Übernahmevermächtnis, Kaufrechtsvermächtnis, ErbSt, Bewertung: 1. Erwerbsgegenstand eines Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnisses ist die aufschiebend bedingte Forderung des Vermächtnisnehmers gemäß § 2174 BGB gegen den Beschwerten (Aufgabe der Rechtsprechung vom Gestaltungsrecht als Erwerbsgegenstand). - 2. Die Forderung aus Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnissen ist nicht mit dem Steuerwert des vermachten Gegenstandes zu bewerten, sondern mit dem gemeinen Wert. - 3. Ist gemäß § 13 a ErbStG begünstigtes Vermögen vermacht, stehen dem Vermächtnisnehmer die dort vorgesehenen Vergünstigungen auch bei einem Übernahme- oder Kaufrechtsvermächtnis zu. - Urt.; BFH 13.8.2008, II R 7/07; SIS 08 33 37
I. Der im November 1997 verstorbene
Landwirt und Hofeigentümer B hinterließ seine 67 Jahre
alte Ehefrau und vier Söhne. Durch Erbvertrag zwischen den
Eheleuten vom 21.3.1983 in der geänderten Fassung vom 7.5.1991
waren die Söhne zu je 1/4 als Erben eingesetzt. Zugunsten der
Ehefrau waren eine Reihe von Vermächtnissen angeordnet, und
zwar u.a. eine wertgesicherte lebenslängliche Rente, die sich
im Todeszeitpunkt des B auf monatlich 1.360 DM belief, und ein
Wohnrecht auf dem Hof. Hinsichtlich des Hofes hatte B dem
erstgeborenen Sohn, nämlich dem Kläger,
Revisionsbeklagten und Revisionskläger (Kläger), ein
Übernahmerecht unter der Voraussetzung eingeräumt, zur
eigenen Bewirtschaftung des Betriebes bereit zu sein. Das
Übernahmerecht war innerhalb von sechs Monaten nach dem
Erbfall auszuüben. Geschah dies nicht, stand das Recht einem
anderen Sohn zu. Der übernehmende Sohn hatte die Rentenlast
bezüglich der der Ehefrau vermachten Rente zu tragen und das
Wohnrecht gegen sich gelten zu lassen. Der Kläger machte von
seinem Übernahmerecht Gebrauch.
Der land- und forstwirtschaftliche
Grundbesitzwert des Hofes ist durch Bescheid vom 10.10.2001 zum
Todeszeitpunkt des B einheitlich und gesondert auf 415.000 DM
festgestellt worden. Davon entfielen 116.626 DM auf den
Betriebsteil und 299.200 DM auf den Wohnteil.
Der Beklagte, Revisionskläger und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) ist der Ansicht, das dem
Kläger vermächtnisweise eingeräumte
Übernahmerecht sei entsprechend den Grundsätzen, die der
Bundesfinanzhof (BFH) zum Kaufrechtsvermächtnis entwickelt
habe, mit dem gemeinen Wert zu bewerten und verweigerte ihm
außerdem die Steuervergünstigungen des § 13a des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Auf dieser
Grundlage setzte er die Erbschaftsteuer gegen den Kläger
zunächst durch Bescheid vom Oktober 2000 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom Dezember 2004 fest. Während des
anschließenden Klageverfahrens, in dem sich die Beteiligten
darauf verständigt hatten, der gemeine Wert des Hofes betrage
3.736.300 DM, wovon 300.000 DM auf den Wohnteil entfielen,
erließ das FA am 4.4.2006 einen Änderungsbescheid, durch
den es die Steuer bei einem steuerpflichtigen Erwerb von 2.505.900
DM auf 476.121 DM festsetzte und einen Teilbetrag von 44.574 DM
wegen des Renten- und des Wohnrechts der Ehefrau stundete.
