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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war im Streitjahr 2000 in den USA ansässig und
mit seinen Einkünften in der Bundesrepublik Deutschland
(Deutschland) beschränkt steuerpflichtig. Er
veräußerte im Streitjahr Anteile an einer GmbH mit
3.960.000 DM Gewinn.
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Der Kläger legte gegen den daraufhin
erlassenen Einkommensteuerbescheid vom 27.8.2003 Einspruch ein. Zur
Begründung wies er darauf hin, dass der
Veräußerungsgewinn auch in den USA versteuert wurde und
insoweit eine Doppelbesteuerung vorliege. Er beantragte ein
Verständigungsverfahren mit den USA und das Ruhen des
Einspruchsverfahrens.
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Mit Schreiben vom 23.3.2010 teilte das
Bundeszentralamt für Steuern mit, dass in dem
Verständigungsverfahren mit der amerikanischen
Finanzverwaltung eine Einigung erzielt wurde. Deutschland stehe
danach ein Besteuerungsrecht in Höhe von 60 % an dem
Veräußerungsgewinn zu. Der Kläger stimmte dem
Verständigungsergebnis mit Schreiben vom 4.6.2010 zu.
Daraufhin änderte der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) die Einkommensteuerfestsetzung des Streitjahres.
Der Änderungsbescheid vom 24.8.2010 wurde Gegenstand des
Einspruchsverfahrens.
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In diesem Einspruchsverfahren macht der
Kläger ergänzend geltend, dass ihm im Zusammenhang mit
dem Verständigungsverfahren Steuerberatungs- und
Rechtsanwaltskosten entstanden seien. Diese mache er
zusätzlich als Veräußerungskosten geltend. Das FA
folgte dem nicht. Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das
Finanzgericht (FG) hat der Klage mit seinem in EFG 2012, 1550 = SIS 12 20 55 veröffentlichten Urteil stattgegeben. Das FA habe zu
Unrecht die geltend gemachten Rechts- und Steuerberatungskosten
nicht als Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) steuermindernd berücksichtigt.
Zu den in unmittelbarer sachlicher Beziehung zu dem
Veräußerungsgeschäft stehenden Kosten gehörten
auch die Kosten, die dem Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit
einem Verständigungsverfahren entstünden.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
mit der dieses die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 2
Satz 1 EStG) rügt. Insbesondere teilten Prozesskosten
grundsätzlich die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der
Aufwendungen, die Gegenstand des Prozesses seien;
Steuerberatungskosten seien danach Betriebsausgaben, soweit es um
Fragen der Gewinnermittlung gehe. Die Höhe der Einkünfte
sei jedoch nicht Gegenstand des Verständigungsverfahrens;
dieses betreffe ausschließlich die Frage, welchem Staat das
Besteuerungsrecht für die erzielten Einkünfte zustehe.
Die Kosten des Verständigungsverfahrens seien nach vollzogener
Gewinnrealisierung und -ermittlung angefallen und bezögen sich
allein auf die der privaten Lebensführung nach § 12 EStG
zuzuordnende Einkommensbesteuerung. Eine Berücksichtigung als
Veräußerungskosten im Rahmen des § 17 EStG sei
daher nicht möglich.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Es sei denklogisch geradezu ausgeschlossen,
dass ein Verständigungsverfahren nach einem
Doppelbesteuerungsabkommen der privaten Lebensführung nach
§ 12 EStG zuzuordnen sei. Ein Fall einer Doppelbesteuerung
betreffe stets einen Steuertatbestand über die Erzielung von
Einkünften.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur
Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung). Zu Unrecht hat das FG die streitbefangenen
Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit dem
Verständigungsverfahren als Veräußerungskosten i.S.
von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG behandelt.
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1. Veräußerungskosten i.S. von
§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Aufwendungen in unmittelbarem
sachlichem Zusammenhang mit der Veräußerung (vgl. Urteil
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1.12.1992 VIII R 43/90, BFH/NV
1993, 520 = SIS 93 13 27; Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 31. Aufl.,
§ 17 Rz 150; vgl. auch § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG n.F.),
d.h. durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlasste
Aufwendungen (BFH-Urteile vom 8.2.2011 IX R 15/10, BStBl II 2011,
684 = SIS 11 18 72, sowie vom 11.5.2010 IX R 26/09, BFH/NV 2010,
2067 = SIS 10 32 25). Einen darüber hinausgehenden Abzug von
Aufwendungen als Betriebsausgaben/ Werbungskosten kennt § 17
EStG nicht. Dies gilt auch für Rechtsverfolgungskosten.
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Nach allgemeinen Grundsätzen teilen
Kosten der Rechtsverfolgung die einkommensteuerliche Qualifikation
des Gegenstands der Rechtsverfolgung. Sind etwa die Aufwendungen,
die Gegenstand eines finanzgerichtlichen Verfahrens waren, als
Werbungskosten zu beurteilen, gilt das gleichermaßen für
die damit in Zusammenhang stehenden Prozesskosten (BFH-Urteil vom
13.4.2010 VIII R 27/08, BFH/NV 2010, 2038 = SIS 10 32 08). So sind
etwa Strafverteidigungskosten nur dann als Betriebsausgaben oder
Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen
den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein
berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist (BFH-Urteil vom
16.4.2013 IX R 5/12, BFH/NV 2013, 1683 = SIS 13 23 20, zur
amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Maßgeblich ist
stets der objektive Zusammenhang mit der steuerbaren
Tätigkeit, im Kontext des § 17 EStG also der
Anteilsveräußerung.
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2. Nach diesen Grundsätzen sind die
streitbefangenen Aufwendungen für das
Verständigungsverfahren nicht abziehbar, denn sie sind nicht
durch die steuerbare Anteilsveräußerung veranlasst. Das
Verständigungsverfahren diente nicht der Durchführung der
Veräußerung, sondern der Frage, welchem Staat das
Besteuerungsrecht zusteht. Auch war nicht die
Veräußerung selbst das auslösende Moment für
das Verständigungsverfahren, sondern deren Steuerbarkeit.
Betrifft doch das Verständigungsverfahren die Aufteilung des
Besteuerungssubstrates aus einer Erwerbsquelle. Zwar sind die
Kosten des Verständigungsverfahrens mittelbar durch die
Veräußerung der Anteile verursacht. Sie entstanden aber
nicht im Zuge der Veräußerung; es fehlt an einer
unmittelbaren sachlichen Beziehung gerade zum
Veräußerungsgeschäft, wie sie etwa Notariatskosten,
Maklerprovisionen oder Grundbuchgebühren aufweisen. Die im
Verständigungsverfahren zu klärende Frage der
Besteuerungsbefugnisse Deutschlands bzw. der USA betrifft nicht das
steuerbare Veräußerungsgeschäft.
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Danach sind die Kosten des
Verständigungsverfahrens nicht als
Veräußerungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG
einzustufen. Auch ein Abzug aus anderen Gründen kommt nicht in
Betracht.
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3. Ob es sich bei den Aufwendungen für
das Verständigungsverfahren um Sonderausgaben i.S. von §
10 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. handelt, kann dahinstehen, da diese
Vorschrift auf den beschränkt steuerpflichtigen Kläger
nicht anwendbar ist (§ 50 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F.).
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