Zinserträge auf Vorbehaltszahlungen des Mieters, GewSt des Vermieters: 1. Erzielt ein Grundstücksunternehmen Zinseinkünfte aus der Anlage von Mieterträgen, so handelt es sich um Erträge aus der Nutzung von Kapitalvermögen, die nicht von der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst werden. Das gilt auch für Zinsen aus der Anlage von Mieten, die ein Mieter unter Vorbehalt gezahlt hat und mit deren Rückzahlung aufgrund eines für die Vergangenheit ergangenen Zivilgerichtsurteils gerechnet werden muss. - 2. Die von der Herausgabepflicht nach § 818 BGB bedrohten Zinserträge sind jedoch um Betriebsausgaben in Höhe der wegen der möglichen Zinszahlungsverpflichtung vorgenommenen Zuführungen zu den Rückstellungen zu kürzen. - Urt.; BFH 20.9.2007, IV R 19/05; SIS 08 08 33
I. Gegenstand des Unternehmens der
Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist der
Erwerb, die Verwaltung und Vermietung von Grundstücken und
Erbbaurechten sowie deren Bebauung. Die Klägerin ist u.a.
Eigentümerin/Erbbauberechtigte eines in einem Industriepark
gelegenen Einkaufsmarktes, den sie an eine andere Firma vermietet
hatte. Ab 1989 zahlte die Mieterin einen Teil des Nutzungsentgeltes
ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Im
Jahr 1992 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) die Klägerin
als Vermieterin wegen ungerechtfertigter Bereicherung zur
Rückzahlung von rund 2 Mio. DM nebst 8 v.H. Zinsen seit
Rechtshängigkeit für das Jahr 1989.
Auch für die nachfolgenden Jahre
verklagte die Mieterin die Klägerin auf Rückzahlung der
weiteren Vorbehaltszahlungen jeweils mit einem Zinssatz von
mindestens 8 v.H. Deshalb drohte der Klägerin Ende 1992 neben
der Rückzahlung der Vorbehaltszahlungen in Höhe von ca. 8
Mio. DM die Erstattung von Zinsen hierauf in Höhe von rund 1
Mio. DM. Für 1993 drohten der Klägerin weitere
Zinszahlungsverpflichtungen von mehr als 760.000 DM und für
1994 in Höhe von rund 930.000 DM sowie für 1995 in
Höhe von knapp 1,1 Mio. DM und für 1997 in Höhe von
ca. 1,3 Mio. DM. In den Bilanzen der Jahre 1989 bis 1997 bildete
die Klägerin deswegen Rückstellungen.
In den Jahren 1989 bis 1992 hatte die
Klägerin keine nennenswerten Zinserträge. In den Jahren
1993 bis 1995 (Streitjahre) legte sie die Vorbehaltszahlungen der
Mieterin auf Festgeldkonten an und erzielte Zinserträge in
folgender Höhe:
1993
|
ca.
700.000 DM
|
1994
|
ca.
600.000 DM
|
1995
|
ca.
780.000 DM
|
insgesamt
|
ca.
2.000.000 DM
|
Im Jahr 1994 hob der Bundesgerichtshof
(BGH) die Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zur
erneuten Verhandlung zurück. Mitte 1997 wurde der Rechtsstreit
mit der Mieterin durch einen Vergleich beendet. Danach verblieben
der Klägerin die bisherigen Vorbehaltszahlungen
endgültig.
Die von der Klägerin im Jahre 1997
insgesamt erzielten Kapitalerträge beliefen sich auf ca. 4,6
Mio DM. Davon entfielen ca. 1,3 Mio DM auf die Zeit nach Abschluss
des Vergleichs. Die bis zum Vergleichsabschluss erzielten
Kapitalerträge betrugen mithin ca. 3,3 Mio. DM.
