1
|
I. Mit privatschriftlichem
Gesellschaftsvertrag vom 11.6.1999 wurde die
Eigentümergemeinschaft B-Straße GbR (B-GbR)
gegründet. Zu deren Gründungsgesellschaftern gehörte
u.a. die M-GmbH, die zur Geschäftsführerin der B-GbR
bestellt wurde. Zweck der Gesellschaft war es, das Grundstück
B-Straße gemeinsam zu erwerben, zu verwalten und zu sanieren.
Aufgrund einer in Ergänzung zum Gesellschaftsvertrag
geschlossenen - ebenfalls privatschriftlichen -
Sondernutzungsvereinbarung vom 2.7.1999 wurde dem
Gesellschaftsanteil jedes Gesellschafters ein Sondernutzungsrecht
an einer oder mehreren Einheiten zugeordnet. Die
Sondernutzungsvereinbarung sollte Grundlage für die Erstellung
der Teilungserklärung nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
sein. Jeder Gesellschafter sollte jederzeit, soweit bautechnisch
möglich und rechtlich zulässig, die Aufteilung des
Anwesens in Wohnungseigentum verlangen können, worauf die
Gesellschaft das Teilungsverfahren unverzüglich einzuleiten
hatte.
|
|
|
2
|
Durch notariell beurkundeten
Grundstückskaufvertrag vom 18.9.1999 erwarb die B-GbR das
Grundstück B-Straße. In der Folgezeit traten die
Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) bzw. MA, die
spätere Gesellschafterin der M-GmbH, der B-GbR auf der
Grundlage privatschriftlicher Anteilsübernahmeverträge
bei. In diesen Anteilsübernahmeverträgen war jeweils ein
Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile, die unter
Zugrundelegung der anteiligen Wohn-/Nutzfläche in 1/1000
errechnet waren, vereinbart.
|
|
|
3
|
Durch notariell beurkundeten
Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag vom 19.12.2003 setzte sich
die B-GbR dergestalt auseinander, dass den Gesellschaftern jeweils
näher bezeichnete Miteigentumsanteile, verbunden mit dem dazu
gehörigen Sondereigentum zugewiesen wurden. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) sah darin
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerbare Erwerbsvorgänge
und setzte gegen die Kläger durch Bescheide vom 10.2.2004
Grunderwerbsteuer fest. Als Gegenleistung legte das FA den auf den
Erwerb der Miteigentumsanteile jeweils entfallenden Teil des im
Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag angegebenen Werts des
Grundstücks und der Baulichkeiten von insgesamt 2.590.000 EUR
zugrunde. Die Einsprüche, mit denen die Kläger die
Bemessung der Grunderwerbsteuer nach den Grundbesitzwerten (§
8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GrEStG i.V.m. § 138 Abs. 3 des
Bewertungsgesetzes - BewG - ) begehrten, hatten keinen
Erfolg.
|
|
|
4
|
Das Finanzgericht (FG) hat der auf
Aufhebung der Steuerbescheide gerichteten Klage mit der
Begründung stattgegeben, das FA sei bei der Besteuerung der
auf dem Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag vom 19.12.2003
beruhenden Erwerbe von einem falschen Lebenssachverhalt
ausgegangen. Die Kläger hätten bereits durch ihre
Aufnahme in die GbR jeweils einen Gesellschaftsanteil erworben, der
mit einer Berechtigung an einer konkreten Eigentumswohnung
verbunden gewesen sei; diese Erwerbe hätten gemäß
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 der Abgabenordnung
(AO) der Grunderwerbsteuer unterlegen.
|
|
|
5
|
Mit der Revision rügt das FA
fehlerhafte Anwendung der Rechtsgrundsätze über den
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO
grunderwerbsteuerbaren Erwerb eines Anteils an einer
Personengesellschaft. Grunderwerbsteuerbare Rechtsvorgänge
seien erstmals durch den Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag
vom 19.12.2003 verwirklicht worden.
|
|
|
6
|
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
|
|
|
7
|
Die Kläger beantragen, die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
II. Die Revision ist begründet. Die
Vorentscheidung war aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
).
|
|
|
9
|
1. Abweichend von der Vorentscheidung sind als
Klägerinnen und Revisionsbeklagte die M-GbR, die N-GbR, die
W-GbR sowie die aus der M-GmbH und MA bestehende GbR - jeweils
anstelle der vom FG als Kläger bzw. Klägerinnen
bezeichneten Gesellschafter - zu behandeln.