Die Klage, mit der der Kläger eine
Bewertung seines Übernahmerechts mit dem land- und
forstwirtschaftlichen Grundbesitzwert und die Gewährung der
Steuervergünstigungen des § 13a ErbStG verlangt hatte,
war nur im zweiten Streitpunkt erfolgreich. Außerdem
korrigierte das Finanzgericht (FG) den Reinnachlass um die vom FA
bislang nicht berücksichtigten sonstigen Vermögenswerte
und Verbindlichkeiten. Es gelangte auf diese Weise bei einem
steuerpflichtigen Erwerb von 1.157.100 DM zu einer Steuer von
219.849 DM, von der es einen Teilbetrag in Höhe von 48.199 DM
stundete. Der Hof war dabei dem Kläger zu 1/4 des
Grundbesitzwerts als Erben und zu 3/4 des gemeinen Werts als
Vermächtnisnehmer zugerechnet. Zur Berechnung des
begünstigten Vermögens i.S. des § 13a ErbStG in
Höhe von 2.606.382 DM hatte das FG 1/4 des Betriebswerts und
3/4 des um den Wohnteil bereinigten gemeinen Werts des Hofes
angesetzt. Die Bewertung des Übernahmerechts mit dem gemeinen
Wert des Hofes begründete das FG damit, dass anders als beim
reinen Sachvermächtnis Erwerbsgegenstand ein vom Kläger
nach dem Erbfall noch eigens auszuübendes Gestaltungsrecht
sei. Für die Anwendung des § 13a ErbStG komme dieser
Besonderheit aber nach dem Sinn und Zweck der
Begünstigungsnorm keine Bedeutung zu.
Gegen das Urteil des FG (vgl. SIS 07 08 16)
haben beide Beteiligten Revision eingelegt. Der Kläger
rügt fehlerhafte Anwendung des § 12 Abs. 1 und 3 ErbStG
i.V.m. den §§ 9 und 138 Abs. 3 und 5 Satz 1 Nr. 2 des
Bewertungsgesetzes in der beim Tod des B geltenden Fassung (BewG).
Seiner Ansicht nach sei das Übernahmerecht mit dem land- und
forstwirtschaftlichen Grundbesitzwert zu bewerten. Außerdem
verlangt er, ihm den Hof als Erben nicht mit 1/4, sondern nur mit
1/8 zuzurechnen, wie es in dem Feststellungsbescheid vom 10.10.2001
- wenn auch fälschlich - geschehen sei.
Der Kläger beantragt, die
Vorentscheidung aufzuheben und den Änderungsbescheid vom
4.4.2006 dahin zu ändern, dass die Erbschaftsteuer auf 0 EUR
festgesetzt wird.
Das FA ist der Revision entgegengetreten
und rügt mit seiner Revision fehlerhafte Anwendung des §
13a ErbStG. Es meint, da Gegenstand des
Übernahmevermächtnisses weder eine Sache noch ein
Sachleistungsanspruch sei, habe der Kläger kein
begünstigtes Vermögen i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 2
ErbStG erworben.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist der Revision des FA
entgegengetreten.
II. Die Revisionen sind unbegründet; sie
waren daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Sowohl die Bewertung des
vermächtnisweisen Erwerbs des Klägers mit dem gemeinen
Wert als auch die Gewährung der Steuervergünstigungen des
§ 13a ErbStG ist rechtens. Der nachgelassene Hof ist dem
Kläger auch zu Recht zu 1/4 als Erbe zugerechnet worden.
A. Revision des Klägers
1. Hat der Erblasser einem von mehreren Erben
das Recht eingeräumt, einen Gegenstand oder Vermögen, das
eine wirtschaftliche Einheit bildet, aus dem Nachlass mit oder ohne
Gegenleistung zu übernehmen, liegt dann, wenn der Erblasser
dem Übernahmeberechtigten durch das Übernahmerecht einen
Vermögensvorteil gegenüber den anderen Miterben zuwenden
wollte, ein Vorausvermächtnis i.S. des § 2150 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor (Urteil des
Bundesgerichtshofs - BGH - vom 8.11.1961 V ZR 31/60, BGHZ 36, 115).
