7
|
In dieser Aufstellung sind folgende
Wochenend- und Feiertage angesetzt: 7., 13., 14., 20., 21., 27. und
28. Januar, 2., 3., 10., 11., 17., 18., 24. und 25. Februar, 2.,
3., 17., 18. und 24. März, 19. und 20. Mai, 7. Juli und 10.
November.
|
|
|
8
|
Die C-AG behielt vom Gehalt des
Klägers Quellensteuer in Höhe von 12.171 CHF (= 4,5 % von
270.472 CHF) ein. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV)
unterwarf den gesamten Bruttolohn des Klägers der
Quellensteuer. Inwieweit die Quellensteuer auf kantonale Steuern
(Kirchensteuer, Feuerwehrersatzabgabe) und auf die direkte
Bundessteuer entfällt, hat das FG nicht festgestellt.
|
|
|
9
|
Der Beklagte, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erließ für das
Streitjahr einen Einkommensteuerbescheid, in dem er die gesamten
Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
als steuerpflichtig erfasste. Der Höhe nach ermittelte das FA
die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit
mit 347.392 DM; die Berechnung dieses Betrags greifen die
Kläger nicht an. Die in der Schweiz zu Lasten des Klägers
gezahlte Quellensteuer hat das FA weder auf die Einkommensteuer
angerechnet noch zum Abzug zugelassen; die von der C-AG
einbehaltene und an die EStV abgeführte Quellensteuer wurde
jedoch in der dem Einkommensteuerbescheid beigefügten
Anrechnungsverfügung mit 15.579 DM (= 12.171,24 CHF x 1,28
DM/CHF = durchschnittlicher Umrechnungskurs für das
Streitjahr) berücksichtigt. Der Einspruch der Kläger
blieb erfolglos.
|
|
|
10
|
Die daraufhin erhobene Klage hatte
teilweise Erfolg. Das FG entschied, dass das FA die Einkünfte
des Klägers zu Recht der Besteuerung unterworfen habe, die in
der Schweiz erhobene Quellensteuer aber gemäß § 34c
Abs. 3 der für das Streitjahr maßgebenden Fassung des
Gesetzes zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften
(Steuerbereinigungsgesetz 1999) vom 22.12.1999 (BGBl I 1999, 2601,
BStBl I 2000, 13) - EStG 1997 n.F. - bei der Ermittlung der
Einkünfte des Klägers abzuziehen sei, und änderte
den angefochtenen Bescheid entsprechend ab (FG
Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom
12.3.2009 3 K 4105/08). Das FG führte u.a. aus, der
Kläger sei Grenzgänger gewesen, da er nicht an mehr als
60 Arbeitstagen aus beruflichen Gründen außerhalb seines
Wohnsitzes übernachtet habe. Die Zahl der
Nichtrückkehrtage bezifferte das FG mit (höchstens) 58;
dabei sah es u.a. diejenigen (sieben) Tage, an denen der
Kläger sich auf Dienstreisen in Deutschland befunden hatte und
deshalb nicht nach Hause zurückgekehrt war, nicht als
„Nichtrückkehrtage“ an. Die Zahl von 58
Nichtrückkehrtagen beinhaltet alle Arbeitstage, an denen sich
der Kläger vom Dienstreiseort aus auf die Rückreise
begeben, seinen Wohnsitz aber nicht mehr erreicht hat. Das Urteil
des FG ist in EFG 2010, 778 = SIS 10 07 33 abgedruckt.
|
|
|
11
|
Das Urteil wurde den Bevollmächtigten
der Kläger am 10.8.2009 und dem FA am 11.8.2009 zugestellt.
Daraufhin haben die Kläger am 7.9.2009 und das FA am 18.9.2009
die vom FG zugelassene Revision eingelegt.
|
|
|
12
|
Die Kläger rügen eine Verletzung
materiellen Rechts. Sie haben zunächst beantragt, das Urteil
des FG aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin zu
ändern, dass die Einkommensteuer auf 0 EUR festgesetzt wird.
