Gesellschafter-Geschäftsführer, Pensionszusage, nachträgliche Erhöhung, Erdienensdauer: Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, nach dem sich der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft einen Pensionsanspruch regelmäßig nur erdienen kann, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand noch ein Zeitraum von mindestens 10 Jahren liegt, gilt sowohl für Erstzusagen einer Versorgungsanwartschaft als auch für nachträgliche Erhöhungen einer bereits erteilten Zusage. - Urt.; BFH 23.9.2008, I R 62/07; SIS 08 44 45
I. Alleiniger Geschäftsführer der
Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer GmbH,
war der am 13.10.1939 geborene H, der seit dem Jahr 1987 auch die
Hälfte der Geschäftsanteile der Klägerin hält.
Als Testamentsvollstrecker seines verstorbenen Bruders W nahm H auf
Lebenszeit neben seinen eigenen auch die Gesellschaftsrechte der
Erben nach W wahr, die die andere Hälfte der
Geschäftsanteile der Klägerin hielten. Zu diesen
Gesellschaftsrechten gehörte das Stimmrecht in der
Gesellschaft.
Nach dem Gesellschaftsvertrag stand H das
Recht zur Geschäftsführung als Sonderrecht für die
Dauer seiner Gesellschafterstellung zu. Die Höhe der
Vergütung bestimmte die Gesellschafterversammlung. Die
Bestellung, Abberufung und Vergütung weiterer
Geschäftsführer bestimmte ein Beirat, der aus zwei,
höchstens vier Mitgliedern bestand, die von den
Gesellschaftern bzw. der Gesellschafterversammlung bestimmt
wurden.
H war bereits seit dem Jahr 1966 als
Geschäftsführer der Klägerin tätig. Am
16.12.1980 sagte die Klägerin ihm eine lebenslange Altersrente
nach Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von 50 v.H. des
letzten Bruttogehalts (ohne Gratifikationen, Provisionen und
ähnliche Vergütungen), ferner eine
Berufsunfähigkeitsrente und eine Hinterbliebenenversorgung zu.
Mit Vertrag vom 16.11.1990 wurde das Dienstverhältnis mit
Wirkung zum 1.9.1990 neu geregelt. H hatte danach Anspruch auf
Ruhegehalt, wenn er aus den Diensten der Klägerin wegen
Berufsunfähigkeit oder Vollendung des 65. Lebensjahres
ausschied, und zwar in Höhe von 50 v.H. des
ruhegehaltsfähigen Einkommens. Zugesagt wurden außerdem
ein Witwengeld in Höhe von 60 v.H. sowie ein Waisengeld in
Höhe von 20 v.H. des Ruhegehaltes.
Am 17.11.1995 erhöhte die
Klägerin die monatliche Rente im Versorgungsfall auf 66 v.H.
des letzten Bruttomonatsgehalts.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) war der Auffassung, dass H im Hinblick auf seine
eigene Beteiligung und seine weiteren Stimmrechte aufgrund der
Testamentsvollstreckung als beherrschender
Gesellschafter-Geschäftsführer anzusehen sei. Die
Erhöhung der Pensionszusage sei als verdeckte
Gewinnausschüttung (vGA) i.S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu beurteilen, da H sie
nicht mehr habe erdienen können. Nach der Rechtsprechung sei
dies nur dann der Fall, wenn die vertragliche Dienstzeit nach
Erteilung der Zusage noch mindestens 10 Jahre betrage. H habe am
17.11.1995 nur noch 8 Jahre und 11 Monate bis zum Pensionsalter von
65 Jahren ableisten können.
Der gegen die entsprechend geänderten
Bescheide für die Streitjahre 1996 bis 1999 erhobenen Klage
gab das Finanzgericht (FG) Münster mit Urteil vom 29.6.2007 9
K 293/03 K,G, veröffentlicht in EFG 2007, 1629 = SIS 07 30 95,
statt.
Das FA stützt seine Revision auf
Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des FG
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG hat zu Unrecht
angenommen, bei der Prüfung, ob eine Pension von einem
beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer noch
erdient werden könne, seien bei einer erstmaligen
Pensionszusage einerseits und der Erhöhung einer bereits
zugesagten Pension andererseits unterschiedliche
Maßstäbe anzulegen.
