Gemischt genutztes Haus, Schenkung unter Ehegatten: 1. Nutzen Eheleute nur einen Teil des Hauses zu eigenen Wohnzwecken, während der andere Teil von Dritten bewohnt wird oder anderen als Wohnzwecken dient, und wendet der eine Ehegatte dem anderen freigebig das Eigentum oder Miteigentum an dem Haus zu, ist die Zuwendung nur hinsichtlich der von den Ehegatten selbst bewohnten Flächen steuerfrei. - 2. Zu den von den Ehegatten selbst bewohnten Flächen zählen auch von nahen Angehörigen der Ehegatten zu Wohnzwecken benutzte Räume, wenn diese Personen einen gemeinsamen Hausstand mit den Ehegatten führen. - 3. Ein von einem der Ehegatten genutztes häusliches Arbeitszimmer, das im Wohnbereich belegen ist, ist auch dann der Wohnnutzung der Ehegatten zuzurechnen, wenn es an den Arbeitgeber des Ehegatten vermietet ist. - Urt.; BFH 26.2.2009, II R 69/06; SIS 09 09 53
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) und ihr Ehemann (E) hoben durch notariell
beurkundeten Vertrag vom 22.11.1999 den gesetzlichen
Güterstand der Zugewinngemeinschaft auf und vereinbarten an
dessen Stelle den Güterstand der Gütertrennung. Die
Klägerin sollte zum Ausgleich ihres Anspruchs auf
Zugewinnausgleich von E dessen Anteil an dem im Miteigentum der
Eheleute stehenden, mit einem Wohnhaus bebauten Grundstück
sowie einen Geldbetrag von 526.000 DM erhalten. Die Eheleute
erklärten zugleich die Auflassung; E bewilligte die Eintragung
der Rechtsänderung in das Grundbuch.
Das Haus umfasste bei Abschluss des
Vertrags drei Wohnungen. Die 135 qm bzw. 80 qm großen
Wohnungen im Erdgeschoss und im Untergeschoss nutzten die Eheleute
und ihre Kinder als Hauptwohnsitz. Ein Raum im Untergeschoss war an
eine GmbH vermietet, deren Geschäftsführer E war, und
diente E als Büroraum. Die nach den unterschiedlichen Angaben
der Beteiligten 86 oder 115 qm große Dachgeschosswohnung
wurde aufgrund eines dinglichen Rechts von der Mutter der
Klägerin (M) bewohnt. E verlegte seinen Wohnsitz im Jahr 2000
oder 2001 in das Ausland.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) folgte bei der Festsetzung von Schenkungsteuer
gegen die Klägerin deren Vorbringen, die im Vertrag vom
22.11.1999 vereinbarten Leistungen des E hätten dem Ausgleich
ihres Anspruchs auf Zugewinnausgleich gedient, nicht, und nahm
ferner an, dass die Übertragung des Miteigentumsanteils nicht
nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a des Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 1999 geltenden Fassung
(ErbStG) steuerfrei sei. Der Steuerfreiheit stehe die Vermietung
des Raumes im Untergeschoss an die GmbH entgegen.
Das FA berücksichtigte
demgemäß bei der Bemessungsgrundlage der Schenkungsteuer
in der Einspruchsentscheidung den gesondert festgestellten
Grundstückswert des übertragenen Miteigentumsanteils von
203.000 DM, die „Kapitalforderung“ aus dem Vertrag vom
22.11.1999 in Höhe von 526.000 DM und die Belastung durch das
Wohnrecht der M mit 12.708 DM. Nach Abzug des persönlichen
Freibetrags von 600.000 DM und Abrundung ergab sich ein
steuerpflichtiger Erwerb von 116.200 DM.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage durch
das in EFG 2007, 207 = SIS 07 01 77 veröffentlichte Urteil mit
der Begründung statt, die Voraussetzungen für die
Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG seien
erfüllt. In dem Haus habe sich am maßgebenden Stichtag,
dem Tag des Vertragsabschlusses, der Mittelpunkt des
familiären Lebens der Eheleute und ihrer Kinder befunden. Der
Steuerfreiheit stünden die Nutzung des Obergeschosses durch M
und die Vermietung des Raumes im Untergeschoss nicht
entgegen.
