Kulturorchester, Steuerfreiheit von Zuschüssen: 1. Zuschüsse, die ein in der Rechtsform einer GbR betriebenes Kulturorchester aus öffentlichen Mitteln erhält, sind nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, soweit sie dazu bestimmt sind, die Vorabvergütungen der Gesellschafter abzudecken. - 2. Soweit die Zuschüsse nach ihrem Zweck der anteiligen Deckung der Betriebsausgaben des Orchesters dienen, sind die abziehbaren Betriebsausgaben nach § 3 c (nunmehr Abs. 1) EStG um diesen Betrag zu kürzen. - Urt.; BFH 27.4.2006, IV R 41/04; SIS 06 37 12
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine GbR. Gegründet wurde sie im Jahr 1989
von insgesamt ... Musikern, die übereingekommen waren, ihre
gemeinsame Orchestertätigkeit künftig in der Rechtsform
einer GbR auszuüben. Zweck der Gesellschaft war die gemeinsame
Erarbeitung und Aufführung von Ensemble- und Orchestermusik
auf hohem künstlerischen Niveau.
Die Durchführung des
Gesellschaftszwecks finanzierte die Klägerin in den
Streitjahren (1995 bis 1997) im Wesentlichen durch Honorareinnahmen
aus Konzertauftritten im In- und Ausland, durch CD-Aufnahmen sowie
durch öffentliche Zuschüsse, insbesondere des Landes ...
(Land) und der Stadt ... (Stadt).
Die öffentlichen Zuschüsse
beliefen sich in den Streitjahren auf:
Jahr
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Zuwendung Stadt
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Zuwendung Land
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Summe
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1995
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100.000 DM
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100.000 DM
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200.000 DM
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1996
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120.000 DM
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120.000 DM
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240.000 DM
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1997
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134.000 DM
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145.000 DM
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279.000 DM
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Die Zuwendungsbescheide, durch die die
städtischen Barzuschüsse gewährt wurden, lauteten
jeweils wie folgt:
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„ ..., das Kulturamt der Stadt ...
gewährt Ihnen im Wege der institutionellen Förderung
für die Durchführung des Jahresprogramms ... für das
... Orchester einen zweckgebundenen Zuschuss von DM ... . Der
Betrag dient der Anteilsfinanzierung, wobei entsprechend Ihrem
Finanzierungsplan - Haushaltsplan zuschussfähige Gesamtkosten
von DM ... zugrunde gelegt werden.“
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Die der Gewährung der Zuschüsse
des Landes zugrunde liegenden Bewilligungsbescheide hatten
folgenden Wortlaut:
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„... das Ministerium ... bewilligt
Ihnen auf Ihren Antrag und auf der Grundlage der nachstehend
aufgeführten Bedingungen einen Zuschuss des Landes ... in
Höhe bis zu ... .
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Zweckbestimmung:
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Der Zuschuss ist zweckgebunden und bestimmt
zur teilweisen Finanzierung des ... Orchesters. Der Zuschuss wird
zur institutionellen Förderung als anteilige
Fehlbedarfsfinanzierung bewilligt ... .“
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Der Bewilligung der Landeszuschüsse
lagen von der Klägerin vorgelegte Haushaltspläne
zugrunde. Gegenüber der Stadt führte die Klägerin
den Verwendungsnachweis durch die Vorlage ihrer
Einnahmenüberschussrechnungen.
Nach dem von der Klägerin vorgelegten
exemplarischen Verwendungsnachweis für das Jahr 2002 wurden
die institutionellen Zuschüsse von Stadt und Land in Höhe
des Fehlbedarfs zur anteiligen Deckung aller Betriebsausgaben sowie
der Vorabvergütungen an die Gesellschafter für deren
musikalische Mitwirkung im Orchester verwendet. Die Gesamtausgaben
beliefen sich nach den dem Ministerium vorgelegten
Haushaltsplänen auf 2.281.648 DM (1995), 2.010.000 DM (1996)
und 2.600.869 DM (1997). Die Vorabvergütungen der
Gesellschafter beliefen sich in den Streitjahren auf 565.275 DM,
492.825 DM und 528.892 DM.
Neben diesen Zuschüssen gewährte
das Auswärtige Amt der Klägerin im Januar 1995 einen
Zuschuss für die Kosten einer Konzertreise in die USA.
