgliches Ereignis, das die Höhe des Auflösungsgewinns oder -verlusts beeinflusst und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Zeitpunkt der Auflösung zurückzubeziehen ist. - Urt.; BFH 1.7.2014, IX R 47/13; SIS 14 21 90

Kapitel:
Unternehmensbereich > Betriebsaufgabe, Veräußerung, Anteilsübertragung
Fundstellen
  1. BFH 01.07.2014, IX R 47/13
    BStBl 2014 II S. 786

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.9.2014
    G.v.G. in BB 36/2014 S. 2162
    H.Sch. in HFR 10/2014 S. 895
    H.W.G. in BB 1-2/2015 S. 43
Normen
[EStG] § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 17
[AO 1977] § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
[HGB] § 252 Abs. 1 Nr. 4
[AktG] § 273 Abs. 4
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: Hessisches FG, 04.06.2013, SIS 14 05 63, Liquidation, Auflösungsverlust, Zeitpunkt
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 7.12.2023, SIS 23 20 81, Nichtzulassungsbeschwerde, grundsätzliche Bedeutung, Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung nach § 17 Abs....
  • FG Düsseldorf 19.1.2023, SIS 23 15 98, Berücksichtigung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen bei Ausfall eines Gesellschafterdarle...
  • Niedersächsisches FG 14.12.2022, SIS 24 02 94, Maßgeblicher Zeitpunkt der Entstehung eines Verlustes aus der Auflösung einer ausländischen Kapitalgesell...
  • BFH 5.4.2022, SIS 22 13 36, Wirksamkeit von Steuerbescheiden, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergehen: 1. Steuerbescheide,...
  • FG Düsseldorf 11.11.2021, SIS 22 01 23, Insolvenz einer Kapitalgesellschaft, Verlust aus Kapitalvermögen, Abgrenzung zum Auflösungsverlust aus Be...
  • BFH 19.11.2019, SIS 20 05 33, Beteiligung i.S. des § 17 EStG: Ob die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft (notwendiges) Betriebsver...
  • FG Düsseldorf 29.1.2019, SIS 19 07 24, Auflösungsverlust aus der Beteiligung an einer insolventen GmbH, Realisierungszeitpunkt vor Abschluss des...
  • BFH 23.11.2018, SIS 18 21 20, Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts: 1. Die Frage des Zeitpunkts der Berücksichtigung...
  • FG Münster 6.7.2018, SIS 21 05 46, Veräußerungsverlust i.S. des § 17 Abs. 4 EStG bei Liquidation: Ein Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 4...
  • BFH 25.6.2018, SIS 18 12 42, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Verfahrensmangel wegen unterlassener Hinzuziehung eines Sac...
  • FG Düsseldorf 23.5.2018, SIS 18 11 36, Auflösungsverlust bei GmbH-Insolvenz, Anspruch auf Änderung des bestandskräftigen Steuerbescheids des Rea...
  • BFH 13.3.2018, SIS 18 08 51, Zeitpunkt der Entstehung eines Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 EStG bei Ablehnung der Eröffnung eines...
  • BFH 30.3.2017, SIS 17 11 96, Zeitpunkt der Nachversteuerung eines negativen Kapitalkontos auf Grund der Auflösung einer KG: Ein Veräuß...
  • BFH 30.3.2017, SIS 17 11 97, Zeitpunkt der Nachversteuerung eines negativen Kapitalkontos auf Grund der Auflösung einer KG: Ein Veräuß...
  • BFH 30.3.2017, SIS 17 12 39, Zeitpunkt der Nachversteuerung eines negativen Kapitalkontos auf Grund der Auflösung einer KG: 1. Ein Ver...
  • BFH 6.12.2016, SIS 16 28 19, Nachträgliche Anschaffungskosten bei Finanzierungsmaßnahmen eines unternehmerisch beteiligten Aktionärs, ...
  • BFH 6.12.2016, SIS 17 04 09, Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, Z...
  • FG Düsseldorf 16.9.2016, SIS 17 11 61, Veräußerungsverlust aus GmbH-Beteiligung: 1. Die Frage der gesellschaftlichen Veranlassung von Gesellscha...
  • BFH 10.5.2016, SIS 16 23 32, Entstehung eines Auflösungsverlusts gemäß § 17 Abs. 4 EStG bei nachträglichen Anschaffungskosten: 1. Für ...
  • BFH 3.5.2016, SIS 16 14 99, Zeitpunkt der Berücksichtigung eines Auflösungsverlusts: 1. Die Frage des Zeitpunkts der Berücksichtigung...
  • BFH 27.1.2016, SIS 16 07 26, Vorliegen grundsätzlicher Bedeutung und Sachaufklärungsrüge nach Verzicht auf mündliche Verhandlung: 1. D...
  • FG Rheinland-Pfalz 11.11.2015, SIS 16 26 70, Berücksichtigung von Gesellschafter-Darlehen bei der Ermittlung eines Auflösungsverlustes, keine zwangslä...
  • BFH 13.10.2015, SIS 16 02 49, Verlust aus der Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen, Realisationszeitpunkt bei Eröffnung des Ins...
  • BFH 16.6.2015, SIS 15 26 01, Forderung der GmbH gegen ihren Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft: 1. Die Auflösung einer GmbH...
  • BFH 16.6.2015, SIS 15 23 31, Realisierung eines Veräußerungsverlusts, Änderung eines Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO...
  • BFH 3.12.2014, SIS 15 05 41, Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsgewinns/-verlustes: Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens übe...
  • BFH 18.11.2014, SIS 15 08 32, Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung gegen wiederkehrende Bezüge, Wahl der Zuflussbesteuerung, Halb...
  • OFD Frankfurt 15.10.2014, SIS 14 32 88, Zeitpunkt der Gewinn-/Verlustberücksichtigung bei einer Nachtragsliquidation: Durch eine Nachtragsliquida...

