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Korrektur von Steuerbescheiden, Rechtserheblichkeit neuer Tatsachen

Korrektur von Steuerbescheiden, Rechtserheblichkeit neuer Tatsachen: 1. Ein Steuerbescheid darf wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder Beweismittel zugunsten des Steuerpflichtigen nicht aufgehoben oder geändert werden, wenn das FA bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht anders entschieden hätte. - 2. Maßgebend für diese Kausalitätsprüfung ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem die Willensbildung des FA über die Steuerfestsetzung abgeschlossen wird. - 3. Wie das FA bei Kenntnis bestimmter Tatsachen und Beweismittel einen Sachverhalt in seinem ursprünglichen Bescheid gewürdigt hätte, ist im Einzelfall aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH ausgelegt wurde, und den die FÄ bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen. - 4. Liegen unmittelbar zu der umstrittenen Rechtslage weder Rechtsprechung des BFH noch bindende Verwaltungsanweisungen vor, so ist aufgrund anderer objektiver Umstände abzuschätzen, wie das FA in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts entschieden hätte. Dabei sind das mutmaßliche Verhalten des einzelnen Sachbearbeiters und seine individuellen Rechtskenntnisse ohne Bedeutung. - Urt.; BFH 22.4.2010, VI R 40/08; SIS 10 18 71

Kapitel:
Verschiedenes > Aufhebung, Änderung, Berichtigung
Fundstellen
  1. BFH 22.04.2010, VI R 40/08
    BStBl 2010 II S. 951
    NJW 2011 S. 112
    LEXinform 0179534

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 1.10.2010
    ge in DStR 26/2010 S. 1337
    St.G. in NWB 26/2010 S. 2032
    St.G. in HFR 8/2010 S. 801
    TC in DStZ 15/2010 S. 548
    St.G. in NWB 30/2010 S. 2366
    St.Sch. in BFH/PR 9/2010 S. 346
    M.G. in BB 32/2010 S. 1903
    jh in StuB 18/2010 S. 722
    KAM in Stbg 1/2011 S. M 15
Normen
[AO 1977] § 173 Abs. 1 Nr. 2
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 22.08.2008, SIS 08 40 24, Rechtserheblichkeit, Neue Tatsache, Feststellungslast, Ausgleichszahlung, Zusatzversorgungskasse, Arbeitslohn
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Nürnberg 30.4.2020, SIS 20 05 91, Keine nachträgliche Gewährung des Rabattfreibetrags für ein Stromdeputat bei fehlender Rechtserheblichkei...
  • FG München 27.6.2018, SIS 19 08 13, Änderung aufgrund neuer Tatsachen, falscher Eintrag des Arbeitgeberzuschusses zur Rentenversicherung: 1. ...
  • FG München 23.4.2018, SIS 18 21 46, Gewerbliche Einkünfte aus Versicherungsrente eines Ausschließlichkeitsvertreters bei ausschließlicher Fin...
  • FG Rheinland-Pfalz 16.6.2015, SIS 15 17 77, Nachträgliches Bekanntwerden von Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 AO: Bei dem Bezug einer im Rahmen de...
  • BFH 21.1.2015, SIS 15 10 73, Ordnungsgemäße Zustellung mit Zustellungsurkunde, Rechtserheblichkeit einer neuen Tatsache: 1. Die Beweis...
  • FG Berlin-Brandenburg 20.2.2014, SIS 14 14 84, Behandlung der aufgrund der Sonderbeurlaubung eines Beamten unter Fortzahlung von Teilbezügen vereinnahmt...
  • FG Münster 18.7.2013, SIS 13 26 26, Nachträgliche Ausstellung einer Spendenbestätigung, neues Beweismittel, rückwirkendes Ereignis: 1. Eine e...
  • BFH 19.6.2013, SIS 13 20 53, Befriedigungsfiktion des § 114 a Satz 1 ZVG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer: 1. Bei dem...
  • BFH 19.6.2013, SIS 13 28 22, Befriedigungsfiktion des § 114 a Satz 1 ZVG als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer: 1. Bei dem...
  • BFH 14.5.2013, SIS 13 14 82, Nachträglich bekannt gewordene Tatsachen bei Doppelansatz von Altersvorsorgeaufwendungen aufgrund unklare...
  • FG München 20.2.2013, SIS 13 13 78, Aussetzung des Verfahrens, Berücksichtigung neuer Tatsachen, Aufenthalt des Steuerpflichtigen im Inland: ...
  • BFH 26.7.2012, SIS 12 33 89, Änderung eines bestandskräftigen Investitionszulagenbescheids wegen nachträglicher Inanspruchnahme von er...
  • BFH 8.12.2011, SIS 12 10 00, Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei Ermittlungspflichtverletzung durch die Finanzbehörde: 1. Der Grun...
  • Niedersächsisches FG 14.9.2011, SIS 11 40 41, Keine Herabsetzung der Einkommensteuer wegen nachträglicher Festsetzung von Kindergeld: 1. Die nachträgli...
  • BFH 27.1.2011, SIS 11 13 60, Änderung einer bestandskräftigen Festsetzung des Solidaritätszuschlags aufgrund nachträglicher Festsetzun...
  • FG Düsseldorf 8.12.2010, SIS 11 07 82, Grunderwerbsteuer, Unterschiedsbetrag aufgrund Befriedigungsfiktion nach § 114 a ZVG als Bestandteil der ...
  • FG Düsseldorf 8.12.2010, SIS 11 20 97, Befriedigungsfiktion gem. § 114 a ZVG als Teil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage, Tochterge...
Fachaufsätze
  • LIT 02 01 25 St. Geserich, NWB 30/2010 S. 2366: Die Rechtserheblichkeit neuer Tatsachen und Beweismittel - Zugleich Anmerkung zum BFH-Urteil vom 22.4.201...