Im weiteren Verlauf haben sie ihren Antrag eingeschränkt; sie
beantragen nunmehr eine Herabsetzung der Einkommensteuer auf 28.833
DM.
|
|
|
13
|
Das FA rügt ebenfalls eine Verletzung
materiellen Rechts. Es beantragt, die Revision der Kläger
zurückzuweisen.
|
|
|
14
|
Die Kläger beantragen
sinngemäß, die Revision des FA
zurückzuweisen.
|
|
|
15
|
Das Finanzministerium
Baden-Württemberg (FinMin) ist dem Revisionsverfahren
gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) beigetreten. Es trägt vor, der Kläger habe
während seines Aufenthalts in den USA ein
Beschäftigungsverhältnis mit der CS-C begründet. In
jener Zeit sei die C-AG nicht seine wirtschaftliche Arbeitgeberin
gewesen. Daher sei die für Art. 15a DBA-Schweiz 1971/1992
maßgebliche 60-Tage-Grenze um fünf Tage je Monat (einen
Tag je voller Woche) zu kürzen und verringere sich die Zahl
der Nichtrückkehrtage um 20 Tage, so dass der Kläger
Grenzgänger gewesen sei.
|
|
|
16
|
Ferner führt das FinMin aus, dass die
in der Schweiz gezahlte Steuer nicht nach § 34c Abs. 3 EStG
1997 abgezogen werden könne. Das gelte unabhängig davon,
ob der Kläger Grenzgänger gewesen sei oder nicht.
|
|
|
17
|
Einen Antrag hat das FinMin nicht
gestellt.
|
|
|
18
|
II. Die Revision der Kläger ist
begründet. Sie führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Die Revision des FA ist
unzulässig und deshalb zu verwerfen (§ 126 Abs. 1
FGO).
|
|
|
19
|
1. Der Kläger hatte im Streitjahr in
Deutschland einen Wohnsitz und ist daher unbeschränkt
steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG 1997). Er war ferner aus
abkommensrechtlicher Sicht in Deutschland ansässig (Art. 4
Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/1992). Darüber besteht zwischen den
Beteiligten kein Streit.
|
|
|
20
|
2. Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz
1971/1992 können Gehälter, Löhne und ähnliche
Vergütungen, die ein in Deutschland ansässiger
Arbeitnehmer aus nichtselbständiger Arbeit bezieht,
grundsätzlich nur in Deutschland besteuert werden. Die
genannten Bezüge dürfen jedoch in der Schweiz besteuert
werden, wenn die Arbeit in der Schweiz ausgeübt wird (Art. 15
Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992). Die in Art. 16 bis 19 und in
Art. 15 Abs. 2 DBA-Schweiz 1971/1992 bezeichneten Ausnahmen von
diesen Regelungen sind, wie zwischen den Beteiligten unstreitig
ist, im Streitfall nicht einschlägig. Ein aus Art. 15 Abs. 1
Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 folgendes Besteuerungsrecht der
Schweiz führt, soweit die Arbeit in der Schweiz ausgeübt
wird, zu einer Freistellung von der deutschen Steuer nach
Maßgabe des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz
1971/1992.
|
|
|
21
|
3. Im Streitfall ist das FG zu Recht davon
ausgegangen, dass Art. 15 Abs. 1 Satz 2 und Art. 24 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. d DBA-Schweiz 1971/1992 nicht eingreifen, wenn der
Arbeitnehmer Grenzgänger i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz
1971/1992 ist. Denn die letztgenannte Vorschrift geht, wie aus dem
Wortlaut des Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992
(„ungeachtet des Artikels 15“) folgt, Art. 15
DBA-Schweiz 1971/1992 vor. Das FG hat den Kläger aber zu
Unrecht als Grenzgänger in diesem Sinne angesehen.
|
|
|
22
|
a) Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1
DBA-Schweiz 1971/1992 ist jede in einem Vertragsstaat
ansässige Person, die im anderen Vertragsstaat ihren
Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz
zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1971/1992).
Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 entfällt bei
einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person die
Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer
Beschäftigung im anderen Vertragsstaat während des
gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer
Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt
(„Nichtrückkehrtage“). Ist ein Arbeitnehmer
nicht während des gesamten Kalenderjahres in dem anderen Staat
beschäftigt, so sind die für die
Grenzgängereigenschaft schädlichen Nichtrückkehrtage
in der Weise zu berechnen, dass für einen vollen Monat der
Beschäftigung fünf Tage und für jede volle Woche der
Beschäftigung ein Tag anzusetzen sind (Nr. II.3 des
Verhandlungsprotokolls vom 18.12.1991). Die insoweit getroffene
Regelung enthält eine verbindliche Regelung für die
Auslegung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992
(Senatsurteil vom 11.11.2009 I R 50/08, BFH/NV 2010, 647 = SIS 10 08 74, m.w.N.).
|
|
|
23
|
b) Im Streitfall haben die Kläger die
Anzahl der Nichtrückkehrtage ursprünglich mit 74
berechnet. Das FG ist von dieser Berechnung insoweit abgewichen,
als es alle Tage nicht als Nichtrückkehrtage angesehen hat, an
denen der Kläger von einer mehrtägigen Dienstreise nach
Hause zurückgekehrt ist. Ebenso ist es im Hinblick auf
Wochenend- und Feiertage verfahren, an denen der Kläger sich
auf Dienstreisen befand und nicht an seinen Wohnort
zurückkehren konnte. Bei seiner Zählung der
Nichtrückkehrtage sind ferner diejenigen Arbeitstage
berücksichtigt, an denen der Kläger sich im Rahmen einer
Dienstreise auf die Rückreise begeben, diese aber nicht
vollendet hat. Diese Beurteilung entspricht der neueren
Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil vom 11.11.2009 I R 15/09,
BFHE 227, 419, BStBl II 2010, 602 = SIS 10 02 23) und ist nicht zu
beanstanden. Schließlich hat das FG die Tage, an denen der
Kläger anlässlich einer Dienstreise im Inland
außerhalb seines Wohnorts übernachtet hat, ebenfalls
nicht als Nichtrückkehrtage angesehen. Das greifen die
Kläger zu Recht an.
|
|
|
24
|
Denn nach der Rechtsprechung des Senats
können Dienstreisetage auch dann Nichtrückkehrtage i.S.
des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992 sein, wenn die
Dienstreise im Inland stattfindet (Senatsurteil in BFHE 227, 419,
BStBl II 2010, 602 = SIS 10 02 23). Wie bei Dienstreisen im
Ausland, so kommt es auch in diesem Fall nur darauf an, ob dem
Arbeitnehmer am Reisetag eine Rückkehr an seinen Wohnort nicht
zumutbar ist. Dies kann für die hier in Rede stehenden
Dienstreisetage angenommen werden; es bedarf keiner weiteren
Feststellungen seitens des FG, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass
dem Kläger im Rahmen seiner mehrtägigen Dienstreisen nach
Potsdam, Hohenstein-Ernstthal und Bad Wörishofen eine
allabendliche Rückkehr an seinen Wohnort nicht abverlangt
werden konnte. Vermehrt man die Zahl der vom FG angenommenen
Nichtrückkehrtage (58) um die Zahl der demnach zu Unrecht
unberücksichtigt gebliebenen Tage (sieben), so ergeben sich
für das Streitjahr mehr als 60 Nichtrückkehrtage. Der
Kläger war daher nicht Grenzgänger i.S. des Art. 15a
DBA-Schweiz 1971/1992.
|
|
|
25
|
c) Zu einer abweichenden Beurteilung
führt nicht der Umstand, dass die Kläger und das FG in
die Zählung der Nichtrückkehrtage u.a. Tage einbezogen
haben, an denen der Kläger zu Beginn des Streitjahres bei der
CS-C in den USA tätig war. Der Annahme des FA und des FinMin,
dass der Kläger in der betreffenden Zeit nicht bei einem
Schweizer Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei und deshalb jene
Tage im Zusammenhang mit Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz
1971/1992 auszublenden seien, ist nicht zu folgen.