Die Klägerin hat die Zinserträge
in den Jahresabschlüssen gesondert ausgewiesen. In ihren
Gewerbesteuererklärungen beantragte sie die Einbeziehung
dieser Zinserträge bis zum Vergleichsabschluss in die
Gewerbesteuerkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2
des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Der erklärte Gewerbeertrag
der Klägerin belief sich dadurch auf jeweils 0 DM.
Abweichend von den Erklärungen lehnte
der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) bei
Erlass der Gewerbesteuermessbescheide bzw. Gewerbesteuerbescheide
die Einbeziehung der Zinserträge in die
Kürzungsbeträge gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2
GewStG ab. In dem Bescheid über die gesonderte Feststellung
des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997 vom
2.7.1999 nahm das FA sämtliche Zinserträge in Höhe
von ca. 4,6 Mio. DM von der Kürzung gemäß § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG aus.
Zur Begründung ihres Einspruchs trug
die Klägerin vor, es handele sich bei den Zinserträgen
nicht um Erträge aus eigenem frei verfügbarem
Kapitalvermögen, sondern vielmehr um Erträge aus der
Anlage der Vorbehaltszahlungen eines Mieters, welche aufgrund eines
anhängigen Gerichtsverfahrens mit einem
Rückforderungsanspruch behaftet gewesen seien. Während
der Dauer des Rechtsstreits habe sie kein eigenes
Kapitalvermögen gehabt. Sie habe vielmehr nur die
Fruchtziehung aus eigenem Grundbesitzvermögen betreiben
können.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2005, 1954 = SIS 05 43 84 abgedruckt.
Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts
rügt.
Die Klägerin beantragt,
-
|
unter Aufhebung des finanzgerichtlichen
Urteils die Bescheide über den einheitlichen
Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer für 1993 vom
15.5.1998, für 1994 vom 29.4.1998 und für 1995 vom
4.5.1998 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
20.7.2001 dahingehend zu ändern, dass der
Gewerbesteuermessbetrag, die Gewerbesteuer und die Zinsen auf
jeweils 0 DM festgesetzt werden,
|
|
|
-
|
den Bescheid vom 15.5.1998 für 1993
über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages
in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.7.2001
aufzuheben,
|
|
|
-
|
den Bescheid vom 2.7.1999 über die
gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Verlustes auf den
31.12.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.7.2001
dahingehend abzuändern, dass der vortragsfähige
Gewerbeverlust auf den 31.12.1997 in Höhe von 10.293.741 DM
festgesetzt wird, sowie
|
|
|
-
|
die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig
zu erklären.
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -
FGO - ).
Das FG hat die aus der Anlage der
Vorbehaltszahlungen erzielten Zinsen zwar zutreffend den
Einkünften aus der Nutzung von Kapitalvermögen
zugerechnet (nachfolgend unter 1.). Es hat sie indessen zu Unrecht
nicht um Betriebsausgaben in Höhe der wegen der möglichen
Zinszahlungsverpflichtungen nach § 249 Abs. 1 des
Handelsgesetzbuchs (HGB) vorgenommenen Zuführungen zu den
Rückstellungen gekürzt (nachfolgend unter 2.).
1. Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus,
dass die streitigen Zinsen bei der Klägerin Betriebseinnahmen
darstellten. Sie waren nicht etwa wegen des Herausgabeanspruchs der
Mieterin nach § 818 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(BGB) dieser unmittelbar zuzurechnen. Soweit das Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30.4.1991 VIII R 38/87 (BFHE 164, 357,
BStBl II 1991, 574 = SIS 91 14 05) eine solche unmittelbare
Zurechnung beim Bereicherungsanspruchsberechtigten für
sachgerecht gehalten hat, ist zu berücksichtigen, dass es in
dieser Entscheidung um die Zurechnung von
Überschusseinkünften i.S. des § 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis
7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ging und dass bei Erlass des
angefochtenen Bescheides feststand, dass die Zinsen an den
Anspruchsberechtigten herauszugeben waren. Diese Umstände
liegen im Streitfall nicht vor. Auch die Beteiligten gehen
übereinstimmend davon aus, dass einkommensteuerrechtlich die
Vereinnahmung der streitigen Zinsen seitens der Klägerin durch
Bildung einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten
(§ 249 Abs. 1 HGB) zu neutralisieren ist. Die dem Rechtsstreit
zugrunde liegende Problematik beruht vielmehr darauf, dass nach
Auffassung der Beteiligten diese Möglichkeit der
Neutralisierung nicht auf die Gewerbesteuer durchschlägt, weil
die Zuführungen zu den Rückstellungen dem
Teilgewerbeertrag „Nutzung des eigenen
Grundbesitzes“ zuzurechnen sind. Die Klägerin meint
daher, die Zinserträge müssten von der erweiterten
Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst werden. Das
ist indessen nicht der Fall.