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war alleiniger Gesellschafter der X-GmbH. Für diese war am 16.1.1998 der Beschluss zur Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen worden. Zum Liquidator war der Kläger bestellt worden.

 

 

2

Nach insolvenzfreier Auflösung wurde am 1.11.2001 die Beendigung der Liquidation der GmbH im Handelsregister eingetragen und die Gesellschaft gelöscht.

 

 

3

Im Jahr 2003 machten mehrere Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage, die von der X-GmbH in den Jahren 1997 und 1998 errichtet worden war, gegen die Gesellschaft Gewährleistungsansprüche wegen Baumängeln geltend und beantragten die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens beim Landgericht A. Als Gläubiger der X-GmbH veranlassten die Wohnungseigentümer die Anordnung einer Nachtragsliquidation, da die Wohnungseigentümergemeinschaft die Notwendigkeit weiterer Abwicklungsmaßnahmen glaubhaft gemacht hatte. Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts (AG) A vom 12.6.2003 zum Nachtragsliquidator der X-GmbH bestellt.

 

 

4

In der Folgezeit sind der X-GmbH neben Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 6.098 EUR auch Kosten der Mängelbeseitigung an dem Gebäude in Höhe von 39.402 EUR entstanden.

 

 

5

Die Nachtragsliquidation mündete im Jahr 2005 in einen Vergleich zwischen der Gesellschaft und ihren Gläubigern. Nach dessen Erfüllung durch die GmbH wurde die Nachtragsliquidation mit Schreiben an das AG A vom 7.12.2005 für beendet erklärt. Durch Beschluss des AG vom 20.1.2006 wurde die Anordnung der Nachtragsliquidation, die nicht in das Handelsregister eingetragen worden war, aufgehoben.