|
|
|
10
|
a) Grunderwerbsteuerrechtlich ist bei einem
Grundstückserwerb durch mehrere Personen in GbR diese
Gesellschaft Schuldner der Grunderwerbsteuer (Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11.2.1987 II R 103/84, BFHE 149, 12,
BStBl II 1987, 325 = SIS 87 08 09). Ein gegen eine GbR als
Steuerschuldnerin ergangener Steuerbescheid kann nur
gemeinschaftlich durch alle Gesellschafter mit der Klage
angefochten werden (BFH-Urteil vom 27.8.2003 II R 18/02, BFH/NV
2004, 203 = SIS 04 04 87, m.w.N.). Da im Streitfall die
Grunderwerbsteuer jeweils gegen die vorbezeichneten Gesellschaften
festgesetzt worden war, kann auch nur die jeweils am
Steuerrechtsverhältnis beteiligte grunderwerbsteuerrechtlich
selbständige GbR in ihren Rechten verletzt sein.
|
|
|
11
|
b) Im Streitfall ist zwar die Klage von den
Gesellschaftern der jeweiligen GbR ohne ausdrücklichen Hinweis
auf das Gesellschaftsverhältnis erhoben worden. Bei objektiver
Würdigung der Gesamtumstände ist jedoch anzunehmen, dass
für die jeweilige GbR Klage erhoben werden sollte.
|
|
|
12
|
Grundsätzlich ist diejenige Person als
Beteiligter anzusprechen, die erkennbar durch die
Beteiligtenbezeichnung betroffen werden soll (vgl. z.B. BFH-Urteil
vom 9.11.1994 XI R 10/94, BFH/NV 1995, 859); die unrichtige
äußere Bezeichnung der Beteiligten ist demgegenüber
nicht ausschlaggebend. Demgemäß waren die
Beteiligtenbezeichnungen entsprechend zu berichtigen; die
Richtigstellung der unrichtigen Beteiligtenbezeichnung im FG-Urteil
kann auch im Revisionsverfahren erfolgen (BFH-Urteil vom 29.1.2003
I R 106/00, BFHE 201, 287, BFH/NV 2003, 868 = SIS 03 22 78;
Bergkemper in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 122 FGO Rz 8,
m.w.N.).
|
|
|
13
|
2. Dem FG kann nicht darin gefolgt werden,
dass bereits der Beitritt der Kläger bzw. MA zur GbR
gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO
der Grunderwerbsteuer unterlegen habe. Mit ihrem Beitritt haben die
Kläger bzw. MA auch nicht die Verwertungsbefugnis i.S. des
§ 1 Abs. 2 GrEStG an einer bestimmten Wohnungseinheit
erlangt.
|
|
|
14
|
a) Grundsätzlich führt ein Wechsel
im Personenstand einer grundbesitzenden Gesamthand nicht zu einem
Rechtsträgerwechsel und löst deshalb keine
Grunderwerbsteuer aus. Gesellschaftsvertraglich kann allerdings ein
Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft so ausgestaltet
sein, dass dessen Erwerb im rechtlichen und wirtschaftlichen
Ergebnis dem Erwerb des Eigentums an einem Grundstück
gleichkommt. Die Übertragung eines so ausgestalteten
Mitgliedschaftsrechts an einer Personengesellschaft kann als
Gestaltungsmissbrauch angesehen werden mit der Folge, dass der
Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO der
Grunderwerbsteuer unterliegt (BFH-Urteile vom 1.12.2004 II R 23/02,
BFH/NV 2005, 721 = SIS 05 18 54; vom 7.2.2001 II R 35/99, BFH/NV
2001, 1144 = SIS 01 72 44; vom 2.2.1994 II R 84/90, BFH/NV 1994,
824; vom 25.3.1992 II R 46/89, BFHE 167, 448, BStBl II 1992, 680 =
SIS 92 13 17).
|
|
|
15
|
Ein solcher Fall liegt vor, wenn die
Beteiligung an einer Personengesellschaft mit einer besonderen
Berechtigung an einem der Gesellschaft gehörenden
Grundstück verbunden ist und der Gesellschafter ggf. durch
einseitige Erklärung (z.B. Kündigung oder Auflösung
der Gesellschaft) seine Gesellschafterstellung ohne weiteres in
einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an diesem
Grundstück „umwandeln“ kann. Dann ergibt
sich bereits im Zeitpunkt des Erwerbs des Gesellschaftsanteils
für den Fall des Ausscheidens oder der Auflösung der
Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag ein konkreter
Übereignungsanspruch (BFH-Urteil in BFH/NV 2001, 1144 = SIS 01 72 44).
