Grundsteuererlass, strukturelle Ertragsminderung: 1. Eine Ertragsminderung, die das nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG erforderliche Ausmaß erreicht, führt auch dann zu einem Grundsteuererlass, wenn sie strukturell bedingt und nicht nur vorübergehender Natur ist. - 2. Bei bebauten Grundstücken i.S. des § 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG ist für die Berechnung der Ertragsminderung zunächst danach zu unterscheiden, ob die von der Ertragsminderung betroffenen Räume/Raumeinheiten zu Beginn des Erlasszeitraums leer standen oder - wenn auch verbilligt - vermietet waren. - 3. Bei zu diesem Zeitpunkt leer stehenden Räumen bildet die übliche Miete die Bezugsgröße, an der die Ertragsminderung zu messen ist. Bei den vermieteten Räumen bildet die vereinbarte Miete diese Bezugsgröße, solange die Miete nicht um mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete abweicht. - 4. Ist die Ertragsminderung durch einen Leerstand bedingt, hat sie der Steuerpflichtige nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. - Urt.; BFH 24.10.2007, II R 5/05; SIS 08 04 24
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine
vermögensverwaltende KG, erstellte 1994 auf einem eigenen
Grundstück in Berlin nach einer vorausgegangenen Markt- und
Standortanalyse ein Bürogebäude, das zur
vollständigen Vermietung an verschiedene Mieter bestimmt war.
Das Gebäude weist eine Bürofläche von 22.257 qm,
Lagerräume von 461 qm und eine Tiefgarage mit 320
Stellplätzen auf. Das Grundstück ist zum 1.1.1995 im
Ertragswertverfahren als Geschäftsgrundstück bewertet
worden. Eine ursprünglich zusätzliche Feststellung,
wonach es sich um ein Betriebsgrundstück handele, ist auf
einen Einspruch der Klägerin hin aufgehoben worden. Der
Grundsteuermessbetrag ist zum 1.1.1995 auf DM festgesetzt worden.
Dies ergab für 1998 eine Grundsteuer von DM, die
gemäß § 27 Abs. 3 des Grundsteuergesetzes (GrStG)
durch öffentliche Bekanntmachung festgesetzt wurde.
Im März 1999 beantragte die
Klägerin, die Grundsteuer 1998 gemäß § 33 Abs.
1 GrStG in Höhe von 32,09 v.H., nämlich in Höhe
eines Teilbetrages von DM, zu erlassen, da das Gebäude
teilweise leer stehe und die Mieten für die vermieteten
Flächen hinter der ortsüblichen Miete weit
zurückblieben. Den zu erlassenden Steueranteil hatte die
Klägerin auf der Grundlage einer üblichen Miete von 25
DM/qm für die Büroräume, 10 DM/qm für die
Lagerräume und 150 DM für die Stellplätze wie folgt
berechnet:
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25 DM x 22.257 x 12 =
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6.677.100 DM
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10 DM x 461 x 12 =
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55.320 DM
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150 DM x 320 x 12 =
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576.000 DM
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7.308.420 DM
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(100,00 v.H.)
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./. erzielte Jahresmiete
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4.377.075 DM
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(59,89 v.H.)
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Ertragsminderung
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2.931.345 DM
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(40,11 v.H.)
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2. 4/5 von 40,11 v.H. ergeben 32,09
v.H.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) lehnte einen Erlass mit Verfügung vom
9.12.1999 und Einspruchsentscheidung vom 3.7.2000 ab, da die
Leerstände und niedrigen Mieten nicht durch atypische
Umstände, sondern strukturell bedingt und überdies nicht
vorübergehend, sondern von Dauer seien. Außerdem habe
die Klägerin nicht nachgewiesen, die Vermietungsobjekte
„erheblich unter der üblichen Miete angeboten“ zu
haben.
Auch die daraufhin erhobene Klage blieb
erfolglos (vgl. SIS 07 18 67). Zur Begründung hatte die
Klägerin vorgetragen, trotz umfangreicher
Vermietungsbemühungen, bei denen sie die geforderte Miete auf
21 DM/qm herabgesetzt habe, habe sie im Jahr 1998 nur
Büromieten von 22 DM/qm erzielen können und seien 8.111
qm (36,44 v.H.) der gesamten Bürofläche sowie 157
Stellplätze (49,06 v.H.) gar nicht zu vermieten gewesen. Der
Leerstand habe dabei nicht immer dieselben Räume
betroffen.