Die Klägerin behandelte die
Zuschüsse von Stadt und Land sowie den im Jahr 1995
gewährten Zuschuss des Auswärtigen Amtes (abzüglich
zurückgezahlter Zuschüsse für Reisen nach Polen und
Israel) in ihren Gewinnermittlungen als steuerfreie Einnahmen
gemäß § 3 Nr. 11 des Einkommensteuergesetzes
(EStG). Die Kürzung der Betriebsausgaben gemäß
§ 3c (nunmehr Abs. 1) EStG nahm sie in der Weise vor, dass sie
die Summe der steuerfreien Zuschüsse um den Anteil der
Allgemeinkosten kürzte, der dem Verhältnis der
steuerfreien Zuschüsse zu den sonstigen Betriebseinnahmen
entsprach. Unter Allgemeinkosten verstand die Klägerin
diejenigen Aufwendungen, die nicht direkt bestimmten Einnahmen
zuzuordnen waren (im Wesentlichen: Fremdgehälter, Miete
Büro, Gas, Strom, Wasser, Reinigung, Instandhaltungskosten,
Abschreibung Anlagevermögen, Verbrauchsmaterial, Porto,
Telefon, Fax, Bürobedarf, Rechts- und Beratungskosten,
Buchführungskosten, Notenmaterial, Versicherungen,
Beiträge).
Danach ergab sich folgender von der
Klägerin als steuerfrei behandelter Gewinn:
Steuerfreier Zuschuss § 3 Nr. 11 EStG
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./. anteilige Allgemeinkosten =
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steuerfreier Gewinn
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1995
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252.213 DM ./. 40.052,17 DM
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212.160,83 DM
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1996
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240.000 DM ./. 44.957,83 DM
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195.042,17 DM
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1997
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279.000 DM ./. 39.580,04 DM
|
239.419,96 Dm
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) folgte der von der Klägerin vorgenommenen
Gewinnaufteilung zunächst und stellte für das Jahr 1995
einen Gewinn in Höhe von 171.982 DM, für das Jahr 1996
einen Gewinn in Höhe von 252.205 DM und für das Jahr 1997
einen Gewinn in Höhe von 111.779 DM unter dem Vorbehalt der
Nachprüfung fest.
Anlässlich einer im Jahr 2000
durchgeführten Außenprüfung vertrat die
Prüferin die Auffassung, die Betriebsausgaben der
Klägerin seien in voller Höhe um die von Stadt, Land und
Auswärtigem Amt gewährten Zuschüsse zu kürzen.
Die Zuordnung der nach § 3c EStG nicht abzugsfähigen
Betriebsausgaben zu den steuerpflichtigen inländischen
Einkünften, den steuerpflichtigen ausländischen
Einkünften und den steuerfreien ausländischen
Einkünften habe dabei im Verhältnis der jeweiligen
Einnahmen zu erfolgen. Der für die Konzertreise in die USA
gewährte Zuschuss sei projektbezogen zuzuordnen.
Das FA folgte diesen Feststellungen in
seinem gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO
1977) geänderten (Sammel-) Gewinnfeststellungsbescheid
für 1995, 1996 und 1997 vom 2.3.2001 und stellte den Gewinn
der Klägerin aus selbständiger Arbeit für das Jahr
1995 in Höhe von 434.577 DM, für das Jahr 1996 in
Höhe von 453.694 DM und für das Jahr 1997 in Höhe
von 436.497 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die
Klägerin Klage. Sie machte geltend, bei der Kürzung der
Betriebsausgaben nach § 3c EStG seien die Ausgaben entgegen
der Auffassung des FA in einen abziehbaren und einen nicht
abziehbaren Teil aufzuteilen. Der nicht abziehbare Teil sei hierbei
nach dem Verhältnis zu bemessen, in dem die steuerfreien
Einnahmen zu den Gesamteinnahmen ständen.