|
|
|
16
|
Wird ein derart ausgestalteter
Gesellschaftsanteil erworben, ersetzt der Anteilserwerb die
Übertragung des Grundstückseigentums, dessen Auswahl den
Gesellschaftsanteil bestimmt hat. Denn die gewählte
Konstruktion des Erwerbs derart ausgestalteter Gesellschaftsrechte
ermöglicht infolge der Steuerfreiheit des Wechsels im
Gesellschafterbestand einer Gesamthand sowie der Steuerbefreiung
nach § 6 Abs. 2 oder § 7 Abs. 2 GrEStG eine
grunderwerbsteuerfreie Überleitung des durch den
Gesellschaftsanteil repräsentierten Grundstücks. Darin
liegt ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts
i.S. von § 42 AO (BFH-Urteil in BFHE 167, 448, BStBl II 1992,
680, 682 = SIS 92 13 17).
|
|
|
17
|
b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen
des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO jedoch nicht
vor, weil die auf Begründung eines Anspruchs auf
Übereignung einer jeweils bestimmten Eigentumswohnung
gerichteten Vereinbarungen mangels notarieller Beurkundung (§
311b des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB - bzw. für die
vor dem 1.1.2002 geschlossenen Verträge § 313 Satz 1 BGB
i.V.m. § 4 Abs. 3 WEG) nichtig waren (§ 125 BGB).
|
|
|
18
|
aa) Zwar haben die Neugesellschafter aufgrund
der Anteilsübernahmeverträge jeweils einen
Gesellschaftsanteil erworben, dem aufgrund der
Sondernutzungsvereinbarung vom 2.7.1999 eine Wohnungseinheit
zugeordnet war. Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen sollte
jeder Gesellschafter die Aufteilung des Anwesens in
Wohnungseigentum verlangen können. Diese Vereinbarungen
sollten bei sachgerechter Auslegung einen Anspruch der
Neugesellschafter auf Übereignung der ausgewählten
Wohnungseinheit und eine entsprechende Verpflichtung der B-GbR
begründen.
|
|
|
19
|
bb) Diese Vereinbarungen bedurften aufgrund
der dadurch begründeten Verpflichtung der B-GbR zur
Veräußerung und der Neugesellschafter zum Erwerb einer
jeweils bestimmten Wohnungseinheit gemäß § 311b
Abs. 1 BGB bzw. § 313 Satz 1 BGB a.F. i.V.m. § 4 Abs. 3
WEG der notariellen Beurkundung. Die Beurkundungspflicht erstreckte
sich auf die gesamte Beitrittsvereinbarung (Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 10.4.1978 II ZR 61/77, NJW 1978, 2505;
Palandt/Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl.,
§ 311b Rz 9).
|
|
|
20
|
Da im Streitfall weder der
Gesellschaftsvertrag noch die Anteilsübernahmevereinbarungen
mit den Neugesellschaftern sowie die Sondernutzungsvereinbarung vom
2.7.1999 notariell beurkundet worden sind, sind diese
Vereinbarungen gemäß § 125 BGB insgesamt nichtig.
Diese zivilrechtliche Nichtigkeitsfolge tritt auch ein, wenn die
Vertragsparteien den Vertrag als gültig behandelt wissen
wollen (Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 311b Rz 45,
m.w.N.).
|
|
|
21
|
cc) Grunderwerbsteuerrechtlich kann jedoch ein
unwirksamer Vertrag nicht die vom Steuertatbestand des § 1
Abs. 1 Nr. 1 GrEStG geforderte Verpflichtung zur Übereignung
begründen. Ein gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB
beurkundungsbedürftiger Vertrag ist beim Fehlen jeglicher
notarieller Beurkundung - wie hier - auch nicht in Anwendung des
§ 41 Abs. 1 AO der Steuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
unterworfen (BFH-Urteile vom 19.7.1989 II R 83/85, BFHE 158, 126,
BStBl II 1989, 989 = SIS 89 22 13; vom 18.3.2005 II R 19/02, BFH/NV
2005, 1368 = SIS 05 32 79). Da demgemäß im Streitfall
die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG nicht
erfüllt sind, kommt eine Anwendung dieser Vorschrift auch
nicht unter Heranziehung des § 42 AO in Betracht, weil §
42 AO eine zivilrechtlich wirksame Gestaltung voraussetzt
(Drüen in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung,
§ 42 AO Rz 28; Schmieszek in Beermann/Gosch, AO § 42 Rz
34).