Das Finanzgericht (FG) nahm an, der normale
Rohertrag sei im Wege eines Fremdvergleichs danach zu bestimmen,
was andere Objekte vergleichbarer Beschaffenheit erbrächten.
Dazu bräuchten jedoch keine weiteren Feststellungen getroffen
zu werden, weil ein Erlass nur bei atypischen Fallgestaltungen in
Betracht komme und eine solche im Streitfall nicht vorliege. Im
Übrigen habe die Klägerin die Ertragsminderung zu
vertreten. Sie habe ihre Gewerberäume zu einer
überhöhten Miete von 21 DM/qm angeboten und damit den
teilweisen Leerstand selbst verursacht. Angesichts der
Aussichtslosigkeit einer Vollvermietung zu diesem Mietpreis sei ihr
zuzumuten gewesen, die Mietforderungen auf den Betrag
herabzusetzen, den die Mietinteressenten zu bezahlen bereit gewesen
seien. Bei der als Objektsteuer ausgestalteten Grundsteuer obliege
es dem Grundstückseigentümer, „auch den
geringstmöglichen Ertrag aus dem Objekt zu
erzielen“.
Mit der Revision rügt die
Klägerin eine fehlerhafte Anwendung des § 33 Abs. 1
GrStG. Das FG habe zu Unrecht angenommen, sie, die Klägerin,
habe die Minderung des Rohertrags zu vertreten. Vielmehr sei der
teilweise Leerstand nicht zu verhindern gewesen, obwohl sie Mieten
von nur noch 21 DM/qm verlangt habe und damit unter der
üblichen Miete geblieben sei. Angesichts des
Angebotsüberhangs bei Büroräumen hätten sich
einfach nicht genügend Mieter gefunden. Im Übrigen wendet
sich die Klägerin gegen die Rechtsprechung der
Verwaltungsgerichte, wonach strukturbedingte Mietausfälle
für veränderte Wertverhältnisse sprächen, denen
erst bei einer neuen Hauptfeststellung Rechnung zu tragen
sei.
Die Klägerin beantragt, unter
Aufhebung der Vorentscheidung, der Ablehnungsverfügung vom
9.12.1999 sowie der Einspruchsentscheidung vom 3.7.2000 das FA zu
verpflichten, die Grundsteuer 1998 in Höhe eines Teilbetrages
von DM zu erlassen.
Das FA ist der Revision
entgegengetreten.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
sowie die Senatsverwaltung für Finanzen (SVF), Berlin, sind
dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten.
II. Die Revision ist begründet. Das
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat seine Rechtsprechung, wonach
in Fällen strukturell bedingter Ertragsminderungen von
gewisser Dauer ein Grundsteuererlass gemäß § 33
Abs. 1 GrStG nicht in Betracht komme, durch Beschluss vom 24.4.2007
BVerwG GmS-OGB 1/07 (Zeitschrift für Kommunalfinanzen - ZKF -
2007, 211 = SIS 07 24 79) aufgegeben und sich der abweichenden
Ansicht des erkennenden Senats (Beschlüsse vom 13.9.2006 II R
5/05, BFHE 213, 390, BStBl II 2006, 921 = SIS 06 42 34 sowie vom
26.2.2007 II R 5/05, Leitsatz, BStBl II 2007, 469 = SIS 07 10 75)
angeschlossen. Damit sind alle Differenzierungen nach typischen
oder atypischen, nach strukturell bedingten oder nicht strukturell
bedingten, nach vorübergehenden oder nicht
vorübergehenden Ertragsminderungen und nach den verschiedenen
Möglichkeiten, diese Merkmale zu kombinieren, hinfällig.