Mit der Revision rügt das FA
Verletzung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Die Steuerfreiheit
könne sowohl wegen der Nutzung des Obergeschosses durch M als
auch wegen der Vermietung des Arbeitszimmers im Untergeschoss nicht
beansprucht werden.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist im Ergebnis
unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.
4 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Unrecht
angenommen, dass der Klägerin die Steuerbefreiung aus §
13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG in vollem Umfang zustehe. Die
Steuerbefreiung ist lediglich anteilig für die Wohnungen im
Erd- und Untergeschoss zu gewähren. Soweit der festgestellte
Grundstückswert nach dem Verhältnis der Nutzflächen
auf die Obergeschosswohnung entfällt, sind die Voraussetzungen
für die Steuerbefreiung nicht erfüllt. Dies führt
allerdings nicht zu einem Überschreiten des der Klägerin
zustehenden persönlichen Freibetrags.
1. Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein
Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem
im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus oder
einer im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten
Eigentumswohnung (Familienwohnheim) verschafft, bleiben nach §
13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG steuerfrei.
a) Die Steuerbefreiung bezieht sich nach ihrem
Sinn und Zweck nicht nur auf das Haus verstanden als Gebäude,
sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher
Bestandteil es nach § 94 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen
Gesetzbuches (BGB) ist (Meincke, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl., § 13 Rz 20;
Kapp/Ebeling, § 13 ErbStG, Rz 38; Viskorf in
Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 2. Aufl., § 13 ErbStG
Rz 36; Geck, Zeitschrift für Erbrecht und
Vermögensnachfolge - ZEV - 1996, 107, 108; Hardt, ZEV 2004,
408). Dies entspricht der Terminologie des Bewertungsgesetzes
(BewG), das unter den Begriffen
„Einfamilienhäuser“ und
„Zweifamilienhäuser“ nicht lediglich die
Gebäude, sondern die bebauten Grundstücke versteht
(§ 75 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 BewG).
b) § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG
trifft keine Regelungen für den Fall, dass ein Haus von den
Ehegatten teils zu eigenen Wohnzwecken und teils anders - etwa
für eigene gewerbliche oder sonstige berufliche Zwecke oder
zum Vermieten - genutzt wird. Nach Auffassung der Finanzverwaltung
ist in solchen Fällen je nach Art und Umfang der anderweitigen
Nutzung die Steuerbefreiung in vollem Umfang zu gewähren oder
zu versagen (R 43 Abs. 1 Satz 5 ff. der Erbschaftsteuer-Richtlinien
- ErbStR - 2003).
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Sie
ist mit Sinn und Zweck der Steuerbefreiung nicht vereinbar.
Insbesondere lässt sich aus dem Begriff
„Familienwohnheim“ nicht ableiten, dass die
teilweise Nutzung des Hauses zu anderen als eigenen Wohnzwecken in
bestimmten Fällen der Gewährung der Steuerbefreiung
für das gesamte Grundstück nicht entgegenstehe und in
anderen Fällen Steuerbefreiung auch für die selbst
bewohnten Räume ausschließe. Die Verwaltungsauffassung
erweist sich vielmehr als teils zu weit und teils zu eng.
Allein sachgerecht ist eine Aufteilung des
zivilrechtlich einheitlichen Eigentums nach dem Nutzungs- und
Funktionszusammenhang. Danach ist die Steuerbefreiung für die
von den Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räume
anteilig zu gewähren und für die anders genutzten
Flächen unabhängig von Art und Umfang dieser Nutzung zu
versagen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei den zu
eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen um eine
vollständige, abgeschlossene Wohnung handelt
(Tiedtke/Wälzholz, ZEV 2000, 19; Hardt, ZEV 2004, 408;
Wälzholz, FR 2007, 638, 642). Für die danach
vorzunehmende Aufteilung des Grundstückswerts ist allein auf
das Verhältnis der Nutzflächen abzustellen. Dabei kommt
es auf die tatsächliche Nutzung und deren Umfang an. Die
Größe des Gebäudes ist unerheblich.
c) Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken der
Ehegatten liegt auch vor, soweit Verwandte der Ehegatten
Räumlichkeiten des Hauses im Rahmen eines gemeinsamen
Hausstandes mit den Ehegatten bewohnen. Um eine anderweitige, die
Steuerbefreiung anteilig ausschließende Nutzung des
Gebäudes handelt es sich demgegenüber, soweit Verwandte
in dem Haus wohnen, ohne mit den Ehegatten einen gemeinsamen
Hausstand zu führen. Unerheblich ist dabei, ob diese Personen
Miete zu zahlen haben oder nicht oder ob ihnen ein dingliches
Wohnrecht zusteht. Auch insoweit ist allein die tatsächliche
Nutzung entscheidend.
d) Beruflich genutzte häusliche
Arbeitszimmer der Ehegatten sind der Wohnnutzung zuzurechnen,
soweit sie im Wohnbereich belegen sind. Auch insoweit gilt nichts
anderes als im Rahmen des § 75 Abs. 5 Satz 4 BewG (vgl. dazu
Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.11.1986 II R 48/85,
BFHE 148, 76, BStBl II 1987, 104 = SIS 87 02 08, und vom 7.11.2000
II R 68/98, BFH/NV 2001, 749 = SIS 01 65 84). Da es allein auf die
tatsächliche Nutzung des Arbeitszimmers durch den oder die
Ehegatten ankommt, führt es zu keinem anderen Ergebnis, wenn
das Arbeitszimmer an den Arbeitgeber eines Ehegatten vermietet ist.
Es ist dabei unerheblich, ob das vereinbarte Mietverhältnis
ertragsteuerrechtlich anzuerkennen ist oder ob es sich bei der
Miete um Arbeitslohn handelt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 11.1.2005
IX R 72/01, BFH/NV 2005, 882 = SIS 05 22 10; vom 9.6.2005 IX R
4/05, BFH/NV 2005, 2180 = SIS 05 48 19, und vom 19.12.2005 VI R
82/04, BFH/NV 2006, 1076 = SIS 06 21 05; vgl. ferner BFH-Urteile
vom 16.9.2004 VI R 25/02, BFHE 207, 457, BStBl II 2006, 10 = SIS 05 04 74, und vom 8.3.2006 IX R 76/01, BFH/NV 2006, 1810 = SIS 06 38 16).
2. Der Klägerin steht danach die
Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a Satz 1 ErbStG in dem
Verhältnis zu, in dem die Flächen der Erdgeschoss- und
der Untergeschosswohnung zu der Fläche der Obergeschosswohnung
stehen.
a) Das Haus wurde zum maßgeblichen
Stichtag von den Ehegatten und ihren Kindern im Rahmen eines
gemeinsamen Hausstandes zu eigenen Wohnzwecken genutzt, und zwar
als Hauptwohnsitz. Maßgebend sind die Verhältnisse zum
Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, zu dem die Steuer
entsteht (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 11 ErbStG). Die Zuwendung
des Miteigentumsanteils war mit der Erklärung der Auflassung
und der Erteilung der Eintragungsbewilligung durch E
ausgeführt; die Klägerin konnte danach ihre Eintragung
als Eigentümerin in das Grundbuch beantragen und damit den
Eintritt der dinglichen Rechtsänderung herbeiführen
(BFH-Urteile vom 2.2.2005 II R 26/02, BFHE 208, 438, BStBl II 2005,
312 = SIS 05 16 29, und vom 23.8.2006 II R 16/06, BFHE 213, 399,
BStBl II 2006, 786 = SIS 06 38 91).