Gegenstand derartiger (Voraus-)Vermächtnisse ist nach der
Rechtsprechung des BFH zu den Kaufrechtsvermächtnissen ein
durch den Erbfall begründetes Gestaltungsrecht, den Gegenstand
oder die wirtschaftliche Einheit zu übernehmen (Urteile vom
16.3.1977 II R 11/69, BFHE 121, 519, BStBl II 1977, 640 = SIS 77 03 55; vom 6.6.2001 II R 76/99, BFHE 195, 415, BStBl II 2001, 605 =
SIS 01 11 76, sowie vom 1.8.2001 II R 47/00, BFH/NV 2002, 788 = SIS 02 67 40).
2. Diese Rechtsprechung ist in der Literatur
auf Kritik gestoßen. Die Annahme eines Gestaltungsrechts sei
zivilrechtlich verfehlt und widerspreche § 2174 BGB, wonach
Gegenstand eines Vermächtnisses stets nur eine Forderung sein
könne (so Meincke in Festschrift für Walter Jagenburg
2002, S. 579; Daragan in DB 2004, 2389). Die Kritik ist berechtigt.
Zwar ist auch in der Rechtsprechung der Zivilgerichte (so BGH in
BGHZ 36, 115) und in der Literatur (so Böhmer in MDR 1949,
287) im Zusammenhang mit derartigen, letztwillig verfügten
Übernahmerechten wiederholt von Gestaltungsrechten die Rede;
jedoch hat bereits der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 22.9.1948
II ZS 3/48 (MDR 1949, 287) erkannt, ein solches Übernahmerecht
sei auf Leistung des Grundstücks und nicht etwa nur auf
Abschluss eines Grundstückskaufvertrages gerichtet. Die
Ausübung des Übernahmerechts bezwecke lediglich die
Erfüllung der dem Vermächtnisnehmer auferlegten Bedingung
und begründe damit nur dessen Verpflichtung, die Gegenleistung
zu erbringen. Die Verpflichtung der Miterben zur Erfüllung der
vermachten Forderung ergebe sich dagegen bereits aus der
letztwilligen Verfügung.
Im selben Sinne heißt es im Urteil des
BGH vom 27.6.2001 IV ZR 120/00 (NJW 2001, 2883), der Erblasser
könne die Leistungspflicht des Beschwerten - also etwa der
Miterben - auch einschränken, indem der Bedachte den Anspruch
aus dem Vermächtnis nur durchsetzen könne, wenn er sich
zur Übernahme einer Gegenleistung entschließe. Der
Bedachte könne dann den Anspruch aus dem Vermächtnis nur
geltend machen, wenn er die in der letztwilligen Verfügung
vorgesehene Gegenleistung anbiete.
Besonders deutlich sind die Ausführungen
des BGH bereits in dem Urteil vom 30.9.1959 V ZR 66/58, und zwar in
den Teilen, die in der amtlichen Sammlung BGHZ 31, 13 nicht, aber
in NJW 1959, 2252 abgedruckt sind. Danach ist Rechtsgrund der
Übereignungspflicht der Beschwerten die Verfügung von
Todes wegen und Rechtsgrund der Zahlungspflicht die
Verpflichtungserklärung des Vermächtnisnehmers. Werde
aber - so der BGH - der Übereignungsanspruch bereits durch die
letztwillige Verfügung (ohne Zwischenschaltung eines
Kaufvertrages) begründet, so seien die vermachten
Gegenstände selbst und nicht nur das (zur Erfüllung der
Bedingung auszuübende) Gestaltungsrecht Gegenstand des
Vermächtnisses. Denn das Wesen des Vermächtnisses bestehe
gemäß § 2174 BGB in nichts anderem als in der
Begründung eines schuldrechtlichen Anspruchs des Bedachten auf
Leistung des vermachten Gegenstandes, wobei eine Bedingung nicht
entgegenstehe (vgl. § 2177 BGB).
3. Von diesen Grundsätzen ist auch
für die Erbschaftsteuer auszugehen, und zwar mit der
Maßgabe, dass ein Gestaltungsrecht jedenfalls als
maßgeblicher Erwerbsgegenstand ausscheidet. Festzuhalten ist
dagegen für Zwecke der Erbschaftsteuer trotz der
anderslautenden Formulierung des BGH in dem Urteil in NJW 1959,
2252, dass - wie bei einem reinen Sachvermächtnis - auch bei
Übernahme- bzw. Kaufrechtsvermächtnissen, die auf
Grundstücke gerichtet sind, nicht diese Grundstücke,
sondern die Forderungen i.S. des § 2174 BGB auf
Übertragung der Grundstücke den zu bewertenden
Erwerbsgegenstand bilden.