 

1

I. Streitig ist, ob bestandskräftige Einkommensteuerfestsetzungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern sind.

 

 

2

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden in den Streitjahren (2001 bis 2003) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger, der bei der Stadtsparkasse A beschäftigt war, erwarb im Rahmen dieser Tätigkeit auch Ansprüche auf eine betriebliche Altersvorsorge. Bedingt durch die Auflösung der Zusatzversorgungskasse der Landeshauptstadt A wechselte die Stadtsparkasse zur Durchführung ihrer betrieblichen Altersvorsorge zur Y Zusatzversorgungskasse in B. Zum Ausgleich hierfür hat sie an die übernehmende Versorgungskasse neben einer allgemeinen Umlage einen jährlichen Nachteilsausgleich geleistet, diese Zahlungen - anteilig - als Arbeitslohn des Klägers behandelt und dem Lohnsteuerabzug unterworfen. Dementsprechend sind auch die auf den Kläger entfallenden Nachteilsausgleichszahlungen in den auf den Lohnsteuerbescheinigungen ausgewiesenen Bruttoarbeitslöhnen enthalten und in die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre eingegangen.

 

 

3

Von diesem Umstand erfuhr der Kläger erstmals auf Grund einer „Allgemeinen Information“ der Stadtsparkasse A vom 15.3.2006. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass die Versteuerung fehlerhaft gewesen sei, wie sich aus dem zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.9.2005 VI R 148/98 (BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98) ergebe. Daraufhin beantragten die Kläger beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) erfolglos, die bestandskräftigen Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO dahingehend zu ändern, dass die zu Unrecht erfolgte Besteuerung des Nachteilsausgleichs als Arbeitslohn rückgängig gemacht werde. Auch die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Der fristgerecht erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in EFG 2008, 1926 = SIS 08 40 24 veröffentlichten Gründen statt.

 

 

4

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

5

Das FA beantragt, das Urteil des FG Düsseldorf vom 22.8.2008 11 K 580/07 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

6

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

 

7

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass die Einkommensteuerfestsetzungen 2001 bis 2003 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern sind.

 

 

8

1. Die Vorentscheidung verletzt § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Danach sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer niedrigeren Steuer führen.

 

 

9

a) Der Senat kann dahinstehen lassen, ob es sich bei dem Umstand, dass der auf der Lohnsteuerkarte des Klägers ausgewiesene Bruttolohn in den Streitjahren auch auf diesen entfallende Nachteilsausgleichszahlungen enthält, um eine dem FA nachträglich bekanntgewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 AO handelt. Denn auch bei rechtzeitiger Kenntnis um diese Sonderzahlungen an die aufnehmende Versorgungskasse und deren - anteilige - Erfassung in den Lohnsteuerbescheinigungen des Klägers wäre das FA bei der ursprünglichen Veranlagung zu keiner niedrigeren Steuer gelangt.

 

 

10

b) Seit dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23.11.1987 GrS 1/86 (BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180 = SIS 88 05 47) vertritt die HFR die Auffassung, dass ein Steuerbescheid wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder Beweismittel zugunsten des Steuerpflichtigen nur aufgehoben oder geändert werden darf, wenn das FA bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders entschieden hätte (BFH-Beschluss in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180 = SIS 88 05 47, unter C. II. am Anfang). Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO scheidet hingegen aus, wenn die Unkenntnis der später bekanntgewordenen Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung nicht ursächlich (rechtserheblich) gewesen ist, weil das FA auch bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsache mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keiner anderen Steuer gelangt wäre (BFH-Beschluss in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180 = SIS 88 05 47, unter C. II. 2. b).

