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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GbR, die im
Streitjahr 2003 gegründet worden ist. Beteiligt sind M mit 10
% und seine Ehefrau F mit 90 %. Zweck der GbR ist die Vermietung
des Mehrfamilienhauses E-Straße 5, das bis dahin M allein
gehörte. Der notarielle Einbringungsvertrag bestimmt, dass M
das Grundstück E-Straße 5 mit den darauf lastenden
Grundpfandrechten und insgesamt sechs Darlehen in die GbR
einbringt. Darunter befinden sich zwei Sparkassendarlehen, die M
zur Finanzierung des selbstgenutzten Einfamilienhauses
E-Straße 5a, dessen Eigentümer M ist, aufgenommen hatte.
Die Darlehen wurden auf die Klägerin umgeschrieben. Sie war
nunmehr verpflichtet, die Darlehen zu bedienen. Die Einbringungen
erfolgten gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten.
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Im Rahmen der Steuererklärungen
für die Streitjahre (2003 und 2004) ging die Klägerin
aufgrund der von ihr übernommenen Darlehen (insgesamt
151.623,14 EUR) für die Gesellschafterin F von einem
teilentgeltlichen Vorgang aus, und zwar nach dem Verhältnis
des Verkehrswerts der Immobilie von 300.000 EUR zu den Darlehen
zuzüglich Notarkosten (insgesamt 152.802,94 EUR); also habe F
zu 50,94 % entgeltlich erworben. Auf dieser Basis wurde die
Absetzung für Abnutzung (AfA) berechnet (für 2003 - 10
Monate - 1.779 EUR und für 2004 insgesamt 2.136 EUR). Ferner
wurden Schuldzinsen erklärt, und zwar aus den
Darlehensverträgen, um die es hier geht, einerseits in
Höhe von 1.757,60 EUR (2003) und in Höhe von 2.109,12 EUR
(2004), andererseits in Höhe von 3.339,35 EUR (2003) und
3.387,68 EUR (2004).
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) sah in Bezug auf die Darlehen, um die es hier
geht, keinen Anschaffungsvorgang, kürzte dementsprechend die
Anschaffungskosten sowie die als Werbungskosten geltend gemachten
Schuldzinsen.
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Der Einspruch blieb erfolglos. Das FA
führte zur Begründung aus, zunächst habe die
Einbringung nicht zu einem Rechtsträgerwechsel geführt.
Das Grundstück E-straße 5 sei M nach wie vor
zurechenbar. Die im Einbringungsvertrag getroffenen Vereinbarungen
hielten einem Fremdvergleich nicht stand. Die Schuldzinsen aus den
Darlehen, um die es hier gehe, könnten nicht als
Werbungskosten berücksichtigt werden, weil der wirtschaftliche
Zusammenhang mit der Finanzierung des eigengenutzten Objekts nicht
entfallen sei. Außerdem sei die Gestaltung
rechtsmissbräuchlich i.S. des § 42 der Abgabenordnung in
der Fassung der Streitjahre (AO).
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Auch die Klage blieb erfolglos. Das
Finanzgericht (FG) nahm einen Gestaltungsmissbrauch an. Zwar habe
das ursprünglich mit dem Einfamilienhaus im Zusammenhang
stehende Darlehen zivilrechtlich von der Klägerin
übernommen werden können. Die offensichtliche Verlagerung
von privat veranlassten Aufwendungen in die Klägerin sei aber
rechtsmissbräuchlich, da sie nur dem Zweck diene, private
Ausgaben in den steuerlichen Bereich zu verlagern. Der von der
Klägerin angegebene Grund, das Grundstück E-Straße
5 sei vom Gesellschafter M aus haftungsrechtlichen Gründen auf
die Klägerin übertragen worden, treffe nicht für das
Grundstück E-Straße 5a zu.
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Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin. Es liege ein Anschaffungsvorgang vor, wenn im Zuge
der Einbringung in eine GbR ein Rechtsträgerwechsel erfolgt.
Die Übernahme von Darlehen bewirke einen entgeltlichen
Anschaffungsvorgang. Ein Gestaltungsmissbrauch liege nicht vor. Die
zunächst privat veranlassten Darlehen seien im Zuge der
Einbringung auf die Klägerin umgeschrieben worden, was einer
Neugewährung der Darlehen gleichkomme. Die Darlehen
stünden im Zusammenhang mit dem Anschaffungsvorgang.
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Die Klägerin beantragt, das
angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Bescheid
über die einheitliche und gesonderte Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2003 vom 15.6.2005 in der
Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.6.2006 dahingehend zu
ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
um 6.533 EUR auf 1.327 EUR herabgesetzt werden, sowie den Bescheid
über die einheitliche und gesonderte Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2004 in Gestalt des
Änderungsbescheids vom 6.7.2006 dahingehend zu ändern,
dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um 7.290 EUR
auf 2.810 EUR herabgesetzt werden.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung).
