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Standardsoftware, Produktion im Ausland, Verlust aus Anteilsveräußerung

Standardsoftware, Produktion im Ausland, Verlust aus Anteilsveräußerung: Auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware ist "Ware" i.S. des § 2 a Abs. 2 EStG. - Urt.; BFH 28.10.2008, IX R 22/08; SIS 08 44 60

Kapitel:
Unternehmensbereich > Betriebsaufgabe, Veräußerung, Anteilsübertragung
Fundstellen
  1. BFH 28.10.2008, IX R 22/08
    BStBl 2009 II S. 527
    LEXinform 0179092

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 6.7.2009
    erl in StuB 24/2008 S. 965
    P.B. in DStZ 3/2009 S. 59
    B.H. in HFR 2/2009 S. 112
    B.H. in BFH/PR 3/2009 S. 86
Normen
[HGB a.F.] § 1 Abs. 2 Nr. 1
[EStG] § 2 a Abs. 2, § 17 Abs. 1, § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b
[BGB] § 90
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Berlin-Brandenburg, 29.01.2008, SIS 08 19 29, Software, Trivialprogramm, Ware, Verlustabzug
Zitiert in... / geändert durch...
  • FG Köln 14.4.2015, SIS 15 17 47, Keine "retrospektive" Beurteilung der Wesentlichkeitsgrenze von § 17 EStG bei Verschmelzung: Für die Frag...
  • BFH 2.6.2014, SIS 14 24 76, Keine Investitionszulage für Datensätze als immaterielle Wirtschaftsgüter: 1. Datenträger (CD, DVD bzw. H...
  • LFD Thüringen 25.10.2011, SIS 11 36 13, Investitionszulage, Standardsoftwareprogramme, Qualifizierung als materielle oder immaterielle Wirtschaft...
  • BFH 18.5.2011, SIS 11 27 63, Keine Ansparabschreibung für Software: Software ist ein immaterielles Wirtschaftsgut. Das gilt grundsätzl...
  • FG Düsseldorf 15.7.2010, SIS 10 37 21, Abweichende Festsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen, Veräußerungsverlust i.S. des § 17 EStG: 1. Die...
  • LFD Thüringen 4.6.2010, SIS 10 17 92, Investitionszulage, Standardsoftwareprogramme, Qualifizierung als materielle oder immaterielle Wirtschaft...
  • FG Köln 17.2.2009, SIS 09 28 08, Bildung einer Ansparabschreibung für Softwareprogramme: Im Hinblick auf die Abgrenzung von materiellen un...
  • BFH 30.10.2008, SIS 09 03 39, Datensätze, InvZul: Auf Datenträgern (CDs) in Form von Zahlenkolonnen gespeicherte Koordinaten des Gebäud...
  • BFH 28.10.2008, SIS 09 08 94, Verkörperte Standardsoftware ist Ware i.S. des § 2 a Abs. 2 EStG: Auf einem Datenträger verkörperte Stand...
Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb im Jahr 2000 mehr als 9 % der Anteile an einer in den USA ansässigen Kapitalgesellschaft, die bezweckte, eine Internet-Infrastruktursoftware (Reality Server) zur Nutzung und Ansicht von 3-D-Darstellungen zu entwickeln und zu vertreiben. Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 318.097,68 EUR. Der Kläger veräußerte die Anteile im Dezember des Streitjahres (2002) für 28.820,08 EUR und machte den Veräußerungsverlust, der unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens 144.638 EUR betrug, in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) erkannte diesen Verlust nach einer Außenprüfung im Hinblick auf § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG) nicht mehr an.

 

Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, es handele sich um Verluste gemäß § 2a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 EStG, die keiner Abzugsbeschränkung unterlägen. Zweck der in den USA gewerblich tätigen Gesellschaft sei es gewesen, Standardsoftware und damit eine „Ware“ i.S. des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG herzustellen und zu vertreiben. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Klage war hingegen erfolgreich; das Finanzgericht (FG) setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Ansatz eines Verlustes in Höhe von 144.638 EUR fest. Zur Begründung führte es in seinem in EFG 2008, 1020 = SIS 08 19 29 veröffentlichten Urteil aus, § 2a Abs. 2 Satz 2 EStG sei im Streitfall anwendbar, denn es handele sich bei der Software, welche die amerikanische Gesellschaft geplant habe und von der deutschen Erwerberin mittlerweile produziert werde, um eine Ware. Standardsoftware sei als bewegliche Sache anzusehen. Das FG habe sich davon überzeugt, dass tatsächlich eine Standardsoftware habe entwickelt und hergestellt werden sollen. Das Programm richte sich an eine Vielzahl von Nutzern. Zwar erfordere der Zugriff auf den Reality Server keine Installation des Programms auf dem Computer des Endnutzers; das Programm werde vielmehr durch die Server der Anbieter zur Verfügung gestellt.