a) Die erweiterte Kürzung nach § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG kann nur für den Teil des Gewerbeertrags
in Anspruch genommen werden, der „auf die Verwaltung und
Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt“. Diese
Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, weil sich die
Zinsen als Erträge aus der Nutzung von Kapitalvermögen
darstellen. Die Nutzung von Kapitalvermögen ist zwar in §
9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ebenfalls erwähnt, sie spielt aber nur
insoweit eine Rolle, als sie - anders als die in § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG nicht ausdrücklich genannten Einkünfte -
der erweiterten Kürzung um die Erträge aus der Nutzung
des Grundbesitzes nicht entgegensteht.
b) Dass Zinserträge nicht von der
erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags gemäß §
9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst werden, gilt unabhängig davon,
welche objektiven Sachzwänge oder subjektiven Gründe der
Kapitalanlage zugrunde liegen (BFH-Urteil vom 15.3.2000 I R 69/99,
BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355 = SIS 00 08 92). Dementsprechend
hat die Rechtsprechung die Einbeziehung von Zinsen in die
erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags nach § 9 Nr. 1 Satz
2 GewStG auch dann abgelehnt, wenn die Einkünfte aus der
Anlage vereinnahmter Mietüberschüsse resultieren und die
Anlage vorgenommen worden ist, um Grundstücksdarlehen tilgen
zu können (BFH-Urteil in BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355 =
SIS 00 08 92), oder wenn die Zinsen aus einem Guthaben
herrühren, das der Bestreitung regelmäßig
wiederkehrender oder einmaliger Aufwendungen für die Erhaltung
des Grundbesitzes dient (FG Berlin, Urteil vom 14.1.1998 6 K
6419/95, EFG 1998, 1145, bestätigt durch BFH-Beschluss
gemäß Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Entlastung des
Bundesfinanzhofs - jetzt § 126a FGO - vom 28.3.2000 VIII R
38/98, nicht veröffentlicht - n.v. - ).
c) Die Einbeziehung von Zinsen in die
erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
lässt sich im Streitfall auch nicht damit rechtfertigen, dass
die Zinsen aus der Anlage von Mietzahlungen herrührten, die
die Mieterin unter Vorbehalt geleistet und auf deren
Rückzahlung sie die Klägerin verklagt hatte. Zwar ist es
richtig, dass die Klägerin im Falle des endgültigen
Unterliegens den Rückzahlungsbetrag zu verzinsen hatte (§
291 BGB). Nachdem sie - nach Ergehen des OLG-Urteils - mit der
verzinslichen Anlage der Vorbehaltszahlungen begonnen hatte,
schuldete sie die Herausgabe der erlangten Zinsen auch nach §
818 Abs. 1 BGB (Herausgabe der gezogenen Nutzungen). Das
ändert jedoch nichts daran, dass auch die unter Vorbehalt
gezahlten Mieten bei ihrem Eingang auf dem Bankkonto der
Klägerin Kapitalvermögen wurden (BFH-Urteil vom
18.11.1980 VIII R 194/78, BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510 = SIS 81 18 06, unter 2.d der Gründe). Bei der verzinslichen Anlage
der Mieterträge handelt es sich - unter dem Blickwinkel des
Teilgewerbeertrags „Nutzung eigenen
Grundbesitzes“ - um Einkommensverwendung (BFH-Urteil in
BFHE 191, 382, BStBl II 2000, 355 = SIS 00 08 92).
