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Keine "Finalität" ausländischer Betriebsstättenverluste trotz zeitlich begrenzten Verlustvortrags im Betriebsstättenstaat

Keine "Finalität" ausländischer Betriebsstättenverluste trotz zeitlich begrenzten Verlustvortrags im Betriebsstättenstaat: 1. Der Senat hält auch für Art. 4 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich daran fest, dass Deutschland für Verluste, die ein in Deutschland ansässiges Unternehmen in seiner in Frankreich belegenen Betriebsstätte erwirtschaftet, kein Besteuerungsrecht hat (ständige Rechtsprechung). - 2. Ein Verlustabzug kommt abweichend davon aus Gründen des Gemeinschaftsrechts nur ausnahmsweise in Betracht, sofern und soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass die Verluste im Quellenstaat steuerlich unter keinen Umständen anderweitig verwertbar sind (sog. finale Verluste, Anschluss an EuGH-Urteil vom 15.5.2008, C-414/06 "Lidl Belgium", Slg. 2008, I-3601, BStBl 2009 II S. 692 = SIS 08 25 46). An einer derartigen "Finalität" fehlt es, wenn der Betriebsstättenstaat nur einen zeitlich begrenzten Vortrag von Verlusten zulässt (Anschluss an EuGH-Urteil vom 23.10.2008, C-157/07 "Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt", Slg. 2008, I-8061 = SIS 08 43 12). - Urt.; BFH 9.6.2010, I R 100/09; SIS 10 22 23

Kapitel:
International > Doppelbesteuerung
Fundstellen
  1. BFH 09.06.2010, I R 100/09
    BStBl 2010 II S. 1065
    DB 2010 S. 1731
    LEXinform 0927512