Wäre die Auffassung des beklagten FA
zutreffend, so ergäbe sich die merkwürdige und unlogische
Konsequenz, dass § 3 (Nr. 11) EStG und § 3c EStG sich in
ihrer Wirkung komplett neutralisierten. Vor diesem Hintergrund sei
auch das vermeintliche Argument der
„Vereinfachungsbefreiung“ nicht stichhaltig. Eine wie
auch immer geartete Vereinfachung sei nicht erkennbar, da selbst
vom Standpunkt des FA aus stets die vollen Betriebsausgaben
ermittelt werden müssten, um die Höhe der abziehbaren
Betriebsausgaben berechnen zu können.
Die mit der Klage geltend gemachte
Rechtsauffassung werde auch durch zwei jüngere Entscheidungen
des Bundesfinanzhofs (BFH) bestätigt (Urteile vom 26.3.2002 VI
R 26/00, BFHE 198, 545, BStBl II 2002, 823 = SIS 02 10 50, und vom
26.3.2002 VI R 45/00, BFHE 198, 554, BStBl II 2002, 827 = SIS 02 85 79).
Auch aus dem Umkehrschluss der Regelung des
§ 3 Nr. 26 EStG ergebe sich, dass die mit den
Betriebseinnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang
stehenden Betriebsausgaben gemäß § 3c EStG - im
Gegensatz zu § 3 Nr. 26 EStG - nicht nur insoweit in Abzug
gebracht werden dürften, als sie den Betrag der steuerfreien
Einnahmen übersteigen würden. Denn § 3 Nr. 26 Satz 2
EStG enthalte eine ausdrückliche Abweichung von der Regelung
des § 3c EStG für den Fall, dass die Einnahmen den
Freibetrag überschritten.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) führte aus, die
Betriebsausgaben der Klägerin seien entgegen der Auffassung
des FA nicht in voller Höhe der gemäß § 3 Nr.
11 EStG steuerfreien Zuschüsse zu kürzen. Wollte man
anders verfahren, würde der für die Vorabvergütung
gewährte Anteil der Zuschüsse zur Gänze entfallen,
da die Summe der mit dem Orchesterbetrieb zusammenhängenden
Betriebsausgaben die Höhe der Zuschüsse übersteige.
Der nicht abziehbare Teil der Betriebsausgaben sei gemäß
§ 3c EStG nach dem Verhältnis zu bemessen, in dem die
steuerfreien Zuschüsse zu den Gesamteinnahmen ständen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin beschränke sich
diese Kürzung nicht nur auf die nicht direkt bestimmten
Einnahmen zuordenbaren allgemeinen Kosten, sondern auf alle
Betriebsausgaben der Klägerin. Denn nach dem Zweck der
Zuschüsse dienten diese der anteiligen Fehlbedarfsdeckung
sämtlicher Betriebsausgaben der Klägerin sowie der
Vorabvergütungen der Gesellschafter.
Als Gewinne der Streitjahre seien
danach
für das Jahr 1995
|
342.837 DM
|
,
|
für das Jahr 1996
|
399.348 DM
|
und
|
für das Jahr 1997
|
382.005 DM
|
|
festzustellen. Die Entscheidung des FG vom
15.7.2004 3 K 377/01 ist in EFG 2004, 1815 = SIS 05 00 39
veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt
ist.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils sowie zu
einer anderweitigen Feststellung der streitigen Gewinne (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).
Entgegen der vom FG vertretenen Auffassung hat
die Klägerin in den Streitjahren keine steuerfreien Einnahmen
erzielt, die die nach § 3c (nunmehr Abs. 1) EStG nicht
abziehbaren Betriebsausgaben überstiegen.
