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Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 EStG

Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 EStG: Aufwendungen eines in Deutschland beschränkt Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem Verständigungsverfahren zwischen Deutschland und den USA wegen des Besteuerungsrechts hinsichtlich eines Gewinns aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung stellen keine Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 EStG dar. - Urt.; BFH 9.10.2013, IX R 25/12; SIS 13 32 22

Kapitel:
Unternehmensbereich > Betriebsaufgabe, Veräußerung, Anteilsübertragung
Fundstellen
  1. BFH 09.10.2013, IX R 25/12
    BStBl 2014 II S. 102
    DStR 2013 S. 2613
    BFHE 242 S. 513

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 15.1.2014
    -/- in NWB 50/2013 S. 3922
    TK in DStZ 1-2/2014 S. 7
    jh in StuB 1/2014 S. 36
    B.L. in IWB 1/2014 S. 2
    E.R. in BFH/PR 2/2014 S. 44
    W.Bo. in FR 4/2014 S. 191
    U.D. in StC 2/2014 S. 8
Normen
[EStG] § 17
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 26.04.2012, SIS 12 20 55, Veräußerungskosten, Wesentliche Beteiligung
Zitiert in... / geändert durch...
  • Hessisches FG 22.2.2024, SIS 24 10 60, Abzug von Steuerberatungskosten für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Sinne von § 17 EStG: Steuer...
  • BFH 18.9.2019, SIS 19 20 49, Vorsteuerabzug aus Rechtsanwaltskosten zur Prüfung von Haftungsansprüchen in der Insolvenz: 1. Im Rahmen ...
  • Niedersächsisches FG 6.7.2017, SIS 17 16 79, Veräußerung von Fonds-Anteilen, Ermittlung des steuerfreien Veräußerungsgewinns: 1. Anteile an Investment...
  • BFH 7.5.2015, SIS 15 15 19, Prozesskosten wegen Einlagenrückgewähr bei vermögensverwaltender Personengesellschaft: Prozesskosten, die...
  • FG Baden-Württemberg 14.11.2014, SIS 15 04 24, Rechtsanwaltskosten anlässlich der Inhaftungnahme des Kommanditisten nach § 174 Abs. 4 HGB sind keine Son...
  • FG Köln 1.10.2014, SIS 14 33 90, Veräußerungsgewinn nach § 8 b KStG, Veräußerungskosten, wenn alleiniger Gesellschaftszweck die Anteilsver...
  • BFH 9.4.2014, SIS 14 16 46, Verluste aus Termingeschäften als Veräußerungskosten nach § 8 b Abs. 2 Satz 1 KStG 2002: 1. Die in § 8 b ...
  • BFH 12.3.2014, SIS 14 16 45, Abziehbarkeit von Veräußerungskosten bei einer Anteilsveräußerung nach § 8 b Abs. 2 KStG 2002: 1. Die in ...
  • FG Baden-Württemberg 5.2.2014, SIS 14 14 57, Kosten für die Rechtsberatung sind keine Veräußerungskosten i.S. des § 21 UmwStG: Kosten für die Rechtsbe...

 

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 2000 in den USA ansässig und mit seinen Einkünften in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) beschränkt steuerpflichtig. Er veräußerte im Streitjahr Anteile an einer GmbH mit 3.960.000 DM Gewinn.

 

 

2

Der Kläger legte gegen den daraufhin erlassenen Einkommensteuerbescheid vom 27.8.2003 Einspruch ein. Zur Begründung wies er darauf hin, dass der Veräußerungsgewinn auch in den USA versteuert wurde und insoweit eine Doppelbesteuerung vorliege. Er beantragte ein Verständigungsverfahren mit den USA und das Ruhen des Einspruchsverfahrens.

 

 

3

Mit Schreiben vom 23.3.2010 teilte das Bundeszentralamt für Steuern mit, dass in dem Verständigungsverfahren mit der amerikanischen Finanzverwaltung eine Einigung erzielt wurde. Deutschland stehe danach ein Besteuerungsrecht in Höhe von 60 % an dem Veräußerungsgewinn zu. Der Kläger stimmte dem Verständigungsergebnis mit Schreiben vom 4.6.2010 zu. Daraufhin änderte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres. Der Änderungsbescheid vom 24.8.2010 wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

 

 

4

In diesem Einspruchsverfahren macht der Kläger ergänzend geltend, dass ihm im Zusammenhang mit dem Verständigungsverfahren Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskosten entstanden seien. Diese mache er zusätzlich als Veräußerungskosten geltend. Das FA folgte dem nicht. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat der Klage mit seinem in EFG 2012, 1550 = SIS 12 20 55 veröffentlichten Urteil stattgegeben. Das FA habe zu Unrecht die geltend gemachten Rechts- und Steuerberatungskosten nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuermindernd berücksichtigt. Zu den in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem Veräußerungsgeschäft stehenden Kosten gehörten auch die Kosten, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit einem Verständigungsverfahren entstünden.