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 8.12.2010
    jh in StuB 17/2010 S. 682
    D.G. in BFH/PR 10/2010 S. 408
    W.M. in IStR 17/2010 S. 672
    M.L./M.R. in DB 36/2010 S. 1963
    C.P. in IWB 17/2010 S. 626
    J.I. in IWB 19/2010 S. 713
    J.S./Ch.W. in FR 19/2010 S. 883
    A.P./D.G. in IStR 21/2010 S. 781
    L.R. in BB 45/2010 S. 2734
    K.Sch.T. in StuB 20/2010 S. 779
    C.W./Th.G. in FR 24/2010 S. 1113
    W.K./M.Ph. in IStR 23/2010 S. 865
    K.v.B. in DStR 2/2011 S. 57
    C.Qu. in DB 50-51/2010 S. 2757
    W.M. in FR 1/2011 S. 24
    C.W./Th.G. in FR 5/2011 S. 220
    W.St. in BB 10/2011 S. 607
    M.Sch. in IStR 10/2011 S. 368
Normen
[DBA-Frankreich] Art. 2 Abs. 1 Nr. 7, Art. 4 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 Buchst. a
[EG] Art. 43, Art. 48
[AEUV] Art. 49, Art. 54
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Düsseldorf, 08.09.2009, SIS 10 06 92, Verlust, Abzugsfähigkeit, Betriebsstätte, Ausland, Zeitraum
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Düsseldorf 14.4.2022, SIS 22 10 78, Berücksichtigung von steuerfreien Veräußerungsverlusten im Wege des negativen Progressionsvorbehalts, Bin...
  • FG Münster 28.3.2017, SIS 17 20 80, Abzug finaler ausländischer Betriebsstättenverluste: Deutschland ist nicht verpflichtet, finale ausländis...
  • FG München 31.5.2016, SIS 16 16 01, Im Inland kein Abzug des Verlusts aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer nach dem DBA-Spanien in ...
  • BFH 22.9.2015, SIS 16 02 44, "Finaler" ausländischer Vermietungsverlust: Ein Verlust eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus der Verm...
  • FG Hamburg 6.8.2014, SIS 14 29 21, Berücksichtigung "finaler" Verluste einer italienischen Betriebsstätte: 1. Die Verluste einer ausländisch...
  • FG Baden-Württemberg 8.7.2014, SIS 14 26 95, Keine Berücksichtigung negativer österreichischer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland...
  • FG Düsseldorf 14.1.2012, SIS 12 14 76, Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften, Ausgleichsfähigkeit nach Wohnsitzwechsel von Frankreich nac...
  • FG Düsseldorf 25.10.2011, SIS 12 14 77, Vertikaler Verlustausgleich mit negativen ausländischen Einkünften: 1. Negative ausländische Einkünfte au...
  • Niedersächsisches FG 16.6.2011, SIS 11 35 75, Körperschaftsteuer 1999, Verrechenbarkeit von Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten, Veräußerung ei...
  • BFH 13.10.2010, SIS 11 01 48, Keine Rücklage für Ersatzbeschaffung beim sog. Squeeze-out, Abzugsverbot gemäß § 8 b Abs. 3 KStG a.F. auc...
  • FG Münster 17.9.2010, SIS 10 42 00, Einkünfte aus Beteiligung an österreichischer Personengesellschaft (Offene Erwerbsgesellschaft), Verlustb...
  • FG Rheinland-Pfalz 31.8.2010, SIS 10 34 69, Berücksichtigung von Auslandsverlusten: 1. Eine Verrechnung von im Jahre 2004 erwirtschafteter Verluste a...
Fachaufsätze
  • LIT 02 12 71 W. Stiller, BB 19/2011 S. 607: Ende der langwierigen Diskussion zur Nutzung von Verlusten einer im EU-Ausland gelegenen Betriebsstätte? ...
  • LIT 02 19 13 M. Schwenke, IStR 10/2011 S. 368: Kann ein Transfer ausländischer Verluste trotz "Finalität" scheitern? - Folgeüberlegungen zum BFH-Urteil ...
  • LIT 02 02 07 M. Lenz/M. Ribbrock, DB 36/2010 S. 1963: Die Berücksichtigung EU-ausländischer Betriebsstättenverlustebeim deutschen Stammhaus - Zugleich Anm. zu ...
  • LIT 02 04 43 J. Sedemund/Ch. Wegner, FR 19/2010 S. 883: Grenzüberschreitende Berücksichtigung von Betriebsstättenverlusten - Anmerkung zu den BFH-Urteilen vom 9....
  • LIT 02 05 66 C. Pohl, IWB 17/2010 S. 626: Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste - Anmerkungen zu den BFH-Urteilen vom 9.6.2010, I ...
  • LIT 02 05 87 A. Panzer/D. Gebert, IStR 21/2010 S. 781: Ausnahmsweiser Abzug tatsächlicher finaler Verluste einer EU-Tochtergesellschaft bei der inländischen Mut...
  • LIT 02 06 00 L. Richter, BB 45/2010 S. 2734: Aktuelle Entwicklungen zur Berücksichtigung finaler ausländischer Betriebsstättenverluste im Ansässigkeit...
  • LIT 02 06 54 K. Schulz-Trieglaff, StuB 20/2010 S. 779: Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste: keine Finalität bei Ausschluss des Verlustabzugs ...
  • LIT 02 07 01 J. Intemann, IWB 19/2010 S. 713: Berücksichtigung finaler ausländischer Betriebsstättenverluste - Endlich Klarheit durch den BFH - Urteile...
  • LIT 02 12 41 C. Wangler/Th. Gühne, FR 24/2010 S. 1113: Inländische Nutzung ausländischer Betriebsstättenverluste - Anmerkungen zu den BFH-Urteilen vom 9.6.2010,...

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Holding-GmbH, war im Streitjahr 1999 organschaftlich mit der K-GmbH verbunden. Die K-GmbH unterhielt (u.a.) eine Betriebsstätte in Frankreich, die im Streitjahr einen Verlust erwirtschaftet hatte. Die Klägerin macht geltend, dieser Verlust sei in Frankreich teilweise „definitiv“ geworden; er sei deswegen nach Maßgabe des Senatsurteils vom 17.7.2008 I R 84/04 (BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630 = SIS 08 35 49) und im Einklang mit der gemeinschaftlichen Rechtslage im Streitjahr von der deutschen Bemessungsgrundlage abzuziehen: Das französische Steuerrecht ermögliche lediglich einen auf fünf Jahre vortragsfähigen Verlustabzug. Infolgedessen hätte der im Streitjahr entstandene Verlust der Betriebsstätte nur zu einem geringen Teil im Jahre 2004 verrechnet werden können und sei der überwiegende Teil bei der endgültigen Einstellung der Betriebsstättentätigkeit im Jahre 2005 untergegangen. Im Einzelnen berechnet die Klägerin den hiernach bis 2004 nicht mehr verrechenbaren und in 2005 „definitiv“ gewordenen Verlust aus dem Streitjahr - insoweit vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) unbeanstandet - nach Maßgabe der französischen Gewinnermittlungsvorschriften mit 45.281,40 EUR und nach Maßgabe der deutschen Gewinnermittlungsvorschriften mit 57.899,50 EUR; der letztere Betrag sei bei der K-GmbH und damit im Ergebnis bei ihr, der Klägerin, als Organträgerin im Streitjahr zu berücksichtigen.

