1
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I. Die Beteiligten streiten über die
Frage, ob die Änderung des Einkommensteuerbescheids für
1996 trotz Ablaufs der regulären Festsetzungsfrist noch
zulässig war.
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Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der
Kläger erzielte im Streitjahr aus seiner Tätigkeit als
Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Den Gewinn
ermittelte er durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4
Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes. Im Zusammenhang mit seiner
ärztlichen Tätigkeit war er an einer Laborgemeinschaft
beteiligt. Für diese wurde eine gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen durchgeführt. Die
Laborgemeinschaft bescheinigte dem Kläger für das
Streitjahr 1996 einen Verlust aus seiner Beteiligung in Höhe
von 12.451 DM. Die Laborgemeinschaft wies auf der Bescheinigung
darauf hin, dass der Verlust in der Steuererklärung in der
Anlage GSE einzutragen sei, alle Zahlungen an die Laborgemeinschaft
erfolgsneutrale Zahlungen darstellten und das Schreiben an den
Steuerberater weiterzuleiten sei.
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Die Kläger machten in der
Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996 den Verlust
aus der Beteiligung an der Laborgemeinschaft in Höhe von
12.451 DM in der Anlage GSE steuerlich geltend. Zudem wurde dieser
Betrag in der Gewinnermittlung des Klägers als Betriebsausgabe
bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit
berücksichtigt. Die Gewinnermittlung stammte von einem
Steuerberater und dessen Steuerfachangestellter, die auch die
Steuererklärung vorbereiteten.
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Die Einkommensteuererklärung für
den Veranlagungszeitraum 1996 ging bei dem Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) im Mai 1998 ein, der die
Einkommensteuer erklärungsgemäß festsetzte.
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5
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Das FA führte bei dem Kläger
für die Jahre 1998 bis 2000 eine Außenprüfung
durch. Am 8.5.2003 wurde die laufende Prüfung auf die Jahre
1996 und 1997 erweitert. Der Prüfer stellte fest, dass die
Laborzahlungen des Klägers in den Jahren 1996 bis 1999 doppelt
steuermindernd berücksichtigt worden waren. Das FA folgte den
Feststellungen des Prüfungsberichts und erließ für
das Streitjahr 1996 am 30.10.2006 einen nach § 173 Abs. 1 Nr.
1 der Abgabenordnung (AO) geänderten
Einkommensteuerbescheid.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren wies
das Finanzgericht (FG) die Klage mit Urteil vom 10.12.2008 3 K
160/07 ab.
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Hiergegen richtet sich die Revision der
Kläger, mit der diese die Verletzung von § 169 Abs. 2
Sätze 2 und 3 AO und §§ 370, 378 AO rügen.
Entgegen der Auffassung des FG, das sich auf das Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.12.2002 IV R 37/01 (BFHE 200, 495,
BStBl II 2003, 385 = SIS 03 18 31) stütze, könne ein
Steuerberater nicht Täter einer leichtfertigen
Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 AO sein, da diese nach
dem Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO nur begehe, wer
selbst eine unrichtige Erklärung abgebe.
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Die Kläger beantragen, das Urteil des
Niedersächsischen FG vom 10.12.2008 3 K 160/07 und den
geänderten Einkommensteuerbescheid für 1996 vom
30.10.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.4.2007
aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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Nach der Rechtsprechung des BFH könne
Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung i.S. des
§ 378 AO auch derjenige sein, der die Angelegenheiten eines
Steuerpflichtigen wahrnehme. Da vom Steuerpflichtigen eine
Erklärung mit wahrem Inhalt erwartet werde, sei der
steuerliche Berater bezüglich des Inhalts der Erklärung
Erfüllungsgehilfe des Steuerpflichtigen. Je weiter der
Steuerpflichtige Pflichten auf den Berater übertrage und sich
dadurch entlaste, desto mehr wachse die Verantwortlichkeit des
Beraters. Die bei der Erstellung der Steuererklärung
notwendige Aufgabenteilung zwischen Steuerpflichtigem und Berater
könne nicht dazu führen, dass die Festsetzungsfrist bei
objektiv unrichtigen Angaben wie üblich ablaufe. Denn in
diesem Fall erhöhe sich der Ermittlungsaufwand der
Finanzbehörden. Steuerrechtlich habe der Steuerpflichtige die
objektiv unrichtigen Angaben zu verantworten, selbst wenn ihn daran
kein eigenes Verschulden treffe. Dies ergebe sich auch aus der
Rechtsprechung des BFH zu § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.
