Mitunternehmer, Vorabgewinnanteil, Gewerbesteuermessbetrag: Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass Vorabgewinnanteile für die Bemessung des Anteils eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nicht zu berücksichtigen sind. (zur Anwendung vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009, IV C 6 - S 2296-a/08/10002, BStBl 2010 I S. 43 = SIS 10 00 04) - Urt.; BFH 7.4.2009, IV B 109/08; SIS 09 18 59
I. Der Antragsteller und
Beschwerdeführer (Antragsteller) hat sich als atypisch stiller
Gesellschafter an einer auswärtigen Beratungsstelle der X
& Partner GmbH (X-GmbH) in A beteiligt. Die stille Gesellschaft
wurde mit einem Festkapital von 10.000 EUR ausgestattet, von dem
der Antragsteller 1.000 EUR als Bareinlage zu erbringen
hatte.
Am Ergebnis und Vermögen der stillen
Gesellschaft ist der Antragsteller zu 10 % beteiligt. Eine
Beteiligung an Verlusten der Beratungsstelle über die
Vermögensanlage hinaus ist unter Hinweis auf § 232 Abs. 2
Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ausgeschlossen. Soweit der
X-GmbH wegen dieser Begrenzung höhere Verlustanteile
zugerechnet werden sollten, als es ihrer Beteiligung entspricht,
stehen ihr diese Differenzbeträge in folgenden Gewinnjahren
als Vorabgewinn zu. Die X-GmbH hat für die von ihr zu
entrichtende Gewerbesteuer einen Ausgleichsanspruch gegenüber
der Beratungsstelle. Bemessungsgrundlage dafür ist die nach
Handelsbilanzgewinn anfallende Gewerbesteuer der Beratungsstelle.
Die Forderung der X-GmbH soll Betriebsausgabe der Beratungsstelle
sein, jedoch erst nach einer eventuell getroffenen
ergebnisabhängigen Vergütungs- bzw.
Tantiemevereinbarung.
Außerdem ist der Antragsteller zur
Erbringung seiner vollen Arbeitskraft für die Beratungsstelle
als Einlage verpflichtet. Für diese Tätigkeit erhält
er einen Vorabgewinn gemäß einer zum
Gesellschaftsvertrag gehörenden Tätigkeitsvereinbarung.
Für das Streitjahr 2003 betrug die Jahresvergütung des
Antragstellers 50.000 EUR. Diese Vergütung sollte in voller
Höhe bei einem Jahresgewinn der Beratungsstelle in Höhe
von 25 % des Umsatzes nach Abzug der Tätigkeitsvergütung
und der Gewerbesteuer bezahlt werden. Bei Unterschreiten des
Prozentsatzes reduzierte sich der ergebnisorientierte
Vergütungsanteil im doppelten Verhältnis der
Unterschreitung des Prozentsatzes. Als Mindestvergütung war
ein Betrag von 40.800 EUR vereinbart. Bei Überschreitung des
Prozentsatzes der vollen Vergütung sollten dem Antragsteller
vom übersteigenden Gewinnanteil 33 1/3 % als Tantieme
zustehen, allerdings nur dann, wenn der Jahresumsatz der
Beratungsstelle 140.000 EUR nicht unterschritt. Im folgenden
Streitjahr 2004 änderten sich nur die Beträge für
die Jahresvergütung (55.000 EUR) und den
Tantieme-Mindestumsatz (190.000 EUR). In der
Tätigkeitsvereinbarung für die Streitjahre 2005 und 2006
wurden der Begriff der Jahresvergütung durch den Begriff
„Zielvorabgewinn“ ersetzt und der Begriff der
Mindestvergütung durch „Grundvorabgewinn“.
Sämtliche Beträge und Prozentsätze blieben auf dem
Niveau des Jahres 2004.
Auf den Vorabgewinn darf der Antragsteller
nach Absprache mit der X-GmbH monatliche Entnahmen tätigen,
die nach ausdrücklicher Regelung im Gesellschaftsvertrag im
Verhältnis der Gesellschafter zueinander Aufwand der
Gesellschaft darstellen sollen. Soweit der tatsächlich
erzielte Gewinn der Gesellschaft nicht ausreichend sein sollte, um
die Tätigkeitsvergütung und die darauf getätigten
Vorab-Entnahmen zu decken, ist der darüber hinaus entnommene
Betrag dem Kapitalkonto des Antragstellers zu belasten.