d) Nach ständiger Rechtsprechung und
einhelliger Meinung im Schrifttum ist der Begriff
„Grundbesitz“ in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
ebenso wie in Satz 1 dieser Bestimmung im (gegenüber dem
Einkommensteuerrecht engeren) bewertungsrechtlichen Sinne zu
verstehen (vgl. BFH-Urteile vom 22.6.1977 I R 50/75, BFHE 122, 534,
BStBl II 1977, 778 = SIS 77 04 33, unter 1. der Gründe; vom
22.8.1990 I R 66/88, BFHE 162, 437, BStBl II 1991, 249 = SIS 91 07 24, und vom 26.2.1992 I R 53/90, BFHE 167, 557, BStBl II 1992, 738
= SIS 92 16 23, unter II.1.a der Gründe; FG Berlin, Urteil in
EFG 1998, 1145, bestätigt durch BFH-Beschluss vom 28.3.2000
VIII R 38/98, n.v.; Blümich/Gosch, § 9 GewStG Rz 64;
Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6. Aufl., § 9
Nr. 1 Rz 21; Stäuber in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz,
§ 9 Nr. 1 Rz 106). Dass der Begriff des Grundbesitzes im
bewertungsrechtlichen Sinne zu verstehen ist, ist auf den Zweck des
§ 9 Nr. 1 GewStG zurückzuführen. § 9 Nr. 1
GewStG dient der Vermeidung einer Doppelbelastung von Grundbesitz
innerhalb der Realsteuern durch Gewerbesteuer und Grundsteuer. Ein
Unterschied zwischen den Kürzungsbestimmungen des § 9 Nr.
1 Satz 1 GewStG einerseits und § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
andererseits besteht nur insoweit, als § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG
lediglich zu einer Verminderung der Doppelbelastung von Grundbesitz
mit Grund- und Gewerbesteuer führt, wohingegen § 9 Nr. 1
Satz 2 GewStG die Doppelbelastung in vollem Umfang vermeidet,
allerdings nur für Grundstücksunternehmen und im Rahmen
der gesetzlichen Voraussetzungen (BFH-Urteile vom 3.8.1972 IV R
235/67, BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799 = SIS 72 04 62, unter
II.3 der Gründe, und in BFHE 167, 557, BStBl II 1992, 738 =
SIS 92 16 23, letzter Absatz der Gründe; Blümich/Gosch,
§ 9 GewStG Rz 45). Bei Erträgen, die nicht auf die
Nutzung und Verwaltung von Grundbesitz im bewertungsrechtlichen
Sinne zurückzuführen sind, ist eine Doppelbelastung durch
Grundsteuer und Gewerbesteuer nicht zu befürchten
(Senatsurteil in BFHE 106, 331, BStBl II 1972, 799 = SIS 72 04 62,
unter II.3. der Gründe; Hofbauer, DStR 1972, 715, 717;
Voßkuhl/Zuschlag, FR, 2002, 616, 618, unter 3.b). Der Begriff
des Grundvermögens im bewertungsrechtlichen Sinne ergibt sich
aus § 68 des Bewertungsgesetzes (BewG). Guthaben auf
Girokonten und Geldanlagen werden von dieser Vorschrift - wie die
Klägerin einräumt - nicht erfasst.
e) Deckt sich infolge der Maßgeblichkeit
des (engeren) bewertungsrechtlichen Begriffs des
Grundvermögens die Zurechnung von Einnahmen zu den in § 9
Nr. 1 Satz 2 GewStG genannten Teilgewerbeerträgen nicht in
jeder Hinsicht mit der Zurechnung zu den einkommensteuerrechtlichen
Einkunftsarten, so lassen sich auch aus dem in § 20 Abs. 3
EStG normierten Vorrang der Vermietungseinkünfte vor den
Kapitaleinkünften keine von den vorstehenden Erwägungen
abweichenden Erkenntnisse gewinnen. Aus diesem Grund ist auch die
Rechtsprechung, derzufolge Bausparzinsen einkommensteuerrechtlich
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung darstellen (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 9.11.1982 VIII R 188/79, BFHE 137, 300, BStBl II
1983, 172 = SIS 83 04 06; ähnlich BFH-Urteil vom 21.6.1994 IX
R 57/89, BFH/NV 1995, 106 = SIS 95 06 06) nicht einschlägig.