4. Unter dem Gesichtspunkt der Bewertung
derartiger auf Grundstücke gerichteter Forderungen aus
Übernahme- bzw. Kaufrechtsvermächtnissen ändert sich
damit zunächst gegenüber der bisherigen steuerrechtlichen
Beurteilung nichts, sofern es dabei bleibt, dass diese Forderungen
als Sachleistungsansprüche gemäß § 12 Abs. 1
ErbStG i.V.m. § 9 BewG mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind
(vgl. dazu BFH-Urteil vom 15.10.1997 II R 68/95, BFHE 183, 248,
BStBl II 1997, 820 = SIS 98 01 05, m.w.N.). Sollte allerdings die
geänderte Auffassung zum Erwerbsgegenstand bei Übernahme-
und Kaufrechtsvermächtnissen dazu führen, dass sie
für Zwecke der Bewertung den reinen Sachvermächtnissen
gleichzustellen sind, ergäbe sich die Frage, ob die für
die Bewertung von Ansprüchen aus Sachvermächtnissen in
der Vergangenheit gemachte Ausnahme, wonach diese Ansprüche
mit dem Steuerwert der vermachten Sache zu bewerten sind (dazu
BFH-Urteile vom 25.10.1995 II R 5/92, BFHE 179, 148, BStBl II 1996,
97 = SIS 96 04 06, unter II. 1. a, sowie vom 15.3.2000 II R 15/98,
BFHE 191, 403, BStBl II 2000, 588 = SIS 00 08 59, unter II. 2. a),
auf die Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnisse zu
erstrecken ist.
Eine derartige Gleichstellung liegt allerdings
nur bei den Übernahmevermächtnissen nahe, bei denen die
Wahrnehmung der Rechte aus dem Vermächtnis nicht mit der
Verpflichtung verbunden ist, eine Gegenleistung zu erbringen. Sie
liegt dagegen ferner bei den Kaufrechtsvermächtnissen, weil
sich hierbei zwei Rechtsverhältnisse überlagern, die zu
unterschiedlichen Schlussfolgerungen geführt haben. Da ist
zunächst das mit jedem Vermächtnis verbundene
Gegenüber von Sachleistungsanspruch und
Sachleistungsverpflichtung; dazu kommt aber eine über die
aufschiebende Bedingung der Ausübung des Ankaufsrechts
bewirkte Verknüpfung des Sachleistungsanspruchs mit einer
Verpflichtung, dem Beschwerten eine Gegenleistung - in welcher
Höhe auch immer - zu erbringen. Aus Ersterem ist im Hinblick
auf die Tatsache, dass der Beschwerte zugleich Erwerber der Sache
geworden ist, die Notwendigkeit abgeleitet worden,
Sachleistungsansprüche und -verpflichtungen ausnahmsweise mit
dem Steuerwert der Sache zu bewerten, während anhand der
Rechtsverhältnisse aus gegenseitigen Verträgen der
Grundsatz entwickelt worden ist, Ansprüche und Verpflichtungen
mit dem gemeinen Wert zu bewerten.
Welchem der Rechtsverhältnisse unter dem
Gesichtspunkt einer etwaigen bewertungsmäßigen
Gleichstellung der Kaufrechtsvermächtnisse mit den reinen
Sachvermächtnissen der Vorzug zu geben wäre, kann jedoch
auf sich beruhen. Der erkennende Senat hat bereits mit Entscheidung
vom 2.7.2004 II R 9/02 (BFHE 207, 42, BStBl II 2004, 1039 = SIS 04 39 15, unter II. 2. b) Zweifel daran angedeutet, ob an der Ausnahme
für die Bewertung von Ansprüchen und Verpflichtungen aus
Sachvermächtnissen bei Erwerbsvorgängen nach 1995 unter
der Geltung des § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. den §§ 138
ff. BewG über die Bewertung von Grundbesitz noch festzuhalten
ist. Die Zweifel wurden damit begründet, dass die
gemäß § 138 Abs. 5 BewG gesondert festzustellenden
Grundbesitzwerte i.S. der Abs. 2 und 3 der Vorschrift anders als
die bisherigen und für die Grundsteuer noch fortgeltenden
Einheitswerte nicht mehr auf einen (typisierten) gemeinen Wert
gerichtet (vgl. zu den Einheitswerten: BFH-Urteil vom 3.7.1981 III
R 53/79, BFHE 134, 41, BStBl II 1981, 761 = SIS 81 24 10, unter 2.