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11
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des
geänderten Einkommensteuerbescheids für 1996 vom
30.10.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.4.2007
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der
Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Sätze 2 und 3 AO auf
fünf Jahre lagen nicht vor, da weder der Kläger noch sein
Steuerberater noch dessen Steuerfachangestellte eine leichtfertige
Steuerverkürzung nach § 378 AO i.V.m. § 370 AO
begangen haben.
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1. a) Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO
beginnt die Festsetzungsfrist, wenn eine Steuererklärung
einzureichen ist, mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die
Steuererklärung eingereicht wird. Die Festsetzungsfrist
beträgt für die Einkommensteuer vier Jahre (§ 169
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO). Bei Steuerhinterziehung verlängert
sie sich auf zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung
auf fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).
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b) Im Streitfall begann die Festsetzungsfrist
für die Einkommensteuer 1996 mit Ablauf des Jahres 1998, da
die Kläger in diesem Jahr die Steuererklärung für
1996 abgegeben haben (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO). Die
reguläre Festsetzungsfrist endete am 31.12.2002, sodass durch
die erweiterte Prüfungsanordnung vom 8.5.2003 der Ablauf der
Festsetzungsfrist nicht nach § 171 Abs. 4 AO gehemmt werden
konnte. Die Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids
hängt somit davon ab, ob zumindest eine leichtfertige
Steuerverkürzung gemäß § 378 AO vorlag, da nur
in diesem Fall die Prüfungsanordnung vor Eintritt der
Festsetzungsverjährung ergangen wäre.
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2. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen,
dass der Steuerberater und seine Steuerfachgehilfin den objektiven
Tatbestand des § 378 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 370 Abs. 1
AO erfüllt haben.
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a) Ob eine Steuerhinterziehung oder
leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, bestimmt sich nach
§§ 370, 378 AO, da § 169 AO diesbezüglich keine
Legaldefinition enthält. Wie sich aus der
Gesetzesüberschrift ergibt, handelt es sich bei § 370 AO
um eine Strafvorschrift und bei § 378 AO um eine
Bußgeldvorschrift. Hängt die Rechtmäßigkeit
eines Steuerbescheids von der Verlängerung der
Festsetzungsfrist auf fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO)
und somit vom Vorliegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung
ab, müssen zur Rechtmäßigkeit des Bescheids die
objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 378 AO
erfüllt sein (Senatsurteil vom 16.1.1973 VIII R 52/69, BFHE
108, 286, BStBl II 1973, 273 = SIS 73 01 54; Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 5.3.1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140,
BStBl II 1979, 570 = SIS 79 02 89; BFH-Urteile vom 8.9.1994 IV R
6/93, BFH/NV 1995, 573 = SIS 95 06 13; vom 2.4.1998 V R 60/97, BFHE
186, 1, BStBl II 1998, 530 = SIS 98 17 51; BFH-Beschluss vom
8.11.2000 XI B 38/00, BFH/NV 2001, 478 = SIS 01 58 75; Senatsurteil
vom 15.1.2013 VIII R 22/10, BFHE 240, 195, BStBl II 2013, 526 = SIS 13 10 41; Klein/Rüsken, AO, 11. Aufl., § 169 Rz 36, 26;
Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 169 AO Rz
48; Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 169 AO Rz 15; Paetsch in Beermann/Gosch, AO § 169 Rz
46).