|
|
|
26
|
aa) Richtig ist allerdings, dass als
Nichtrückkehrtage i.S. des Art. 15a Abs. 2 DBA-Schweiz
1971/1992 nur Tage angesetzt werden können, an denen die
Nichtrückkehr des Arbeitnehmers auf einem der Schweiz
zuzuordnenden Beschäftigungsverhältnis beruht. Die
Annahme eines Nichtrückkehrtages scheidet daher aus, wenn der
Arbeitnehmer auf Grund einer anderweitigen selbständigen
Tätigkeit nicht nach Hause zurückkehren kann
(Senatsurteil in BFHE 227, 419, BStBl II 2010, 602 = SIS 10 02 23);
dasselbe gilt für eine Nichtrückkehr, die durch ein
anderweitiges Arbeitsverhältnis bedingt ist. Jedoch muss sich
die Zuordnung der auswärtigen Tätigkeit zu einem
bestimmten Beschäftigungsverhältnis u.a. danach richten,
welche Beschäftigungsverhältnisse zivilrechtlich bestehen
und mit welchem von mehreren solcher Verhältnisse die
Tätigkeit ggf. in einem engeren Zusammenhang steht. Deshalb
ist insbesondere dann, wenn ein bestehendes Arbeitsverhältnis
mit einem Schweizer Arbeitgeber nicht aufgelöst wird und die
auswärtige Tätigkeit vorwiegend im Interesse dieses
Arbeitgebers erfolgt, für die Annahme von
Nichtrückkehrtagen Raum. Die Dauer eines beruflich bedingten
Aufenthalts in einem dritten Staat - wie im Streitfall in den USA -
ist für sich genommen kein Grund dafür, die in jenem
Staat verbrachten Tage bei der Zählung der
Nichtrückkehrtage auszuklammern (Senatsurteil in BFH/NV 2010,
647 = SIS 10 08 74).
|
|
|
27
|
bb) Im Streitfall hat das FG ohne Rechtsfehler
angenommen, dass der Aufenthalt des Klägers in den USA vor
allem mit dessen Tätigkeit für die C-AG zusammenhing.
Denn zum einen wurde während dieser Zeit, wie das FG
revisionsrechtlich bindend festgestellt hat (§ 118 Abs. 2
FGO), weder der Arbeitsvertrag des Klägers mit der C-AG
aufgelöst noch ein Arbeitsvertrag mit der CS-C geschlossen;
der Kläger hat dem entsprechend weiterhin nur von der C-AG
Bezüge erhalten. Zum anderen hat er im Verhältnis zur
CS-C die Interessen der C-AG wahrgenommen und darüber hinaus
von den USA aus, „so gut es ging“, einzelne
Projekte der C-AG in der Schweiz betreut. Zudem ist die vom 7.
Januar bis zum 6.3.2001 dauernde Tätigkeit in den USA als
kurzfristig anzusehen; die Ansicht des FA und des FinMin, diese
Tätigkeitsphase habe mit der vom 30. Oktober bis zum
15.12.2000 laufenden eine Einheit gebildet, ist schon im Hinblick
auf den zwischenzeitlichen Einsatz des Klägers in der Schweiz
zumindest nicht zwingend. Im Ergebnis verstößt es daher
weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze,
wenn das FG die Tätigkeit des Klägers in den USA als
auswärtige Tätigkeit „für die
C-AG“ angesehen hat. An diese Würdigung ist der
Senat selbst dann gebunden, wenn eine abweichende Einschätzung
ebenfalls vertretbar sein sollte. Im Ergebnis hat das FG daher die
in den USA verbrachten Arbeitstage zu Recht in die Zählung der
Nichtrückkehrtage einbezogen.
|
|
|
28
|
4. Da der Kläger mithin nicht
Grenzgänger war, richtet sich das Besteuerungsrecht nach Art.
