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Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs

Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs: Hatte ein Rechtsbehelf in vollem Umfang Erfolg, können auch dann keine Aussetzungszinsen gemäß § 237 AO festgesetzt werden, wenn das FA rechtsirrig einen zu hohen Betrag von der Vollziehung ausgesetzt hatte. - Urt.; BFH 31.8.2011, X R 49/09; SIS 12 00 92

Kapitel:
Verschiedenes > AO, Verschiedenes
Fundstellen
  1. BFH 31.08.2011, X R 49/09
    BStBl 2012 II S. 219
    DStR 2012 S. 130
    NJW 2012 S. 1840
    LEXinform 0927668

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 24.2.2012
    -/- in NWB 4/2012 S. 270
    jh in StuB 5/2012 S. 205
    TC in DStZ 4/2012 S. 101
    J.F. in BFH/PR 4/2012 S. 134
    N.B. in AktStR 2/2012 S. 279
    KAM in Stbg 5/2012 S. M 8
    R.H. in HFR 4/2012 S. 364
Normen
[AO 1977] § 237
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 13.11.2008, SIS 09 08 32, Aussetzungszinsen, Folgebescheid, Einspruch
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG München 21.2.2018, SIS 18 05 78, Zinsen für die vollumfängliche Aussetzung der Vollziehung von ErbSt bei nur teilweisem Erfolg des Einspru...
  • BFH 14.6.2017, SIS 17 20 02, Aussetzungszinsen bei übereinstimmender Erledigungserklärung, Unbeachtlichkeit einer nachträglichen Änder...
  • BFH 9.6.2015, SIS 15 20 60, Festsetzung von Aussetzungszinsen bei Einspruchsrücknahme: 1. Wird im Rahmen eines Einspruchsverfahrens A...
  • BFH 10.10.2012, SIS 12 33 91, Keine Aussetzungszinsen zu Lasten des Beigeladenen im Klageverfahren gegen einen Grundlagenbescheid: Die ...
  • BFH 9.5.2012, SIS 12 30 13, Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage, Berechtigtes Interesse nach Erledigung einer Aussetzun...
  • Thüringer FG 26.1.2012, SIS 12 15 20, Prozesszinsen nach Klagerücknahme in Folge des Erlasses von Änderungsbescheiden wegen im Klageverfahren n...
Fachaufsätze
  • LIT 02 39 71 N. Bolz, AktStR 2/2012 S. 279: Keine Aussetzungszinsen für fehlerhaft ausgesetzte Beträge bei vollem Erfolg des Rechtsbehelfs - Anmerkun...

 

1

I. Der Revisionsbeklagte ist Erbe der während des Revisionsverfahrens verstorbenen Klägerin (E).

 

 

2

E war Gesellschafterin einer GbR. Während eines Rechtsbehelfsverfahrens betreffend negative Gewinnfeststellungsbescheide der GbR war die Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt worden. Infolgedessen wurde die Vollziehung der Bescheide über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag aufgehoben (künftig: ausgesetzt/Aussetzung). Diese Aussetzung erfolgte allerdings in größerem Umfang als es der Streitgegenstand hinsichtlich der Feststellungsbescheide erfordert hätte. Nach dem Vorbringen des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA - ) im Revisionsverfahren beruhte dies darauf, dass bei der Berechnung fälschlich frühere - zwischenzeitlich geänderte - Bescheide zugrunde gelegt worden waren.

 

 

3

Das Rechtsbehelfsverfahren hatte in vollem Umfang Erfolg. Wegen der überhöhten AdV hatte E gleichwohl Nachzahlungen zu leisten. Das FA setzte deswegen gegen E für Einkommensteuer 1994 und 1996 nebst Solidaritätszuschlag 1996 Aussetzungszinsen in Höhe von zuletzt insgesamt 375.774 EUR fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

 

 

4

Das Finanzgericht (FG) gab mit dem in EFG 2009, 382 = SIS 09 08 32 veröffentlichten Urteil, das im Rubrum die Einkommensteuer 1994 und 1996, nicht aber den Solidaritätszuschlag 1996 nannte, der Klage statt. Für die Festsetzung dieser Zinsen fehle es an einer rechtlichen Grundlage. § 237 der Abgabenordnung (AO) sei nicht anwendbar, wenn, wie hier, Einspruch oder Klage in vollem Umfange Erfolg gehabt hätten. Es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Zinsen als Ausgleich für Fehler eines Finanzamts bei einer AdV.

 

 

5

Mit der Revision vertritt das FA weiterhin die Auffassung, die Nachzahlungsbeträge seien zu verzinsen. Im Rubrum der Revisionsbegründung nennt es, nachdem es im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wie das FG ausdrücklich lediglich die Einkommensteuern bezeichnete, wieder den Solidaritätszuschlag 1996.