|
|
|
22
|
c) Im Streitfall führt die vorliegende
(gesellschafts-)vertragliche Gestaltung auch nicht dazu, dass die
Kläger bzw. MA mit ihrem Beitritt zur GbR die wirtschaftliche
Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 GrEStG) an einer bestimmten
Wohnungseinheit erlangt haben. Grundsätzlich vermittelt ein
Anteil am Vermögen einer Gesamthand keine wirtschaftliche
Verwertungsbefugnis i.S. des § 1 Abs. 2 GrEStG an einem der
Gesellschaft gehörenden Grundstück (BFH-Urteil vom
27.3.1991 II R 82/87, BFHE 164, 473, BStBl II 1991, 731 = SIS 91 15 08). Nach der ständigen BFH-Rechtsprechung (Urteile vom
18.8.1993 II R 51/91, BFHE 172, 125, BStBl II 1993, 879 = SIS 93 23 20, und in BFH/NV 2001, 1144 = SIS 01 72 44, jeweils m.w.N.) stellt
auch eine gesellschaftsvertragliche Gestaltung, die dem jeweiligen
Gesellschaftsanteil eine bestimmte Wohnungs- bzw.
Teileigentumseinheit von vornherein zuordnet, keine
Übertragung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis dar. An
dieser Auffassung hält der Senat fest.
|
|
|
23
|
Die auf anderen rechtlichen Erwägungen
beruhende Vorentscheidung war daher aufzuheben.
|
|
|
24
|
3. Die Sache ist nicht spruchreif.
|
|
|
25
|
a) Zwar ist das FA in den angefochtenen
Grunderwerbsteuerbescheiden zutreffend davon ausgegangen, dass der
Erwerb der Miteigentumsanteile durch die Kläger aufgrund des
Auseinandersetzungsvertrags vom 19.12.2003 jeweils gemäß
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Unter den Grundstücksbegriff des § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG
fällt auch das Wohnungseigentum (BFH-Urteil vom 30.7.1980 II R
19/77, BFHE 131, 100, BStBl II 1980, 667 = SIS 80 03 47). Der
Entstehung der Grunderwerbsteuer steht nicht entgegen, dass bei
Abschluss des Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags noch keine
Wohnungsgrundbücher angelegt waren (BFH-Urteil in BFHE 131,
100, BStBl II 1980, 667 = SIS 80 03 47).
|
|
|
26
|
b) Die angefochtenen
Grunderwerbsteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung
sind aber rechtswidrig, weil das FA zu Unrecht als
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer den Wert der
Gegenleistung (§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 GrEStG) und nicht
die Grundbesitzwerte (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG i.V.m.
§ 138 Abs. 3, § 146 BewG) angesetzt hat. Die
Rechtsauffassung des FA, die Bemessungsgrundlage sei auf der
Grundlage des § 7 Abs. 2 GrEStG nach dem gemeinen Wert des
Teilgrundstücks zu bemessen, geht fehl. Der Wert des
Teilgrundstücks i.S. des § 7 Abs. 2 GrEStG ist
ausschließlich für die Berechnung des sich aus dieser
Vorschrift ergebenden Umfangs der Steuerbefreiung bedeutsam.
|
|
|
27
|
aa) Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1
Nr. 2 Alternative 3 GrEStG wird die Steuer über die
Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge hinaus auch bei anderen
Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nach
dem Wert i.S. des § 138 Abs. 2 oder 3 BewG bemessen. Solche
Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage sind
nur solche Grundstücksübergänge zwischen einer
Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, durch die die
Gesellschafterstellung des beteiligten Gesellschafters in
rechtlicher Hinsicht berührt oder verändert wird
(BFH-Entscheidungen vom 26.2.2003 II B 54/02, BFHE 201, 326, BStBl
II 2003, 483 = SIS 03 22 80; vom 16.2.2011 II R 48/08, BFHE 233,
190, BFH/NV 2011, 1254 = SIS 11 18 25). Dies ist auch der Fall,
wenn ein Grundstück im Zuge der Auflösung einer GbR
(§ 730 BGB) aufgrund einer von den gesetzlichen Regelungen
über die Auseinandersetzung abweichenden Vereinbarung i.S. des
§ 731 BGB auf einen oder mehrere Gesellschafter übergeht
(BFH-Urteil vom 11.6.2008 II R 58/06, BFHE 222, 87, BStBl II 2008,
879 = SIS 08 33 12; Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz,
17. Aufl., § 8 Rz 76; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz,
Kommentar, 9. Aufl., § 8 Rz 43; Pahlke in Pahlke/Franz,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 8 Rz 64) und
damit der Erwerber statt seines Anteils am Liquidationserlös
das Grundstück erhält.