 

 

11

Rechtfertigender Grund für die Durchbrechung der Bestandskraft nach § 173 AO ist nicht die Unrichtigkeit der Steuerfestsetzung, sondern der Umstand, dass das FA bei seiner Entscheidung von einem unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist. Demnach ist die nachträgliche Berücksichtigung neuer Tatsachen und Beweismittel strikt von der Korrektur von Rechtsfehlern abzugrenzen. Insbesondere dürfen über den Umweg des § 173 Abs. 1 AO Rechtsfehler der Finanzbehörde weder zulasten (Nr. 1) noch zugunsten des Steuerpflichtigen (Nr. 2) berichtigt werden. Das Kriterium der Rechtserheblichkeit (Kausalität) der neuen Tatsache bei der ursprünglichen Veranlagung schließt demnach aus, dass die Beteiligten des Steuerschuldverhältnisses mit Hilfe eines Änderungsbescheids eine neue Tatsache zum bloßen Anlass oder Vorwand nehmen, ihre geläuterte Rechtsansicht nachträglich durchzusetzen (BFH-Beschluss in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180 = SIS 88 05 47). Der Gesetzgeber hat vielmehr dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit in solchen Fällen Vorrang vor der materiellen Richtigkeit der ergangenen Verwaltungsentscheidung eingeräumt (BFH-Beschluss in BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180 = SIS 88 05 47).

 

 

12

c) Maßgebend für die Frage nach der Rechtserheblichkeit einer neuen Tatsache oder eines neuen Beweismittels ist grundsätzlich der Zeitpunkt, in dem die Willensbildung des FA über die Steuerfestsetzung abgeschlossen wird, d.h. im Normalfall der Zeitpunkt der abschließenden Zeichnung des Eingabewertbogens (bei EDV-mäßiger Abwicklung der Steuerfestsetzung) oder der Verfügung zum Steuerbescheid (BFH-Urteile vom 13.7.1990 VI R 109/86, BFHE 161, 11, BStBl II 1990, 1047 = SIS 90 19 50, und vom 20.6.2001 VI R 70/00, BFH/NV 2001, 1527 = SIS 01 81 07; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 173 Rz 29, 47, m.w.N.).

 

 

13

d) Wie das FA bei Kenntnis bestimmter Tatsachen und Beweismittel einen Sachverhalt in seinem ursprünglichen Bescheid gewürdigt hätte, ist im Einzelfall aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH ausgelegt wurde, und den die FÄ bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses durch das FA gegolten haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 15.3.2007 III R 57/06, BFH/NV 2007, 1461 = SIS 07 23 83; in BFH/NV 2001, 1527 = SIS 01 81 07; vom 15.12.1999 XI R 22/99, BFH/NV 2000, 818 = SIS 00 56 02; Senatsbeschluss vom 10.10.2007 VI B 48/06, BFH/NV 2008, 191 = SIS 08 07 52, m.w.N.). Liegen - wie im Streitfall - unmittelbar zu der umstrittenen Rechtslage weder eine Rechtsprechung des BFH noch bindende Verwaltungsanweisungen vor, so ist aufgrund anderer Umstände abzuschätzen, wie das FA in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts entschieden hätte (vgl. auch BFH-Urteil vom 10.3.1999 II R 99/97, BFHE 188, 276, BStBl II 1999, 433 = SIS 99 16 34). Hierzu rechnet beispielsweise das Vorgehen der Finanzbehörden in Parallelverfahren (BFH-Urteil vom 9.8.1989 X R 7/84, BFH/NV 1990, 613). Darüber hinaus sind auch interne Schreiben und Mitteilungen (BFH-Urteil vom 11.6.1997 X R 117/95, BFH/NV 1997, 853 = SIS 97 21 75), etwa eines Landesfinanzministeriums an den Bundesminister der Finanzen, zu berücksichtigen (BFH-Urteile vom 15.12.1999 XI R 22/99, BFH/NV 2000, 818 = SIS 00 56 02, und XI R 38/99, BFH/NV 2000, 820 = SIS 00 56 03). Deshalb ist das FG bei der Ermittlung der Verwaltungsauffassung auch nicht an bestimmte Beweismittel gebunden (BFH-Urteile in BFH/NV 2000, 818 = SIS 00 56 02, und in BFH/NV 2000, 820 = SIS 00 56 03; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 173 AO Rz 57b). Das mutmaßliche Verhalten des einzelnen Sachbearbeiters und seine individuellen Rechtskenntnisse sind hingegen für die Frage, ob die Veränderung im Tatsächlichen oder in der rechtlichen Beurteilung liegt, aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen ohne Bedeutung. Subjektive Fehler der FÄ und damit des einzelnen Bearbeiters, wie sie sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht denkbar sein mögen, sind für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit einer nachträglich bekanntgewordenen Tatsache unbeachtlich (vgl. BFH-Urteil vom 11.5.1988 I R 216/85, BFHE 153, 296, BStBl II 1988, 715 = SIS 88 17 42).