In den Streitjahren ergaben sich folgende
Jahresüberschüsse und deren Verteilung:
(Beträge in EUR)
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2003
|
2004
|
2005
|
2006
|
Jahresüberschuss
|
43.414,60
|
66.196,62
|
71.519,09
|
69.661,61
|
Vorabgewinn Antragsteller
|
40.800,00
|
42.482,28
|
43.538,66
|
42.984,71
|
Restgewinn Antragsteller
|
261,46
|
2.371,43
|
2.798,04
|
2.667,69
|
Restgewinn X-GmbH
|
2.353,14
|
21.342,91
|
25.182,39
|
24.009,21
|
In den Erklärungen zur gesonderten und
einheitlichen Feststellung der Grundlagen für die
Einkommensbesteuerung aus der atypisch stillen Gesellschaft wurden
die Anteile des Antragstellers am Gewerbesteuermessbetrag unter
Berücksichtigung sämtlicher Gewinnanteile des
Antragstellers mit folgenden Prozentsätzen
erklärt:
|
2003
|
94,58 %
|
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2004
|
67,76 %
|
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2005
|
64,79 %
|
|
2006
|
65,53 %
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Nachdem der Antragsgegner und
Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) für die Jahre 2003
und 2004 den Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zunächst unter
dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß
festgestellt hatte, ergingen unter dem 8.1.2008 geänderte
Bescheide, mit denen der Anteil am Gewerbesteuermessbetrag
abweichend von der Erklärung festgestellt wurde. Das FA legte
seiner Feststellung den Anteil des Antragstellers am Gewinn ohne
Berücksichtigung des Vorabgewinns zu Grunde. Ebenso verfuhr
das FA bei Erlass der Feststellungsbescheide für die Jahre
2005 und 2006, die ebenfalls unter dem 8.1.2008 ergingen. Danach
wurden im Ergebnis für den Antragsteller die folgenden Anteile
am Gewerbesteuermessbetrag gesondert und einheitlich
festgestellt:
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Prozentsatz
|
anteiliger Gewerbe-
steuer-Messbetrag
|
|
2003
|
10,00 %
|
7,50
EUR
|
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2004
|
15,96 %
|
92,90 EUR
|
|
2005
|
18,02 %
|
134,82 EUR
|
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2006
|
16,81 %
|
110,46 EUR
|
Gegen sämtliche Bescheide hat der
Antragsteller Einspruch erhoben und beantragt, den anteiligen
Gewerbesteuermessbetrag erklärungsgemäß
festzustellen. Über die Einsprüche ist noch nicht
entschieden.
Der zugleich gestellte Antrag auf
Aussetzung der Vollziehung (AdV) hatte beim FA keinen Erfolg.
Daraufhin stellte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG) den
Antrag auf AdV der angefochtenen Feststellungsbescheide. Mit
Beschluss vom 15.9.2008 lehnte das FG den Antrag ab, ließ
aber die Beschwerde zu.
Zur Begründung führte das FG
aus:
1.
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Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes in seiner von 2001 bis einschließlich
2003 geltenden Fassung (EStG a.F.) bzw. § 35 Abs. 2 Satz 1
EStG in seiner ab 2004 geltenden Fassung (EStG n.F.) sei der auf
die einzelnen Mitunternehmer entfallende Anteil am
Gewerbesteuermessbetrag gesondert und einheitlich festzustellen.
Zur Ermittlung des Anteils heiße es in Satz 2 der
Vorschriften: „Der Anteil eines Mitunternehmers am
Gewerbesteuermessbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn
der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile sind nicht zu
berücksichtigen.“ Diese Regelung gelte auch für
atypisch stille Gesellschaften.