Da das FG noch von der früheren Rechtsauffassung des BVerwG
ausgegangen und auch der Alternativbegründung des FG, wonach
die Klägerin die Ertragsminderung zu vertreten habe, nicht zu
folgen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das
FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Ist bei bebauten Grundstücken der
normale Rohertrag um mehr als 20 v.H. gemindert und hat der
Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten, so
wird die Grundsteuer gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG
in Höhe des Prozentsatzes erlassen, der vier Fünfteln des
Prozentsatzes der Minderung entspricht. Unter dem normalen
Rohertrag eines bebauten Grundstücks, dessen Wert im
Ertragswertverfahren zu ermitteln ist, ist gemäß §
33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 GrStG die Jahresrohmiete zu verstehen, die
bei einer Hauptfeststellung auf den Beginn des Erlasszeitraums -
d.h. des Kalenderjahres, für das die jahresweise zu erhebende
und ggf. zu erlassende Steuer festgesetzt worden ist -
maßgebend wäre. Jahresrohmiete wiederum ist
gemäß § 79 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) das
Gesamtentgelt, das der Mieter (Pächter) für die Benutzung
des Grundstücks aufgrund vertraglicher Vereinbarungen nach dem
Stand im Feststellungszeitpunkt für ein Jahr zu entrichten
hat. Ist das Grundstück oder sind Teile desselben
eigengenutzt, ungenutzt - d.h. auch leer stehend -, zu
vorübergehendem Gebrauch oder unentgeltlich überlassen,
gilt gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BewG als
Jahresrohmiete die übliche Miete, die gemäß Abs. 2
Satz 2 der Vorschrift in Anlehnung an die für Räume
gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung
regelmäßig gezahlte Jahresrohmiete zu schätzen ist.
Die übliche Miete gilt gemäß § 79 Abs. 2 Satz
1 Nr. 2 BewG auch dann als Jahresrohmiete, wenn die Räume
für eine um mehr als 20 v.H. von der üblichen Miete
abweichende Miete vermietet sind.
a) Damit gibt es zwei mögliche
Bezugsgrößen, an denen eine etwaige Ertragsminderung zu
messen ist, nämlich zum einen die vereinbarte Jahresrohmiete
und zum anderen die übliche Miete, und zwar jeweils vom Beginn
des Erlasszeitraums. Dass diese durch § 79 Abs. 1 und 2 BewG
vorgegebene Unterscheidung der Bezugsgrößen im Rahmen
der Einheitsbewertung des Grundvermögens bei Fortschreibungen
oder Nachfeststellungen keine Rolle mehr spielt und stattdessen
durchgehend auf die übliche Miete zum
Hauptfeststellungszeitpunkt abgestellt wird, ist in der
Unmöglichkeit begründet, die tatsächlich erzielten
Mieten vom Fortschreibungs- bzw. Nachfeststellungszeitpunkt auf die
Mieten nach den Wertverhältnissen vom
Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 zurückzurechnen (dazu
Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 15.10.1986 II R 230/81,
BFHE 148, 174, BStBl II 1987, 201 = SIS 87 03 12, sowie
Rössler/Troll, Bewertungsgesetz, Kommentar, Stand Februar
2007, § 79 Rz 103). Die Notwendigkeit einer derartigen
Rückrechnung entfällt aber bei Anwendung des § 33
GrStG, soweit in dessen Abs. 1 Satz 3 der Beginn des
Erlasszeitraums als Hauptfeststellungszeitpunkt fingiert wird.
b) Diese unterschiedlich definierten
Jahresrohmieten für tatsächlich vermietete Räume
einerseits und leer stehende Räume andererseits führen zu
unterschiedlichen Bezugsgrößen für die Berechnung
des Ausmaßes einer Ertragsminderung. Hat der
Grundstückseigentümer zu Beginn des Erlasszeitraums einer
schwachen Mieternachfrage bereits durch geringere Mietforderungen
Rechnung getragen und auf diese Weise einen Teil seiner
Räumlichkeiten vermieten können, ohne mehr als 20 v.H.
von der üblichen Miete abgewichen zu sein, bilden die
tatsächlich vereinbarten Mieten für diese Räume die
Bezugsgröße, so dass nur noch Veränderungen der
tatsächlich vereinnahmten Mieten (Abschn. 40 Abs. 4 der
Grundsteuer-Richtlinien 1978 - GrStR - ) während des
Erlasszeitraums von Bedeutung sein können und die
erforderliche mehr als 20%ige Ertragsminderung an der ohnehin schon
geminderten Bezugsgröße zu messen ist.
Geht es um eine Ertragsminderung wegen leer
stehender Räume, und zwar wegen solcher, die bereits zu Beginn
des Erlasszeitraums leer gestanden haben, bildet die übliche
Miete die Bezugsgröße. Die übliche Miete zu Beginn
des Erlasszeitraums ist aber nicht die Durchschnittsmiete, die
für die vermieteten Teile vereinbart werden konnte, sondern
eine in Anlehnung an die Miete für Räume gleicher Art,
Lage und Ausstattung zu schätzende Miete. In Zeiten mangelnder
Nachfrage und infolgedessen nachgebender Mieten treffen aber noch
zu besseren Zeiten gezahlte Mieten für vergleichbare
Räume in schon länger vorhandenen Gebäuden mit
geringeren Mieten für neu auf den Markt gekommene Objekte
zusammen. Beide Mieten gehen in die gemäß § 33 Abs.