 

Hiergegen richtet sich die Revision des FA, die es auf Verletzung von § 2a Abs. 2 Satz 2 EStG stützt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Investitionszulage sei Standardsoftware als immaterielles Wirtschaftsgut anzusehen, so dass es an einer Ware i.S. des § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG, die nur bewegliche Sachen umfasse, fehle. Überdies verstoße die Vorentscheidung auch insoweit gegen Bundesrecht, als sie auf der positiven Annahme des Nachweises der Voraussetzungen des § 2a Abs. 2 Satz 2 EStG beruhe. Der Steuerpflichtige müsse nachweisen, dass die ausländische Gesellschaft die Herstellung oder Lieferung von Waren zum Gegenstand gemacht habe. Hier indes liege ein Vertrieb vor, der vergleichbar sei mit der „OEM“-Version und zur Folge habe, dass das entwickelte Programm Dritten als Lizenzrecht zur Nutzung überlassen werde.

 

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG die Verluste aus der Anteilsveräußerung berücksichtigt.

 

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG z.B. Aktien oder ähnliche Beteiligungen. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger, indem er seine Anteile an der in den USA ansässigen Kapitalgesellschaft mit Verlust verkaufte. Hiervon gehen das FG und die Beteiligten übereinstimmend aus.

 

2. § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG steht dem Verlustabzug nicht entgegen. Danach ist ein Veräußerungsverlust nicht zu berücksichtigen, soweit er auf Anteile entfällt, die entgeltlich erworben worden sind und nicht innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer Beteiligung des Steuerpflichtigen i.S. von Abs. 1 Satz 1 gehört haben. Indes gehörte die vom Kläger im Jahr 2000 erworbene Beteiligung von über 9 % stets zu einer Beteiligung i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, nämlich zu einer solchen von mindestens 1 %. Dabei kommt es nicht darauf an, dass nach dem Einkommensteuergesetz für 2000 eine wesentliche Beteiligung von mindestens 10 % bestanden haben musste und der Kläger diesen Beteiligungsumfang möglicherweise nicht erreichte. Denn nach der hier maßgebenden Gesetzesfassung durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20.12.2001 (BGBl 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) verweist § 17 Abs. 2 Satz 4 Buchst. b EStG auf die „Beteiligung im Sinne von Abs. 1 Satz 1“ und setzt anders als die früheren Fassungen des Gesetzes keine wesentliche Beteiligung innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre voraus. War diese Voraussetzung zuvor veranlagungszeitraumbezogen auszulegen (BFH-Urteil vom 29.5.2008 IX R 62/05, BStBl II 2008, 856 = SIS 08 31 48), so kommt es nach der gegenwärtigen Fassung auf eine veranlagungszeitraumbezogene Auslegung nicht mehr an: Es genügt vielmehr, wenn die Beteiligung - wie hier - innerhalb der gesamten letzten fünf Jahre zu einer Beteiligung gehört hat, die mindestens 1 % betrug (vgl. eingehend dazu auch Blümich/Ebling, § 17 EStG Rz 241e, m.w.N.).

 

3. Auch § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG steht dem Verlustabzug nicht entgegen. Danach dürfen in den Fällen des § 17 EStG bei einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft, die weder ihre Geschäftsleitung noch ihren Sitz im Inland hat, negative Einkünfte zwar nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden. Dies gilt indes nicht, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass die negativen Einkünfte aus einer gewerblichen Betriebsstätte der Körperschaft im Ausland stammen, die ausschließlich oder fast ausschließlich die Herstellung oder Lieferung von Waren zum Gegenstand hat (§ 2a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG).

 

Das FG hat diese Voraussetzungen im Streitfall zutreffend bejaht. Denn bei der von der Kapitalgesellschaft entwickelten Standardsoftware handelt es sich um eine „Ware“ im Sinne dieser Vorschrift.

 

a) Waren i.S. von § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG sind entsprechend der früheren handelsrechtlichen Definition in § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Handelsgesetzbuches a.F. jedenfalls körperliche Gegenstände (§ 90 des Bürgerlichen Gesetzbuches; so BFH-Urteil vom 18.7.2001 I R 70/00, BFHE 196, 248, BStBl II 2003, 48 = SIS 02 03 33, und die h.M. im Schrifttum, vgl. Mössner, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 2a Rz C 9; Probst in Herrmann/Heuer/ Raupach - HHR -, § 2a EStG Rz 166; Gosch in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 2a Rz 62; zum Handelsrecht s. Karsten Schmidt, Handelsrecht, 5. Aufl., § 31 III. 1. c, m.w.N.).