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|
|
2.
|
Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass
das FA die als Vorabgewinne des Antragstellers qualifizierten
Tätigkeitsvergütungen bei der Aufteilung der
Gewerbesteuermessbeträge zu Recht unberücksichtigt
gelassen habe. Zwar sei bei summarischer Prüfung davon
auszugehen, dass bei der Aufteilung gewinnabhängige
Gewinnbestandteile eines Mitunternehmers zu berücksichtigen
seien. Insoweit sei die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) in
seinem Schreiben vom 19.9.2007 IV B 2 - S 2296 - a/0, 2007/0220243
(BStBl I 2007, 701 = SIS 07 32 94) vertretene Auslegung des §
35 EStG entgegen der Auffassung des FG Berlin-Brandenburg in seinem
Urteil vom 23.10.2007 6 K 1332/03 B (EFG 2008, 219 = SIS 08 06 22)
und der überwiegenden Meinung im Schrifttum zutreffend. Es sei
jedoch nicht ernstlich zweifelhaft, dass die vom FA für die
Aufteilung nicht berücksichtigten, als
„Mindestvergütung“ bzw.
„Grundvorabgewinn“ bezeichneten Beträge als feste,
gewinnunabhängige Vergütungsbestandteile zu beurteilen
seien. Gleiches gelte für die in den Jahren 2004 bis 2006
angefallenen Vergütungsbestandteile, die die jeweiligen
Mindestvergütungen überstiegen.
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|
|
3.
|
Es bestünden keine durchgreifenden
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 35
Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. bzw. § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG n.F.
Insoweit könne an die Ausführungen des Bundesfinanzhofs
(BFH) in seinem Urteil vom 23.4.2008 X R 32/06 (BFHE 221, 102,
BStBl II 2009, 7 = SIS 08 31 13) angeknüpft werden. Dort sei
der Verfall von Anrechnungsüberhängen für
verfassungskonform gehalten worden.
|
Mit seiner Beschwerde trägt der
Antragsteller vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der
Verfassungsmäßigkeit der Regelungen in § 35 Abs. 3
Satz 2 EStG a.F. und in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG n.F. Die
Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnen führe zu
erheblichen Verzerrungen bei der Ermittlung des anteiligen
Gewerbesteuermessbetrags. Dies zeige sich im Streitfall zum
Beispiel bei dem Gewinnanteil für 2003. Er betrage 94,53 %,
während der zugewiesene Anteil am Gewerbesteuermessbetrag 10 %
ausmache. Wenn nach herrschender Meinung für die Verteilung
des Gewerbesteuermessbetrags nur auf den allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel abzustellen sei, das BMF
weitergehend auch gewinnabhängige Vergütungen einbeziehen
wolle, gleichwohl aber nur ein Anteil von 10 % am
Gewerbesteuermessbetrag für den Antragsteller
berücksichtigt werde, zeige sich eine Bandbreite von denkbaren
Anteilen am Gewerbesteuermessbetrag, die als rein willkürlich
bezeichnet werden könne. Der vom Gesetzgeber beabsichtigte
Zweck der Vorschrift, die Doppelbelastung von gewerblichen
Einkünften natürlicher Personen mit Einkommen- und
Gewerbesteuer zu mildern, werde verfehlt, wenn eine natürliche
Person an einer gewerblichen Personengesellschaft beteiligt sei und
einen Gewinnvorab auf gesellschaftsrechtlicher Basis beziehe. Diese
Problematik habe den beschließenden Senat veranlasst, die
Regelung in § 35 Abs. 2 EStG als nicht sachgerecht zu
beurteilen (Beschluss vom 19.4.2007 IV R 4/06, BFHE 217, 117, BStBl
II 2008, 140 = SIS 07 24 61). Dies decke sich mit der Kritik in der
Literatur. § 35 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz EStG n.F.
verstoße gegen Art. 3, 14 und 20 des Grundgesetzes
(GG).