Soweit die von Stadt und Land sowie dem
Auswärtigen Amt gezahlten Zuschüsse - wie vom FG
angenommen - auch zur Deckung der den Gesellschaftern der
Klägerin zuzurechnenden Vorabgewinne bestimmt waren, waren sie
zwar nicht in die Bemessung des Kürzungsbetrages nach §
3c EStG einzubeziehen, sie waren jedoch nicht nach § 3 Nr. 11
EStG steuerfrei (nachfolgend unter 1.). In dem Umfang dagegen, in
dem mit den streitigen Zuschüssen die Deckung der Fremdkosten
bezweckt war, waren die Betriebsausgaben der Klägerin in
voller Höhe der Zuschüsse zu kürzen (nachstehend
unter 2.).
1. a) § 3 Nr. 11 EStG enthält zwei
Alternativen der Steuerfreiheit von Bezügen aus
öffentlichen Mitteln oder aus Mitteln einer öffentlichen
Stiftung. Es handelt sich zum einen um Bezüge, die wegen
Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden, zum anderen um solche,
die als Beihilfe zu dem Zweck gewährt werden, die Erziehung
oder Ausbildung, die Wissenschaft oder Kunst unmittelbar zu
fördern. Wenn die Vorschrift in der zweiten Alternative die
Unmittelbarkeit der Förderung verlangt, bedeutet dies, dass
Erziehung, Ausbildung, Wissenschaft und Kunst ohne ein
Dazwischentreten weiterer Ereignisse beeinflusst werden müssen
(Senatsurteil vom 4.5.1972 IV 133/64, BFHE 105, 374, BStBl II 1972,
566 = SIS 72 03 33). Die Ausbildung einer Person kann schon dadurch
unmittelbar gefördert werden, dass der Empfänger der
Notwendigkeit des Gelderwerbs zum Lebensunterhalt enthoben und
somit zeitlich in die Lage versetzt wird, sich der Ausbildung zu
widmen (vgl. z.B. von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
EStG, § 3 Nr. 11 Rdnr. B 11/49). Entsprechendes gilt für
die Förderung der Erziehung (Senatsurteil vom 28.6.1984 IV R
49/83, BFHE 141, 154, BStBl II 1984, 571 = SIS 84 15 01).
Wissenschaft und Kunst werden dagegen nur insoweit unmittelbar
gefördert, als die Mittel verwendet werden, um die sachlichen
Voraussetzungen zur Ausübung einer wissenschaftlichen oder
künstlerischen Tätigkeit zu schaffen, wie z.B. durch
Erwerb von gegenständlichen Hilfsmitteln, durch Reisekosten
oder durch die Entlohnung von Hilfskräften. Demgegenüber
fehlt es an der Unmittelbarkeit, wenn und soweit die Zahlungen dem
Empfänger zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes dienen
(ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteil in BFHE 105,
374, BStBl II 1972, 566 = SIS 72 03 33, m.w.N.). Dass der Begriff
der „Unmittelbarkeit“ - was die Förderung
von Wissenschaft und Kunst angeht - in diesem Sinn zu verstehen
ist, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 3 Nr. 11
EStG. Erstmalig im Urteil des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 19.5.1938
IV 97/38 (RStBl 1938, 811) findet sich die Formulierung, dass
Bezüge, die der Sicherung der persönlichen
Lebensführung zu dienen bestimmt sind, mangels Unmittelbarkeit
der Förderung (der Wissenschaft) nicht nach § 3 Nr. 10
EStG 1934 (der Vorgängervorschrift des § 3 Nr. 11 EStG)
steuerfrei seien. Der Wortlaut des § 3 Nr. 10 EStG 1934
enthielt das Erfordernis der Unmittelbarkeit noch nicht. Der RFH
hatte es aus einer entsprechenden Verwaltungsanweisung hergeleitet.
Offenbar unter dem Eindruck dieses RFH-Urteils wurde das Wort
„unmittelbar“ erstmalig in § 6 Nr. 10 der
Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) 1939 vom 10.3.1939
(RGBl I, 449, RStBl 1939, 409) aufgenommen. Die heutige
Gesetzesfassung geht auf § 3 Nr. 10 EStG i.d.F. des
Steueränderungsgesetzes 1950 (StÄndG 1950) zurück.