Auch § 20 Abs. 1 der
Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) lässt
sich nichts anderes entnehmen, da dort lediglich hinsichtlich der
Zugehörigkeit des Grundbesitzes zum Betriebsvermögen -
und mithin gerade nicht hinsichtlich der Definition des
Grundbesitzes - auf die Vorschriften des Einkommensteuerrechts
verwiesen wird. Schließlich würde die von der
Klägerin vertretene Auffassung dazu führen, dass die
Zuordnung der Zinsen zum Teilgewerbeertrag „Nutzung
eigenen Grundbesitzes“ enden müsste, sobald
feststeht, dass die Mietzahlungen beim Empfänger
verbleiben.
2. Entgegen der in der Einspruchsentscheidung
vertretenen Ansicht des FA (der die Klägerin unter
Zugrundelegung der von ihr vertretenen Zuordnung der Zinseinnahmen
zum Teilgewerbeertrag „Nutzung eigenen
Grundbesitzes“ zugestimmt hat) sind die streitigen
Zinseinnahmen um Betriebsausgaben in Höhe der wegen der
möglichen Zinszahlungsverpflichtungen vorgenommenen
Zuführungen zu den Rückstellungen (§ 249 Abs. 1 HGB)
zu kürzen.
a) Bei dem aus dem Kürzungsbetrag
auszuscheidenden Betrag handelt es sich um einen
„Nettobetrag“; denn wenn nach § 7 GewStG
unter „Gewerbeertrag“ die Differenz zwischen
gewerblichen Einnahmen und Aufwendungen zu verstehen ist, kann
für einen zu ermittelnden Teilbetrag dieser
Ausgangsgröße nichts anderes gelten. Grundsätzlich
sind daher bei dem zu ermittelnden Teilbetrag die nicht auf die
Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes entfallenden Einnahmen
um die auf sie entfallenden Ausgaben zu mindern (FG Berlin, Urteil
in EFG 1998, 1145; Voßkuhl/Zuschlag, FR 2002, 616, 619). Die
Zuweisung der Ausgaben zu den jeweiligen Teilgewerbeerträgen
richtet sich in einer Parallelwirkung zu den
einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen nach dem
Veranlassungszusammenhang (BFH-Urteil vom 19.10.2005 I R 37/05,
BFH/NV 2006, 810 = SIS 06 15 91, unter II.2. der Gründe).
b) Im Streitfall besteht ein solcher
Veranlassungszusammenhang zwischen den Zuführungen zu den
Rückstellungen und den streitigen Zinseinnahmen insofern, als
die mögliche Verpflichtung der Klägerin zur Herausgabe
der streitigen Zinserträge auf § 818 Abs. 1 BGB beruhte.
Die Klägerin war vom OLG zur Herausgabe der unter Vorbehalt
gezahlten Mieten nach § 812 BGB verurteilt worden. Wenn sie
die unter Vorbehalt gezahlten Beträge zinsbringend anlegte,
war sie demzufolge im Falle des endgültigen Unterliegens zur
Herausgabe des Erlangten verpflichtet. Der Umstand, dass die
Bildung der Rückstellung für die drohende
Zinszahlungsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt des § 291
BGB (Prozesszinsen) auch ohne zinsbringende Anlage der
Mietzahlungen geboten gewesen wäre, ändert hieran nichts.