Dem EStG liege das Prinzip der
Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmer zu Grunde, was in
§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG seinen Niederschlag gefunden
habe. Wenn der Mitunternehmer nicht in Höhe der von ihm zu
versteuernden Einkünfte von der Steuerermäßigung
Gebrauch machen könne, werde er dem Einzelunternehmer
gegenüber benachteiligt. Die Ungleichbehandlung sei nicht
gerechtfertigt. Insbesondere diene die Regelung entgegen dem
Gesetzeszweck nicht der Vereinfachung, weil ein besonderer
Aufteilungsschlüssel für Zwecke des § 35 EStG
ermittelt werden müsse. Die Ungleichbehandlung führe auch
zu einer Verletzung des Gebots einer Besteuerung nach der
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Verletzt werde außerdem das aus dem
Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gebot der Folgerichtigkeit und
Widerspruchsfreiheit. Wenn § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Einzel- und Mitunternehmer gleichstelle und § 35 EStG eine
gleichmäßige Belastung aller Gewerbetreibenden
sicherstellen solle, verlasse § 35 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz
EStG n.F. diese Grundsätze, indem er nicht auf die
ertragsteuerlichen Besonderheiten der Personengesellschaft, sondern
auf den handelsrechtlichen Gewinnverteilungsschlüssel
abstelle. Folgerichtig hätten Einzel- und Mitunternehmer nach
dem Prinzip der ertragsteuerlichen Belastung entlastet werden
müssen. Rechtfertigungsgründe für den Verstoß
gegen das Folgerichtigkeitsgebot lägen nicht vor.
Das FG berufe sich für die
Verfassungskonformität auf das BFH-Urteil in BFHE 221, 102,
BStBl II 2009, 7 = SIS 08 31 13. Dort habe der BFH einen
Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit mit der
Begründung verneint, der Gesetzgeber sei davon ausgegangen,
dass der Entlastungsmechanismus des § 35 EStG bei
Hebesätzen von 400 % regelmäßig zu einer
Vollentlastung führe. Zwar führe der BFH richtig aus,
dass eine punktgenaue Entlastung nicht erforderlich sei. Der
Aufteilungsmaßstab nach § 35 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz
EStG n.F. verlasse jedoch den Bereich der verfassungsrechtlich
akzeptablen Rundungsunschärfen.
Der Antragsteller beantragt, den
angefochtenen Beschluss aufzuheben und
1.
|
die Vollziehung der Bescheide über die
gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
für 2003 und 2004 vom 8.1.2008 ab Fälligkeit bis einen
Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung in Bezug auf die
Feststellung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrags für
Zwecke des § 35 EStG auszusetzen,
|
|
|
2.
|
die begehrte AdV der Bescheide über
die gesonderte und einheitliche Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen für 2005 und 2006 vom 8.1.2008 ab
Fälligkeit bis einen Monat nach Zustellung der
Einspruchsentscheidung derart zu gewähren, dass ihm, dem
Antragsteller, vorläufig für Zwecke des § 35 EStG
Anteile am Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 420,73 EUR
(2005) bzw. 484,63 EUR (2006) zugerechnet werden.
|
Das FA beantragt, die Beschwerde als
unbegründet zurückzuweisen.
Es trägt vor, durchgreifende
verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 35 EStG lägen
nicht vor. Schon im Ausgangspunkt übersehe der Antragsteller,
dass die monierten Verzerrungen aus der fehlenden
Gewinnabhängigkeit der Vorabvergütungen folgten. Insoweit
scheitere der Vergleich mit einer natürlichen Person, die
Gewinne aus einem Einzelunternehmen beziehe. Das FG habe sich
ausdrücklich die Auffassung des BMF zu Eigen gemacht und die
Nichtberücksichtigung gewinnunabhängiger
Sondervergütungen sowie der Ergebnisse von Sonder- und
Ergänzungsbilanzen als sachgerechten Aufteilungsmaßstab
anerkannt.
Eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher
Sachverhalte liege nicht vor. Der Antragsteller und die X-GmbH
hätten die Rechtsform einer atypisch stillen Gesellschaft frei
gewählt, obwohl sie die daran anknüpfenden steuerlichen
Auswirkungen gekannt hätten. Der Gesetzgeber habe sich vor dem
Hintergrund einfacher Handhabbarkeit für den
Aufteilungsmaßstab entschieden. Er habe in Kauf genommen,
dass eine volle Entlastung bei dem kritischen Hebesatz nur
regelmäßig erreicht werde. Diese Entscheidung liege in
der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Soweit der Antragsteller
meine, der Bereich der verfassungsrechtlich akzeptablen
Rundungsunschärfen sei verlassen worden, lasse er außer
Acht, dass die Vorabgewinne hier wegen ihrer
Gewinnunabhängigkeit ausgeklammert worden seien.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet
und war deshalb zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für
eine AdV sind auch nach Auffassung des beschließenden Senats
nicht erfüllt.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die
Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder
teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll u.a. erfolgen, wenn
ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des
Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2
Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2
FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des
angefochtenen Steuerbescheides neben für seine
Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige
Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit
in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder
Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl.
