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I. Die inländische WM-GmbH war seit
1986 Kommanditistin der R-KG, einer luxemburgischen KG, für
deren deutsche Gesellschafter die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) - die deutsche
Zweigniederlassung einer luxemburgischen Société Anonyme (S.A.) - gemeinsame
Empfangsbevollmächtigte i.S. des § 183 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) ist.
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In den Jahren 1986 bis 1989 hatte die
WM-GmbH aus ihrer Beteiligung anteilige Verluste von 21.717.232 DM
erlitten. Diese Verluste blieben im Rahmen der inländischen
Besteuerung nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 des
Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem
Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der
Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und
Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom
Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern
(DBA-Luxemburg) vom 23.8.1958 (BGBl II 1959, 1270) im Grundsatz
unberücksichtigt; sie wurden jedoch auf Antrag der
Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
5 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei
Auslandsinvestitionen der deutschen Wirtschaft - AuslInvG - (BGBl I
1969, 1211, 1214, BStBl I 1969, 477, 480) abgezogen.
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Ab 1990 fielen für die WM-GmbH aus der
Beteiligung an der Klägerin anteilige Gewinne an, die für
1990 bis 1994 insgesamt 2.806.651 DM und von 1995 bis 1998
insgesamt 963.865 DM betrugen. Im Streitjahr 1999 wurde ein Gewinn
von 449.076 DM erwirtschaftet. Diesen Gewinn stellte der Beklagte
und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) - nach § 2 Abs.
1 Satz 3 i.V.m. § 8 AuslInvG unter Hinzurechnung der zuvor
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AuslInvG abgezogenen Verluste -
einheitlich und gesondert fest. Der Feststellungsbescheid erging
gegenüber der Klägerin. Gleichermaßen war in den
Jahren 1990 bis 1994 verfahren worden; in den Jahren 1995 bis 1998
erfolgte keine Hinzurechnung der in Luxemburg erzielten
Gewinne.
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Die gegen den für das Streitjahr
ergangenen Feststellungsbescheid gerichtete Klage blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) Köln wies sie mit Urteil vom 5.2.2009 9
K 654/03 als unbegründet ab; das Urteil ist in EFG 2009, 1754
= SIS 09 19 95 abgedruckt.
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Ihre Revision stützt die Klägerin
auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und den angefochtenen Bescheid dahin zu ändern,
dass der mit 449.076 DM festgestellte Anteil der WM-GmbH auf 0 DM
herabgesetzt wird, hilfsweise die Sache dem Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften (ab 1.12.2009: Gerichtshof der
Europäischen Union) - EuGH - zur Vorabentscheidung
vorzulegen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das dem Revisionsverfahren beigetretene
Bundesministerium der Finanzen hat sich in der Sache dem FA
angeschlossen, jedoch keine eigenen Anträge gestellt.
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II. Die Revision ist unbegründet.
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1. Die im Inland ansässige und hier mit
ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m.
Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - )
unbeschränkt steuerpflichtige WM-GmbH erwirtschaftete aus
ihrer Beteiligung an der luxemburgischen R-KG seit 1989 bis zum
Streitjahr 1999 Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen
i.S. von Art. 5 Abs. 1 DBA-Luxemburg. Da es sich bei der R-KG um
eine Personengesellschaft handelt, vermittelte diese ihren
Gesellschaftern und damit auch der WM-GmbH jeweils
Betriebsstätten, die in Luxemburg belegen sind. Die
Einkünfte aus diesen Betriebsstätten dürfen
gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 DBA-Luxemburg in Luxemburg
besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen
Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 DBA-Luxemburg). Die
insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach
deutschem Recht.
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2. Da sich der Begriff der
Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht,
entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch
Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der
deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit
Luxemburg vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil vom
17.7.2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630 = SIS 08 35 49) und die dort gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen.
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3. Allerdings wirkt sich die geschilderte
Abkommenslage für gewerbliche Einkünfte aus einer in
einem ausländischen Staat belegenen Betriebsstätte nach
§ 2 Abs. 1 Satz 1, § 5 AuslInvG (hier und im Folgenden:
i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) nicht aus, falls der Steuerpflichtige
beantragt, einen Verlust nach Maßgabe dieser Vorschriften bei
der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte abzuziehen. Ein
solcher Antrag wurde im Streitfall gestellt; das FA ist
dementsprechend verfahren.