15 Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/ 1992. Hiernach darf die Schweiz nur
diejenigen Bezüge des Klägers besteuern, die auf einer in
der Schweiz ausgeübten Tätigkeit beruhen (Art. 15 Abs. 1
Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992); diese Bezüge dürfen nicht
in die Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer einbezogen werden
(Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d DBA-Schweiz 1971/1992). Die
übrigen Einkünfte des Klägers darf nur Deutschland
als Ansässigkeitsstaat besteuern (Art. 15 Abs. 1 Satz 1
DBA-Schweiz 1971/1992).
|
|
|
29
|
5. Die Einkünfte des Klägers aus
nichtselbständiger Arbeit wären zwar insgesamt der
Schweiz zur Besteuerung zugewiesen und von der deutschen
Besteuerung freigestellt, wenn der Kläger zum Kreis der in
Art. 15 Abs. 4 DBA-Schweiz 1971/1992 aufgeführten Personen
gehört hätte (vgl. dazu Senatsurteile vom 25.10.2006 I R
81/04, BFHE 215, 237, BStBl II 2010, 778 = SIS 07 06 03; vom
11.11.2009 I R 83/08, BFHE 227, 402, BStBl II 2010, 781 = SIS 10 02 24). Das war nach der Einschätzung des FG aber nicht der Fall,
und dieser Würdigung treten die Kläger nicht mehr
entgegen. Der Senat, der die genannte Einschätzung für
rechtsfehlerfrei hält, verzichtet deshalb auf weitere
Ausführungen zu dieser Frage.
|
|
|
30
|
6. In welchem Umfang die Einkünfte des
Klägers auf dessen in der Schweiz ausgeübter
Tätigkeit beruhen, hat das FG - von seinem Rechtsstandpunkt
aus folgerichtig - nicht festgestellt. Die Kläger haben dazu
zwar im Revisionsverfahren Angaben gemacht; diese können aber
nicht Grundlage einer abschließenden revisionsgerichtlichen
Entscheidung sein. Das gilt umso mehr, als die dazu von den
Klägern angestellten Berechnungen auf einer zeitanteiligen
Verteilung der Gesamtbezüge des Klägers beruhen; ein
solches Vorgehen ist im Streitfall schon deshalb fragwürdig,
weil der Kläger nach den Feststellungen des FG während
seines Aufenthalts in den USA erhöhte Bezüge
(Kaufkraftausgleich) erhalten hat. Zum Umfang des insoweit
angefallenen Differenzbetrags fehlen ebenfalls Feststellungen des
FG. Diese Feststellungen müssen deshalb nachgeholt werden. Das
kann im Revisionsverfahren nicht geschehen, weshalb die Sache zu
diesem Zweck an das FG zurückverwiesen werden muss.
|
|
|
31
|
7. Im zweiten Rechtsgang wird das FG zugleich
weitere Feststellungen dazu treffen müssen, ob und inwieweit
die Voraussetzungen dafür gegeben sind, dass die in der
Schweiz einbehaltene Quellensteuer bei der Ermittlung der
Einkünfte des Klägers abzuziehen ist. Der Ansicht des FA
und des FinMin, dass ein solcher Abzug von vornherein ausscheide,
schließt sich der Senat nicht an.
|
|
|
32
|
a) Nach § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG 1997
n.F. ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen unter bestimmten,
in der Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen eine im Ausland
erhobene Steuer auf die Einkommensteuer anzurechnen, die auf die
Einkünfte aus dem besteuernden ausländischen Staat
entfällt. Liegen die Voraussetzungen für eine solche
Anrechnung nicht vor, so ist die ausländische Steuer vom
Einkommen in demselben Umfang bei der Ermittlung der Einkünfte
aus dem betreffenden ausländischen Staat abzuziehen (§
34c Abs. 3 EStG 1997 n.F.). Dieser Abzug erfolgt u.a. dann, wenn
sich die im Ausland vorgenommene Besteuerung nicht auf
ausländische Einkünfte bezieht oder wenn die
ausländische Steuer nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem
die Einkünfte stammen.
|
|
|
33
|
b) Sowohl § 34c Abs. 1 als auch §
34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. sind zwar regelmäßig nicht
anwendbar, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen
Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung besteht (§ 34c Abs. 6 Satz 1 EStG 1997
n.F.). Als Ausnahme von dieser Regel bestimmt aber § 34c Abs.
