Ausländer, Deutschkurs: Aufwendungen eines in Deutschland lebenden Ausländers für das Erlernen der deutschen Sprache gehören regelmäßig auch dann zu den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung, wenn ausreichende Deutschkenntnisse für einen angestrebten Ausbildungsplatz förderlich sind. - Urt.; BFH 15.3.2007, VI R 14/04; SIS 07 21 30
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten
(Kläger) wurden für das Streitjahr (2001) zusammen zur
Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin ist thailändische
Staatsangehörige und lebt seit der Eheschließung mit dem
Kläger am 12.4.2001 in Deutschland. Sie war weder in Thailand
noch im Streitjahr in Deutschland berufstätig. Im Streitjahr
nahm die Klägerin an den von der Kreisvolkshochschule X
angebotenen Sprachkursen „Deutsch als Fremdsprache –
Intensiv I bis III“ teil.
In der Einkommensteuererklärung
für das Streitjahr machte die Klägerin Aufwendungen
für die Sprachkurse in Höhe von 1.519 DM als
Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Der Beklagte und
Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) berücksichtigte
die geltend gemachten Aufwendungen nicht.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach
erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in EFG 2004, 490 =
SIS 05 33 61 veröffentlichten Gründen statt. Die
Aufwendungen seien als erwerbsbedingte Bildungskosten für eine
erstmalige Berufsausbildung zu berücksichtigen.
Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt sinngemäß, das
Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur
Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat die Aufwendungen der
Klägerin für den Erwerb von Deutschkenntnissen zu Unrecht
als Werbungskosten bei den Einkünften aus
nichtselbständiger Arbeit anerkannt.
1. Werbungskosten sind Aufwendungen zur
Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1
Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) liegen Werbungskosten dann vor, wenn
zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein
Veranlassungszusammenhang besteht. Eine berufliche Veranlassung ist
gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Beruf
zusammenhängen (zuletzt BFH-Urteile vom 22.6.2006 VI R 61/02,
BFHE 213, 566, BStBl II 2006, 782 = SIS 06 31 52; vom 19.12.2005 VI
R 65/04, BFH/NV 2006, 1075 = SIS 06 21 04, und VI R 63/01, BFH/NV
2006, 728 = SIS 06 15 09, jeweils m.w.N.).
Aufwendungen für eine erstmalige
Berufsausbildung können gemäß § 9 Abs. 1 Satz
1 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein.
Maßgebend hierfür ist, dass die Aufwendungen in einem
hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Zusammenhang mit
künftigen steuerbaren Einnahmen aus einer beruflichen
Tätigkeit stehen (BFH-Urteile vom 20.7.2006 VI R 26/05, BStBl
II 2006, 764 = SIS 06 35 00; vom 27.5.2003 VI R 33/01, BFHE 202,
314, BStBl II 2004, 884 = SIS 03 29 58; vom 4.12.2002 VI R 120/01,
BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403 = SIS 03 07 74, unter II. 3. b,
m.w.N.).
2. Aufwendungen für die
Lebensführung, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche
Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, dürfen nach
§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht als Werbungskosten
abgezogen werden, wenn sie zur Förderung des Berufs oder der
Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Der Abzug der
Aufwendungen bleibt nur dann in voller Höhe zulässig,
wenn die berufliche Veranlassung bei weitem überwiegt, das
Hineinspielen der Lebensführung nicht ins Gewicht fällt
und von ganz untergeordneter Bedeutung ist (BFH-Urteile vom
18.5.2005 VIII R 43/03, BFH/NV 2005, 2174 = SIS 05 48 16; vom
26.11.1997 X R 146/94, BFH/NV 1998, 961 = SIS 98 11 17; vom
31.1.1997 VI R 83/96, BFH/NV 1997, 647, m.w.N.).
3. Das FG hat zwar angenommen, dass die
Aufwendungen der Klägerin für die Deutschkurse einen
hinreichenden beruflichen Bezug aufweisen. Denn bei ausreichenden
Deutschkenntnissen hätte die Klägerin möglicherweise
einen Ausbildungsplatz in einem kaufmännischen
Ausbildungsberuf erlangen können.
