Arbeitnehmer, Bewirtungskosten, Werbegeschenke: Bei der Würdigung, ob Aufwendungen eines Arbeitnehmers für Bewirtung und Werbegeschenke beruflich veranlasst sind, kann eine variable, vom Erfolg seiner Arbeit abhängige Entlohnung ein gewichtiges Indiz darstellen. Liegt indessen eine derartige Entlohnung nicht vor, so verlieren Aufwendungen nicht ohne Weiteres ihren beruflichen Charakter; der Erwerbsbezug kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. - Urt.; BFH 24.5.2007, VI R 78/04; SIS 07 23 56
I. Streitig ist, ob Bewirtungskosten und
Aufwendungen für Werbegeschenke eines im Außendienst
beschäftigten Arbeitnehmers als Werbungskosten anzuerkennen
sind.
Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte
Eheleute. Der Kläger war im Streitjahr (1997) als
Außendienstmitarbeiter der Firma X beschäftigt. Nach
seinen Angaben bestand sein Aufgabenbereich darin, neue Kunden zu
akquirieren, den bestehenden Kundenstamm zu betreuen sowie Kunden
während der Auftragserteilung und der Geschäftsabwicklung
zu betreuen.
In der Einkommensteuererklärung
für 1997 machte der Kläger, der einen Bruttoarbeitslohn
in Höhe von 133.267 DM bezog, u.a. Bewirtungskosten in
Höhe von 15.396 DM und Aufwendungen für Werbemittel in
Höhe von 6.258 DM als Werbungskosten bei seinen
Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit
geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) lehnte es ab, diese Aufwendungen zu
berücksichtigen.
Mit seiner Klage brachte der Kläger im
Wesentlichen vor, die Aufwendungen für die Bewirtung und die
Werbegeschenke seien zur Erzielung von Aufträgen
unumgänglich. Er habe im Ganzen ein Gehalt bezogen, das
entsprechend seiner - des Klägers - Gesamtleistung sowohl nach
oben als auch nach unten angepasst worden sei sowie
zusätzliche umsatzabhängige Sonderzahlungen enthalten
habe.
Hinsichtlich der streitbefangenen Punkte
blieb die Klage aus den in EFG 2005, 1030 = SIS 05 23 72
veröffentlichten Gründen erfolglos. Aufwendungen eines
Arbeitnehmers für Bewirtungen und Werbemittel zu Gunsten von
Geschäftspartnern seines Arbeitgebers könnten nur dann
Werbungskosten darstellen, wenn der Arbeitnehmer umsatz- oder
erfolgsabhängige Einnahmen erhalte. Entsprechende Nachweise
habe der Kläger für die Einkommensteuer des Streitjahres
nicht geführt.
Mit der Revision rügen die
Kläger, die finanzgerichtliche Entscheidung verletze
materielles Recht.
Die Kläger beantragen
sinngemäß, die Vorentscheidung, den
Einkommensteuerbescheid für 1997 in der Fassung der
Einspruchsentscheidung zu ändern und Aufwendungen für
Bewirtung in Höhe von 15.396 DM sowie für Werbegeschenke
in Höhe von 6.258 DM als Werbungskosten bei den
Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger
Arbeit anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil hält rechtlicher Überprüfung
nicht stand.
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen (§ 9 Abs. 1
Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Hierzu können
unter Berücksichtigung der abzugsbeschränkenden
Vorschriften des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG i.V.m.