 

 

6

Am 7.3.2007 wurde für die X-GmbH eine Liquidationsschlussbilanz zum 31.12.2005 erstellt. Der Kläger beantragte die Änderung des unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheids für 2005 (Streitjahr) vom 27.10.2006 mit der Begründung, der Auflösungsverlust aus der Liquidation der X-GmbH sei unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens mit 84.082 EUR steuerlich zu berücksichtigen. Die Höhe des Auflösungsverlusts ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

 

 

7

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) lehnte den Ansatz des geltend gemachten Auflösungsverlusts ab. Der Einspruch blieb erfolglos.

 

 

8

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und führte aus, der Auflösungsverlust sei gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens in Höhe von 84.082 EUR anzusetzen. Bei einer Nachtragsliquidation bestehe die bereits gelöschte GmbH fort. Die Nachtragsliquidation sei als Fortsetzung der schon begonnenen Abwicklung anzusehen. Die bereits erfolgte Löschung der GmbH im Handelsregister führe nicht zur Beendigung der Gesellschaft, sondern die GmbH bestehe als Liquidationsgesellschaft fort. Diese zivilrechtlichen Grundsätze hätten zur Konsequenz, dass im Streitfall der Auflösungsverlust nicht bereits im Zeitpunkt der Löschung der GmbH realisiert worden sei, sondern erst mit dem Abschluss der Nachtragsliquidation im Jahr 2005.

 

 

9

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 17 EStG. Mit Eintragung der Beendigung der Liquidation der GmbH am 1.11.2001 sei die Liquidation abgeschlossen gewesen und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verloren. Der Auflösungsverlust i.S. des § 17 EStG sei im Zeitpunkt seines Entstehens (Jahr 2001) zu berücksichtigen, weil in diesem Jahr die Abwicklung der GmbH förmlich abgeschlossen worden sei. Ein Wahlrecht bestehe nicht.

 

 

10

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

11

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

12

Die Vorentscheidung sei zutreffend. Es komme entscheidend auf die zivilrechtlichen Grundsätze an. Diese hätten zur Konsequenz, dass im Fall einer Nachtragsliquidation ein Auflösungsverlust nicht bereits zum Zeitpunkt der Löschung der GmbH realisiert werde, sondern erst mit Abschluss der Nachtragsliquidation.

 

 

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

 

 

14

1. Entgegen der Auffassung des FG können im Streitjahr 2005 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Gestalt eines Auflösungsverlusts i.S. des § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG bei dem Kläger nicht berücksichtigt werden.

 

 

15

a) Nach § 17 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 v.H. beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.11.1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344 = SIS 98 04 27, m.w.N.; vom 27.10.1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340 = SIS 93 07 20; vom 3.6.1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162 = SIS 94 02 22; vom 12.12.2000 VIII R 52/93, BFHE 194, 120, BStBl II 2001, 286 = SIS 01 05 20). Auflösungsgewinne und -verluste sind in entsprechender Anwendung von § 17 Abs. 2 EStG zu ermitteln (§ 17 Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG).

 

 

16

Wie der BFH wiederholt im Zusammenhang mit Veräußerungsgewinnen oder -verlusten bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften entschieden hat, ist die Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 EStG nicht nach dem Zuflussprinzip des § 11 EStG, sondern nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Gewinns oder Verlusts vorzunehmen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.9.1982 VIII R 140/79, BFHE 137, 407, BStBl II 1983, 289 = SIS 83 07 21). Maßgebender Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung ist derjenige, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert wäre (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 30.6.1983 IV R 113/81, BFHE 138, 569, BStBl II 1983, 640 = SIS 83 18 16; vom 2.10.1984 VIII R 20/84, BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 = SIS 85 15 15).