 

 

14

Demgegenüber hat das FG im Streitfall den hypothetischen Kausalverlauf allein nach den idealtypischen individuellen Rechtskenntnissen des zuständigen Veranlagungssachbearbeiters und nicht nach der in den Streitjahren herrschenden Verwaltungsauffassung beurteilt. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben.

 

 

15

2. Die Sache ist spruchreif.

 

 

16

Die Klage wird abgewiesen. Dass der auf der Lohnsteuerkarte des Klägers ausgewiesene Bruttolohn in den Streitjahren auch auf diesen entfallende Nachteilsausgleichszahlungen enthält, ist bei der ursprünglichen Veranlagung nicht rechtserheblich gewesen.

 

 

17

a) Im Streitfall wäre das FA bei den Veranlagungen der Streitjahre auch bei rechtzeitiger Kenntnis des Umstands, dass der auf der Lohnsteuerkarte des Klägers ausgewiesene Bruttoarbeitslohn in den Streitjahren auch die auf ihn entfallenden Nachteilsausgleichzahlungen enthielt, zu keiner anderen Steuer gelangt. Es hätte insbesondere nicht den Entlohnungscharakter der streitigen Sonderzahlungen verneint, sondern vielmehr die Ausgleichszahlungen im Zeitpunkt der streitigen Veranlagungen als steuerbaren Arbeitslohn beurteilt. Nach dem Urteil des Senats in BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98 fließt zwar den Arbeitnehmern kein Arbeitslohn zu, wenn der Arbeitgeber beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse Sonderzahlungen leistet. Im Streitfall erfolgte die abschließende Zeichnung der Eingabewertbögen zu den Einkommensteuerbescheiden 2001, 2002 und 2003 unstreitig jedoch jeweils vor der Veröffentlichung des BFH-Urteils in BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532 = SIS 05 45 98 in der Ausgabe Nr. 11 des BStBl II 2006, das am 24.7.2006 ausgegeben wurde.

 

 

18

b) Bei rechtzeitiger Kenntnis von der im Bruttolohn des Klägers enthaltenen anteiligen Sonderumlage hätte das FA entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung diese Zahlungen als Arbeitslohn erfasst und der Besteuerung unterworfen. Dies ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass die Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen die Revisionsverfahren VI R 32/04 und VI R 148/98 geführt und in diesen Verfahren stets die Auffassung vertreten hat, dass es sich bei Sonderumlagen in Versorgungssysteme um Arbeitslohn handele. Darüber hinaus ist die Auffassung der Finanzbehörden, dass der Nachteilsausgleich als Arbeitslohn zu erfassen sei, u.a. in der Mitteilung für den Lohnsteueraußendienst Nr. 12/2001 vom 5.12.2001 niedergelegt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist insoweit ohne Bedeutung, ob der zuständige Veranlagungssachbearbeiter diese Mitteilung kannte und berücksichtigt hätte. Insoweit ist ausreichend, dass aus diesem internen Schreiben die Rechtsauffassung der Verwaltung hervorgeht. Dies gilt gleichermaßen für den Schriftwechsel des Finanzministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen und der Steuerberatungsgesellschaft der Zusatzversorgungskasse der Landeshauptstadt A. Auch aus diesen Schreiben ist zweifelsfrei ersichtlich, dass die Landesfinanzbehörden im Streitfall bei der Besteuerung von Zukunftssicherungsleistungen nicht nach allgemeinen Umlagezahlungen und dem sogenannten Nachteilsausgleich unterschieden hätten.

 

 

19

Schließlich weist das FA auch zu Recht darauf hin, dass sich aus der Gesetzesbegründung des Jahressteuergesetzes 2007 die in den Streitjahren herrschende Verwaltungsauffassung ergibt. Dort ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung Sonderzahlungen des Arbeitgebers, die er anlässlich der Überführung einer Mitarbeiterversorgung in eine Zusatzversorgungskasse leistet, als steuerpflichtiger Arbeitslohn beurteilt worden sind (BTDrucks 16/2712, 45 f.). Aufgrund dieser feststehenden Verwaltungsübung ist nicht ersichtlich, dass das FA im Streitfall bei rechtzeitiger Kenntnis um die Sonderzahlungen an die aufnehmende Versorgungskasse und deren - anteilige - Erfassung in den Lohnsteuerbescheinigungen des Klägers die streitige Einkommensteuer niedriger festgesetzt hätte.

 

 

20

Folglich hätte die streitige Änderung der Einkommensteuerbescheide 2001, 2002 und 2003 mangels Rechtserheblichkeit dieses Umstands nicht durchgeführt werden dürfen. Damit war die Klage abzuweisen.