§ 9 Abs. 5 EStG auch Aufwendungen eines Arbeitnehmers für
Werbegeschenke und für die Bewirtung von Personen
zählen.
a) Die Frage, ob Aufwendungen für
Bewirtung und Werbegeschenke tatsächlich durch den Betrieb
oder Beruf veranlasst sind, entscheidet sich auf der Grundlage der
ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nach den
allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen. Danach
liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den
Einnahmen ein objektiver Veranlassungszusammenhang besteht. Dabei
muss die Frage, ob der Steuerpflichtige Aufwendungen aus
beruflichem Anlass erbringt oder ob es sich um Aufwendungen
für die Lebensführung i.S. von § 12 Nr. 1 Satz 2
EStG handelt, anhand einer Würdigung aller Umstände des
Einzelfalls entschieden werden (ständige Rechtsprechung; vgl.
zuletzt BFH-Urteile vom 26.1.2005 VI R 71/03, BFHE 208, 572, BStBl
II 2005, 349 = SIS 05 16 32; vom 22.6.2006 VI R 61/02, BFHE 213,
566, BStBl II 2006, 782 = SIS 06 31 52; vom 1.2.2007 VI R 25/03,
BFH/NV 2007, 1022 = SIS 07 10 42).
b) Das Finanzgericht (FG) hat seine
Entscheidung lediglich damit begründet, die in Rede stehenden
Aufwendungen könnten deshalb keine Werbungskosten darstellen,
weil der Kläger keine umsatz- oder erfolgsabhängige
Einnahmen erzielt habe. Diese Ansicht ist mit dem Begriff der
Veranlassung nicht zu vereinbaren (ausführlich hierzu Urteil
vom 11.1.2007 VI R 52/03, BStBl II 2007, 317 = SIS 07 06 43,
m.w.N.; Wolf/Schäfer, DB 2004, 775,
777), zumal die berufliche
Veranlassung einer Aufwendung grundsätzlich nicht davon
abhängt, ob sie sich konkret auf die Höhe des
Arbeitslohns auswirkt. Die Rechtsauffassung des FG wird auch
einer umfassenden Prüfung aller wesentlichen Umstände des
Streitfalles nicht gerecht (vgl. auch BFH-Urteil vom 15.3.2007 VI R
61/04, BFH/NV 2007, 1132 = SIS 07 15 75 zu Aufwendungen für
einen Sprachkurs). Bei der Würdigung, ob Aufwendungen (hier
für Bewirtung und Werbegeschenke) beruflich veranlasst sind,
kann der Umstand, ob ein Arbeitnehmer variable, vom Erfolg seiner
Arbeit abhängige Entlohnung erhält, ein gewichtiges Indiz
darstellen. Denn in einem solchen Fall hat es ein Arbeitnehmer in
größerem Umfang selbst in der Hand, die Höhe seiner
Bezüge zu beeinflussen. Liegt indessen eine derartige
Entlohnung nicht vor, so verlieren Aufwendungen nicht ohne Weiteres
ihren beruflichen Charakter; der Erwerbsbezug kann sich auch aus
anderen Umständen ergeben.
2. Nach diesen Grundsätzen kann die
Vorentscheidung - soweit die hier streitigen Aufwendungen in Rede
stehen - keinen Bestand haben. Mangels Spruchreife geht die Sache
an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück
(§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das
FG erhält hierdurch Gelegenheit zu prüfen, ob die
streitigen Kosten die Voraussetzungen für den Abzug als
Erwerbsaufwand erfüllen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bzw. in
welchem Umfang sie den abzugsbeschränkenden Vorschriften des
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG (in den im Streitjahr
geltenden Fassungen) i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG unterliegen. Im
zweiten Rechtsgang wird das FG auch (nochmals) der Frage
nachzugehen haben, ob die Gesamteinnahmen des Klägers nicht
nur feste, sondern auch variable Gehaltsteile umfassten. Bereits
nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hatte der
Kläger ausweislich des Anstellungsvertrags vom 12.1.1977 einen
Anspruch auf eine gestaffelte Umsatzprovision. Nach den zudem vom
Kläger nunmehr vorgelegten Gehaltsaufstellungen sollen seine
Bezüge aus einem Festgehalt und - wenngleich in geringerem
Umfang - jährlichen umsatzabhängigen Sonderzahlungen
bestanden haben.