d), sondern typisierende Werte sind, die ausdrücklich von den
jeweiligen gemeinen Werten abweichen sollen. Als solche stellen sie
in den Fällen, in denen sie tatsächlich die gemeinen
Werte unterschreiten, bewusste Begünstigungen dar, die einer
teilweisen Steuerbefreiung gleichkommen. Von daher erschien es dem
Senat nicht ausgeschlossen, bei den Erben die vermächtnisweise
Verpflichtung zur Herausgabe des Grundstücks als eine mit
diesem wirtschaftlich zusammenhängende Last anzusehen, die
gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 ErbStG nur mit dem Betrag
abzugsfähig ist, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht.
Dadurch würden sich die Ansätze für das
Grundstück und die Sachleistungsverpflichtung bei den Erben
ohnehin vollständig ausgleichen, so dass auf Seiten des
Vermächtnisnehmers kein Grund mehr bestünde, den
Sachleistungsanspruch ausnahmsweise anders zu bewerten als mit dem
gemeinen Wert.
5. Mit Urteil vom 9.4.2008 II R 24/06 (BFH/NV
2008, 1379 = SIS 08 25 77) hat der Senat allerdings entschieden,
aus Gründen des Vertrauensschutzes für die Dauer der
Fortgeltung des ErbStG in allen seinen Fassungen, die es bis zum
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006 1 BvL 10/02
(BVerfGE 117, 1 = SIS 07 06 26) erfahren hat, von einer
Änderung seiner Rechtsprechung zu den Sachvermächtnissen
abzusehen. Einen derartigen Vertrauensschutz kann es aber weder bei
den Kaufrechtsvermächtnissen noch bei den
Übernahmevermächtnissen geben, weil bislang auf Seiten
der Vermächtnisnehmer keine Bewertung mit dem Steuerwert der
Sache, sondern wegen der Annahme eines Gestaltungsrechts als
Erwerbsgegenstand eine Bewertung mit dem gemeinen Wert - also mit
dem Verkehrswert der Sache - erfolgte bzw. (bei einem
Übernahmevermächtnis) hätte erfolgen müssen.
Bei Übernahme- und Kaufrechtsvermächtnissen ist vielmehr
aus den Gründen, wie sie sich aus dem oben zitierten
BFH-Urteil in BFHE 207, 42, BStBl II 2004, 1039 = SIS 04 39 15
ergeben, der Sachleistungsanspruch des Vermächtnisnehmers mit
dem gemeinen Wert zu bewerten.
6. Dies gilt sowohl für
Vermächtnisse, die die Übernahme bzw. den Ankauf von
wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens und
Betriebsgrundstücke betreffen, als auch für solche, die
sich auf wirtschaftliche Einheiten des land- und
forstwirtschaftlichen Vermögens beziehen, obwohl § 138
Abs. 2 BewG im Gegensatz zu Abs. 3 der Vorschrift den Zusatz
„abweichend von § 9 BewG“ nicht enthält. Wenn
schon die Typisierung beim Grundvermögen und bei den
Betriebsgrundstücken erklärtermaßen nicht am Ziel
eines gemeinen Werts ausgerichtet ist, muss dies erst recht
für land- und forstwirtschaftliches Vermögen gelten, bei
dem die Abweichung vom gemeinen Wert regelmäßig noch
größer ausfällt.