Damals wurde der Wortlaut der Vorschrift „im Interesse der
Klarheit“ an die Fassung des § 6 Nr. 10 LStDV
angepasst (BTDrucks 1/317, S. 16). Hieraus ist zu schließen,
dass der Gesetzgeber im Zuge der Änderung der Vorschrift deren
Wortlaut nicht um das Erfordernis der Unmittelbarkeit ergänzt
hätte, wenn er der Steuerbefreiung für die
öffentliche Förderung von Wissenschaft und Kunst einen
weiter gehenden Anwendungsbereich zubilligen wollte, als es der RFH
getan hat (Senatsurteil in BFHE 105, 374, BStBl II 1972, 566 = SIS 72 03 33).
b) Beihilfen zu Lebenshaltungskosten werden
demnach je nach Förderungszweck unterschiedlich behandelt. Das
ist indessen wegen der Unterschiedlichkeit der Zwecke
gerechtfertigt. Erziehung und Ausbildung beziehen sich stets auf
bestimmte Personen. Die Übernahme der Lebenshaltungskosten
durch die öffentliche Hand beeinflusst wegen der damit
verbundenen zeitlichen Entlastung des Empfängers (s.o. zu 1.
a) ohne ein Dazwischentreten weiterer Ereignisse die Ausbildung und
Erziehung. Bei der Förderung von Wissenschaft und Kunst
verhält es sich dagegen anders. Hier sollen nicht Personen,
sondern geistige Schöpfungen als solche gefördert werden.
Durch die Übernahme der Lebenshaltungskosten von
Wissenschaftlern und Künstlern kann dies nur mittelbar
geschehen. Insoweit unterscheiden sich die in § 3 Nr. 11 EStG
aufgeführten Beihilfen von den nach § 3 Nr. 44 EStG
steuerbefreiten Stipendien (Senatsurteil vom 20.3.2003 IV R 15/01,
BFHE 202, 168, BStBl II 2004, 190 = SIS 03 33 84). Der Senat
hält somit an der im Urteil in BFHE 105, 374, BStBl II 1972,
566 = SIS 72 03 33 vertretenen Auffassung fest. Sie entspricht
soweit ersichtlich der einhelligen Auffassung im Schrifttum (vgl.
z.B. von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O.,
§ 3 Nr. 11 Rdnr. B 11/49; Bergkemper in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 3 Nr. 11 EStG Anm. 21;
Schmidt/Heinicke, EStG, 25. Aufl., § 3 ABC
„Förderung der Kunst und Wissenschaft“;
Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz. 342; Frotscher/Kuhlmann,
EStG, § 3 Nr. 11 Rz. 77, 78). Die Verfassungsbeschwerde gegen
das Senatsurteil in BFHE 105, 374, BStBl II 1972, 566 = SIS 72 03 33 wurde nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 4.12.1972 1 BvR 364/72,
HFR 1973, 87).
c) Was nach den vorstehenden Ausführungen
für öffentliche Zuschüsse an einen einzelnen
Wissenschaftler oder Künstler gilt, muss auch für
Zuschüsse gelten, die einer GbR gewährt werden, die auf
dem Gebiet der Wissenschaft oder der Kunst unternehmerisch
tätig ist. Soweit die Zuschüsse Vorabvergütungen
i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG abdecken,
sind sie - wie der kalkulatorische Unternehmerlohn des
Einzelunternehmers - zur Bestreitung des Lebensunterhaltes der
Gesellschafter bestimmt. Das entspricht dem Ziel des § 15 Abs.