|
|
|
28
|
bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend
erfüllt. Die Begründung und Zuweisung von
Miteigentumsanteilen mit dem damit jeweils verbundenen
Sondereigentum aufgrund des Auseinandersetzungs- und
Teilungsvertrags vom 19.12.2003 beruht auf
gesellschaftsvertraglicher Grundlage. Aufgrund dieses Vertrags
erhielten die Kläger statt ihrer Anteile am
Liquidationserlös der GbR jeweils Wohnungseigentum. Dem steht
nicht entgegen, dass - wie das FA geltend macht - der
Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag vom 19.12.2003 keinerlei
Hinweis auf einen vorausgegangenen Auflösungsbeschluss der GbR
enthält. Ein Auflösungsbeschluss kann auch konkludent
zustande kommen (vgl. z.B. MünchKommBGB/Ulmer, 5. Aufl., Vor
§ 723 Rz 19). Im Übrigen würde sich am Vorliegen von
Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage i.S.
des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG auch dann nichts
ändern, wenn sich die bisherigen Gesellschafter der GbR im
Zuge der Durchführung des Auseinandersetzungs- und
Teilungsvertrags vom 19.12.2003 - nunmehr - als
Wohnungseigentümer zu einer GbR zusammengeschlossen haben
sollten bzw. für die GbR ein entsprechender (ggf.
konkludenter) Fortsetzungsbeschluss (dazu z.B. Palandt/Sprau,
a.a.O., Vor § 723 Rz 2) gefasst worden sein sollte.
|
|
|
29
|
cc) Dass die Beitrittserklärungen der
Neugesellschafter zur B-GbR wegen der fehlenden notariellen
Beurkundung nichtig waren, ist unerheblich. Denn im
Grunderwerbsteuerrecht gelten die im Zivilrecht entwickelten
Grundsätze zum fehlerhaften Beitritt zu einer GbR (BFH-Urteil
vom 20.10.2004 II R 54/02, BFHE 208, 47, BStBl II 2005, 299 = SIS 05 13 44). Nach zivilrechtlichen Grundsätzen ist eine
fehlerhaft gegründete Gesellschaft aus Gründen des
Verkehrsschutzes für Dritte und des Bestandsschutzes für
die Gesellschafter wegen eines Nichtigkeits- oder
Anfechtungsgrundes regelmäßig nicht von Anfang an
unwirksam, sondern wegen des Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes
nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar (vgl. z.B.
Palandt/Sprau, a.a.O., § 705 Rz 17 ff., m.w.N.). Die für
die fehlerhafte Gesellschaft entwickelten Grundsätze gelten
auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer GbR, so dass auch
ein fehlerhaft vollzogener Beitritt zu einer Gesellschaft
regelmäßig nur mit Wirkung für die Zukunft
vernichtbar ist (BFH-Urteil in BFHE 208, 47, BStBl II 2005, 299 =
SIS 05 13 44, m.w.N.). Bis zur Geltendmachung des Fehlers ist der
vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam. Ein Beitritt
ist vollzogen, wenn Rechtstatsachen geschaffen worden sind, an
denen die Rechtsordnung nicht vorbeigehen kann. Dies ist der Fall,
wenn der Beitretende Beiträge geleistet oder
gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat. Nach diesen
Grundsätzen hatten die Neugesellschafter den fehlerhaften
Beitritt zur B-GbR durch Leistung der in den
Anteilsübernahmeverträgen vereinbarten Kaufpreise
vollzogen. Umstände, die der rechtlichen Anerkennung eines
fehlerhaften Gesellschafterbeitritts entgegenstehen, sind nicht
ersichtlich.
|
|
|
30
|
dd) Demgemäß hätte es zur
Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage für die
Erwerbe der Kläger jeweils der gesonderten Feststellung der
Grundbesitzwerte (§ 138 Abs. 5 Satz 1 BewG) für die
jeweiligen Wohnungs- und Teileigentumseinheiten bedurft; auf die
Bewertung von Wohnungs- und Teileigentum finden die Regelungen des
§ 146 BewG Anwendung (vgl. § 146 Abs. 8 BewG in der im
Jahr 2003 geltenden Fassung).
|
|
|
31
|
Die sich aus dem Fehlen der
Grundlagenbescheide ergebende Rechtswidrigkeit der angefochtenen
Bescheide kann nachträglich durch Erlass der fehlenden
Grundlagenbescheide beseitigt werden. Zu diesem Zweck ist - falls
sich der Rechtsfehler erst im Revisionsverfahren herausstellt - die
Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG mit der
Maßgabe zurückzuverweisen, das Verfahren
gemäß § 74 FGO auszusetzen, um den
Finanzbehörden die Gelegenheit zu geben, den fehlenden
Grundlagenbescheid nachzuholen (BFH-Urteil in BFHE 222, 87, BStBl
II 2008, 879 = SIS 08 33 12, m.w.N.).
|