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16
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Danach sind die im Steuerrecht vorkommenden
Begriffe des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts
materiell-rechtlich wie im Strafrecht zu beurteilen. Dagegen ist
die Frage, ob diese Tatbestandsmerkmale tatsächlich
erfüllt sind, nicht nach den Vorschriften der
Strafprozessordnung, sondern nach den Verfahrensvorschriften der
Abgabenordnung und der Finanzgerichtsordnung zu prüfen, da es
sich lediglich um eine strafrechtliche Vorfrage im Rahmen einer
Entscheidung über die Rechtmäßigkeit eines
Steuerbescheids handelt (vgl. Beschluss des Großen Senats des
BFH in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570 = SIS 79 02 89;
Senatsurteil in BFHE 240, 195, BStBl II 2013, 526 = SIS 13 10 41).
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b) Nach § 378 Abs. 1 Satz 1 AO handelt
ordnungswidrig, wer als Steuerpflichtiger oder bei Wahrnehmung der
Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen eine der in § 370 Abs.
1 AO bezeichneten Taten leichtfertig begeht. Danach kann der
Steuerberater nur dann eine Ordnungswidrigkeit begehen, wenn er den
objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt.
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aa) Die Regelung des § 370 AO hat einen
gegenüber der Vorgängerregelung des § 359 der
Reichsabgabenordnung engeren Anwendungsbereich. Nach deren Wortlaut
(„bewirkt“) genügte zur
Tatbestandserfüllung die ursächliche Herbeiführung
des Erfolgs der Steuerverkürzung. Die Unbestimmtheit des
Tatbestands führte zu erheblichen Auslegungsproblemen und
rechtsstaatlichen Bedenken (Hellmann in HHSp, § 370 AO Rz 28
ff.). Um dem Verfassungsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 des
Grundgesetzes (GG) besser zu genügen, hat der Gesetzgeber die
tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Steuerhinterziehung
in der Neufassung des § 370 AO eindeutig umschrieben und das
weiter gehende Tatbestandsmerkmal der vorherigen Fassung
(„bewirkt“) fallengelassen (BTDrucks VI/1982, S.
192 ff.). Die Neuregelung weicht von der Reichsabgabenordnung in
der Umschreibung des Tatbestands der Steuerhinterziehung vor allem
dadurch ab, dass sie eindeutig festlegt, welche Handlung oder
Unterlassung vorliegen muss, damit der Erfolg der Tat, die
Verkürzung von Steuern oder die Erlangung von Steuervorteilen,
tatbestandsmäßig verwirklicht wird. Nach dem Willen des
Gesetzgebers besteht die Tathandlung darin, dass den
zuständigen Behörden über steuerlich erhebliche
Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht
werden oder dass diese Behörden pflichtwidrig über
derartige Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden. Der Entwurf
ersetzte die bisher vier Tathandlungen (Erschleichen nicht
gerechtfertigter Steuervorteile; Bewirken der Verkürzung von
Steuereinnahmen; zweckwidrige Verwendung von Sachen, für die
dem Täter Steuerbefreiung oder Steuervorteile gewährt
sind; Unterlassen der rechtzeitigen Anzeige der Zweckentfremdung)
durch zwei präzisere Umschreibungen, nämlich
gegenüber den Finanzbehörden unrichtige oder
unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche
Tatsachen zu machen oder diese über steuerlich erhebliche
Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis zu lassen. Als dritte
Tathandlung wurde die pflichtwidrige Verwendung von Steuerzeichen
normiert. Der Finanzausschuss stellte durch die Formulierung
„für sich oder einen anderen“ klar, dass
die Steuerhinterziehung auch von einem anderen als dem
Steuerpflichtigen begangen werden kann (BTDrucks 7/4292, S. 134 zu
§ 370 AO).
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19
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bb) Der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1
AO setzt voraus, dass der Täter den Finanzbehörden
über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben macht.