 

 

17

b) Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Ermittlung eines Auflösungsgewinns oder -verlusts nach § 17 Abs. 4 EStG (BFH-Urteil in BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 = SIS 85 15 15). Auch bei der Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist eine Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung vorzunehmen. Das bedeutet u.a., dass alle am jeweiligen Bilanzstichtag vorhersehbaren Risiken und Verluste zu berücksichtigen sind, die bis zum Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation - oder bis zu dem an seine Stelle tretenden Zeitpunkt - noch entstehen werden (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG, § 252 Abs. 1 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs; BFH-Urteil in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162 = SIS 94 02 22). Es sind deshalb auch Sachverhalte zu berücksichtigen, die die GmbH am Bilanzstichtag zur Bildung einer Rückstellung verpflichten würden. Denn in diesem Umfang sind Zuteilungen und Rückzahlungen von Vermögen der Gesellschaft i.S. von § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr wahrscheinlich (vgl. BFH-Urteil vom 27.11.2001 VIII R 36/00, BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22).

 

 

18

Hinsichtlich der Bestimmung des Zeitpunkts der Gewinn- oder Verlustrealisierung hat der VIII. Senat in seinem Urteil in BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 = SIS 85 15 15; ebenso bereits BFH-Urteil vom 19.10.1978 VIII R 182/77 (nicht veröffentlicht) ausgeführt, dass ein Gewinn in dem Jahr zu erfassen ist, in dem das auf die Beteiligung entfallende Vermögen der Gesellschaft verteilt wurde, und dass ein Verlust bereits in dem Jahr erfasst werden kann, in dem mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlusts nicht mehr zu rechnen ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10.2.2009 IX B 196/08, BFH/NV 2009, 761 = SIS 09 12 61; vom 8.6.2011 IX B 157/10, BFH/NV 2011, 1510 = SIS 11 26 15). Der letztmögliche Zeitpunkt der Erfassung liegt, wie bereits aus den Urteilen des Reichsfinanzhofs vom 13.11.1930 VI A 1286/30 (RStBl 1931, 134) und vom 17.2.1937 VI A 485/36 (RStBl 1937, 963) zu entnehmen ist, in dem Jahr, in dem die Abwicklung förmlich abgeschlossen ist, mithin im Jahr der Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister und ihrem dadurch eintretenden Ende.

 

 

19

c) An den vorstehend beschriebenen Zeitpunkten einer Gewinn- oder Verlustrealisierung ändert nichts, dass nach Veräußerung einer Beteiligung oder nach Auflösung einer Kapitalgesellschaft noch Aufwendungen anfallen können, die nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind. Das kann, wie bereits der VIII. Senat in seinem Urteil vom 2.10.1984 VIII R 36/83 (BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320 = SIS 85 10 12) ausgeführt hat, insoweit der Fall sein, als ein Kapitalgesellschafter für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft eine Bürgschaft übernommen oder eine Zahlung für die Freistellung von dieser Verpflichtung geleistet hat und der Ersatzanspruch aus der Bürgschaft gegen die Gesellschaft nicht realisierbar ist. Solche nachträglichen Anschaffungskosten sind bei der Ermittlung des Gewinns nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu den oben erwähnten Zeitpunkten zu berücksichtigen. Es handelt sich dann um ein nachträgliches Ereignis, das die Höhe des Veräußerungs- oder Auflösungsgewinns beeinflusst und auf den Zeitpunkt der Veräußerung oder Auflösung zurückzubeziehen ist. Das Ereignis beeinflusst die Steuerschuld des Jahres der Veräußerung oder Auflösung und ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 143, 304, BStBl II 1985, 428 = SIS 85 15 15).

 

 

20

d) Ebenso wenig tritt durch eine Nachtragsliquidation an den vorstehend beschriebenen Grundsätzen zu den Zeitpunkten einer Gewinn- oder Verlustrealisierung eine Änderung ein.