BFH-Beschluss vom 10.2.1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III
1967, 182 = SIS 67 01 06, seitdem ständige Rechtsprechung).
Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit
sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom
20.5.1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174 = SIS 97 17 32, m.w.N.).
Im Beschwerdeverfahren hat der BFH das
Begehren auf AdV eigenständig zu prüfen und dabei die
Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung
zugrunde zu legen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18.8.1987 VII B
97/87, BFH/NV 1988, 374).
2. Bei summarischer Prüfung bestehen
keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der
angefochtenen Feststellungen der anteiligen
Gewerbesteuermessbeträge.
a) Nach dem Wortlaut des § 35 Abs. 3 Satz
2 EStG a.F. betreffend das Jahr 2003 bzw. § 35 Abs. 2 Satz 2
EStG n.F. betreffend die Jahre 2004 bis 2006 richtet sich der
Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nach seinem
Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des
allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels. Vorabgewinnanteile
sind nicht zu berücksichtigen. Im Rahmen der im AdV-Verfahren
gebotenen summarischen Prüfung hat der Senat keinen Zweifel,
dass die auf den Antragsteller entfallenden
„Vorabgewinne“ vom FA zutreffend für die
Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrags nicht berücksichtigt
wurden.
Bereits der Wortlaut des 2. Halbsatzes der
Vorschriften lässt keinen Zweifel daran, dass
Vorabgewinnanteile nicht berücksichtigt werden dürfen.
Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich außerdem
erkennen, dass der Wortlaut den Willen des historischen
Gesetzgebers richtig wiedergibt. Denn der Gesetzentwurf zu §
35 EStG hatte zunächst vorgesehen, dass sich der anteilige
Gewerbesteuermessbetrag aus dem „Verhältnis des dem
Mitunternehmer zuzurechnenden Gewinnanteils zuzüglich der von
ihm erzielten Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Satz 1 zur Summe aller Gewinnanteile und aller
Vergütungen der Mitunternehmerschaft“ ergeben sollte
(BTDrucks 14/2683, S. 6). Die später Gesetz gewordene und
für die Entscheidung dieses Rechtsstreits maßgebliche
Fassung des § 35 EStG beruht auf einem Vorschlag des
Finanzausschusses des Deutschen Bundestags. Zur Begründung der
Änderung hieß es, der Gesetzentwurf werde u.a. in
folgendem Punkt geändert: „Die Festlegung, dass bei
Mitunternehmerschaften für die Aufteilung des
Gewerbesteuer-Messbetrags der Gewinnverteilungsschlüssel (ohne
Berücksichtigung [von] gesellschaftsvertraglich vereinbarter
Vorabgewinne) maßgebend ist.“
Daraus erhellt zudem, dass sämtliche
Vorabgewinne, also nicht nur steuerrechtliche
Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG,
sondern auch gesellschaftsrechtlich vereinbarte Vorabgewinne
unberücksichtigt bleiben sollten. Dies findet im Wortlaut der
Regelung dadurch Niederschlag, dass der „allgemeine
Gewinnverteilungsschlüssel“ maßgebend sein
soll. Die Auffassung der Finanzverwaltung, gewinnabhängige
Vorabgewinnanteile seien Bestandteil des allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssels (BMF-Schreiben in BStBl I 2007,
701 = SIS 07 32 94, Rz 21), deckt sich insoweit nicht mit dem
gesetzgeberischen Willen (gl.A. FG Berlin-Brandenburg, Urteil in
EFG 2008, 219 = SIS 08 06 22, aufgehoben wegen unterlassener
Beiladung durch BFH-Beschluss vom 14.11.2008 IV B 136/07, BFH/NV
2009, 597 = SIS 09 09 20; Gosch in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., §
35 Rz 37; Kaeser/Maunz, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,
§ 35 Rz E 25; Korn/Schiffers, § 35 EStG Rz 75; Levedag in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 35 EStG Rz 63; Neu, DStR 2002, 1078;
Schaumburg in Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform
2001, München 2000, S. 356; Schmidt/Glanegger, EStG, 27.