Das FG hat jedoch nicht berücksichtigt,
dass ein Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten durch § 12
Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist (vgl. Hessisches FG, Urteil
vom 25.9.2001 9 K 4589/98, juris = SIS 02 56 27; FG Köln,
Urteil vom 21.9.1998 15 K 2138/98, juris; anderer Ansicht
Niedersächsisches FG, Urteil vom 24.4.1991 XIII 475/89, EFG
1991, 724). Für den Erwerb der Deutschkenntnisse spielten
private Gesichtspunkte der Klägerin eine nicht untergeordnete
Rolle. Die Klägerin verwendet in der Kommunikation mit dem
Kläger und notwendigerweise im täglichen Leben die durch
den Sprachkurs erlangten Grundkenntnisse der deutschen Sprache. Der
Besuch der Deutschkurse hatte somit einen erheblichen privaten
Nutzen für die Klägerin.
Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG,
dass der private Nutzen der Deutschkurse für die Klägerin
durch die berufliche Veranlassung überlagert werde. Der BFH
hat zwar den Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen nicht von
vornherein der privaten Lebensführung zugeordnet (vgl. Urteile
vom 13.6.2002 VI R 168/00, BFHE 199, 347, BStBl II 2003, 765 = SIS 02 94 76; vom 10.4.2002 VI R 46/01, BFHE 198, 563, BStBl II 2002,
579 = SIS 02 09 93). Dem FG ist jedoch nicht darin zu folgen, dass
der Besuch der Deutschkurse im Streitfall dem Erlernen einer
Fremdsprache gleichzusetzen sei. Denn die Lebensführung der
Klägerin wird durch die Deutschkurse wesentlich intensiver
berührt als die Lebensführung eines Steuerpflichtigen,
der eine gängige Fremdsprache, die in seinem privaten Umfeld
üblicherweise nicht gesprochen wird, aus beruflichen
Gründen erlernt. Während der Steuerpflichtige durch das
Erlernen der Fremdsprache lediglich eine persönliche
Bereicherung erfährt und seine Bildung erweitert (vgl.
BFH-Urteil vom 26.11.1993 VI R 67/91, BFHE 172, 574, BStBl II 1994,
348 = SIS 94 06 04), gewährleisteten die in den Deutschkursen
erworbenen Sprachkenntnisse die soziale Integration der
Klägerin im privaten Alltag und ermöglichten ihr eine
erfolgreiche Kommunikation im engeren privaten Umfeld (vgl. FG
Köln, a.a.O.; Morsbach, Anm. EFG 2004, 489, 490). Der Besuch
der Deutschkurse erleichterte der Klägerin damit in
erheblicher Weise ihre Lebensführung in Deutschland. Anders
als in den vom Senat entschiedenen Fällen zum Erlernen einer
Fremdsprache fällt die private Verwendung der
Deutschkenntnisse durch die Klägerin daher so stark ins
Gewicht, dass das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG
eingreift.
4. Die Aufwendungen der Klägerin für
den Besuch der Deutschkurse sind nicht als Aufwendungen für
die Berufsausbildung gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG
abziehbar. Der Senat hat bislang offen gelassen, ob dieser
Vorschrift - in der für das Streitjahr geltenden Fassung -
nach der neuen Rechtsprechung des BFH zum Werbungskostenabzug bei
Aufwendungen für die Berufsausbildung noch ein eigener
Anwendungsbereich zukommt. Er hat jedoch im Rahmen des § 10
Abs. 1 Nr. 7 EStG stets gefordert, dass vom Steuerpflichtigen eine
nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten
Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt
werden müsse (vgl. BFH-Urteil vom 22.9.1995 VI R 13/93, BFHE
179, 69, BStBl II 1996, 8 = SIS 96 02 03). Diese Voraussetzungen
liegen im Streitfall nicht vor. Der Besuch der Deutschkurse
förderte in erster Linie die Allgemeinbildung der
Klägerin und stellt damit keine Berufsausbildung i.S. des
§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar (vgl. BFH-Beschluss vom 23.8.1996
VI B 91/96, juris = SIS 96 24 16).