1 Satz 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG, die Mitunternehmer einer
Personengesellschaft dem Einzelunternehmer, der keine Verträge
mit sich selbst schließen kann, anzunähern (einhellige
Auffassung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28.10.1999 VIII R 41/98, BFHE
190, 394, BStBl II 2000, 339 = SIS 00 05 63, Nr. 2b;
Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz. 561). Die Zuschüsse
stellen insoweit steuerpflichtige Einnahmen aus selbständiger
Tätigkeit dar (§ 18 EStG).
d) Für das gefundene Ergebnis spricht
nicht zuletzt, dass es dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit
der Besteuerung entspricht. Die Mitglieder einer Orchester-GbR
werden dadurch steuerlich ebenso behandelt wie die angestellten
Orchestermitglieder und die Musiker, deren Orchester in der
Rechtsform eines eingetragenen Vereins oder einer anderen
privatrechtlichen Körperschaft organisiert ist. Die zur
Abdeckung der Gehälter dieser Musiker gezahlten Zuschüsse
sind zwar nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei, die Musiker selbst
müssen ihre Gehälter jedoch versteuern.
2. Nach § 3c (nunmehr Abs. 1) EStG
dürfen Ausgaben, soweit sie mit steuerfreien Einnahmen in
unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, nicht als
Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden.
a) Ein solcher Zusammenhang liegt vor, wenn
Einnahmen und Ausgaben durch dasselbe Ereignis veranlasst sind
(vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11.10.1989 I R 208/85, BFHE 158, 388,
BStBl II 1990, 88 = SIS 90 05 19, und vom 27.4.1993 IX R 26/92,
BFHE 171, 443, BStBl II 1993, 784 = SIS 93 19 07, m.w.N.).
aa) Eine Veranlassung durch dasselbe Ereignis
ist jedenfalls zu bejahen, wenn steuerfreie Einnahmen dazu bestimmt
sind, Aufwendungen zu ersetzen, die mit Einkünften i.S. des
§ 2 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
Dementsprechend stellt der BFH in ständiger Rechtsprechung
darauf ab, ob und inwieweit durch die Erstattung Betriebsausgaben
oder Werbungskosten ausgeglichen werden sollen (vgl. z.B. Urteile
des BFH vom 9.11.1976 VI R 139/74, BFHE 120, 491, BStBl II 1977,
207 = SIS 77 01 18, und in BFHE 171, 443, BStBl II 1993, 784 = SIS 93 19 07, m.w.N.). Daraus folgt, dass die Steuerfreiheit von
Einnahmen, die der Erstattung von Ausgaben dienen, durch § 3c
(nunmehr Abs. 1) EStG rückgängig gemacht wird. Eine
Aufteilung der Ausgaben in einen abziehbaren und einen nicht
abziehbaren Teil nach dem Verhältnis der steuerfreien zu den
steuerpflichtigen Einnahmen kommt nicht in Betracht. Diese
Wirkungsweise des § 3c EStG rechtfertigt sich daraus, dass
erstattete Ausgaben den Steuerpflichtigen nicht belasten und daher
seine steuerpflichtigen Einkünfte auch nicht mindern
dürfen (von Beckerath in Kirchhof, EStG, 5. Aufl., § 3c
Rn. 9).
bb) Die Saldierung des steuerfreien
Aufwendungsersatzes mit den erstatteten Betriebsausgaben oder
Werbungskosten führt entgegen der Auffassung der Klägerin
nicht dazu, dass die entsprechenden Befreiungen auf der
Einnahmenseite, wie sie beispielsweise in § 3 Nr. 11 EStG
enthalten sind, leer liefen. Das folgt schon daraus, dass sich die
Steuerfreiheit der Einnahmen jedenfalls dann steuermindernd
auswirkt, wenn die ersetzten Betriebsausgaben oder Werbungskosten
bereits ihrer Art nach (§ 4 Abs. 5 EStG) nicht abziehbar sind
(von Beckerath in Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., §
3c Rdnr. A 65).
cc) Aus den von der Klägerin zur
Stützung ihrer Auffassung herangezogenen BFH-Urteilen in BFHE
198, 545, BStBl II 2002, 823 = SIS 02 10 50, und BFHE 198, 554,
BStBl II 2002, 827 = SIS 02 85 79 folgt nichts anderes. Das ergibt
sich insbesondere aus der ersten Entscheidung. In ihr wird im Sinne
der vorstehenden Ausführungen daran festgehalten, dass
Aufwendungen (im Urteilsfall Reisekosten) nur in der Höhe
abgezogen werden dürfen, als sie nicht steuerfrei (im
Urteilsfall nach § 3 Nr. 13 EStG) erstattet worden sind
(Urteil in BFHE 198, 545, BStBl II 2002, 823 = SIS 02 10 50 unter
II. 1.). Die Saldierung der (neben der Reisekostenerstattung
gewährten) steuerfreien
„Aufwandsentschädigung“ mit den (um die
Reisekostenerstattungen gekürzten) Reisekosten hat der BFH nur
insoweit abgelehnt, als die
„Aufwandsentschädigung“ in Wirklichkeit als
Stellenzulage anzusehen war, die sich „im Kern“
nicht als Erstattung von Erwerbsaufwand, sondern als Ausgleich
für immaterielle Belastungen darstellte (Urteil in BFHE 198,
545, BStBl II 2002, 823 = SIS 02 10 50 unter II. 2. a und 3. f.).
Nur insoweit hielt der BFH wegen der Doppelveranlassung durch
steuerpflichtige Dienstbezüge und steuerfreie Stellenzulage
eine Aufteilung der Werbungskosten für geboten.
dd) Die Klägerin kann auch nicht mit
Erfolg geltend machen, aus § 3 Nr. 26 EStG lasse sich im
Umkehrschluss entnehmen, dass eine Saldierung der Ausgaben mit den
steuerfreien Einnahmen nur ausnahmsweise bei den in § 3 Nr. 26
EStG steuerfrei gestellten Übungsleitervergütungen in
Betracht komme, bei den übrigen in § 3 EStG geregelten
steuerfreien Einnahmen jedoch zu unterbleiben habe. In der Tat
heißt es in § 3 Nr. 26 EStG i.d.F. des
Steuerbereinigungsgesetzes 1999 (StBereinG 1999) vom 22.12.1999
(BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13), dass die mit den
nebenberuflichen Tätigkeiten in unmittelbarem wirtschaftlichen
Zusammenhang stehenden Ausgaben abweichend von § 3c EStG nur
insoweit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden
dürften, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen
überstiegen. Die Formulierung der Vorschrift beruht jedoch
lediglich auf der vorstehend (unter II. 2. a cc) dargestellten
unterschiedlichen Auswirkung des § 3c EStG bei steuerfreiem
Aufwendungsersatz einerseits und steuerfreien Einnahmen, die keinen
Aufwendungsersatz darstellen, andererseits. § 3 Nr. 26 EStG
befreite in seiner früheren Fassung
„Aufwandsentschädigungen“ mit der Folge,
dass die mit den entsprechenden Entschädigungen
zusammenhängenden Aufwendungen nach § 3c Abs. 1 EStG nur
insoweit abgezogen werden durften, als sie die
Aufwandsentschädigungen überstiegen. In der seit dem
StBereinG 1999 geltenden Fassung befreit die Vorschrift
„Einnahmen aus nebenberuflicher Tätigkeit“.
Bei Anwendung des § 3c (nunmehr Abs. 1) EStG wären die
Betriebsausgaben oder Werbungskosten aufzuteilen, soweit diese auch
durch steuerpflichtige (den Höchstbetrag übersteigende)
Einnahmen veranlasst sind. Um dieses Ergebnis zu vermeiden, hat der
Gesetzgeber hinsichtlich des Abzugs von Betriebsausgaben oder
Werbungskosten die nunmehr geltende Formulierung gewählt (vgl.
zu Einzelheiten von Beckerath in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
a.a.O., § 3 Nr. 26 Rdnr. B 26/147 f.).
b) Nach diesen Maßstäben besteht
zwischen steuerfreien Zuschüssen zur Förderung der Kunst
i.S. des § 3 Nr. 11 EStG und den beim Zuschussempfänger
zur Erzielung von freiberuflichen Einnahmen entstandenen Kosten ein
unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang, weil die
Zuschüsse diese Aufwendungen verringern sollen. Daraus folgt,
dass die Betriebsausgaben der Klägerin und die nach § 3c
EStG nicht abziehbaren Beträge zwar auf die steuerpflichtigen
inländischen Einnahmen sowie die steuerpflichtigen und (unter
Progressionsvorbehalt) steuerfreien ausländischen Einnahmen
aufzuteilen waren, dass in diese Aufteilung die nach § 3 Nr.
