Gobalzession, Haftung für USt: Eine Bank haftet nicht als Abtretungsempfängerin nach § 13 c Abs. 1 Satz 1 UStG 2005 i.V.m. § 27 Abs. 7 Satz 1 UStG 2005 für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer, wenn ihr die Forderung vor dem 8.11.2003 abgetreten worden ist (Abweichung von Abschn. 182 b Abs. 38 UStR 2005). - Urt.; BFH 3.6.2009, XI R 57/07; SIS 09 30 33
I. Streitig ist, ob die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) für Umsatzsteuerschulden
einer GmbH nach § 13c des Umsatzsteuergesetzes 2005 (UStG)
haftet.
Die Klägerin, ein Kreditinstitut,
führte für die F-GmbH ein Girokonto, auf dem eine
Kreditlinie in Höhe von 170.000 DM eingeräumt war. Zur
Sicherung aller Ansprüche der Klägerin trat die F-GmbH
der Klägerin am 16.7.1993 ihre sämtlichen
gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus
Warenlieferungen und Leistungen sowie aus Mietverträgen im
Rahmen einer Globalzession ab.
Am 7.9.2004 machte die Klägerin von
ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch und
stellte die ihr aus dem Girokonto zustehenden Forderungen
gegenüber der F-GmbH mit sofortiger Wirkung fällig. Im
Oktober 2004 zog sie aufgrund der Globalzession Forderungen der
F-GmbH, die in den Monaten August und September 2004 entstanden
waren, in Höhe von 5.610,76 EUR (darin enthaltene
Umsatzsteuer: 956,20 EUR) ein.
Im November 2004 wurde über das
Vermögen der F-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Am
17.3.2005 reichte die Insolvenzverwalterin die
Umsatzsteuer-Voranmeldungen der F-GmbH für August und
September 2004 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt -
FA - ) ein. Sie berücksichtigte darin auch die Umsätze,
die den eingezogenen Forderungen zugrunde lagen.
Mit Haftungsbescheid vom 6.3.2006 nahm das
FA die Klägerin gemäß § 13c UStG für
Umsatzsteuern der F-GmbH aus den Voranmeldungszeiträumen
August und September 2004 in Höhe von 956,20 EUR in
Haftung.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies das
FA als unbegründet zurück.
Die hiergegen eingelegte Klage hatte
Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, § 13c UStG
sei zeitlich nicht anwendbar, da maßgebliches
Rechtsgeschäft i.S. des § 27 Abs. 7 Satz 1 UStG der
Abtretungsvertrag vom 16.7.1993 gemäß § 398 Satz 1
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sei. Das Urteil ist
veröffentlicht in EFG 2007, 961 = SIS 07 14 25.
Das FA trägt zur Begründung der
Revision im Wesentlichen vor, aus der amtlichen Begründung zu
§ 27 Abs. 7 UStG ergebe sich eindeutig, dass der Gesetzgeber
unter Abtretung alle Rechtsgeschäfte verstanden wissen wollte,
die zu deren Wirksamkeit erforderlich seien und dazu gehöre
auch das Entstehen der abgetretenen Forderung.
Es beantragt, das angefochtene Urteil des
FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und war
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht entschieden,
dass die Klägerin nicht nach § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG
haftet, da dieser zeitlich nicht anwendbar ist.
1. Nach dem durch das Zweite Gesetz zur
Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15.12.2003
(Steueränderungsgesetz 2003, BGBl I 2003, 2645) neu
eingefügten § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG haftet der
Abtretungsempfänger, soweit der leistende Unternehmer den
Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen
Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an einen anderen
Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Steuer, bei deren
Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei
Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat,
für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer, soweit sie
im vereinnahmten Betrag enthalten ist.
§ 13c UStG ist gemäß § 27
Abs. 7 Satz 1 UStG auf Forderungen anzuwenden, die nach dem
7.11.2003 abgetreten, verpfändet oder gepfändet worden
sind.
Abtretung ist nach der Legaldefinition in
§ 398 Satz 1 BGB der Vertrag, durch den eine Forderung von dem
Gläubiger auf einen anderen übertragen wird. Bei einer
Vorausabtretung künftiger oder aufschiebend bedingter
Forderungen ist zwischen der Verbindlichkeit des
Verfügungsgeschäfts einerseits und dem Wirksamwerden des
mit ihm bezweckten späteren Rechtsübergangs andererseits
zu unterscheiden. Die im Abtretungsvertrag enthaltene
rechtsgeschäftliche Verfügung ist mit Vertragsabschluss
beendet (vgl. z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
19.9.1983 II ZR 12/83, BGHZ 88, 205). Der Abtretungsvertrag
über eine zukünftige Forderung enthält alle
Merkmale, aus denen der Übertragungstatbestand besteht; die
Entstehung der abgetretenen Forderung gehört sogar dann nicht
dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt
ist (vgl. BGH-Urteil vom 29.11.2007 IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297,
m.w.N.). Die Abtretung geht ins Leere, wenn die Forderung nicht
entsteht, weil beispielsweise das Rechtsverhältnis, das sie
begründen soll, vor ihrer Entstehung beendet wird (vgl.
