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I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) vermietete mehrere Objekte und erzielte daraus im
Streitjahr (2007) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Eines dieser Objekte, das der Kläger nach seinem Vortrag
„weniger als 10 Jahre im Bestand gehabt“ hatte, wollte
er veräußern. Im Zusammenhang mit der wegen
Finanzierungsproblemen des Erwerbers fehlgeschlagenen
Veräußerung machte der Kläger Notar- und
Gerichtskosten von 5.149,83 EUR sowie Bewirtungskosten von 60,51
EUR als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(das Finanzamt - FA - ) lehnte das auch im Einspruchsverfahren ab
und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr
dementsprechend fest, ohne die geltend gemachten Aufwendungen als
Werbungskosten abzusetzen.
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Die Klage blieb erfolglos. Nach Auffassung
des Finanzgerichts (FG) seien die Aufwendungen keine Werbungskosten
aus Vermietung und Verpachtung: Das „Rückholen“
des Grundstücks könne nicht wie eine erneute Anschaffung
gewertet werden. Die Aufwendungen seien auch nicht als
Werbungskosten bei dem privaten
Veräußerungsgeschäft zu berücksichtigen
(§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ), da eine Veräußerung
und damit ein steuerbarer Tatbestand nicht vorliege. Die
Rückabwicklung erfülle die Voraussetzungen des
Steuertatbestands nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
27.6.2006 IX R 47/04 (BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162 = SIS 06 38 97) nicht.
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Hiergegen richtet sich die auf Verletzung
materiellen Rechts gestützte Revision des Klägers. Es sei
gerade nicht die Veräußerungsabsicht gewesen, welche die
Aufwendungen veranlasst habe, um die es hier gehe; denn diese
hätten vom Käufer getragen werden müssen. Die
Entscheidung des Klägers zur Rückabwicklung sei
ausschließlich vom Käufer verursacht worden, der sich
nach Abschluss des notariellen Kaufvertrags außerstande
gesehen habe, den Kaufpreis zu entrichten. Es sei kein sachlich
rechtfertigender Grund ersichtlich, Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung zu besteuern, es aber unbeachtlich zu belassen, wie
und mit welchen Kosten der Kläger zu dem Wirtschaftsgut vor
dem maßgeblichen Besteuerungszeitraum überhaupt gelangt
sei.
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Der Kläger beantragt
sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 20.10.2009 in
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.11.2009/11.12.2009
dahingehend zu ändern, dass die Bewirtungskosten in Höhe
von 60,51 EUR sowie die Notar- und Gerichtskosten von 5.149,83 EUR
als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung berücksichtigt werden und die Einkommensteuer
entsprechend herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Klage
abzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und nach
§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung zurückzuweisen.
Zutreffend hat das FG die Abziehbarkeit der Aufwendungen im
Zusammenhang mit der fehlgeschlagenen Veräußerung als
Werbungskosten verneint.
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1. Die Aufwendungen sind nicht bei den
Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen.
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a) Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1
Satz 1 EStG i.d.F. des Streitjahres sind nach § 9 Abs. 1 Satz
2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen,
wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch die sie
veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. das
BFH-Urteil vom 28.9.2010 IX R 42/09, BFHE 230, 567, BStBl II 2011,
271 = SIS 10 36 37). Daran fehlt es, soweit die Aufwendungen durch
die Veräußerung des Mietwohnobjekts veranlasst sind
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 31.7.2007 IX R
51/05, BFH/NV 2008, 933 = SIS 08 20 96, und vom 24.1.2012 IX R
16/11, BFH/NV 2012, 1108 = SIS 12 15 58).
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b) Nach diesen Grundsätzen hat das FG in
revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise den für die
Aufwendungen „auslösenden Moment“
ausschließlich im Veräußerungsvorgang gesehen. Sie
sind angefallen, weil der Kläger das Mietwohngrundstück
veräußern, also gerade nicht mehr vermieten wollte. Zwar
mag es sein, dass der Käufer letztlich den Aufwand des
Klägers verursacht hatte, weil er sich außerstande sah,
den Kaufpreis zu finanzieren. Das ändert aber an der
steuerrechtlichen Veranlassung dieses Vorgangs durch die (geplante)
Veräußerung nichts. Denn die Kosten entstanden dem
Kläger nur, weil er sein Grundstück verkaufen wollte.