1. Die Pensionszusage einer
Kapitalgesellschaft zu Gunsten ihres Geschäftsführers
kann wegen § 8 Abs. 1 KStG nur insoweit zur Minderung des
steuerlichen Gewinns führen, als die Voraussetzungen des
§ 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingehalten sind.
Anhaltspunkte dafür, dass es im Streitfall hieran fehlt,
ergeben sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus dem
Vortrag des FA.
2. Die Zuführung zu einer
Pensionsrückstellung kann jedoch aus steuerlicher Sicht eine
vGA sein, die gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG das
Einkommen der verpflichteten Gesellschaft nicht mindern darf. Sie
ist dann, soweit sie sich in der Steuerbilanz ausgewirkt und
demgemäß den Unterschiedsbetrag gemäß §
4 Abs. 1 Satz 1 EStG gemindert hat, dem Gewinn der Gesellschaft
außerhalb der Bilanz hinzuzurechnen (z.B. Senatsurteile vom
20.12.2000 I R 15/00, BFHE 194, 191, BStBl II 2005, 657 = SIS 01 08 58; vom 7.11.2001 I R 79/00, BFHE 197, 164, BStBl II 2005, 659 =
SIS 02 04 17, jeweils m.w.N.).
3. Voraussetzung für das Vorliegen einer
vGA ist nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats, dass die
Pensionsverpflichtung nicht (ausschließlich) durch das
Dienstverhältnis zwischen der Gesellschaft und dem
Begünstigten, sondern (zumindest u.a.) durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist. Das ist anzunehmen,
wenn die Gesellschaft einem gesellschaftsfremden
Geschäftsführer unter ansonsten vergleichbaren
Umständen keine entsprechende Zusage erteilt hätte.
Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich
ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften
Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des
Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter
Haftung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes
anwendet.
4. Ob eine Pensionszusage durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist,
muss vorrangig das FG anhand aller Umstände des jeweiligen
Einzelfalles beurteilen. Dabei muss es u.a. prüfen, ob die
begünstigte Person während der ihr voraussichtlich
verbleibenden Dienstzeit den Versorgungsanspruch noch erdienen
kann. Das ist im Allgemeinen nicht anzunehmen, wenn die Zusage
einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde und
dieser im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatte
(Senatsurteil vom 23.7.2003 I R 80/02, BFHE 203, 114, BStBl II
2003, 926 = SIS 03 47 13) oder wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt
und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze
Zeitspanne liegt, in der der Versorgungsanspruch vom
Begünstigten nicht mehr erdient werden kann (Senatsbeschluss
vom 28.6.2005 I R 25/04, BFH/NV 2005, 2252 = SIS 05 48 88, m.w.N.).
In solchen Fällen ist prinzipiell davon auszugehen, dass ein
ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Interesse
der Gesellschaft von der Erteilung einer Pensionszusage abgesehen
hätte. Es liegt dann regelmäßig eine vGA vor.
Ein Versorgungsanspruch ist nach
ständiger Senatsrechtsprechung von einem beherrschenden
Gesellschafter-Geschäftsführer grundsätzlich nur
dann erdienbar, wenn zwischen der Erteilung der Pensionszusage und
dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand ein Zeitraum von
mindestens 10 Jahren liegt (Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 2252 =
SIS 05 48 88; Senatsurteil in BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926 =
SIS 03 47 13, m.w.N.). Allerdings kann diese Frist mangels
eindeutiger gesetzlicher Vorgaben nicht im Sinne einer allgemein
gültigen zwingenden Voraussetzung verstanden werden
(Senatsurteile vom 24.4.2002 I R 43/01, BFHE 199, 157, BStBl II
2003, 416 = SIS 02 97 53; in BFHE 203, 114, BStBl II 2003, 926 =
SIS 03 47 13; Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 2252 = SIS 05 48 88).
Ist aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles anderweitig
sichergestellt, dass mit der Zusage die künftige
Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden
soll, ist dies deshalb auch dann anzunehmen, wenn die besagten
Zeiträume nicht erreicht werden (Senatsbeschluss in BFH/NV
2005, 2252 = SIS 05 48 88, m.w.N.).