6 Satz 4 EStG 1997 n.F. (jetzt § 34c Abs. 6 Satz 6 EStG 2009),
dass § 34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. anzuwenden ist, wenn in dem
anderen Vertragsstaat nicht aus diesem Staat stammende
Einkünfte besteuert werden.
|
|
|
34
|
c) Die Voraussetzungen dieser Ausnahme liegen
im Streitfall vor. Der entgegenstehenden Auffassung der
Finanzbehörden ist nicht zu folgen.
|
|
|
35
|
aa) Wann Einkünfte i.S. des § 34c
Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 n.F. aus einem bestimmten
ausländischen Staat „stammen“, ist nicht
abschließend geklärt. Der Senat hat zwar angenommen,
dass Einkünfte nicht aus der Schweiz
„stammen“, wenn jeder Anknüpfungspunkt
für eine Zuordnung der Einkünfte zur Schweiz fehlt
(Senatsurteil vom 24.3.1998 I R 38/97, BFHE 185, 464, BStBl II
1998, 471 = SIS 98 15 83). Er hat ferner entschieden, dass
Einkünfte eines in Deutschland wohnhaften Arbeitnehmers aus
der Schweiz „stammen“, wenn sowohl der
Arbeitnehmer seine Tätigkeit in der Schweiz ausübt als
auch der Arbeitgeber in der Schweiz ansässig ist
(Senatsurteile vom 1.7.2009 I R 113/08, BFH/NV 2009, 1992 = SIS 09 36 33; vom 2.3.2010 I R 75/08, BFH/NV 2010, 1820 = SIS 10 27 34).
Ein solcher Sachverhalt liegt aber, wie das FinMin zu Recht
ausgeführt hat, im Streitfall nicht vor. Denn die
Arbeitgeberin des Klägers war zwar in der Schweiz
ansässig; doch geht es um Einkünfte aus einer nicht in
der Schweiz ausgeübten Tätigkeit.
|
|
|
36
|
bb) Nach der im Schrifttum vorherrschenden
Ansicht ist, was die räumliche Zuordnung von Einkünften
aus nichtselbständiger Arbeit angeht, in erster Linie auf die
in § 34d Nr. 5 EStG 1997 n.F. genannten Kriterien abzustellen
(Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht,
§ 34c EStG Rz 150; Kuhn in Herrmann/Heuer/Raupach,
Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 34c EStG
Rz 64). Danach sind Einkünfte aus nichtselbständiger
Arbeit u.a. dann ausländische, wenn die Arbeit entweder im
Ausland ausgeübt worden ist oder einerseits nicht im Inland
ausgeübt worden ist und andererseits in einem
ausländischen Staat verwertet wird oder worden ist. Dabei
kommt es nur auf die Verwertung durch den Arbeitnehmer, nicht auf
die Verwertung durch einen Arbeitgeber an (Senatsurteil vom
12.11.1986 I R 38/83, BFHE 148, 289, BStBl II 1987, 377 = SIS 87 05 60). Die Zuordnung zu einem bestimmten ausländischen Staat
folgt hiernach in erster Linie dem Arbeitsortprinzip und der
Anknüpfung an denjenigen Ort, an dem der Arbeitnehmer von dem
Arbeitsergebnis Gebrauch macht. Der Senat hat bisher offengelassen,
ob diese Zuordnung auf die Frage des „Stammens“
i.S. des § 34c Abs. 6 EStG 1997 n.F. übertragen werden
kann (zu § 34c Abs. 6 Satz 1 und Abs. 3 EStG 1983:
Senatsurteil in BFHE 185, 464, BStBl II 1998, 471, 472 = SIS 98 15 83). Im Streitfall muss diese Frage erneut nicht abschließend
beantwortet werden.
|
|
|
37
|
Denn selbst wenn man im Hinblick auf die
räumliche Zuordnung von Einkünften i.S. des § 34c
Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 n.F. nicht nur auf § 34d EStG 1997
n.F., sondern daneben auf abkommensrechtliche Maßstäbe
abstellen wollte, ergäbe sich jedenfalls im Hinblick auf das
DBA-Schweiz 1971/1992 kein anderes Ergebnis. Denn dort wird im
Hinblick auf die Zuweisung des Rechts zur Besteuerung von
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nur auf die
Ansässigkeit des Arbeitnehmers (Art. 15 Abs. 1 Satz 1
DBA-Schweiz 1971/1992) und den Ort der Tätigkeit (Art. 15 Abs.