 

b) Darunter fällt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) auch die auf einem Datenträger verkörperte Standardsoftware (vgl. z.B. BGH-Urteile vom 15.11.2006 XII ZR 120/04, NJW 2007, 2394, und vom 22.12.1999 VIII ZR 299/98, BGHZ 143, 307, NJW 2000, 1415, jeweils m.w.N.; zum Verhältnis zum Urheberrecht BFH-Urteil vom 13.3.1997 V R 13/96, BFHE 182, 423, BStBl II 1997, 372 = SIS 97 12 02).

 

Dieser Auslegung ist auch für das Steuerrecht zu folgen (so auch HHR/Probst, § 2a EStG Rz 166; a.A. Blümich/Wied, § 2a EStG Rz 98). Obschon bei dem Erwerb einer Standardsoftware das Programm als Werk mit geistigem Inhalt und damit ein immaterieller Wert im Vordergrund steht (in diese Richtung BFH-Urteil vom 3.7.1987 III R 7/86, BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728 = SIS 87 18 35, unter 4. c a.E.), ist Gegenstand des Warenumschlags stets die verkörperte geistige Leistung, wobei es ohne Bedeutung ist, auf welchem Informationsträger das Computerprogramm verkörpert ist. Entscheidend ist vielmehr, dass es verkörpert und damit nutzbar ist. Vergleichbar mit dem elektronischen Datenträger ist das Buch. Auch ein Buch, dem unbestritten die Qualität als Sache zukommt, ist das Ergebnis einer schöpferischen Geistestätigkeit und wird ausschließlich wegen seines geistigen Inhalts und nicht wegen seines Informationsträgers - des Papiers - gehandelt (vgl. dazu BGH-Urteil in NJW 2007, 2394, unter 2. b, m.w.N.).

 

c) Mit seiner Auslegung des Begriffs der Ware i.S. des § 2a Abs. 2 EStG weicht der erkennende Senat nicht von der Rechtsprechung des BFH zu den Investitionszulagengesetzen ab. Wenn der BFH in diesem Zusammenhang auch eine Standardsoftware als immaterielles Wirtschaftsgut behandelt, für dessen Anschaffung keine Investitionszulage gewährt wird (eingehend BFH-Urteil in BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728 = SIS 87 18 35), so ist fraglich, ob diese Entscheidung vor dem (geänderten) zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Hintergrund überhaupt noch zeitgemäß ist. Das kann der erkennende Senat aber unerörtert lassen; denn im vorliegenden Fall geht es allein um die Auslegung des Begriffs „Ware“ und nicht darum, ob und inwieweit Computerprogramme zu immateriellen Wirtschaftsgütern im Sinne der Fördergesetze zählen. Insoweit hat bereits der BFH in seinem im Urteil in BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728 = SIS 87 18 35 (unter 4. c a.E.) implizit dargelegt, dass der Begriff der Ware anders auszulegen sei.

 

4. Nach diesen Maßstäben konnte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass der Reality Server, um den es hier geht, eine verkörperte Standardsoftware ist, deren Produktion (Herstellung) die Kapitalgesellschaft zum Gegenstand hat. Er wird nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO binden, kaufweise überlassen. Die Gegenleistung entgilt den Erwerb der auf einen Datenträger kopierten Software. Dabei hatte die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft nach den Feststellungen des FG die Herstellung der Software „reality server“ zum Gegenstand und nicht lediglich die Überlassung von Nutzungsrechten. Anders als die Revision vorträgt, liegt nach den tatrichterlichen Feststellungen kein Vertrieb nach der sog. „OEM“-Version vor (vgl. zu dieser Vertriebsform auch BGH-Urteil vom 6.7.2000 1 ZR 244/97, BGHZ 145, 7, NJW 2000, 3571). Denn die Kapitalgesellschaft selbst und nicht durch sie autorisierte andere Unternehmer sollte die Software produzieren.

Anmerkung RiBFH i.R. Dr. Dürr

Das vorliegende Urteil des IX. Senats zum Begriff der Ware gibt Veranlassung, die vom III. Senat aufgestellten Grundsätze zur Förderfähigkeit von Computerprogrammen zu überdenken. Der IX. Senat stellt ausdrücklich die Frage, ob die Rechtsprechung des III. Senats vor dem geänderten zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Hintergrund „noch zeitgemäß“ ist.

 

In dem Urteil vom 30.10.2008, III R 82/06 = SIS 09 03 39 setzt sich der III. Senat mit der neuen Entscheidung des IX. Senats auseinander. Danach wird Standardsoftware – wie Buch oder Schallplatte – als materielles Wirtschaftsgut und als Ware angesehen. Durch die Vervielfältigung tritt eine Umwandlung in dem Sinne ein, dass aufgrund der Häufigkeit der Materialisierung die immaterielle Eigenschaft untergeht.