Auch die Streichung des Zusatzes
„abweichend von § 9 BewG“ in § 138 Abs. 3
BewG durch das Jahressteuergesetz 2007 vom 13.12.2006 (BGBl I 2006,
2878) führt zu keiner anderen Beurteilung - schon gar nicht
rückwirkend auf den im Streitfall maßgeblichen
Bewertungsstichtag - . Sie vermag an der einmal erfolgten
Ausrichtung der Typisierung nichts zu ändern, vermeidet
lediglich deren weitere Offenlegung und ist auch nicht geeignet,
etwa als Fiktion Rechtswirkung zu entfalten.
7. Damit ist die Revision des Klägers
insoweit unbegründet, als er eine Bewertung seines
vermächtnisweise erworbenen Sachleistungsanspruchs mit dem
Steuerwert (Grundbesitzwert) des Hofes verlangt. Dabei kann auf
sich beruhen, ob das ihn begünstigende Vermächtnis ein
Übernahme- oder ein Kaufrechtsvermächtnis war. Die von
ihm zu übernehmenden Verpflichtungen zur Zahlung einer
Leibrente an die Mutter und die Belastung mit dem Wohnrecht der
Mutter sprechen allerdings für ein Kaufrechtsvermächtnis.
Eine Teilungsanordnung scheidet aus, da B dem übernehmenden
Sohn allein schon wegen des Wertverhältnisses zwischen dem Hof
und dem übrigen Nachlassvermögen einen erheblichen
Vermögensvorteil gegenüber seinen Geschwistern hat
zuwenden wollen. Die Revision des Klägers ist auch in dem
Streitpunkt, zu welchem Anteil ihm der Hof als Erbe - und damit
zusammenhängend als Vermächtnisnehmer - zuzurechnen ist,
unbegründet. Das FA war bei Festsetzung der Erbschaftsteuer
zwar an den gesondert und einheitlich festgestellten
Grundbesitzwert gebunden (§ 182 Abs. 1 der Abgabenordnung),
nicht aber an dessen Zuordnung auf die einzelnen Miterben. Wie der
Senat bereits im Urteil vom 29.11.2006 II R 42/05 (BFHE 215, 529,
BStBl II 2007, 319 = SIS 07 04 72) entschieden hat, kommt der
Zurechnung der wirtschaftlichen Einheit nach § 138 Abs. 5 Satz
2 Nr. 2 BewG keine Bindungswirkung für den
(Erbschaftsteuer-)Folgebescheid zu. Das FA brauchte daher die
fehlerhafte Zuordnung des Hofes auf die vier Söhne des
Erblassers in dem Feststellungsbescheid über den
Grundbesitzwert zu 1/8
nicht zu übernehmen und konnte
stattdessen die zutreffende Erbquote zugrunde legen.
B. Revision des FA
Auch die Revision des FA ist unbegründet.
§ 13a ErbStG ist auch auf den Erwerb begünstigten
Vermögens im Wege eines Sachvermächtnisses anwendbar, wie
sich daraus ergibt, dass nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Vorschrift
allgemein der Erwerb solchen Vermögens von Todes wegen
begünstigt ist (so auch Meincke, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 14. Aufl. 2004, § 13a Rz 6
a; Moench/Weinmann, Erbschaft- und Schenkungsteuer, § 13a Rz
48/49). Dass der Vermächtnisnehmer zunächst nur einen
Anspruch auf die vermachte Sache gegen den mit dem Vermächtnis
Beschwerten erwirbt und nicht unmittelbar vom Erblasser die Sache
selbst, ist dabei unschädlich. Nachdem gemäß den
vorstehenden Ausführungen unter A. Übernahme- und
Kaufrechtsvermächtnisse im Hinblick auf den
Bewertungsgegenstand dem reinen Sachvermächtnis gleichen,
stehen auch dem mit einem Übernahme- oder
Kaufrechtsvermächtnis Bedachten die Begünstigungen des
§ 13a ErbStG zu. Soweit nach R 55 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 der
Erbschaftsteuer-Richtlinien 2003 die Anwendung des § 13a
ErbStG auf reine Sachvermächtnisse beschränkt sein soll,
ist dies zu eng.