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4. Der abgezogene Betrag ist aber, soweit sich
in einem der folgenden Veranlagungszeiträume bei den nach dem
betreffenden Doppelbesteuerungsabkommen zu befreienden
Einkünften aus gewerblicher Tätigkeit aus in diesem
ausländischen Staat belegenen Betriebsstätten insgesamt
ein positiver Betrag ergibt, nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslInvG
in dem betreffenden Veranlagungszeitraum bei der Ermittlung des
Gesamtbetrags der Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Davon ist
nach § 2 Abs. 1 Satz 4 AuslInvG (nur dann) abzusehen, wenn der
Steuerpflichtige nachweist, dass nach den für ihn geltenden
Vorschriften des ausländischen Staates ein Abzug von Verlusten
in anderen Jahren als dem Verlustjahr allgemein nicht beansprucht
werden kann.
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a) Die vorbezeichneten
Nachversteuerungsvorschriften des § 2 Abs. 1 Sätze 3 und
4 AuslInvG sind im Streitfall und für die hier in Rede
stehenden (Alt-)Verluste aus den Jahren 1986 bis 1989 (noch)
anzuwenden. Das ergibt sich aus § 8 Abs. 5 AuslInvG i.d.F. des
Jahressteuergesetzes 2009 (BGBl I 2008, 2794).
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b) Die WM-GmbH hat u.a. im Streitjahr positive
Einkünfte aus ihrer Beteiligung in Luxemburg und ihrer dort
belegenen Betriebsstätte erzielt. Der
Nachversteuerungstatbestand des § 2 Abs. 1 Satz 3 AuslInvG ist
sonach erfüllt.
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c) Fraglich und unter den Beteiligten streitig
ist jedoch, ob die WM-GmbH nach Satz 4 dieser Vorschrift von der
Nachversteuerung zu verschonen ist. Das ist mit dem FG zu
verneinen. Denn davon, dass die WM-GmbH einen Abzug ihrer
Betriebsstättenverluste in Luxemburg
„allgemein“ nicht hätte beanspruchen
können, kann keine Rede sein. Nach dem einschlägigen
luxemburgischen Steuerrecht (Art. 114 Abs. 2 Nr. 1 des dortigen
Loi sur l’impôt sur le revenue - L.I.R.
- in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung)
konnte sie dies nach den insoweit bindenden (vgl. § 118 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) Feststellungen des FG nur
deswegen nicht, weil das luxemburgische Steuerrecht einen auf
fünf Jahre begrenzten Verlustvortrag vorsah und dieser
Zeitraum für die Verluste aus den Jahren 1986 bis 1989
spätestens im Jahre 1994 abgelaufen war.
„Allgemein“ stand ihr der Verlustabzug also in
anderen Jahren als dem Verlustjahr zu, er verbot sich lediglich
konkret aus Gründen der verwirklichten Gegebenheiten des
Einzelfalles. Das aber reicht nicht aus, um eine
„allgemeine“ Versagung des Verlustabzugs i.S.
von § 2 Abs. 1 Satz 4 AuslInvG annehmen zu können. Der
Gefahr einer doppelten Beanspruchung von Verlustabzügen soll
hierdurch abstrakt, nicht aber konkret vorgebeugt werden.
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Der Regelungswortlaut ist insoweit eindeutig.
Er begrenzt etwaige Auslegungsmöglichkeiten und belässt
in diesem Punkt keine Auslegungsspielräume. Das entspricht dem
Regelungsverständnis des Senats im Beschluss vom 29.11.2006 I
R 45/05 (BFHE 216, 149, BStBl II 2007, 398 = SIS 07 10 73, m.w.N.,
dort bezogen auf die österreichische Rechtslage), und daran
ist festzuhalten (ebenso z.B. Probst in Flick/Wassermeyer/Baumhoff,
Außensteuerrecht, § 2a EStG Rz 550 ff.; Mössner in
Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2a Rz E 39; Gosch in
Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 2a Rz 95). Dass das FA in den
Jahren 1995 bis 1998 gleichwohl von Hinzurechnungen der in
Luxemburg erzielten Gewinne abgesehen hat, ändert daran schon
angesichts des Prinzips der Abschnittsbesteuerung nichts.