Bei der von dem Gesetzgeber intendierten engen Auslegung des
Tatbestands begeht der Steuerberater keine Ordnungswidrigkeit nach
§ 378 AO, wenn er die Steuererklärung seines Mandanten
lediglich vorbereitet und diese vom Steuerpflichtigen unterzeichnet
und eingereicht wird, weil es an eigenen Angaben des Steuerberaters
gegenüber dem Finanzamt fehlt (Beschluss des Bayerischen
Obersten Landesgerichts - BayObLG - vom 9.11.1993 4St RR 54/93,
DStR 1994, 410; Beschluss des Oberlandesgerichts - OLG -
Braunschweig vom 8.3.1996 Ss (B) 100/95, DStR 1997, 515; Beschluss
des OLG Zweibrücken vom 23.10.2008 1 Ss 140/08, DStRE 2009,
321, und herrschende Meinung in der Literatur Klein/Jäger,
a.a.O., § 370 Rz 31, § 378 Rz 9; Joecks in
Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 378 Rz 23
ff., m.w.N.; Meyer in Beermann/Gosch, AO § 370 Rz 241;
Rüping in HHSp, § 378 AO Rz 24; Reitz, DStR 1984, 91;
Dörn, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht -
wistra - 1994, 215; derselbe in Die Steuerberatung - Stbg - 2002,
454; Müller, Der AO-Steuer-Berater - AO-StB - 2003, 210;
Rolletschke, wistra 2004, 49; Gotzens/Heinsius, Stbg 2000, 209, 216
f.; a.A. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO 1977, Rz 24
[keine generelle Freizeichnung des Steuerberaters]; Weyand in
Schwarz, AO, § 378 Rz 4 [weite Auslegung des Begriffs
„Wahrnehmung der Angelegenheiten eines
Steuerpflichtigen“]).
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20
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Durch die Einreichung der vom
Steuerpflichtigen unterzeichneten Steuererklärung hat nicht
der Steuerberater, sondern der Steuerpflichtige entsprechend seiner
steuerrechtlichen Verpflichtung Angaben gegenüber dem
Finanzamt gemacht. Es ist seine Erklärung, für die er mit
seiner Unterschrift die Verantwortung übernommen hat, nicht
die des Steuerberaters. Dies gilt selbst im Falle eines sog.
Mitwirkungsvermerks des Steuerberaters, weil sich die Mitwirkung
bei der Anfertigung der Steuererklärung auf die Vorbereitung
der Steuererklärung des Steuerpflichtigen beschränkt und
eine vom Steuerberater gegenüber seinem Mandanten geschuldete
und erbrachte Leistung darstellt.
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21
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Der IV. Senat, der in seinem Urteil in BFHE
200, 495, BStBl II 2003, 385 = SIS 03 18 31 die Auffassung
vertreten hat, dass der Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO
auch dann erfüllt sei, wenn der Steuerberater selbst keine
Angaben gegenüber der Finanzbehörde macht, hat auf
Anfrage des Senats nach § 11 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO der
Abweichung von seiner Rechtsprechung zugestimmt.
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22
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cc) Der Steuerberater der Kläger hat das
FA auch nicht i.S. von § 378 AO i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2
AO über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis
gelassen, da er nicht erkannt hat, dass die Laboraufwendungen
doppelt steuerlich geltend gemacht wurden (vgl. Klein/Jäger,
a.a.O., § 370 Rz 63, m.w.N.). Die umstrittene Frage, ob der
Steuerberater überhaupt nach § 153 AO zur Berichtigung
einer Erklärung verpflichtet ist und den Tatbestand des §
370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllen kann, kann daher offenbleiben
(dazu Heuermann in HHSp, § 153 AO Rz 4).