5. Das FG hat angenommen, H sei bezogen auf
die Bemessung seiner Geschäftsführervergütungen als
beherrschender Gesellschafter der Klägerin anzusehen. Ihm
hätten in den Streitjahren sämtliche Stimmrechte in der
Gesellschafterversammlung zugestanden. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1
des Gesellschaftervertrages habe die Gesellschafterversammlung die
Höhe seiner Vergütung bestimmt. Nur die Vergütung
etwaiger anderer Geschäftsführer hätte durch den
Beirat festgelegt werden können. Ferner hat es festgestellt,
die Versorgungsanwartschaft sei erst am 17.11.1995 verbindlich
erhöht worden, als H bereits 56 Jahre und einen Monat alt war
und ihm bis zum vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand lediglich 8
Jahre und 11 Monate verblieben. Soweit die Klägerin dagegen
vorbringt, nicht die Gesellschafterversammlung, sondern der Beirat
habe die Höhe der Bezüge des H bestimmen können,
ferner sei die Versorgungsanwartschaft schon zu einem früheren
Zeitpunkt erhöht worden, setzt sie nur ihre eigene an die
Stelle der vom FG vorgenommenen Würdigung. Damit kann sie im
Revisionsverfahren keinen Erfolg haben. Sie zeigt keinen
Verstoß des FG gegen Denkgesetze, gesetzliche
Auslegungsregeln oder allgemeine Erfahrungssätze auf, sodass
die Würdigung des FG für den Senat bindend ist (§
118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
6. Die Entscheidung des FG hält insoweit
einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand, als es
angenommen hat, die vom Senat zur Erdienbarkeit von Pensionszusagen
an beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer
entwickelten Grundsätze gälten nicht uneingeschränkt
für die Erhöhung einer bereits gegebenen Zusage. Der
Zeitraum, der einem Gesellschafter-Geschäftsführer bis
zum vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand verbleibe, sei vielmehr
nur ein Indiz, das zusammen mit anderen, etwa der Relation zwischen
der Pensionserhöhung und der vorherigen Pensionszusage sowie
der Höhe der Aktivbezüge, zu würdigen sei.
Erstzusagen auf eine Versorgungsanwartschaft
und nachträgliche Zusagen, durch welche die Erstzusage
erhöht wird, sind grundsätzlich auseinanderzuhalten und
jeweils eigenständig auf ihre Erdienbarkeit zu prüfen
(Gosch, KStG, § 8 Rz 1099). Dabei ist in beiden
Fallgestaltungen derselbe Maßstab zugrunde zu legen.
Angesichts der erheblichen und lang reichenden finanziellen
Auswirkungen der Erhöhung einer bereits erteilten Zusage auf
die GmbH würde ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschäftsleiter die Frage der Erdienbarkeit in diesem
Zusammenhang nicht anders beurteilen als bei der erstmaligen
Erteilung einer Versorgungszusage. Er würde deshalb
gegenüber einem Nichtgesellschafter eine bereits zugesagte
Versorgungsanwartschaft in der Regel nur dann erhöhen, wenn
der Geschäftsführer voraussichtlich noch mindestens 10
Jahre lang für die GmbH tätig sein wird. Ausnahmen von
diesem Grundsatz bedürfen ebenso wie bei einer erstmaligen
Zusage der besonderen Begründung, etwa wenn dem
Geschäftsführer ein Festbetrag als Pension zugesagt
wurde, der sich infolge erheblicher Steigerung der
Lebenshaltungskosten nunmehr zur Alterssicherung als unzureichend
erweist (vgl. Senatsurteile vom 22.3.1972 I R 117/70, BFHE 105,
143, BStBl II 1972, 501 = SIS 72 02 94; vom 6.4.1979 I R 39/76,
BFHE 128, 352, BStBl II 1979, 687 = SIS 79 03 51; in BFHE 199, 157,
BStBl II 2003, 416 = SIS 02 97 53).
7. Das FG ist von anderen rechtlichen
Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil ist aufzuheben und die
Sache zurückzuverweisen. Das FG wird anhand der Kriterien der
Senatsrechtsprechung zur Erdienbarkeit von Pensionszusagen erneut
zu prüfen haben, ob unter den Gegebenheiten des Streitfalles
die Zusage der erhöhten Versorgungsanwartschaft allein die
künftige Arbeitsleistung des H abgelten sollte.