1 Satz 2 DBA-Schweiz 1971/1992) abgestellt. Beide Orte liegen, was
die außerhalb der Schweiz ausgeübte Arbeit des
Klägers angeht, nicht in der Schweiz. Die Ansässigkeit
des Arbeitgebers, die insoweit allein einen Bezugspunkt zur Schweiz
begründet, ist abkommensrechtlich ebenso wenig ein
Zuordnungskriterium wie im Bereich des § 34d EStG 1997 n.F.
Daher fehlt es sowohl aus der Sicht des deutschen Rechts als auch
unter dem Blickwinkel des Abkommensrechts an einem rechtlich
abgesicherten Merkmal, aus dem sich ableiten ließe, dass die
in Rede stehenden Einkünfte aus der Schweiz
„stammen“. Die Annahme des FinMin, dass
dafür „irgendein“ in der Schweiz liegender
Bezugspunkt genügen müsse, würde letztlich dem
Ansatz beliebiger Maßstäbe Vorschub leisten und
erscheint daher nicht sachgerecht.
|
|
|
38
|
cc) Die Anknüpfung an den
Tätigkeitsort - und nicht an den Ort der Ansässigkeit des
Arbeitgebers - widerspricht nicht dem Ziel des § 34c Abs. 6
EStG 1997 n.F., dem Vorrang des Abkommensrechts vor dem internen
deutschen Recht Geltung zu verschaffen (vgl. dazu Senatsurteile vom
15.3.1995 I R 98/94, BFHE 177, 269, 271, BStBl II 1995, 580, 581 =
SIS 95 15 15; in BFH/NV 2009, 1992, 1993). Dieser Gesichtspunkt
greift zwar durch, wenn eine Auslegung des § 34c Abs. 6 Satz 4
EStG 1997 n.F. in Rede steht, welche die in § 34c Abs. 3 EStG
1997 n.F. getroffene Regelung leer laufen lassen würde. In dem
hier interessierenden Zusammenhang ist er aber nicht
maßgeblich. Vielmehr ist im Gegenteil das Zusammenspiel von
internem Recht und Abkommensrecht dadurch gekennzeichnet, dass im
Hinblick auf die aus der Schweiz stammenden Einkünfte schon
das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung eine
Steuerbefreiung (z.B. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz 1971/1992)
oder eine Anrechnung ausländischer Steuer (z.B. Art. 24 Abs. 1
Nr. 2 DBA-Schweiz 1971/1992) anordnet, während § 34c Abs.
6 Satz 4 i.V.m. § 34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. einen darüber
hinaus gehenden Steuervorteil gewährt. Es ist mithin gerade
das Ziel des § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 n.F., eine
zusätzliche Abzugsmöglichkeit im Hinblick auf
Einkünfte zu schaffen, die nicht im abkommensrechtlichen Sinne
aus dem jeweils anderen Vertragsstaat stammen. Das sind u.a. die
Einkünfte aus einer außerhalb jenes Staates
ausgeübten Arbeit. Dass diese von § 34c Abs. 6 Satz 4
EStG 1997 n.F. erfasst werden, ist mithin mit dem Grundgedanken
dieser Norm vereinbar.