Das FG hat nicht festgestellt, dass E die
Wohnsitzverlegung bereits beim Abschluss des Vertrags vom
22.11.1999 beabsichtigt habe. Selbst wenn dies der Fall gewesen
wäre und an sich zu berücksichtigen sein sollte (vgl.
dazu Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 18.2.1999 4 K 2180/98, EFG
1999, 619; Meincke, a.a.O., § 13 Rz 22; Kapp/Ebeling, §
13 ErbStG, Rz 38; Geck, ZEV 1996, 107, 109), würde sich am
Ergebnis nichts ändern. Für die Anwendbarkeit des §
13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG reicht es nämlich aus, wenn das Haus
bei Getrenntleben der Ehegatten von dem Empfänger der
Zuwendung ggf. mit den Kindern bewohnt wird (Urteil des FG Berlin
vom 28.1.2003 5 K 5267/01, DStRE 2004, 217 = SIS 03 43 42; Meincke,
a.a.O., § 13 Rz 20; Jülicher in
Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 13 Rz 62; Kapp/Ebeling,
§ 13 ErbStG, Rz 38; Moench/Kien-Hümbert, Erbschaft- und
Schenkungsteuer, § 13 Rz 27; Schlünder/Geißler,
DStR 2006, 260).
Auf die Frage, ob auch die Übertragung
des Eigentums an einem Zweitwohnsitz unter die Steuerbefreiung des
§ 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG fallen kann, kommt es im Streitfall
nicht an (ablehnend R 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 ErbStR 2003; Urteil
des FG Rheinland-Pfalz in EFG 1999, 619; Moench/Kien-Hümbert,
a.a.O., § 13 Rz 27; Viskorf, a.a.O., § 13 ErbStG Rz 37;
unter bestimmten Voraussetzungen bejahend Jülicher, a.a.O.,
§ 13 Rz 69; Meincke, a.a.O., § 13 Rz 22; Geck, ZEV 1996,
107, 108).
b) Für den Anteil am
Grundstückswert, der auf die Obergeschosswohnung
entfällt, ist die Steuerbefreiung nicht zu gewähren. Das
FG hat nicht festgestellt, dass die Ehegatten mit M einen
gemeinsamen Hausstand geführt hätten. Dem Verhältnis
der vom FA geschätzten Wohnfläche dieser Wohnung von 115
qm zur Gesamtwohnfläche von 330 qm entspricht ein Anteil am
Grundstückswert von 70.742 DM.
c) Die Vermietung des von E als Büro
genutzten Raumes an die GmbH schließt die Steuerbefreiung
nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG entgegen der Auffassung des FA
nicht vollständig und auch nicht anteilig aus. Dieser Raum
befindet sich im Untergeschoss, das von den Ehegatten und ihren
Kindern im Übrigen zu Wohnzwecken genutzt wurde, und ist somit
aufgrund der tatsächlichen Nutzung durch einen der Ehegatten
der Wohnnutzung zuzurechnen.
d) Die Belastung durch das Wohnrecht der
Mutter ist nach § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG nur anteilig mit 115
qm : 330 qm x 12.708 DM = 4.429 DM zu berücksichtigen.
3. Abweichend von der Einspruchsentscheidung
errechnet sich der steuerpflichtige Erwerb danach höchstens
wie folgt:
|
Grundvermögen
|
70.742
DM
|
|
„Kapitalforderung“
|
526.000
DM
|
|
Summe
|
596.742
DM
|
|
./. Wert des Wohnrechts
|
4.429
DM
|
|
Wert des Erwerbs
|
592.313
DM
|
Dieser Wert liegt unter dem der Klägerin
zustehenden persönlichen Freibetrag von 600.000 DM (§ 16
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG a.F.). Erbschaftsteuer ist mithin nicht
festzusetzen.
4. Es kommt demnach nicht darauf an, ob
hinsichtlich der vom FA in der Einspruchsentscheidung angesetzten
Kapitalforderung von 526.000 DM in vollem Umfang eine
ausgeführte Zuwendung i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG
vorliegt. Feststellungen zur tatsächlichen Entrichtung des
vereinbarten Betrags wurden weder vom FA noch vom FG getroffen. Die
Klägerin hat im Einspruchsverfahren vorgetragen, E habe ihr
tatsächlich nur rd. 263.000 DM gezahlt.
Es braucht auch nicht geprüft zu werden,
ob der Klägerin gegen E der getroffenen Vereinbarung
entsprechend ein Anspruch auf Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB)
zustand, der nicht zum Erwerb i.S. des § 7 ErbStG gehört
(§ 5 Abs. 2 ErbStG).