 

 

2

Das FA lehnte dies ab. Auch mit der anschließenden Klage hatte die Klägerin keinen Erfolg (Finanzgericht - FG - Düsseldorf, Urteil vom 8.9.2009 6 K 308/04 K, EFG 2010, 389 = SIS 10 06 92).

 

 

3

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1999 dahin zu ändern, dass der Betriebsstättenverlust in Höhe von 57.899 EUR abgezogen wird.

 

 

4

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

5

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in der Sache dem FA angeschlossen (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13.7.2009, BStBl I 2009, 835 = SIS 09 22 33), jedoch keine Anträge gestellt.

 

 

6

II. Die Revision ist unbegründet.

 

 

7

1. Die im Inland ansässige und hier mit ihren sämtlichen Einkünften (vgl. § 1 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - ) unbeschränkt steuerpflichtige K-GmbH erwirtschaftete aus ihrer in Frankreich belegenen Betriebsstätte im Streitjahr Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen i.S. von Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 7 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern - DBA-Frankreich - (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343) in der im Streitjahr gültigen Fassung. Die Einkünfte aus dieser Betriebsstätte können gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 2 DBA-Frankreich in Frankreich besteuert werden und sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a DBA-Frankreich).

 

 

8

2. Da sich der Begriff der Betriebsstätteneinkünfte auf einen Nettobetrag bezieht, entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass auch Betriebsstättenverluste aus der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind; das gilt auch für die mit Frankreich vereinbarte Abkommenslage. Auf das Senatsurteil in BFHE 222, 398, BStBl II 2009, 630 = SIS 08 35 49, und die dort (für die parallele Abkommenslage mit Luxemburg) gegebenen weiteren Nachweise wird verwiesen. Die insoweit anzustellende Einkünfteermittlung richtet sich nach deutschem Recht, und zwar auch dann, wenn die in Rede stehenden negativen Einkünfte sich hiernach - wie im Streitfall - auf einen höheren Betrag belaufen als nach Maßgabe des ausländischen (hier des französischen) Steuerrechts.

 

 

9

3. Fraglich und unter den Beteiligten streitig ist jedoch, ob die Verluste, die die K-GmbH mit ihrer französischen Betriebsstätte im Streitjahr erwirtschaftet hat, gleichwohl in diesem Jahr in Deutschland bei der Gewinnermittlung (§ 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG 1997 - i.V.m. § 8 Abs. 1, §§ 14 ff. KStG 1999) zu berücksichtigen sind, weil sie sich in Frankreich weder in diesem Jahr noch in den Folgejahren ausgewirkt haben. Das ist mit dem FG und in Einklang mit der Gemeinschaftsrechtslage - hier bei der in Art. 43 i.V.m. Art. 48 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nach der Zählung des Vertrages von Amsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften (EG), sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1997 Nr. C-340, 1), jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrages von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), verbürgten freien Wahl der Niederlassung - sowie der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835 = SIS 09 22 33) zu verneinen.

 

 

10

a) Wie der Gerichtshof der Europäischen Union, ehemals Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), durch Urteil vom 15.5.2008 C-414/06 „Lidl Belgium“ (Slg. 2008, I-3601 = SIS 08 25 46, BStBl II 2009, 692 = SIS 08 25 46) entschieden hat, verstößt die so verstandene Abkommensregelung im Grundsatz dann nicht gegen die gemeinschaftlichen Grundfreiheiten, wenn die Verluste der in dem anderen Mitgliedstaat belegenen Betriebsstätte bei der Besteuerung der Einkünfte dieser Betriebsstätte in jenem Mitgliedstaat für künftige Steuerzeiträume berücksichtigt werden können. Im Einzelnen verweist der Senat, um Wiederholungen zu vermeiden, zur Begründung auf das Urteil des EuGH in Slg. 2008, I-3601, BStBl II 2009, 692 = SIS 08 25 46. Ein Abzug der (nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelten) französischen Betriebsstättenverluste im Streitjahr kommt in Einklang mit dem vorzitierten EuGH-Urteil und aufgrund des prinzipiellen Anwendungsvorrangs gemeinschaftlichen Primärrechts (und damit der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten) vor nationalem Recht sonach nur dann in Betracht, wenn die Klägerin die in Frankreich für den betreffenden Besteuerungszeitraum sowie für frühere Besteuerungszeiträume vorgesehenen Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft hat, ggf. durch Übertragung dieser Verluste auf einen Dritten oder ihre Verrechnung mit Gewinnen, die die Betriebsstätte in früheren Zeiträumen erwirtschaftet hat, und wenn im Streitjahr keine Möglichkeit besteht, dass die Verluste der Betriebsstätte in Frankreich für künftige Zeiträume von ihr selbst oder von einem Dritten berücksichtigt werden. Dazu hat der EuGH in seinem Urteil vom 23.10.2008 C-157/07 „Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt“ (Slg. 2008, I-8061 = SIS 08 43 12, dort Tz. 48 ff.) weiter präzisiert, dass „in Ermangelung gemeinschaftlicher Vereinheitlichungs- oder Harmonisierungsmaßnahmen die Mitgliedstaaten dafür zuständig bleiben, die Kriterien für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens festzulegen, um die Doppelbesteuerung gegebenenfalls im Vertragswege zu beseitigen ... Diese Zuständigkeit beinhaltet auch, dass ein Staat für die Zwecke seines eigenen Steuerrechts nicht verpflichtet sein kann, die eventuell ungünstigen Auswirkungen der Besonderheiten einer Regelung eines anderen Staates zu berücksichtigen, die auf eine Betriebsstätte anwendbar ist, die in diesem Staat belegen ist und zu einer im erstgenannten Staat ansässigen Gesellschaft gehört ... Selbst wenn man unterstellt, dass das Zusammenwirken der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses der betreffenden Betriebsstätte mit der Besteuerung im Betriebsstättenstaat zu einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit führen kann, ist eine solche Beschränkung ausschließlich dem letztgenannten Staat zuzurechnen“, da sich die Beschränkung nicht aus der fraglichen Steuerregelung ergäbe, sondern aus der Aufteilung der Steuerhoheit durch das zwischen den beiden betreffenden Staaten abgeschlossene Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.

 

 

11

Die letzteren Ausführungen hat der EuGH zwar in Zusammenhang mit einem sog. asymmetrischen Konzept des Verlustabzugs getroffen, also einem Konzept, bei welchem Verluste ausländischer Betriebsstätten ungeachtet der Nichterfassung spiegelbildlicher Gewinne im Ansässigkeitsstaat zunächst zum Abzug zugelassen werden, das aber unter dem Vorbehalt einer späteren Nachversteuerung dieser Verluste im Ausmaß nachfolgend anfallender Gewinne der ausländischen Betriebsstätte (als ehemaliger Verlustquelle). Darüber hatte der Senat in seinem Urteil vom 3.2.2010 I R 23/09 (DStR 2010, 918 = SIS 10 12 83, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt) zu entscheiden. Es ist aber kein Grund ersichtlich, jene Situation abweichend von derjenigen Situation zu behandeln, bei der der Verlustabzug in „symmetrischer“ Weise von vornherein ausgespart bleibt. Hier wie dort bleibt es dabei und entspricht es dem gegenwärtigen Stand der Steuerharmonisierung, jedem Mitgliedstaat die Freiheit zu belassen, die ihm abkommensrechtlich zugewiesenen Einkünfte nach Maßgabe seines nationalen Steuerrechts (in gleichheitsgerechter Weise) vorzunehmen. Zu dieser Steuerhoheit gehört es auch, den Verlustabzug - sei es durch eine zeitliche Befristung des Verlustvortrags, sei es durch ähnliche Maßnahmen - zu beschränken. Es ist dann hier wie dort aber nicht dem Ansässigkeitsstaat zu überantworten, dadurch endgültig unberücksichtigt bleibende Verlustvorträge durch den Abzug jener Verluste auszugleichen (im Anschluss an das EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-8061; im Ergebnis ebenso z.B. Cordewener, Internationale Wirtschafts-Briefe Fach 11, Gruppe 2, 989; Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 2a Rz 5; derselbe, BFH/PR 2009, 16, und 2010, 274; Lamprecht, IStR 2008, 766; Schulz-Trieglaff, Steuern und Bilanzen 2009, 260, 263; Herkenroth/Striegel in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG und KStG, § 2a EStG Rz 10; Wagner, Der Konzern 2009, 235, 240; Lühn, BB 2009, 90, 92; Lavrelashvili/Müller, Europäisches Wirtschafts- & Steuerrecht 2009, 164, 167; Köhler in Kessler/Förster/Watrin [Hrsg.], Unternehmensbesteuerung, Festschrift für Herzig, 2010, S. 953 ff., 960, 979 f.; s. auch Senatsurteil in DStR 2010, 918 = SIS 10 12 83; anders z.B. Haslehner, Steuer und Wirtschaft International 2008, 561; Hohenwarter, Verlustverwertung im Konzern, 2010, S. 327 f.; Knipping, IStR 2009, 275; Breuninger/Ernst, DStR 2009, 1981; Ditz/Plansky, DB 2009, 1669, 1671; s. auch FG Hamburg, Urteil vom 18.11.2009 6 K 147/08, IStR 2010, 109 = SIS 09 39 57; zweifelnd Jü. Lüdicke/ Braunagel in Lüdicke/Kempf/Brink [Hrsg.], Verluste im Steuerrecht, 2010, S. 181 f.); das entspricht insoweit auch der Verwaltungspraxis (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 835 = SIS 09 22 33; Bayerisches Landesamt für Steuern, Verfügung vom 19.2.2010, DStR 2010, 444).