Allein dieses (zivilrechtliche) Rechtsverhältnis zwischen dem
Kläger und seinem Käufer ist der Grund für die
entstandenen Aufwendungen. Sie stehen in keinerlei Zusammenhang mit
der Vermietungstätigkeit, die - nach dem gescheiterten
Veräußerungsversuch - offenbar weiterlief (vgl. dazu
auch BFH-Urteil vom 19.12.1995 IX R 48/92, BFHE 179, 386, BStBl II
1996, 198 = SIS 96 06 10).
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Dabei mag unentschieden bleiben, ob und
inwieweit dem Kläger aus dem Kaufrechtsverhältnis
Ansprüche gegen den Käufer zustehen, weil dieser die
Kosten an sich zu tragen hatte. Selbst wenn der Kläger diese
Ansprüche - aus welchen Gründen auch immer - nicht
geltend gemacht hat oder sie nicht hat durchsetzen können,
wäre der entsprechende Aufwand des Klägers allein durch
den gescheiterten Verkaufsversuch und nicht durch seine
Vermietungstätigkeit verursacht.
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2. Die Aufwendungen, um die es hier geht, sind
auch nicht als Werbungskosten im Rahmen eines privaten
Veräußerungsgeschäfts gemäß § 22
Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG absetzbar. Zutreffend hat
das FG die Rückabwicklung des Anschaffungsgeschäftes
nicht als Veräußerungsgeschäft beurteilt (vgl. dazu
das BFH-Urteil in BFHE 214, 267, BStBl II 2007, 162 = SIS 06 38 97).
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3. Der Kläger kann seinen Aufwand auch
nicht als (vergebliche) Werbungskosten gemäß § 9
Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG geltend machen. Zwar können
Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie anfallen, bevor
mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden
(vgl. ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Großen
Senats des BFH vom 4.7.1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990,
830 = SIS 90 18 09). Wenn es sich bei § 23 Abs. 1 EStG um
einen sogenannten gestreckten Steuertatbestand handelt, dessen
Verwirklichen mit der Anschaffung des Wirtschaftsguts beginnt
(BFH-Beschluss vom 16.12.2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II
2004, 284 = SIS 04 05 46, unter B. III. 1. b, m.w.N.), können
Aufwendungen, die während des maßgebenden Zeitraums
angefallen sind, grundsätzlich Werbungskosten sein (vgl. dazu
z.B. BFH-Urteil vom 16.6.2004 X R 22/00, BFHE 206, 406, BStBl II
2005, 91 = SIS 04 29 04). Daraus folgt aber nicht, dass
Veräußerungskosten als Werbungskosten abziehbar
wären, wenn es nicht zu einem - die Steuerbarkeit
konstituierenden - Veräußerungsgeschäft kommt, der
Steuertatbestand mithin nicht verwirklicht wird.
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Der wirtschaftliche Zusammenhang wird nicht
durch die Einkünfteerzielungsabsicht hergestellt (vgl. zu
deren Bedeutung bei vorab entstandenen Werbungskosten BFH-Urteil
vom 11.1.2005 IX R 15/03, BFHE 209, 77, BStBl II 2005, 477 = SIS 05 21 69). Das alle Einkunftsarten kennzeichnende Merkmal der
Einkünfteerzielungsabsicht wird für die Einkünfte
aus privaten Veräußerungsgeschäften durch die
maßgebenden Zeiträume in typisierender Weise
objektiviert (vgl. BFH-Urteile vom 1.6.2004 IX R 35/01, BFHE 206,
273, BStBl II 2005, 26 = SIS 04 23 56, unter II. 2. c bb (1), und
vom 17.4.2007 IX R 23/06, BFHE 217, 562, BStBl II 2007, 606 = SIS 07 19 56, unter II. 3.; so auch Wernsmann, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 23 Rz B 175 a.E.).
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Das bedeutet: Veräußert der
Steuerpflichtige innerhalb der Frist, ist das Ergebnis steuerbar;
subjektive Merkmale sind nicht zu prüfen (BFH-Urteile vom
22.4.2008 IX R 29/06, BFHE 221, 97, BStBl II 2009, 296 = SIS 08 24 23, und vom 31.8.1994 X R 66/92, BFH/NV 1995, 391 = SIS 95 07 03).
Kommt es innerhalb dieses Zeitraumes andererseits nicht zu einem
Veräußerungsgeschäft, so fällt umgekehrt die
Tätigkeit des Steuerpflichtigen insgesamt in die nicht
steuerbare Vermögenssphäre. Mithin sind der bloße
Veräußerungsversuch und die damit verbundenen
Aufwendungen steuerrechtlich ohne Bedeutung, wenn es nicht zu einer
Veräußerung kommt.
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