 

 

6

Die in § 237 Abs. 1 Satz 1 AO vorausgesetzte Erfolglosigkeit des Rechtsbehelfs beurteile sich allein danach, inwieweit nach endgültiger Erledigung der ausgesetzte Betrag geschuldet werde, unabhängig davon, aus welchem Grund dies der Fall sei. Daher sei nicht der Streitgegenstand des Einspruchsverfahrens, sondern der geschuldete und von der Vollziehung ausgesetzte Steuerbetrag für den Umfang der Verzinsung maßgebend. Im Verhältnis zwischen Grundlagen- und Folgebescheiden gelte nach § 237 Abs. 1 Satz 2 AO nichts anderes. Der Wortlaut des § 237 Abs. 1 Satz 1 AO sei daher unter Berücksichtigung seines Zwecks erweiternd so auszulegen, dass ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid auch insoweit endgültig keinen Erfolg gehabt habe, als trotz Abhilfe des Einspruchs oder der Anfechtungsklage weiterhin ein Betrag geschuldet werde, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt gewesen sei.

 

 

7

Dieses Verständnis entspreche dem Zweck des § 237 Abs. 1 AO. Die Vorschrift wolle dem Steuerpflichtigen den ihm durch die AdV eröffneten, jedoch nach materiellem Recht nicht zustehenden Zinsvorteil nehmen. Dem werde lediglich eine Verzinsung gerecht, die unabhängig von der Rechtmäßigkeit der AdV-Entscheidung in Grund und Höhe an den tatsächlich ausgesetzten und noch verbliebenen geschuldeten Betrag anknüpfe.

 

 

8

Im Übrigen sei E nicht rechtsschutzlos gestellt gewesen, denn sie hätte ihre Zinszahlungspflicht durch verschiedene Maßnahmen vermeiden können, namentlich durch Einspruch gegen die AdV-Verfügungen, durch Änderungsantrag nach § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO oder auch durch Zahlung der zuviel von der Vollziehung ausgesetzten Beträge. Die AdV wäre dann gegenstandslos geworden.

 

 

9

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

 

 

10

Der Revisionsbeklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

11

Die Auffassung des FA stehe mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang. Danach sei Grundvoraussetzung für die Festsetzung von Aussetzungszinsen, dass ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage ganz oder teilweise („soweit“) endgültig keinen Erfolg gehabt habe. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt, da der Einspruch in vollem Umfang erfolgreich gewesen sei. Zum zweiten in § 237 AO vorgesehenen Prüfungsschritt, der Festlegung der Höhe der Aussetzungszinsen, komme man danach nicht mehr.

 

 

12

Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH), auf die sich das FA zur Berechnung des zu verzinsenden Betrages stütze, seien jeweils zu Sachverhalten ergangen, in denen die Rechtsbehelfe zumindest teilweise nicht erfolgreich gewesen seien.

 

 

13

II. Die Revision ist unbegründet und gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht erkannt, dass für die Nachzahlungsbeträge keine Zinsen festzusetzen waren.

 

 

14

1. Hinsichtlich des Streitgegenstandes stellt der Senat klar, dass der Rechtsstreit auch den Solidaritätszuschlag 1996 umfasst. Einspruch und Klage hatten den Solidaritätszuschlag zum Gegenstand. Soweit die Rubren, beginnend mit dem FG-Urteil, ihn zunächst nicht mehr enthielten, handelt es sich um offenkundige Versehen.

 

 

15

2. Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid oder gegen eine Einspruchsentscheidung hiergegen endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Dies gilt entsprechend, wenn nach Einlegung eines förmlichen Rechtsbehelfs gegen einen Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) oder eine Rechtsbehelfsentscheidung hiergegen die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wurde (§ 237 Abs. 1 Satz 2 AO).

 

 

16

Die in Satz 1 dieser Vorschrift genannte Voraussetzung, dass ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage „endgültig keinen Erfolg gehabt“ haben dürfe, gilt damit auch in den Fällen des Satzes 2.

 

 

17

An dieser Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Die Rechtsbehelfsverfahren gegen die Grundlagenbescheide hatten in vollem Umfang Erfolg.

 

 

18

a) Der Wortlaut des § 237 AO ist insoweit eindeutig. Die Frage, ob ein Rechtsbehelf Erfolg hatte, bemisst sich nach dem Verfahrensgegenstand und dem konkretisierten Rechtsbehelfsbegehren und ist unabhängig von der verfahrenstechnischen Art der Erledigung. „Endgültig keinen Erfolg gehabt“ hat der Rechtsbehelf insbesondere dann, wenn er durch unanfechtbare Entscheidung abgewiesen, vom Rechtsbehelfsführer zurückgenommen oder eingeschränkt worden ist, wenn mithin das FA dem Begehren, den festgesetzten Steuerbetrag herabzusetzen, im Ergebnis nicht abhilft, gleich, aus welchem Grunde (grundlegend Senatsurteil vom 27.11.1991 X R 103/89, BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319 = SIS 92 09 57, m.w.N.).

