Lebensversicherung, Abzug von Finanzierungskosten bei VuV: Dient eine Kapitallebensversicherung der Rückzahlung von Darlehen, die zum Erwerb von Mietgrundstücken aufgenommen worden sind, so sind die Zinsen für ein zur Finanzierung der Versicherungsbeiträge aufgenommenes Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. - Urt.; BFH 25.2.2009, IX R 62/07; SIS 09 13 46
I. Der Kläger und Revisionskläger
(Kläger) nahm im Zusammenhang mit dem Kauf verschiedener, zu
Vermietungszwecken vorgesehener Immobilien Darlehen auf, deren
Rückzahlung durch gleichzeitig abgeschlossene
Kapitallebensversicherungen mit einer Mindestlaufzeit von 12 Jahren
erfolgen sollte. Die Ansprüche aus den Lebensversicherungen
wurden an die finanzierenden Kreditinstitute abgetreten. Die
Versicherungsprämien finanzierte der Kläger durch
verzinsliche Darlehen, wodurch in den Streitjahren 1992 bis 1997
jährlich Aufwendungen zwischen 4.066 DM und 73.177 DM
entstanden.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) erkannte in den geänderten
Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre die
Finanzierungskosten der Lebensversicherungsbeiträge nicht als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung an. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) ließ in seinem
in EFG 2008, 370 = SIS 08 23 18, veröffentlichten Urteil die
Zinsaufwendungen für die Versicherungsbeiträge nicht als
Werbungskosten zum Abzug zu; die Schuldzinsen dienten auch der
Absicherung des Todesfallrisikos und seien insoweit gemischt
veranlasst (§ 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -
).
Hiergegen richtet sich die Revision des
Klägers, die er auf eine Verletzung materiellen Rechts
stützt. Aus der Nichtabziehbarkeit der
Versicherungsbeiträge folge nicht auch die der hierfür
aufgewendeten Zinsen.
Der Kläger beantragt, das Urteil des
FG aufzuheben sowie die Einkommensteuerbescheide für die Jahre
1992 bis 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu
ändern, dass Zinsaufwendungen in Höhe von 49.382 DM
(1992), 73.177 DM (1993), 19.824 DM (1994), 25.281 DM (1995), 9.948
DM (1996) und 4.066 DM (1997) als weitere Werbungskosten
berücksichtigt werden.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zu Unrecht hat das FG die geltend
gemachten Schuldzinsen im Grundsatz nicht als Werbungskosten bei
den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zum Abzug
zugelassen.
1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1
Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der
Einnahmen. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit
einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§
9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Ein Abzug dieser Aufwendungen als
Sonderausgaben kommt dann nicht in Betracht (§ 10 Abs. 1 Satz
1 EStG).
Als abziehbare Werbungskosten müssen
Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sein,
die durch die Einkünfteerzielung - hier aus Vermietung und
Verpachtung - veranlasst ist. So verhält es sich, wenn der
Steuerpflichtige ein Darlehen tatsächlich dazu verwendet, um
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen,
insbesondere indem er damit Anschaffungskosten eines der
Einkünfteerzielung dienenden Gebäudes finanziert
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 29.3.2007 IX R 10/06, BFHE 217, 531,
BStBl II 2007, 645 = SIS 07 21 32, m.w.N.). Ein allein rechtlicher
Zusammenhang - etwa aufgrund einer Besicherung des Grundstücks
- reicht ebenso wenig aus wie eine bloße gedankliche
Zuweisung des Steuerpflichtigen (ständige Rechtsprechung,
BFH-Urteil vom 6.10.2004 IX R 68/01, BFHE 207, 24, BStBl II 2005,
324 = SIS 04 41 18, m.w.N.).
Schließt der Erwerber eines
Grundstücks zur Sicherung des Kaufpreises eine
Risikolebensversicherung ab, so führen zwar die Prämien
selbst nach ständiger Rechtsprechung nicht zu Werbungskosten
(BFH-Urteil vom 7.8.1990 IX R 139/86, BFH/NV 1991, 94, m.w.N.).
Anders verhält es sich aber mit den Schuldzinsen, die der
Erwerber aufwenden muss, weil er die Prämienzahlungen
ihrerseits durch Darlehen finanziert hat. Während mit den
Versicherungsbeiträgen die Anschaffungsdarlehen getilgt werden
und sie deshalb zum privaten Vermögensbereich des
Darlehensnehmers zählen, dienen die hier streitigen
Schuldzinsen der Finanzierung der Tilgung der Anschaffungskosten
und sind deshalb in gleicher Weise zu beurteilen wie Schuldzinsen
für ein Anschaffungsdarlehen. Die Finanzierung der
Vermietungsobjekte über Kapitallebensversicherungen ist
Bestandteil eines einheitlichen Gesamtkonzepts zur Finanzierung der
Anschaffungskosten (vgl. BFH-Urteil vom 19.4.2005 IX R 15/04, BFHE
210, 24, BStBl II 2005, 754 = SIS 05 39 39). Wenn Darlehen
ausschließlich zur Finanzierung der
Lebensversicherungsbeiträge aufgenommen werden, dienen sie der
Tilgung von Darlehen, mit denen die Anschaffungskosten der zu
vermietenden Immobilien finanziert werden. Entscheidet sich der
Steuerpflichtige - anstelle einer Langfristfinanzierung allein
durch Darlehen - für eine kürzere Laufzeit der
Finanzierung unter Einsatz von Kapitallebensversicherungen, so
würde seine Finanzierungsfreiheit (vgl. grundlegend Beschluss
des Großen Senats des BFH vom 8.12.1997 GrS 1-2/95, BFHE 184,
7, BStBl II 1998, 193 = SIS 98 03 26) in
unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt, wenn
der wegen der kürzeren Finanzierungszeit höhere
Finanzierungsaufwand nicht realitätsgerecht
berücksichtigt würde.
2. Nach diesen Grundsätzen kann das
Urteil des FG keinen Bestand haben.
a) Im Streitfall sind die Zinsen für die
zur Finanzierung von Kapitallebensversicherungsbeiträgen
aufgenommenen Darlehen als Werbungskosten bei den Einkünften
aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Sie dienen der
Finanzierung der Anschaffungskosten der Vermietungsobjekte im
Rahmen eines einheitlichen und marktgängigen
Finanzierungskonzepts.
b) Die Sache ist nicht spruchreif. Ausgehend
von der Ablehnung eines Werbungskostenabzugs dem Grunde nach hat
das FG keine hinreichenden Feststellungen zur Höhe der
abziehbaren Zinsen getroffen.