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5. Die so verstandene Regelungslage
widerspricht gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen und hierbei der
in Art. 43 i.V.m. Art. 48 nach der Zählung des Vertrages von
Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die
Europäische Union, der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit
zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen
Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des
Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union
(AEUV) i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des
Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der
Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01) verbürgten freien
Wahl der Niederlassung nicht. Das ergibt sich aus dem EuGH-Urteil
vom 23.10.2008 C-157/07 „Krankenheim Ruhesitz am
Wannsee-Seniorenheimstatt“ (IStR 2008, 769 = SIS 08 43 12). Der EuGH hat sich in diesem Urteil für einen
vergleichbaren Nachversteuerungsfall und im Hinblick auf den
insoweit mit Art. 43 EG inhaltlich übereinstimmenden Art. 31
des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
- im 2. Leitsatz der Entscheidung - wie folgt
geäußert:
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„Art. 31 (des EWR-Abkommens) steht
einer nationalen Steuerregelung nicht entgegen, nach der die
Verluste einer Betriebsstätte, die in einem anderen Staat als
dem Ansässigkeitsstaat ihres Stammhauses belegen ist, bei der
Festsetzung der Einkommensteuer des Stammhauses berücksichtigt
werden können, später aber, sobald die
Betriebsstätte Gewinne erwirtschaftet, steuerlich wieder
hinzugerechnet werden müssen, wenn der
Betriebsstättenstaat keinen Vortrag von Verlusten einer
Betriebsstätte einer in einem anderen Staat ansässigen
Gesellschaft zuläßt und wenn nach einem zwischen den
beiden betreffenden Staaten abgeschlossenen Abkommen zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung die Einkünfte einer solchen Einheit im
Ansässigkeitsstaat ihres Stammhauses von der Steuer befreit
sind.
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Eine solche Steuerregelung führt zwar
zu einer Beschränkung des Rechts aus Art. 31 des
EWR-Abkommens, da die steuerliche Situation einer Gesellschaft, die
ihren satzungsmäßigen Sitz in einem Mitgliedstaat hat
und eine Betriebsstätte in einem anderen Mitgliedstaat
besitzt, weniger günstig ist als die, in der sie sich
befände, wenn die Betriebsstätte im erstgenannten
Mitgliedstaat belegen wäre. Auch wenn nämlich in einem
ersten Schritt bei der Veranlagung des Stammhauses im erstgenannten
Mitgliedstaat die gesamten Verluste aus der in einem anderen
Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte von den Gewinnen des
Stammhauses abgezogen werden und der erstgenannte Mitgliedstaat
damit einen Steuervorteil in der gleichen Weise gewährt, wie
wenn die Betriebsstätte im Inland belegen wäre, entzieht
die nationale Steuerregelung, indem in einem zweiten Schritt die
Verluste der Betriebsstätte zum zu versteuernden Einkommen
ihres Stammhauses wieder hinzugerechnet werden, sobald die
Betriebsstätte Gewinne erwirtschaftet, diesen Steuervorteil
doch wieder und behandelt damit gebietsansässige
Gesellschaften mit Betriebsstätten in einem anderen
Mitgliedstaat steuerlich ungünstiger als gebietsansässige
Gesellschaften mit Betriebsstätten im Inland. Aufgrund dieses
Unterschieds in der steuerlichen Behandlung könnte eine
gebietsansässige Gesellschaft davon abgehalten werden, ihre
Tätigkeiten weiterhin über eine in einem anderen
Mitgliedstaat belegene Betriebsstätte auszuüben.
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Eine solche Beschränkung ist jedoch
durch das Erfordernis, die Kohärenz des Steuersystems zu
gewährleisten, gerechtfertigt. Die von der fraglichen
Steuerregelung vorgesehene Hinzurechnung der Verluste darf nicht
von der vorangegangenen Berücksichtigung dieser Verluste
getrennt werden. Die Hinzurechnung folgt nämlich im Fall einer
Gesellschaft mit einer in einem anderen Staat belegenen
Betriebsstätte, für die dem Ansässigkeitsstaat
dieser Gesellschaft kein Besteuerungsrecht zusteht, einer
spiegelbildlichen Logik. Somit besteht ein direkter,
persönlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden
Komponenten der fraglichen Steuerregelung, da die Hinzurechnung das
logische Pendant zum vorher gewährten Abzug darstellt. Diese
Beschränkung ist auch für die Erreichung eines solchen
Ziels geeignet, da sie vollkommen symmetrisch vorgeht, indem nur
die in Abzug gebrachten Verluste wieder hinzugerechnet werden.
Zudem ist die Beschränkung in Bezug auf das angestrebte Ziel
verhältnismäßig, denn die Verluste werden nur bis
zur Höhe der erwirtschafteten Gewinne wieder
hinzugerechnet.