 

 

19

Für die Beurteilung der endgültigen Erfolglosigkeit i.S. des § 237 Abs. 1 Satz 2 AO ist dementsprechend ausschließlich auf das Ergebnis des gegen den Grundlagenbescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens abzustellen, während die sich auf der Ebene des Folgebescheids ergebende steuerliche Auswirkung unbeachtlich ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27.10.2003 X B 36/03 und X B 37/03, BFH/NV 2004, 158 = SIS 04 04 43; ebenso im Anschluss an die Vorinstanz Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 237 AO Rz 18, und Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 237 AO Rz 14).

 

 

20

b) Soweit der BFH mehrfach entschieden hat, dass die Zinsfestsetzung nicht von der Rechtmäßigkeit der bestandskräftigen AdV-Entscheidung, sondern von dem tatsächlich ausgesetzten Betrag abhängt (vgl. Urteile in BFHE 166, 311, BStBl II 1992, 319 = SIS 92 09 57; vom 25.3.1992 I R 159/90, BFHE 168, 13, BStBl II 1992, 997 = SIS 92 21 98; vom 18.7.1994 X R 33/91, BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4 = SIS 94 24 17; vom 9.11.1998 XI R 24/98, BFHE 187, 400, BStBl II 1999, 201 = SIS 99 08 43, und vom 12.12.2007 XI R 25/07, BFH/NV 2008, 339 = SIS 08 11 04), beziehen sich diese Entscheidungen auf Konstellationen, in denen die jeweils eingelegten Rechtsbehelfe wenigstens teilweise ohne Erfolg geblieben waren. Die Tatbestandswirkung der AdV-Entscheidung (dazu eingehend Senatsurteil vom 22.5.2007 X R 26/05, BFH/NV 2007, 1817 = SIS 07 31 95) bezieht sich nur auf die darauf folgende Frage, in welchem Umfang der ausgesetzte Betrag verzinst wird. Sie bezieht sich nicht, wie das FA meint, auf den fehlenden Erfolg des Rechtsbehelfs.

 

 

21

c) Überlegungen zu dem systematischen Zusammenhang des § 237 AO sowie zum Sinn und Zweck der Verzinsungsvorschriften vermögen keine abweichende Entscheidung zu rechtfertigen.

 

 

22

Nach § 233 Satz 1 AO werden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur verzinst, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist. §§ 233a bis 237 AO enthalten eine Reihe von Zinstatbeständen für bestimmte Konstellationen. Die Zinstatbestände bilden einen abschließenden Katalog. Im Fall des in vollem Umfang erfolgreichen Rechtsbehelfs fallen nach der Konzeption des Gesetzes keine Aussetzungszinsen an; entscheidend ist der Erfolg des Rechtsbehelfs; der Umfang der AdV und der Aspekt der Verzinsung sind in diesem Fall unerheblich. Eine erweiternde Auslegung des Tatbestandes des § 237 Abs. 1 AO kommt daher nach Sinn und Zweck der Norm nicht in Betracht.

 

 

23

d) Der Senat verkennt nicht, dass dies in anderen Fällen zu scheinbar unbilligen Ergebnissen führen kann. Der Steuerpflichtige, der mit seinem Rechtsbehelf im Wesentlichen Erfolg hatte und nur zu einem Teil unterlegen blieb, hat Aussetzungszinsen für den gesamten zuviel ausgesetzten Betrag zu zahlen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 175, 294, BStBl II 1995, 4 = SIS 94 24 17), während derjenige Steuerpflichtige, der vollen Erfolg hatte, hinsichtlich des zuviel ausgesetzten Betrags von der Zinspflicht verschont bleibt. Gerechtfertigt ist diese Differenzierung, weil derjenige, dessen Rechtsbehelf in vollem Umfang Erfolg hat, von der Zinspflicht verschont bleiben soll; der „volle Erfolg“ wird gewissermaßen durch die vollständige Entbindung von der Zinspflicht „prämiert“.

 

 

24

3. Der angefochtene Zinsbescheid lässt sich auch auf keine andere Rechtsgrundlage stützen. § 233a AO erfasst Differenzen zwischen Festsetzungen. Die Nachzahlungsbeträge, um die es im Streitfall geht, beruhen nicht auf einer Änderung der Festsetzung, sondern auf dem Umfang der AdV. Eine Zinsvorschrift, die unmittelbar an Überzahlungen des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde anknüpft, existiert nicht.