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23
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c) Der Steuerberater hat eine leichtfertige
Steuerverkürzung nach § 378 AO i.V.m. § 370 Abs. 1
Nr. 1 AO auch nicht in mittelbarer Täterschaft begangen. Bei
Ordnungswidrigkeiten gilt - anders als im Strafrecht - der
Einheitstäterbegriff nach § 14 des Gesetzes über
Ordnungswidrigkeiten (OWiG). Beteiligen sich mehrere an einer
Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen ordnungswidrig. Eine
Beteiligung an der Ordnungswidrigkeit eines anderen setzt nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) voraus, dass der andere
vorsätzlich handelt (BGH-Beschlüsse vom 6.4.1983 2 StR
547/82, BGHSt 31, 309; vom 12.3.1991 KRB 6/90, BGHR OWiG § 14
Beteiligung 1; s. auch BayObLG-Beschluss in DStR 1994, 410;
Beschluss des OLG Stuttgart vom 27.12.1989 3 Ss 732/89, Die Justiz
1990, 101). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da für ein
vorsätzliches Handeln des Klägers, der selbst dem FA
unrichtige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt hat,
keine Anhaltspunkte bestehen. Eine mittelbare Täterschaft des
Steuerberaters scheidet danach aus.
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24
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d) Eine bußgeldrechtliche Verantwortung
des Steuerberaters ergibt sich auch nicht aus § 9 Abs. 2 Satz
1 Nr. 2 OWiG. Nach dieser Vorschrift ist unter der Voraussetzung,
dass jemand von dem Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu
Befugten ausdrücklich beauftragt wird, in eigener
Verantwortung Aufgaben wahrzunehmen, die dem Inhaber des Betriebs
obliegen und er aufgrund dieses Auftrags handelt, ein Gesetz, nach
dem besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit der
Ahndung begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn
diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des
Betriebs vorliegen. Dem Betrieb steht das Unternehmen gleich
(§ 9 Abs. 2 Satz 2 OWiG).
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25
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Danach setzt der Anwendungsbereich der
Vorschrift ein, wenn der Normadressat, dem die Bußgelddrohung
ursprünglich gilt, durch besondere persönliche Merkmale
gekennzeichnet ist. Nach der Legaldefinition des § 9 Abs. 1
OWiG sind persönliche Merkmale persönliche Eigenschaften
(körperliche, physische oder rechtliche Wesensmerkmale),
Verhältnisse oder Umstände (z.B. die
Gewerbsmäßigkeit). Sie beziehen sich auf einen
objektiven Umstand einer Person (Bohnert, Kommentar zum
Ordnungswidrigkeitenrecht, 2. Aufl., § 9 OWiG Rz 7). Im
vorliegenden Fall ist der Umstand, dass der Kläger als
Steuerpflichtiger die Steuererklärung unterschreibt und beim
FA einreicht, kein persönliches Merkmal, sondern eine die
Ordnungswidrigkeit begründende Handlung, nämlich die
unrichtige Angabe über steuerlich erhebliche Tatsachen
gegenüber dem FA, sodass der Tatbestand des § 9 Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 OWiG nicht erfüllt ist. Zudem setzt § 9 Abs.
2 Satz 1 Nr. 2 OWiG eine ausdrückliche Beauftragung durch den
Betriebsinhaber zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung der
Steuerangelegenheiten voraus, woran es fehlt, wenn der
Steuerberater, wie im vorliegenden Fall, lediglich mit der
Gewinnermittlung und Vorbereitung der Steuererklärung
beauftragt ist und lediglich im Innenverhältnis tätig
wird (Joecks in Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 378 Rz 9;
Weyand in Schwarz, a.a.O., § 378 Rz 3; differenzierend
Dörn, wistra 1994, 215, 219; derselbe in DStZ 1993, 478, 480
f. und Stbg 2002, 454 f.; Kohlmann, a.a.O., § 378 AO 1977, Rz
28).