1 Satz 3 Nr. 2 GrStG i.V.m. § 79 Abs. 2 BewG auf den Beginn
des Erlasszeitraums zu schätzende übliche Miete für
vergleichbare Räume ein. Dies kann zu einer höheren
Bezugsgröße als derjenigen führen, die sich aus den
zu Beginn des Erlasszeitraums tatsächlich vereinbarten Mieten
für die vermieteten Teile eines neu auf den Markt gekommenen
(Büro-)Gebäudes ergibt, sofern diese Mieten nicht mehr
als 20 v.H. von der üblichen Miete abweichen.
Daraus folgt zum einen, dass leer stehende
Räume, für die die übliche Miete die
Bezugsgröße darstellt, nur solche Räume sein
können, die zu Beginn des Erlasszeitraums leer gestanden
haben, und zum anderen, dass die nicht mehr als 20 v.H. von der
üblichen Miete abweichenden Mieten für zu Beginn des
Erlasszeitraums vermietete Räume auch dann die
Bezugsgröße bleiben, wenn die Räume im Verlauf des
Erlasszeitraums in einen Leerstand übergehen.
c) Der Summe dieser solchermaßen
bestimmten Bezugsgrößen ist der tatsächlich
erzielte Rohertrag gegenüberzustellen (vgl. Urteil des
Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.9.2001 1 Q 26/01,
NVwZ Rechtsprechungs-Report 2002, 885; Abschn. 40 Abs. 1 Satz 1
GrStR 1978, sowie Drosdzol in Kommunale Steuer-Zeitschrift - KStZ -
2001, 183). Unterschreitet er die Bezugsgröße um mehr
als 20 v.H., hat der Steuerschuldner einen Anspruch auf
Grundsteuererlass in der in § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG
vorgesehenen Höhe, sofern weder der Steuerschuldner die
Ertragsminderung zu vertreten hat noch der Ausnahmetatbestand des
§ 33 Abs. 5 GrStG erfüllt ist (vgl. dazu BFH-Urteil vom
10.8.1988 II R 10/86, BFHE 153, 571, BStBl II 1989, 13 = SIS 88 21 08).
aa) Der Steuerpflichtige hat die
Ertragsminderung, soweit sie durch einen Leerstand bedingt ist,
dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung
der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins
bemüht hat (so Urteil des BVerwG vom 6.9.1984 8 C 60/83, KStZ
1985, 11; vgl. auch Abschn. 38 Abs. 4 Satz 1 und 2 GrStR 1978).
Auch im Falle eines Überangebots auf dem betreffenden
Marktsegment kann vom Steuerpflichtigen nicht verlangt werden, sich
den unteren Rand der Mietpreisspanne zu eigen zu machen (so aber
wohl Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7.3.2005 5
UE 3009/02, Die öffentliche Verwaltung 2005, 785). Es reicht
aus, dass die Räumlichkeiten dem Markt zur Verfügung
stehen und nachhaltig zu einer Miete innerhalb der Spanne eines
marktgerechten Mietzinses angeboten worden sind. Ein weiterer
Inhalt kommt dem Tatbestandsmerkmal des Nichtvertretenmüssens
nicht zu. Daher ist auch ohne Bedeutung, ob und wie lange bei neuen
Mietobjekten mit Anlaufschwierigkeiten zu rechnen ist und was zum
Unternehmerrisiko eines Vermieters gehört. § 33 GrStG ist
keine Lenkungsnorm. Soweit in Abschn. 38 Abs. 4 a GrStR 1978 von
einem Unternehmerrisiko die Rede ist, betrifft dies nicht
vermietete oder zur Vermietung vorgesehene Grundstücke,
sondern eigengewerblich genutzte Grundstücke i.S. des §
33 Abs. 2 GrStG. Es liegt auf der Hand, dass die eigengewerbliche
Nutzung dabei nicht aus der Vermietungstätigkeit bestehen
kann.
bb) Nach § 33 Abs. 5 GrStG ist eine
Ertragsminderung dann kein Erlassgrund, wenn sie für den
Erlasszeitraum durch Fortschreibung des Einheitswerts
berücksichtigt werden kann oder bei einem rechtzeitigen Antrag
auf Fortschreibung hätte berücksichtigt werden
können. Dieses weitere Hindernis für einen Erlass
gemäß § 33 Abs. 1 GrStG, das sich aus Abs. 5 der
Vorschrift ergibt, scheidet bei Ertragsminderungen infolge
schwacher Nachfrage schon deshalb aus, weil eine Fortschreibung
gemäß § 22 Abs. 1 BewG wegen der
Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse zum
Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 eine Änderung der
tatsächlichen Verhältnisse voraussetzt. Die Marktlage
betrifft aber die Wertverhältnisse.