Zwar hat der BFH entschieden, dass Prozesszinsen keine
Werbungskosten oder negativen Einnahmen in Bezug auf Zinseinnahmen
sind, die der Steuerpflichtige durch die Anlage des aufgrund des
Prozesses zurückzuzahlenden Betrages (Hauptschuld) erzielt hat
(BFH-Urteil vom 10.10.1995 VIII R 56/91, BFH/NV 1996, 304 = SIS 96 06 01, unter III. der Gründe). Er hat diesen Fall jedoch
ausdrücklich von den Fällen abgegrenzt, in denen der
Gläubiger einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach
§ 818 Abs. 1 BGB hatte (BFH-Urteil in BFHE 164, 357, BStBl II
1991, 574 = SIS 91 14 05). Stehen Aufwendungen mit mehreren
Einkunftsarten in einem objektiven Zusammenhang, so sind sie bei
der Einkunftsart zu berücksichtigen, zu der sie nach Grund und
Wesen die engere Beziehung haben (BFH-Urteile vom 3.12.1982 VI R
228/80, BFHE 137, 564, BStBl II 1983, 467 = SIS 83 09 33, unter 5.
der Gründe, und vom 17.7.1992 VI R 125/88, BFHE 169, 148,
BStBl II 1993, 111 = SIS 92 23 34). Das gilt jedenfalls dann, wenn
- anders als beispielsweise bei der Nutzung eines Wirtschaftsgutes
für zwei Betriebe des Steuerpflichtigen - eine Aufteilung im
Schätzungswege nicht in Betracht kommt (FG Berlin, Urteil in
EFG 1998, 1145). Beruht die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen
darauf, dass sich die Verpflichtung zur Herausgabe rechtsgrundlos
erlangter Mietzahlungen auf die gezogenen Nutzungen erstreckt
(§ 818 Abs. 1 BGB), so besteht eine engere Beziehung zur
Erzielung der Zinserträge als zur Nutzung des Grundbesitzes.
Das ergibt sich aus der auch dem BFH-Urteil in BFHE 164, 357, BStBl
II 1991, 574 = SIS 91 14 05 zugrunde liegenden Wertung, derzufolge
Zinsen, die der ungerechtfertigt Bereicherte nach § 818 Abs. 1
BGB herauszugeben hat, lediglich vom Anspruchsberechtigten zu
versteuern sind (vgl. auch Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 26. Aufl.,
§ 20 Rz 14). Zwar ist dieses Urteil insoweit auf Kritik
gestoßen, als es die Zurechnung der Einnahmen beim
Anspruchsberechtigten auf eine „Vereinbarung nach §
101 BGB“ gestützt hat (vgl. z.B. Seibold, DStR 1991,
1273; Heinicke, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft Bd. 10, 99,
125 f., sowie den ab 1994 geltenden § 20 Abs. 2a EStG).
Für den Bereich der Gewinneinkünfte i.S. des § 2
Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG steht jedoch ohnehin fest, dass die
Zinszahlungen des ungerechtfertigt Bereicherten bei ihm
Betriebsausgaben darstellen und beim Anspruchsberechtigten zu
Betriebseinnahmen führen (Schön, BB 1991, 1548). Es ist
nur konsequent, diese Wechselwirkung mit dem Ziel der
Einmalbesteuerung auch auf die Gewerbesteuer zu erstrecken, indem
die Verpflichtung zur Herausgabe der Zinsen ebenso dem
Teilgewerbeertrag „Kapitalnutzung“ zugerechnet
wird wie es die Zinserträge werden. Der Teilgewerbeertrag
„Kapitalnutzung“ erhöht sich, wenn sich
später herausstellt, dass die Rückstellung ganz oder
teilweise aufzulösen ist, weil keine ungerechtfertigte
Bereicherung vorliegt oder weil die Bereicherung teilweise
weggefallen ist (§ 818 Abs. 3 BGB).
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das
FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe
die Klägerin Rückstellungen wegen drohender Zinszahlungen
gebildet hat.