BGH-Urteil in BGHZ 88, 205).
Danach ist bei einer
wortlautgemäßen Anwendung des § 27 Abs. 7 Satz 1
UStG im Streitfall § 13c UStG nicht anwendbar. Denn die
Forderungen sind der Klägerin bereits am 16.7.1993 und damit
vor dem 8.11.2003 abgetreten worden. Die Abtretung war entgegen der
Auffassung des FA auch bereits vor der Entstehung der abgetretenen
Forderung wirksam. Denn die Entstehung der abgetretenen Forderung
gehört - wie oben dargelegt - nicht zum Tatbestand des §
398 BGB.
2. Der Senat teilt die Auffassung der
Vorinstanz, dass die Voraussetzungen für eine den Wortlaut des
§ 27 Abs. 7 Satz 1 UStG korrigierende Auslegung nicht
vorliegen.
a) Selbst wenn in der Nichterfassung von
Globalzessionen, die vor dem 8.11.2003 vereinbart wurden, ein
Redaktionsversehen vorliegen sollte, stünden das
verfassungsrechtliche Rechtsstaatsgebot und der
gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Rechtssicherheit einer
Ausdehnung des zeitlichen Anwendungsbereichs des § 13c UStG
über den Wortlaut des § 27 Abs. 7 Satz 1 UStG hinaus
entgegen.
Das Rechtsstaatsgebot verlangt nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), dass die
Verwaltung Steuerpflichtige nur aufgrund solcher Gesetze belasten
darf, die nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß
hinreichend bestimmt und begrenzt sind, sodass die Eingriffe
messbar und in gewissem Umfang für den Einzelnen voraussehbar
und berechenbar werden (vgl. BVerfG-Beschluss vom 14.8.1996 2 BvR
2088/93, NJW 1996, 3146, m.w.N.).
Auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) müssen Rechtsakte
der Gemeinschaft eindeutig sein, und ihre Anwendung muss für
die Betroffenen vorhersehbar sein (vgl. EuGH-Urteil vom 16.9.2008
Rs. C-288/07 - Isle of Wight Council -, UR 2008, 816 = SIS 08 38 55, Randnr. 47, m.w.N.). Dieses Gebot der Rechtssicherheit gilt in
besonderem Maße, wenn es sich um eine Regelung handelt, die
sich finanziell belastend auswirken kann, denn die Betroffenen
müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen damit
auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen (vgl. EuGH-Urteil in
UR 2008, 816 = SIS 08 38 55, Randnr. 47, m.w.N.). Der Grundsatz der
Rechtssicherheit, der Teil der Gemeinschaftsrechtsordnung ist, muss
sowohl von den Gemeinschaftsorganen als auch von den
Mitgliedstaaten bei der Ausübung der Befugnisse, die ihnen die
Gemeinschaftsrichtlinien einräumen, beachtet werden (vgl.
EuGH-Urteil in UR 2008, 816 = SIS 08 38 55, Randnr. 48,
m.w.N.).
b) Durch § 13c UStG hat der Gesetzgeber
einen Haftungstatbestand, also eine finanziell belastende Regelung,
neu eingeführt. Da sich dem § 27 Abs. 7 Satz 1 UStG eine
Anwendung dieses Haftungstatbestands auf Globalzessionen vor dem
8.11.2003 nicht entnehmen lässt, war für die
Klägerin nicht vorhersehbar, dass sie als Haftungsschuldnerin
für die Umsatzsteuer in Anspruch genommen werden würde,
die in den ihr vor dem 8.11.2003 abgetretenen Forderungen enthalten
war.
Soweit die Finanzverwaltung in Abschn. 182b
Abs. 38 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 die Auffassung vertritt,
die Haftung nach § 13c UStG gelte im Falle einer vor dem
8.11.2003 abgeschlossenen Globalzession für Forderungen, die
nach dem 31.12.2003 entstanden sind, hat sie den zeitlichen
Anwendungsbereich des § 13c UStG über den Wortlaut des
§ 27 Abs. 7 Satz 1 UStG hinaus und damit in unzulässiger
Weise ausgedehnt.