 

 

5

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der dieses die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) rügt. Insbesondere teilten Prozesskosten grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses seien; Steuerberatungskosten seien danach Betriebsausgaben, soweit es um Fragen der Gewinnermittlung gehe. Die Höhe der Einkünfte sei jedoch nicht Gegenstand des Verständigungsverfahrens; dieses betreffe ausschließlich die Frage, welchem Staat das Besteuerungsrecht für die erzielten Einkünfte zustehe. Die Kosten des Verständigungsverfahrens seien nach vollzogener Gewinnrealisierung und -ermittlung angefallen und bezögen sich allein auf die der privaten Lebensführung nach § 12 EStG zuzuordnende Einkommensbesteuerung. Eine Berücksichtigung als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG sei daher nicht möglich.

 

 

6

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

7

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

Es sei denklogisch geradezu ausgeschlossen, dass ein Verständigungsverfahren nach einem Doppelbesteuerungsabkommen der privaten Lebensführung nach § 12 EStG zuzuordnen sei. Ein Fall einer Doppelbesteuerung betreffe stets einen Steuertatbestand über die Erzielung von Einkünften.

 

 

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung). Zu Unrecht hat das FG die streitbefangenen Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Verständigungsverfahren als Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG behandelt.

 

 

10

1. Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Aufwendungen in unmittelbarem sachlichem Zusammenhang mit der Veräußerung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1.12.1992 VIII R 43/90, BFH/NV 1993, 520 = SIS 93 13 27; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 31. Aufl., § 17 Rz 150; vgl. auch § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F.), d.h. durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlasste Aufwendungen (BFH-Urteile vom 8.2.2011 IX R 15/10, BStBl II 2011, 684 = SIS 11 18 72, sowie vom 11.5.2010 IX R 26/09, BFH/NV 2010, 2067 = SIS 10 32 25). Einen darüber hinausgehenden Abzug von Aufwendungen als Betriebsausgaben/ Werbungskosten kennt § 17 EStG nicht. Dies gilt auch für Rechtsverfolgungskosten.

 

 

11

Nach allgemeinen Grundsätzen teilen Kosten der Rechtsverfolgung die einkommensteuerliche Qualifikation des Gegenstands der Rechtsverfolgung. Sind etwa die Aufwendungen, die Gegenstand eines finanzgerichtlichen Verfahrens waren, als Werbungskosten zu beurteilen, gilt das gleichermaßen für die damit in Zusammenhang stehenden Prozesskosten (BFH-Urteil vom 13.4.2010 VIII R 27/08, BFH/NV 2010, 2038 = SIS 10 32 08). So sind etwa Strafverteidigungskosten nur dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist (BFH-Urteil vom 16.4.2013 IX R 5/12, BFH/NV 2013, 1683 = SIS 13 23 20, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Maßgeblich ist stets der objektive Zusammenhang mit der steuerbaren Tätigkeit, im Kontext des § 17 EStG also der Anteilsveräußerung.

 

 

12

2. Nach diesen Grundsätzen sind die streitbefangenen Aufwendungen für das Verständigungsverfahren nicht abziehbar, denn sie sind nicht durch die steuerbare Anteilsveräußerung veranlasst. Das Verständigungsverfahren diente nicht der Durchführung der Veräußerung, sondern der Frage, welchem Staat das Besteuerungsrecht zusteht. Auch war nicht die Veräußerung selbst das auslösende Moment für das Verständigungsverfahren, sondern deren Steuerbarkeit. Betrifft doch das Verständigungsverfahren die Aufteilung des Besteuerungssubstrates aus einer Erwerbsquelle. Zwar sind die Kosten des Verständigungsverfahrens mittelbar durch die Veräußerung der Anteile verursacht. Sie entstanden aber nicht im Zuge der Veräußerung; es fehlt an einer unmittelbaren sachlichen Beziehung gerade zum Veräußerungsgeschäft, wie sie etwa Notariatskosten, Maklerprovisionen oder Grundbuchgebühren aufweisen. Die im Verständigungsverfahren zu klärende Frage der Besteuerungsbefugnisse Deutschlands bzw. der USA betrifft nicht das steuerbare Veräußerungsgeschäft.

 

 

13

Danach sind die Kosten des Verständigungsverfahrens nicht als Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG einzustufen. Auch ein Abzug aus anderen Gründen kommt nicht in Betracht.

 

 

14

3. Ob es sich bei den Aufwendungen für das Verständigungsverfahren um Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. handelt, kann dahinstehen, da diese Vorschrift auf den beschränkt steuerpflichtigen Kläger nicht anwendbar ist (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F.).