 

 

21

Unter Nachtragsliquidation ist die Wiedereröffnung der Liquidation zu verstehen, wenn sich im Nachhinein noch Abwicklungsbedarf ergibt. Sie findet statt, wenn die Gesellschaft im Handelsregister zwar gelöscht, aber der Tatbestand der Vermögenslosigkeit, mithin der zum Erlöschen der Gesellschaft führende Doppeltatbestand aus Vermögenslosigkeit und Löschungseintragung, nicht gegeben ist (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 74 Rz 18; MünchKommGmbHG/H.F. Müller, § 74 Rz 41, 43; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 60 Rz 104; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 V 6.; K. Schmidt, GmbHR 1988, 209). Hauptfall der Nachtragsliquidation ist das Vorhandensein verteilungsfähigen Vermögens. Regressansprüche der Gesellschaft wegen Inanspruchnahme durch einen Gläubiger können genügen (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 74 Rz 19; Beschluss des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 23.2.1970 II ZB 5/69, BGHZ 53, 264). Aber auch die - im Streitfall vom AG A mit Beschluss vom 12.6.2003 bejahte - bloße Erforderlichkeit unterbliebener Abwicklungsmaßnahmen i.S. des § 273 Abs. 4 des Aktiengesetzes rechtfertigt eine Nachtragsliquidation (so die h.M.: BGH-Beschluss vom 23.2.1970 II ZB 5/69, BGHZ 53, 264; BGH-Urteil vom 10.10.1988 II ZR 92/88, BGHZ 105, 259; Oberlandesgericht München, Beschluss vom 7.5.2008 31 Wx 28/08, 31 Wx 028/08, GmbHR 2008, 821, 822; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 20. Aufl., § 60 Rz 105).

 

 

22

Maßgebender Zeitpunkt der Gewinn- oder Verlustrealisierung verbleibt auch im Fall einer Nachtragsliquidation derjenige, zu dem bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1, § 5 EStG nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung der Gewinn oder Verlust realisiert war. Im Fall der Auflösung der Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation ist dies regelmäßig der Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation (BFH-Urteil in BFHE 197, 394, BStBl II 2002, 731 = SIS 02 06 22, m.w.N.). Denn dann ist mit einer Auskehrung von Gesellschaftsvermögen an den Gesellschafter und mit einer wesentlichen Änderung der durch die Beteiligung veranlassten Aufwendungen nicht mehr zu rechnen. Fallen im Rahmen der Nachtragsliquidation Aufwendungen an, die nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, handelt es sich um ein nachträgliches Ereignis, das die Höhe des Auflösungsgewinns oder -verlusts beeinflusst und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Zeitpunkt der Auflösung zurückzubeziehen ist.

 

 

23

2. Nach diesen Maßstäben ergibt sich für den Streitfall, dass in dem Streitjahr 2005 - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Auflösungsverlust aus der Nachtragsliquidation der X-GmbH zu berücksichtigen ist, weil die Liquidation der GmbH nach den Feststellungen des FG im Jahr 2001 beendet war. Die Beendigung der Liquidation wurde am 1.11.2001 im Handelsregister eingetragen und die Gesellschaft gelöscht. Mit einer wesentlichen Änderung der den Auflösungsverlust bestimmenden Faktoren war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu rechnen.

 

 

24

a) Soweit die Behauptung des FA zutreffen sollte, der GmbH und dem Kläger sei bekannt gewesen, dass gegenüber den Erwerbern der errichteten Wohnungen Gewährleistungsverpflichtungen für Baumängel bestanden haben, diese seien bereits im Jahr 2001 geltend gemacht und der Kläger sei in seiner Eigenschaft als Liquidator zur Beseitigung aufgefordert worden, hätte die GmbH ernsthaft mit einer Inanspruchnahme für die Gewährleistung rechnen und eine entsprechende Rückstellung in ihrer Liquidationsschlussbilanz für 2001 bilden müssen. Der daraus resultierende Auflösungsverlust wäre daher bereits im Jahr 2001 zu erfassen gewesen.

 

 

25

Aber selbst wenn die vom Kläger im Rahmen der Nachtragsliquidation getragenen Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen sein sollten, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Es handelte sich dann um ein nachträgliches Ereignis, das die Höhe des Auflösungsverlusts beeinflusst und nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO auf den Zeitpunkt der Auflösung im Jahr 2001 zurückzubeziehen ist.

 

 

26

b) Da das FG-Urteil diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen.