1
|
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) übernahm im Übergabevertrag vom 22.6.1990
als Gegenleistung für die Übergabe mehrerer
Grundstücke samt Gebäuden u.a. die Verpflichtung, die
Kosten für eine standesgemäße Beerdigung seiner
Eltern, der Vermögensübergeber, zu tragen.
|
|
|
2
|
Nach dem Tod der letztversterbenden Mutter
des Klägers entstanden diesem unstreitig Beerdigungskosten in
Höhe von 4.149 EUR. Erbin der Mutter war die Schwester des
Klägers.
|
|
|
3
|
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) setzte die Einkommensteuer für das
Streitjahr 2005 fest, ohne die geltend gemachten Beerdigungskosten
zu berücksichtigen.
|
|
|
4
|
Das Finanzgericht (FG) gab der nach
erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit in EFG 2009,
1455 = SIS 09 20 16 veröffentlichtem Urteil statt.
Beerdigungskosten seien Bestandteil des Inbegriffs
„typischer“ Versorgungsleistungen. Ihre Abziehbarkeit
als dauernde Last ende auch nicht deswegen, weil der letzte
Altenteilsberechtigte versterbe und ein Dritter Erbe nach dem
Letztversterbenden werde. Maßgebendes Kriterium für die
Frage, ob ein Wirtschaftsgut Gegenstand einer unentgeltlichen
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein
könne, sei die Vergleichbarkeit mit dem
Vorbehaltsnießbrauch. Die Vermögensübergabe
müsse sich so darstellen, dass die vom Übernehmer
zugesagten Leistungen - obwohl sie von ihm erwirtschaftet werden
müssen - als zuvor vom Übergeber vorbehaltene -
abgespaltene - Nettoerträge vorstellbar seien. Dies sei
für die Abziehbarkeit - und materiell-rechtlich
korrespondierend für die Steuerbarkeit - der privaten
Versorgungsrente konstituierend (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH
- vom 15.2.2006 X R 5/04, BFHE 212, 450, BStBl II 2007, 160 = SIS 06 16 74; vom 31.3.2004 X R 66/98, BFHE 205, 285, BStBl II 2004,
830 = SIS 04 17 28; vom 11.10.2007 X R 14/06, BFHE 219, 160, BStBl
II 2008, 123 = SIS 08 04 22). Auch im Streitfall habe sich der
Letztversterbende hinsichtlich der Beerdigungskosten vom
Übernehmer zu erwirtschaftende Nettoerträge vorbehalten.
Gegen die Abziehbarkeit der Beerdigungskosten als Sonderausgaben
spreche auch nicht das der Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen zu Grunde liegende Korrespondenzprinzip. Zum
einen könne die generelle Geltung eines Prinzips, dass
wiederkehrende Leistungen beim Empfänger nach § 22 Nr. 1
des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtig seien, weshalb
sie korrespondierend beim Zahlenden als Sonderausgaben abziehbar
sein müssten, dem EStG nicht entnommen werden (Beschluss des
Großen Senats des BFH vom 12.5.2003 GrS 1/00, BFHE 202, 464,
BStBl II 2004, 95 = SIS 03 42 57). Zum anderen könnten im
Streitfall die vorbehaltenen Erträge in Gestalt der
Beerdigungskosten des Letztversterbenden einem Empfänger als
wiederkehrende Einkünfte (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG)
zugerechnet werden. Soweit der Kläger aufgrund des
Übergabevertrags verpflichtet sei, die Beerdigungskosten auch
für die Letztversterbende zu tragen, liege ein Vertrag
zugunsten Dritter - im Streitfall zugunsten der Erbin - vor. Die
Erbin sei von den Beerdigungskosten entlastet; die Abziehbarkeit
der dauernden Last beim Kläger entspreche deren Steuerbarkeit
bei der Erbin. Damit sei der materiell-rechtlichen Korrespondenz
zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand infolge des Transfers
der steuerlichen Leistungsfähigkeit rechtstechnisch Rechnung
getragen worden.
|
|
|
5
|
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung materiellen Rechts. Der Abzug der Beerdigungskosten
scheitere an dem Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz.
Aus dem Vorliegen eines Vertrags zugunsten Dritter, der Erbin,
könne nicht geschlossen werden, die Erbin müsse die
Aufwendungen als sonstige Einkünfte versteuern. Die Erbin
trete in die Rechtsstellung der Erblasserin ein. Der Erblasserin
seien Einnahmen in Höhe der Beerdigungskosten nicht mehr
zugeflossen, weil sie im Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht mehr
gelebt habe. Deshalb seien auch der Erbin insoweit keine Einnahmen
zugeflossen.
|
|
|
6
|
Das FA beantragt,das FG-Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
|
|
|
7
|
Die Kläger beantragen,die Revision
zurückzuweisen.
|
|
|
8
|
Zu Recht sei das FG von einem Vertrag
zugunsten Dritter ausgegangen. Bei der Erbin seien die Aufwendungen
der Besteuerung zu unterwerfen, die der Kläger als
Sonderausgaben abziehen könne.
|
|
|
9
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Recht ist das FG davon
ausgegangen, dass die Aufwendungen für die Beerdigung der
Mutter des Klägers als Sonderausgaben abziehbar sind.
|
|
|
10
|
1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf
besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und
dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem
Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht
bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Handelt es sich
steuerrechtlich um eine dem Vertragstypus des
„Versorgungsvertrags“/“Altenteilsvertrags“
vergleichbare Vermögensübergabe, sind die -
grundsätzlich schon aufgrund der Rechtsnatur des Vertrags
abänderbaren - wiederkehrenden Leistungen in der Regel als
„dauernde Last“ abziehbar (ausführlich
hierzu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5.7.1990 GrS
4-6/89, BFHE 161, 317, 328, BStBl II 1990, 847 = SIS 90 21 04;
zusammenfassend Senatsurteil vom 25.8.1999 X R 38/95, BFHE 190,
302, BStBl II 2000, 21 = SIS 00 01 05, mit weiteren
Rechtsprechungsnachweisen).
|
|
|
11
|
2. Zutreffend ist das FG in
Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats
davon ausgegangen, dass das bürgerlich-rechtliche Altenteil
Versorgungsleistungen verschiedener Art umfasst, die durch die
gemeinsame Zweckbestimmung, den Berechtigten ganz oder teilweise zu
versorgen, zu einer rechtlichen Einheit verbunden sind, und dass
auch die Kosten für die Beerdigung des Altenteilers
Bestandteil dieser Leistungen sind (vgl. Senatsurteil in BFHE 212,
450, BStBl II 2007, 160 = SIS 06 16 74, m.w.N.). Das FG ist der
Rechtsprechung des erkennenden Senats auch insoweit gefolgt, als es
die generelle Abziehbarkeit der Beerdigungskosten als
Sonderausgaben - obwohl nicht wiederkehrend - aus deren
Zugehörigkeit zum „Inbegriff der
Versorgungsleistungen“ folgert.
|
|
|
12
|
3. Die aufgrund der getroffenen vertraglichen
Verpflichtung geschuldeten und erbrachten Aufwendungen für die
Beerdigungskosten des letztversterbenden Altenteilers sind im
Streitfall als dauernde Last abziehbar, weil nicht der Kläger,
sondern seine Schwester Erbin der Mutter ist (so auch
Schönfelder, Zeitschrift für Erbrecht und
Vermögensnachfolge 2006, 233; Kulosa in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 79; Söhn, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10 Rz D 196; Kanzler,
FR 2006, 743; anderer Ansicht Stöcker in Bordewin/ Brandt,
§ 10 EStG Rz 225, sowie Blümich/Hutter, § 10 EStG Rz
152, die beide darauf abstellen, dass Beerdigungskosten nicht
laufend gezahlt werden, sondern nur einmalig entstehen
können).
|
|
|
13
|
a) Nach ständiger Rechtsprechung des
Senats kennzeichnet die Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen, dass sich der Vermögensübergeber
Teile der nunmehr vom Vermögensübernehmer zu
erwirtschaftenden Nettoerträge vorbehält. Der Vorbehalt
der Erträge stellt sich dar als ein „Transfer
steuerlicher Leistungsfähigkeit“. Dieser wird in der
Weise rechtstechnisch verwirklicht, dass die Aufwendungen beim
Übernehmer nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG abziehbar und die
entsprechenden Zuflüsse beim Übergeber nach § 22 Nr.
1 Satz 1 EStG steuerbar sind, und bedingt eine materiell-rechtliche
Korrespondenz zwischen Abzugs- und Besteuerungstatbestand (vgl.
z.B. Senatsurteil in BFHE 219, 160, BStBl II 2008, 123 = SIS 08 04 22). Die materiell-rechtliche Korrespondenz von Abziehbarkeit und
Steuerbarkeit ist dem Rechtsprinzip des Vorbehalts der
Vermögenserträge immanent.
|
|
|
14
|
b) Da im Streitfall eine Korrespondenz
zwischen Abziehbarkeit und Steuerbarkeit gegeben ist, können
die Beerdigungskosten als dauernde Last qualifiziert werden.
Für die Abziehbarkeit der dauernden Last ist maßgeblich,
dass der Übergeber „das Vermögen - ähnlich
wie beim Nießbrauchsvorbehalt - ohne die vorbehaltenen
Erträge, die ihm nunmehr als Versorgungsleistungen
zufließen, übertragen hat“ (Beschluss des
Großen Senats des BFH in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95 =
SIS 03 42 57, unter C.II.2.c). Die Versorgungsleistungen sind somit
als vorbehaltene Vermögenserträge zu charakterisieren.
Deshalb kommt eine Abziehbarkeit von wiederkehrenden Leistungen als
Sonderausgaben nur dann in Betracht, wenn andererseits vorbehaltene
Erträge in Gestalt der Beerdigungskosten einem Empfänger
als wiederkehrende Einkünfte (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG)
zugerechnet werden können.
|
|
|
15
|
Diese Voraussetzung ist im Streitfall
erfüllt. Der Kläger war aufgrund des
Übergabevertrags verpflichtet, die Beerdigungskosten für
die Letztversterbende zu tragen; diese vertragliche Regelung geht
der gesetzlichen Regelung in § 1968 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs vor. Da die Erbin damit im Innenverhältnis von der
Verpflichtung zur Tragung der Beerdigungskosten entbunden war, ist
von einem Vertrag zugunsten Dritter, der Erbin, auszugehen. Ihr und
nicht der verstorbenen Mutter, der Erblasserin, sind die Einnahmen
in Höhe der ersparten Beerdigungskosten zugeflossen und
deshalb können ihr die vorbehaltenen Erträge in Gestalt
der Beerdigungskosten als wiederkehrende Einkünfte (§ 24
Nr. 2, § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugerechnet werden. Der
Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz ist gewahrt.
|