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1. Entgegen der Auffassung des FG kann die
Klägerin die Schuldzinsen für die beiden Darlehen bei der
Sparkasse sowie die mit der Übernahme dieser Darlehen als
Anschaffungskosten im Zusammenhang stehenden höheren
AfA-Beträge als Werbungskosten absetzen.
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a) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und
Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten i.S. des § 9
Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der
Streitjahre (EStG) nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der
Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei
ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind. Sie
müssen also mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten
Tätigkeit zusammenhängen und zur Förderung der
Nutzungsüberlassung gemacht werden (ständige
Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
20.12.1994 IX R 122/92, BFHE 177, 50, BStBl II 1995, 534 = SIS 95 14 05, und vom 18.12.2001 IX R 24/98, BFH/NV 2002, 904 = SIS 02 69 14, m.w.N.). Unter diesen Voraussetzungen können auch
Schuldzinsen Werbungskosten sein (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1
EStG). Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind nicht sofort als
Werbungskosten abziehbar, sondern im Rahmen der AfA zu
berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7
EStG; BFH-Urteil vom 26.1.2011 IX R 24/10, BFH/NV 2011, 1480 = SIS 11 26 03). Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder
Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 des
Handelsgesetzbuchs - HGB - (vgl. Beschluss des Großen Senats
des BFH vom 4.7.1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830 =
SIS 90 18 09; BFH-Urteil vom 13.12.2005 IX R 24/03, BStBl II 2006,
461 = SIS 06 16 63, m.w.N.). Anschaffungskosten, zu denen auch die
Übernahme von Verbindlichkeiten des Veräußerers
gehört (vgl. BFH-Urteil vom 6.9.2006 IX R 25/06, BFHE 215,
465, BStBl II 2007, 265 = SIS 07 00 14, m.w.N.), sind nach §
255 Abs. 1 HGB diejenigen Aufwendungen, die geleistet werden, um
einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen
betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Erwerben bedeutet das
Überführen eines Gegenstandes von der fremden in die
eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht.
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Wird ein Grundstück gegen Gewährung
von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende
Personengesellschaft mit Vermietungseinkünften eingebracht, so
liegen Anschaffungsvorgänge insoweit vor, als sich die nach
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter
an dem Grundstück gegenüber den bisherigen
Beteiligungsquoten erhöht haben (s. BFH-Urteile vom 2.4.2008
IX R 18/06, BFHE 221, 1, BStBl II 2008, 679 = SIS 08 21 97, und vom
6.10.2004 IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005, 324 = SIS 04 41 18).
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b) Nach diesen Maßstäben handelt es
sich bei den geltend gemachten Aufwendungen um Werbungskosten. M
hatte das vermietete Mehrfamilienhaus E-Straße 5 in die
Klägerin eingebracht. Da an der Klägerin F zu 90 %
beteiligt ist, ist ihr nach Einbringung auch das Grundstück
gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zu 90 % zuzurechnen und
es liegt ein Anschaffungsvorgang vor.
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aa) Die Klägerin übernimmt im Zuge
der Übernahme der Gesellschaftsrechte für die
Übertragung des Grundstücks als Gegenleistung
Verbindlichkeiten, aus denen bis dahin allein M verpflichtet war.
Da auch insoweit die Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zu
beurteilen ist (vgl. zur Zurechnung von Darlehen BFH-Urteil vom
25.5.2011 IX R 25/10, BFH/NV 2011, 1677 = SIS 11 29 39, m.w.N.),
sind diese Verbindlichkeiten zu 90 % F zuzuordnen und für sie
Anschaffungskosten.
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bb) Dies gilt auch für die Darlehen, um
die es hier geht und die M zunächst aufgenommen hatte, um das
privat genutzte Grundstück E-Straße 5a zu finanzieren.
Es kommt nicht darauf an, ob die Darlehen bei ihrer Aufnahme in den
steuerrechtlich unerheblichen Bereich des Privatvermögens
fielen, so dass Schuldzinsen daraus mangels Zusammenhangs mit einer
Einkunftsart nicht abziehbar waren. Denn diese Verknüpfung hat
sich mit der Übernahme der Verbindlichkeiten durch die
Klägerin gelöst.