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26
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e) Da sich das Vorliegen einer leichtfertigen
Steuerverkürzung gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO
nach dieser materiell-rechtlichen Beurteilung des Straf- und
Ordnungswidrigkeitenrechts richtet, hat sich die reguläre
Festsetzungsfrist aufgrund des Handelns des Steuerberaters und
seiner Steuerfachgehilfin nicht verlängert. Zwar greift die
verlängerte Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO
auch dann ein, wenn nicht der Steuerschuldner selbst, sondern ein
Dritter die Steuer hinterzogen oder leichtfertig verkürzt hat,
da sie die Erschwernis ausgleichen soll, die im Falle der
Steuerhinterziehung bei der Festsetzung entsteht, und zwar
unabhängig davon, „wer jeweils der Täter
ist“ (BTDrucks VI/1982, S. 150). Auch muss die Person des
Täters nicht feststehen; ausreichend ist, dass von mehreren in
Betracht kommenden Personen jedenfalls eine die Steuerhinterziehung
zum Vorteil des Steuerschuldners begangen hat (BFH-Urteil vom
19.3.1998 V R 54/97, BFHE 185, 351, BStBl II 1998, 466 = SIS 98 16 79).
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27
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Aus dem Wortlaut des § 169 Abs. 2 Satz 2
AO „Steuer hinterzogen“, § 169 Abs. 2 Satz
3 AO „begangen“ und § 378 Abs. 1 AO
„begeht“ ergibt sich jedoch, dass eine
Verlängerung der Festsetzungsfrist nur eintritt, wenn die
dritte Person den objektiven und subjektiven Tatbestand einer der
in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten erfüllt (BFH-Urteil
in BFHE 186, 1, BStBl II 1998, 530 = SIS 98 17 51). Da im
vorliegenden Fall weder der Steuerberater noch dessen
Steuerfachangestellte den objektiven Tatbestand des § 370 Abs.
1 Nr. 1 AO erfüllt haben, sind die Voraussetzungen für
eine Verlängerung der Festsetzungsfrist insoweit nicht
erfüllt.
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28
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3. Da die Vorentscheidung auf einer
abweichenden Rechtsauffassung beruht, ist sie aufzuheben. Die Sache
ist spruchreif. Der Klage ist stattzugeben. Die Vorentscheidung
erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig
(§ 126 Abs. 4 FGO).
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29
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Auch das Handeln des Klägers selbst
führt nicht zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist
nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO. Zwar hat er den objektiven
Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt, da er dem
FA in Bezug auf seine Laboraufwendungen falsche Angaben gemacht und
dadurch Steuern verkürzt hat. Jedoch ist die vom FG
offengelassene Frage, ob er auch leichtfertig gehandelt hat,
aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG-Urteils zu
verneinen.
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30
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a) Leichtfertigkeit i.S. des § 378 Abs. 1
Satz 1 AO bedeutet einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit,
der etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen
Rechts entspricht, aber im Gegensatz hierzu auf die
persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt (vgl.
BFH-Urteile vom 4.2.1987 I R 58/86, BFHE 149, 109, BStBl II 1988,
215 = SIS 87 08 11; vom 24.4.1996 II R 73/93, BFH/NV 1996, 731).
Ein derartiges Verschulden liegt danach vor, wenn ein
Steuerpflichtiger nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und seinen
individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den
aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen sich im
konkreten Fall ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen.
Hierzu ist eine Gesamtbewertung des Verhaltens des
Steuerpflichtigen erforderlich.
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b) Nach diesen Grundsätzen hat der
Kläger nicht leichtfertig gehandelt, als er unrichtige Angaben
in seiner Steuererklärung gemacht und durch die doppelte
Berücksichtigung der durch seine Beteiligung an der
Laborgemeinschaft veranlassten Ausgaben Einkommensteuer
verkürzt hat.