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Diese Beurteilung kann nicht durch das
Zusammenwirken der vorgenannten Steuerregelung mit den
Steuervorschriften des Betriebsstättenstaats in Frage gestellt
werden. In Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder
Harmonisierungsmaßnahmen bleiben die Mitgliedstaaten
dafür zuständig, die Kriterien für die Besteuerung
des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die
Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen.
Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für
die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein
kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der
Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu
berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar
ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten
Staat ansässigen Gesellschaft gehört. Selbst wenn man
unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im
Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden
Betriebsstätte mit der Besteuerung im
Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche
Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat
zuzurechnen, da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen
Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der
Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten
abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung.
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Die Wertung, dass die sich aus der
fraglichen Steuerregelung ergebende Beschränkung durch das
Erfordernis, die Kohärenz dieser Regelung zu
gewährleisten, gerechtfertigt ist, kann auch nicht durch den
Umstand in Frage gestellt werden, dass die betreffende
Betriebsstätte von ihrem Stammhaus aufgegeben wurde und die
Gewinne und Verluste, die die Betriebsstätte, solange sie
bestand, erzielt hatte, insgesamt zu einem Negativsaldo
führten. Die Hinzurechnung der Betriebsstättenverluste zu
den Einkünften des Stammhauses ist nämlich das
untrennbare und logische Pendant der vorangegangenen
Berücksichtigung dieser Verluste.“
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Genau diese Beurteilung des EuGH greift auch
im Streitfall: Indem Art. 114 Abs. 2 Nr. 1 L.I.R. den Abzug von
Verlustvorträgen in Luxemburg auf fünf Jahre begrenzt,
verhindert diese Vorschrift zwar den Verlustabzug im Ergebnis
endgültig. Deutschland als Ansässigkeitsstaat ist indes
angesichts des derzeitigen Standes der gemeinschaftlichen
Harmonisierung nicht verpflichtet, diesen Nachteil auszugleichen.
Dass Luxemburg seinerseits mit der beschriebenen
Verlustabzugsbeschränkung nicht gegen Gemeinschaftsrecht
verstoßen haben dürfte, tut insofern nichts zur Sache.
Über die Frage des Gemeinschaftsrechtsverstoßes durch
den Quellenstaat war zwar - dort in Bezug auf Österreich - vom
EuGH in IStR 2008, 769 = SIS 08 43 12 zu urteilen; darauf war die
zweite, hilfsweise formulierte Vorlagefrage des Senats in dessen
vorangegangenen Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH durch
Beschluss in BFHE 216, 149, BStBl II 2007, 398 = SIS 07 10 73
gerichtet. Es ist aber nichts dafür ersichtlich, dass die
Entscheidung des EuGH darauf zu verengen wäre. Der EuGH hat
die zweite (Hilfs-)Rechtsfrage im Gegenteil nicht mehr beantwortet,
nachdem er bereits die erste und weiter gehende Frage nach der
Nachversteuerungsbefugnis des Ansässigkeitsstaates im
Gewinnfall bejaht hatte (im Ergebnis ebenso z.B. Hohenwarter,
Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Lamprecht, IStR
2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuer und Bilanzen 2009, 260, 263;
Herkenroth/Striegel in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG und KStG,
§ 2a Rz 10; Gosch, BFH/PR 2009, 18; Cordewener, Internationale
Wirtschafts-Briefe Fach 11, Gruppe 2, 989; Wagner, Der Konzern
2009, 235, 240; Lühn, BB 2009, 90, 92;
Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- &
Steuerrecht 2009, 164, 167; anders z.B. FG Hamburg, Urteil vom
18.11.2009 6 K 147/08, IStR 2010, 109 = SIS 09 39 57; Knipping,
IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky,
Der Betrieb 2009, 1669, 1671; zweifelnd Jü.
Lüdicke/Braunagel in Lüdicke/Kempf/ Brink [Hrsg.],
Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.; Haslehner, Steuer und
Wirtschaft International 2008, 561).
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Der Senat erachtet die aufgezeigte
Gemeinschaftsrechtslage in Anbetracht der zitierten
Ausführungen des EuGH jedenfalls für eine
„asymmetrische“ Verlustberücksichtigung
durch Abzug und Nachbesteuerung bei späterer Gewinnerzielung,
wie sie im Streitfall in Rede steht, als eindeutig. Einer
(abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 Abs. 1
Buchst. a, Abs. 3 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil
vom 6.10.1982 Rs. 283/81 „C.I.L.F.I.T.“, EuGHE
1982, 3415).
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