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M war aufgrund der Darlehensverträge
verpflichtet, den ihm darlehensweise zur Verfügung gestellten
Geldbetrag zurückzuerstatten und die geschuldeten Zinsen zu
zahlen (§ 488 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
- BGB - ). Werden diese Verpflichtungen - wie im Streitfall - nach
§ 414 BGB mit der Folge eines Schuldnerwechsels
übernommen (statt M schuldet nun die Klägerin
Rückzahlung und Zinsen), so kommt es steuerrechtlich allein
auf den Grund der Übernahme an. Liegt dieser im
steuerrechtlich bedeutsamen Bereich der Einkünfteerzielung, so
liegt dort auch der Zweck der übernommenen Verbindlichkeiten.
Das ist nicht anders zu beurteilen als in den Fällen, in denen
der Erwerber ein eigenes Darlehen aufnimmt, um damit die
Verbindlichkeiten aus den Darlehen des Veräußerers
abzulösen. So hätte die Klägerin ein (der F zu 90 %
zurechenbares) Darlehen aufnehmen können, um damit die
Verbindlichkeiten des M bei der Sparkasse abzulösen. Liegen
hier unzweifelhaft Anschaffungskosten vor, so auch dann, wenn die
Klägerin - wie im Streitfall - Verbindlichkeiten des M
übernimmt, gleichviel, ob diese Verbindlichkeiten bereits bei
ihrer Aufnahme durch eine Einkunftsart veranlasst waren. Nun
hängen sie mit den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung zusammen, wurden sie doch übernommen, um das
Grundstück E-Straße 5 anzuschaffen, mit dem die
Klägerin durch Vermieten Einkünfte erzielt.
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c) Entgegen der Auffassung des FG liegt in der
Einbringung der Darlehen in die Klägerin kein Missbrauch von
Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i.S. des § 42 Abs. 1
Satz 1 AO.
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Ein Gestaltungsmissbrauch ist gegeben, wenn
eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die - gemessen an dem
erstrebten Ziel - unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll
und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche
Gründe nicht zu rechtfertigen ist. Das Motiv, Steuern zu
sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen.
Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der
Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum
Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht,
sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf
dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar
sein soll (BFH-Urteile vom 7.12.2010 IX R 40/09, BFHE 232, 1, BStBl
II 2011, 427 = SIS 11 05 91, und vom 29.5.2008 IX R 77/06, BFHE
221, 231, BStBl II 2008, 789 = SIS 08 31 22, m.w.N.).
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M stand es frei, ob, wann und an wen er sein
Grundstück veräußert. Als Gegenleistung für
die Übertragung des Grundstücks übernahm die
Klägerin Verbindlichkeiten des M. Hierin liegt der
wirtschaftlich beachtliche Grund. Dabei kommt es nicht darauf an,
ob und inwieweit die Klägerin teilentgeltlich erwarb. Allein
der Umstand des teilentgeltlichen Erwerbs führt nicht dazu,
der Entgeltsabrede die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen,
sondern gegebenenfalls - wie auch hier von der Klägerin
bereits erklärt - dazu, die Bemessungsgrundlage um den
geschenkten Betrag zu kürzen (ständige Rechtsprechung,
vgl. BFH-Urteil vom 17.8.2005 IX R 69/03, BFH/NV 2006, 489 = SIS 06 11 43).
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Nicht nachzuvollziehen vermag der Senat die
Argumentation des FG, da es sich „eh um einen
teilentgeltlichen Erwerb“ handele, sei die Einbeziehung
der Verbindlichkeiten gegenüber der Sparkasse als Ausgleich
für die Gegenleistung (des Grundstücks) weder zwingend
noch erforderlich. Diese Aussage ist schon deshalb nicht recht
verständlich, weil ohne die Übernahme der umstrittenen
Verbindlichkeiten das Entgelt deutlich geringer ausfallen
würde. Überdies bleibt es aus den Gründen zu b) den
Vertragsparteien überlassen, wie sie die Gegenleistung
erbringen. Es geht - entgegen der Auffassung des FG - eben nicht um
eine Verlagerung von privat veranlassten Aufwendungen auf die
Klägerin, sondern um eine Überlagerung der
Zwecksetzung des zunächst aus privaten Gründen
aufgenommenen und verwendeten Darlehens durch einen neuen, nunmehr
steuerrechtlich bedeutsamen (Veranlassungs-)Zusammenhang, indem die
Klägerin das Darlehen als Gegenleistung übernimmt und es
bei ihr zu Anschaffungskosten für ein von ihr erworbenes und
der F zu 90 % zuordenbares Grundstück wird.
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2. Da das angefochtene Urteil diesen
Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache
ist nicht spruchreif. Das FG hat von seinem Standpunkt zutreffend
noch nicht die einzelnen Aufwendungen überprüft. Das wird
es in einer neuen Verhandlung und Entscheidung nachzuholen
haben.
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