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aa) Zwar hat der BFH in Zusammenhang mit der
Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wiederholt
hervorgehoben, dass der Steuerpflichtige verpflichtet ist, die von
seinem steuerlichen Berater vorbereitete Erklärung darauf zu
überprüfen, ob sie alle Angaben tatsächlicher Art
enthält und diesen Verschuldensmaßstab auch auf das
Vorliegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach §
378 AO übertragen (vgl. Senatsbeschluss vom 25.6.1997 VIII B
35/96, BFH/NV 1998, 8, m.w.N.). Jedoch darf der Steuerpflichtige im
Regelfall darauf vertrauen, dass der Steuerberater die
Steuererklärung richtig und vollständig vorbereitet, wenn
er diesem die für die Erstellung der Steuerklärung
erforderlichen Informationen vollständig verschafft hat
(Senatsurteil vom 18.5.2005 VIII R 107/03, HFR 2006, 115 = SIS 05 47 95; vgl. auch Hellmann in HHSp, § 370 AO Rz 226). Danach
ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, die vom Steuerberater
vorbereitete Steuererklärung in allen Einzelheiten
nachzuprüfen.
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33
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bb) Im vorliegenden Fall hat der Kläger
seinen Steuerberater mit der Gewinnermittlung und der Erstellung
der Einkommensteuererklärung beauftragt. Er hat ihm die
hierfür erforderlichen Unterlagen vollständig
überlassen. Hierzu gehörte auch das Schreiben der
Laborgemeinschaft, in dem darauf hingewiesen wurde, dass der
Verlust in der Steuererklärung in der Anlage GSE einzutragen
sei, alle Zahlungen an die Laborgemeinschaft im Jahr 1996 aber
erfolgsneutral zu behandeln seien. Der Umstand, dass die Zahlungen
auch in der Einnahmenüberschussrechnung erfasst waren, war auf
den ersten Blick nicht zu erkennen. Der Kläger hätte auch
bei gewissenhafter und ihm zumutbarer Prüfung nicht erkennen
müssen, dass die von ihm unterschriebene
Einkommensteuererklärung unrichtig war. Denn hierzu hätte
er die Erfassung der Einnahmen und Ausgaben im Einzelnen
nachprüfen müssen. Dies konnte jedoch von dem
Kläger, der als selbständiger Arzt eine Praxis betreibt,
nicht erwartet werden. Der Kläger handelte danach nicht
leichtfertig.
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4. Dem Kläger kann auch das leichtfertige
Handeln des Steuerberaters und dessen Fachangestellter weder nach
straf- oder bußgeldrechtlichen noch nach steuerrechtlichen
Grundsätzen zugerechnet werden.
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a) Die Feststellung des FG, dass der
Steuerberater und seine Steuerfachgehilfin bei der Erstellung der
Steuererklärung der Kläger leichtfertig gehandelt haben,
ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob eine
Leichtfertigkeit i.S. des § 378 AO vorliegt, ist im
Wesentlichen Tatfrage. Die hierzu getroffenen Feststellungen des FG
hinsichtlich des subjektiven Tatbestands können in der
Revisionsinstanz grundsätzlich nur darauf überprüft
werden, ob der Rechtsbegriff des leichtfertigen Handelns richtig
erkannt wurde und ob die Würdigung der Verhältnisse
hinsichtlich dieses individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und
Erfahrungssätzen entspricht (BFH-Urteil vom 30.6.2010 II R
11/09, BFH/NV 2010, 2026 = SIS 10 32 01, m.w.N.).
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Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass
es für ein leichtfertiges Handeln eines Steuerberaters
ausreicht, wenn dieser aufgrund der von seinem Mandanten
überlassenen Unterlagen - im vorliegenden Fall durch den
Zusatz auf der Verlustbescheinigung der Laborgemeinschaft -
ausdrücklich auf eine mögliche Fehlerquelle bei der
Gewinnermittlung hingewiesen wird und trotz dieses Hinweises die
Arbeit seiner noch relativ jungen Buchhaltungskraft in diesem Punkt
nicht überprüft. Auf dieser Grundlage konnte das FG die
festgestellten Tatsachen dahin würdigen, dass ein die
Leichtfertigkeit begründender Sorgfaltspflichtverstoß
gegeben war. An diese Feststellungen ist der BFH gemäß
§ 118 Abs. 2 FGO gebunden. Gleiches gilt für die
Feststellung des FG, dass auch die Steuerfachangestellte des
Steuerberaters leichtfertig gehandelt habe, da sie aufgrund der
bestehenden Unklarheiten bei dem Steuerberater hätte
nachfragen müssen, ob der auf dem Schreiben der
Laborgemeinschaft ausgewiesene Verlust bei der Gewinnermittlung des
Klägers zu berücksichtigen ist.