 

 

12

b) Für den Streitfall bedeutet dies, dass die in Rede stehenden Verluste der französischen Betriebsstätte aufgrund der abkommensrechtlich vereinbarten „Symmetrie“ der Einkünfteabgrenzung zwischen Deutschland und Frankreich in Deutschland nicht zu berücksichtigen sind. Ob ein anderes Ergebnis geboten wäre, wenn die Verluste (nur) infolge der Aufgabe der Betriebsstätte in Frankreich im Jahre 2005 „endgültig“ geworden wären, braucht nicht entschieden zu werden; die im Streitjahr entstandenen Verluste sind nach den insoweit bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ) Feststellungen der Vorinstanz nicht wegen der Einstellung der Betriebsstättentätigkeit in Frankreich im Jahre 2005 „endgültig“ geworden, sondern deswegen, weil das französische Steuerrecht einen auf fünf Jahre begrenzten Verlustvortrag vorsah und dieser Zeitraum für die Verluste aus 1999 spätestens im Jahre 2004, also bereits vor der Aufgabe der Betriebsstätte, abgelaufen war. Prinzipiell stand der K-GmbH der Verlustabzug also in anderen Jahren als dem Verlustjahr zu, er verbot sich lediglich konkret aus Gründen der verwirklichten Gegebenheiten des Einzelfalles.

 

 

13

Es bedarf in Anbetracht dieser Sachlage gleichermaßen keiner Entscheidung darüber, in welchem Jahr - dem Verlustentstehungsjahr oder aber demjenigen Jahr, in dem die besagten Verluste „endgültig“ werden - ein etwaiger Verlustabzug im Ansässigkeitsstaat ermöglicht werden muss. Ebenfalls mag dahinstehen, ob ein etwaiger verbleibender Vortrag des ausländischen Betriebsstättenverlustes in die Feststellung nach Maßgabe des § 10d Abs. 4 EStG 1997 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1999 einzubeziehen wäre (vgl. dazu - allerdings für die Konstellation von Auslandsverlusten eines in Deutschland weder unbeschränkt noch beschränkt Steuerpflichtigen - Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.2.2010 IX R 57/09, DStR 2010, 693 = SIS 10 06 79).

 

 

14

c) Der Senat erachtet die aufgezeigte Gemeinschaftsrechtslage auch (s. bereits Senatsurteil in DStR 2010, 918 = SIS 10 12 83) für diejenige Konstellation, um die es im Streitfall geht, in Anbetracht der zitierten Ausführungen des EuGH als eindeutig. Einer (abermaligen) Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV bedurfte es deshalb nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6.10.1982 Rs. 283/81 „C.I.L.F.I.T.“, EuGHE 1982, 3415).