|
|
|
39
|
dd) Eine solche Handhabung widerspricht
schließlich nicht der Rechtsprechung des Senats zum Begriff
des „Stammens“ von Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit i.S. verschiedener Abkommen zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung (Senatsurteile vom 29.11.2000 I R
102/99, BFHE 194, 69, BStBl II 2001, 195 = SIS 01 06 10, zum
Doppelbesteuerungsabkommen mit Zypern; vom 22.2.2006 I R 14/05,
BFHE 213, 296, BStBl II 2006, 743 = SIS 06 34 97, zum
Doppelbesteuerungsabkommen mit Singapur). Die dort gewählte
Anknüpfung an die Ansässigkeit des Arbeitgebers
hängt mit Besonderheiten der betreffenden Abkommen zusammen
und ist in diesem Sinne normspezifischer Natur (Senatsurteil in
BFHE 213, 296, 300, BStBl II 2006, 743, 745 = SIS 06 34 97). Sie
kann daher auf die Würdigung im Zusammenhang mit § 34c
Abs. 6 Satz 4 EStG 1997 n.F. nicht übertragen werden.
|
|
|
40
|
d) Der hiernach dem Grunde nach mögliche
Abzug von in der Schweiz erhobener Steuer kommt allerdings nach
§ 34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. nur in Betracht, wenn diese Steuer
keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegt. Der Senat
hat aus dem Wort „mehr“ in der Vergangenheit
geschlossen, dass eine Anrechnung ausländischer Steuer geboten
sei, wenn ein zunächst bestehender
Ermäßigungsanspruch durch Zeitablauf erloschen ist
(Senatsurteil in BFHE 177, 269, BStBl II 1995, 580 = SIS 95 15 15);
er hält aus Kontinuitätsgründen und deshalb, weil
der Wortlaut der maßgeblichen Regelung inzwischen
geändert worden ist, für die im Streitfall
maßgebliche Rechtslage an dieser Rechtsprechung fest.
Angesichts dessen setzt der Abzug ausländischer Steuer nach
§ 34c Abs. 3 EStG 1997 n.F. jedoch die Feststellung voraus,
dass im Verhältnis zu dem besteuernden ausländischen
Staat - im Streitfall der Schweiz - ein
Ermäßigungsanspruch entweder nicht entstanden ist oder
zwar entstanden, in der Folge aber erloschen ist. Eine solche
Feststellung hat das FG im Streitfall nicht getroffen.
|
|
|
41
|
Das Fehlen eines
Ermäßigungsanspruchs i.S. des § 34c Abs. 3 EStG
1997 n.F. muss im gerichtlichen Verfahren von demjenigen dargelegt
und ggf. nachgewiesen werden, der den Abzug ausländischer
Steuern geltend macht (ebenso Wassermeyer in Flick/
Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rz 320 i.V.m. Rz
163). Das folgt nicht nur aus den allgemeinen Regeln zur Verteilung
der Feststellungslast, sondern auch aus § 90 Abs. 2 der
Abgabenordnung. Unter welchen Umständen ein hiernach
erforderlicher Nachweis geführt ist, muss ggf. vom FG
beurteilt und kann nicht allgemein festgelegt werden.
|
|
|
42
|
8. Die Revision des FA ist unzulässig.
Das FA hat die Frist zur Einlegung der Revision versäumt, da
seine Revision nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung des
angefochtenen Urteils beim Bundesfinanzhof eingegangen ist (§
120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Es hat zudem keine Gründe vorgetragen,
die insoweit eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56
Abs. 1 FGO) rechtfertigen könnten.
|
|
|
43
|
Die Revision des FA wurde allerdings vor
Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsschrift der
Kläger eingelegt, weshalb sie grundsätzlich als
Anschlussrevision zulässig sein könnte. Eine
Anschlussrevision ist aber nur dann zulässig, wenn der
Revisionsführer geltend macht, durch das angefochtene Urteil
beschwert zu sein; dabei ist auf den vom Revisionsführer
gestellten Antrag (§ 120 Abs. 3 Nr. 1 FGO) abzustellen. Im
Streitfall hat das FA jedoch nur beantragt, die Revision der
Kläger zurückzuweisen; dieser Antrag bringt nicht zum
Ausdruck, inwieweit es sich durch das Urteil des FG beschwert
fühlt und eine Änderung des Urteils zu seinen Gunsten
anstrebt. Daher ist seine Revision auch als Anschlussrevision nicht
zulässig und im Ergebnis zu verwerfen.
|
|
|