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b) Das leichtfertige Handeln des
Steuerberaters und dessen Steuerfachgehilfin ist dem Kläger
weder nach strafrechtlichen noch nach steuerrechtlichen
Grundsätzen zuzurechnen.
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aa) Die Frage, ob eine leichtfertige
Steuerverkürzung vorliegt, beantwortet sich allein nach den
persönlichen Fähigkeiten des Täters (s. unter
II.3.a). Der Schuldvorwurf ist danach rein subjektiv geprägt
und nicht übertragbar (Müller, AO-StB 2003, 210, 211;
Drescher, Steuer Consultant 2009, 29). Folglich scheidet eine
Zurechnung des Verschuldens des Steuerberaters nach dem Straf- und
Ordnungswidrigkeitenrecht aus.
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bb) Das leichtfertige Handeln des
Steuerberaters kann dem Kläger auch nicht nach
steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden, da bei der
Anwendung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO die Frage, ob der
subjektive Tatbestand des § 378 AO erfüllt ist, allein
nach den materiell-rechtlichen Bestimmungen des Straf- und
Ordnungswidrigkeitenrechts zu entscheiden ist (Senatsurteil in BFHE
108, 286, BStBl II 1973, 273 = SIS 73 01 54; Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 127, 140, BStBl II 1979, 570 =
SIS 79 02 89; BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 573 = SIS 95 06 13; in
BFHE 186, 1, BStBl II 1998, 530 = SIS 98 17 51; BFH-Beschluss in
BFH/NV 2001, 478 = SIS 01 58 75; Senatsurteil in BFHE 240, 195,
BStBl II 2013, 526 = SIS 13 10 41; Klein/Rüsken, a.a.O.,
§ 169 Rz 26; Banniza in HHSp, § 169 AO Rz 48; Kruse in
Tipke/Kruse, a.a.O., § 169 AO Rz 15; Paetsch in
Beermann/Gosch, AO § 169 Rz 46), die eine Zurechnung
ausschließen.
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Steuerrechtlich zugerechnet werden kann ein
Verschulden nur dann, wenn es sich auf eine Norm des Steuerrechts,
wie z.B. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO und - ausdrücklich
geregelt in - § 110 Abs. 1 Satz 2 AO, § 152 Abs. 1 Satz 3
AO bezieht, nicht jedoch, wenn das Verschulden Voraussetzung
für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands einer
Straftat oder Ordnungswidrigkeit ist.
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Die gegenteilige Auffassung, nach der dem
Steuerpflichtigen bei der Anwendung des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO
das Verschulden seines Steuerberaters jedenfalls nach
steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden soll
(Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 8; Senatsurteil in HFR 2006, 115 =
SIS 05 47 95 „Zurechnung der Steuerverkürzung durch
den Berater“), findet im Gesetzeswortlaut keine
Stütze und ist mit den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20
Abs. 3 GG) abgeleiteten Anforderungen an die Bestimmtheit von
Eingriffsrecht nicht zu vereinbaren.
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Dies hat aufgrund der grundsätzlichen
Bindung des Richters an das Gesetz zur Konsequenz, dass die bei der
Erstellung der Steuererklärungen häufig zwangsläufig
notwendige Aufgabenteilung zwischen Steuerpflichtigem und
steuerlichem Berater dazu führen kann, dass die
Festsetzungsfrist bei objektiv eindeutig unrichtigen Angaben wie
üblich abläuft, selbst wenn sich auch in diesem Fall der
Ermittlungsaufwand der Finanzbehörden erhöht.
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