2. Da das FG die Klage noch mit der
Begründung abgewiesen hat, die geltend gemachte
Ertragsminderung sei nicht atypisch, sondern strukturell bedingt,
und es überdies das „Vertreten“ i.S. des
§ 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG anders als oben dargelegt verstanden
hat, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht
spruchreif.
a) Zunächst entspricht der Erlassantrag
der Klägerin nicht den zu II.1. a) und b) entwickelten
Grundsätzen, soweit die Ertragsminderung ausschließlich
an der üblichen Miete zu Beginn des Erlasszeitraums gemessen
werden soll. Der etwa zu erlassende Steuerbetrag lässt sich
nicht dergestalt ermitteln, dass ein nach der üblichen Miete
berechneter „Sollertrag“ des ganzen
Gebäudes als Bezugsgröße festgestellt wird, von dem
dann die im Erlasszeitraum tatsächlich erzielten Mieten
abgezogen werden. Vielmehr sind zunächst sämtliche
Räume des zur Vermietung bestimmten Gebäudes danach zu
unterteilen, ob sie zu Beginn des Erlasszeitraums vermietet waren
oder leer standen. Nur für letztere Gruppe bildet die
übliche Miete die Bezugsgröße. Für die erste
Gruppe bemisst sich eine Ertragsminderung an den zu Beginn des
Erlasszeitraums tatsächlich vereinbarten Mieten, sofern diese
die übliche Miete nicht um mehr als 20 v.H. unterschreiten.
Der Klägerin ist gemäß § 76 Abs. 2 FGO
Gelegenheit zu geben, ihren Erlassantrag diesen Erfordernissen
anzupassen. Ggf. wird das FG Feststellungen zur Höhe der
üblichen Miete für die Räumlichkeiten zu treffen
haben, die zu Beginn des Erlasszeitraums leer standen.
b) Sollten der angepasste Erlassantrag und die
nachzuholenden Feststellungen zur üblichen Miete eine
Ertragsminderung von nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG
rechtserheblichem Ausmaß ergeben, hätte die
Klägerin diese nur zu vertreten, wenn sie sich nicht
nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins
bemüht hätte. Die dazu erforderlichen Feststellungen sind
nachzuholen. Sie sind nicht aus den vom FG angenommenen
Gründen entbehrlich. Den Ausführungen des FG, die
Klägerin habe die Ertragsminderung bereits deshalb zu
vertreten, weil sie ihre Mietforderungen nicht so weit
heruntergeschraubt habe, bis ein Mieter zu finden gewesen sei, kann
nicht gefolgt werden. Dieses Argument lässt sich von
vornherein nur im Hinblick auf die leer stehenden
Räumlichkeiten anführen. Bezogen auf diese
Räumlichkeiten ist es aber mit dem Gesetz nicht vereinbar.
Mit seiner gegenteiligen Auffassung kann sich
das FG auch nicht auf die Entscheidung des BVerwG vom 15.4.1983 8 C
150/81 (BVerwGE 67, 123) berufen. Das BVerwG führt in dem
Urteil aus, der Gesetzgeber habe mit § 33 GrStG den Grundsatz
der Ertragsunabhängigkeit der Grundsteuer durchbrochen, weil
in bestimmten Fällen die Einziehung der unverkürzten
Steuer für den Abgabepflichtigen nicht mehr zumutbar sei. Von
einer die Grenze der Zumutbarkeit überschreitenden Belastung
könne aber keine Rede sein, wenn der Steuerpflichtige selbst
die Ursache für die Ertragsminderung herbeigeführt oder
es unterlassen habe, die Ertragsminderung durch solche geeignete
Maßnahmen zu verhindern, die von ihm erwartet werden konnten.
Letzteres kann entgegen dem FG nicht dahin verstanden werden, der
Grundstückseigentümer müsse seine Mietforderungen so
weit herunterschrauben, bis sich ein Mieter findet.