Aufl., § 35 Rz 23; Steiner/Wichert in Lademann, EStG, §
35 EStG Rz 54; Wendt, FR 2000, 1173, 1179; a.A. Horlemann, Deutsche
Steuerjuristische Gesellschaft - DStJG - Sonderband - 2001 -
Unternehmenssteuerreform, S. 39, 46 f.; Korezkij, BB 2002, 2099,
2100 f.; Neufang, BB 2000, 1913, 1917; Ritzer/Stangl in Frotscher,
EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 35 Rz 108b f.; dies.,
DStR 2002, 1785, 1786 f.).
Es kann deshalb dahinstehen, ob die dem
Antragsteller zustehende „Mindestvergütung“
bzw. der „Grundvorabgewinn“ gewinnabhängig
oder gewinnunabhängig ausgestaltet waren. Selbst wenn diese
Vergütungsbestandteile entgegen der Würdigung des FG
gewinnabhängig gewesen wären, würden sie dem
Berücksichtigungsverbot des § 35 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F.
bzw. § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG n.F. unterfallen.
b) Selbst bei diesem engen Verständnis
des Aufteilungsschlüssels hat der Senat bei summarischer
Prüfung keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die
Nichtberücksichtigung von Vorabgewinnen.
Zwar ist dem Antragsteller zuzugeben, dass es
nach der von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verfolgten
Konzeption der Mitunternehmerbesteuerung nahe gelegen hätte,
auf den Anteil der Mitunternehmer an den Einkünften
abzustellen. Indessen war der Gesetzgeber dazu weder durch den
Gleichheitssatz im Allgemeinen noch durch das
Folgerichtigkeitsgebot gezwungen. Abgesehen davon, dass
Einzelunternehmer und Mitunternehmer nur unter
Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen zivilrechtlichen
Stellung gleich behandelt werden müssen, sind für eine
typisierte Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer die
Abweichungen zwischen beiden Steuerarten zu berücksichtigen.
Unterschiede bestehen insbesondere bei der Bestimmung des
Steuersubjekts und der Bemessungsgrundlage. Eine punktgenaue
Anrechnung der auf den einzelnen Mitunternehmer entfallenden
Gewerbesteuer ist schon deshalb kaum möglich. Im Rahmen seiner
Typisierungsbefugnis darf der Gesetzgeber deshalb einen einfach zu
handhabenden sachgerechten Aufteilungsschlüssel wählen.
Der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel erscheint in diesem
Zusammenhang als Aufteilungskriterium nicht sachwidrig.
Das Entstehen von
Anrechnungsüberhängen wegen der fehlenden Abstimmung des
Anteils am Gewerbesteuermessbetrag mit dem Anteil an den
steuerlichen Einkünften ist verfassungsrechtlich nicht zu
beanstanden. Das gilt selbst dann, wenn ein
Anrechnungsüberhang endgültig nicht genutzt werden kann,
wie etwa im Fall eines Überhangs zugunsten einer an der
Mitunternehmerschaft beteiligten Kapitalgesellschaft. Für
diesen Fall gilt nichts anderes als bei dem Verfall von
Anrechnungsüberhängen infolge eines Verlustabzugs
(BFH-Urteil in BFHE 221, 102, BStBl II 2009, 7 = SIS 08 31 13). Die
insoweit eintretende definitive Doppelbelastung mit Einkommen- und
Gewerbesteuer ist für sich genommen mit dem GG vereinbar
(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.1.2008 1 BvL 2/04,
BVerfGE 120, 1 = SIS 08 25 65, unter C.I.1.a der Gründe). Im
Übrigen können durch Anrechnungsüberhänge
entstehende Mehr- oder Minderbeträge bei der Einkommensteuer
gesellschaftsrechtlich durch Vereinbarungen zwischen den
Mitunternehmern weitgehend ausgeglichen werden.