11 EStG steuerfreien Einnahmen jedoch - ebenso wie der steuerfreie
Reisekostenersatz im BFH-Urteil in BFHE 198, 545, BStBl II 2002,
823 = SIS 02 10 50 - nicht mit einzubeziehen waren. Die
maßgebliche Formulierung in diesem Urteil lautet:
„Der nichtabziehbare Teil der Werbungskosten ist nach dem
Verhältnis zu bemessen, in dem die steuerfreien Einnahmen zu
den betreffenden Gesamteinnahmen stehen (Zitate). Von diesem
Aufteilungsverfahren wären nur solche Werbungskosten
auszunehmen, die entweder ausschließlich der steuerfreien
Aufwandsentschädigung zuzuordnen wären, weil sie etwa
durch diese unmittelbar abgegolten werden, oder bei denen sich eine
Beziehung zu den steuerfreien Bezügen erkennbar nicht
herstellen lässt ...“ (unter II. 3. f. der
Gründe). Auf diese Weise ist das FA dem Bp-Bericht zufolge
verfahren.
3. Somit verletzt die Art und Weise, in der
das FA die Betriebsausgaben der Klägerin in den streitigen
Gewinnfeststellungsbescheiden nach § 3c EStG gekürzt hat,
die Klägerin im Ergebnis nicht in ihren Rechten.
Auf die Höhe der (insgesamt)
festzustellenden Gewinne hat es keine Auswirkung, ob die von der
öffentlichen Hand gewährten Zuschüsse - wie das FA
meint - nur zur Deckung von Betriebsausgaben oder auch - wie die
Klägerin meint - zur Deckung der Vorabvergütungen der
Gesellschafter bestimmt waren. Allerdings würden sich - wenn
die von der Klägerin angenommene Zweckbestimmung der
Zuschüsse zuträfe - die nach § 3c EStG nicht
abziehbaren Betriebsausgaben vermindern. Im selben Umfang
würden sich jedoch die steuerpflichtigen inländischen
Einnahmen erhöhen. Ein Unterschied ergäbe sich nur
hinsichtlich des Verhältnisses der inländischen zu den
ausländischen Einkünften.
Das lässt sich an einem gegenüber
dem Streitfall vereinfachten Beispiel darstellen.
Angenommen die Einnahmen betragen 150. Sie
entfallen in Höhe von 50 auf inländische steuerpflichtige
Einnahmen, in Höhe von 50 auf steuerfreie ausländische
Einnahmen und in Höhe von 50 auf öffentliche
Zuschüsse zur Förderung der Kunst i.S. des § 3 Nr.
11 EStG, die der Erstattung von Betriebsausgaben dienen sollen. Die
Betriebsausgaben betragen 120.
Die Betriebsausgaben sind (unter
Vernachlässigung direkt zurechenbarer Ausgaben) im
Verhältnis 50 : 50 auf die inländischen und die
ausländischen Einnahmen aufzuteilen, belaufen sich also
jeweils auf 60. Auch der Kürzungsbetrag nach § 3c EStG in
Höhe von 50 ist in diesem Verhältnis aufzuteilen, so dass
die abziehbaren Ausgaben jeweils 35 (60 ./. 25) betragen. Die
inländischen und ausländischen Einkünfte belaufen
sich also jeweils auf 15 (50 ./. 35), der Gesamtgewinn auf 30.
Wandelt man den Fall dahin ab, dass die
öffentlichen Zuschüsse in Höhe von 25 (die Höhe
des Betrages ist beliebig) nicht zur Abdeckung von Betriebsausgaben
bestimmt sind, dann erhöhen sich nach den Ausführungen
unter II. 1. die steuerpflichtigen inländischen Einnahmen um
25 auf 75, die ausländischen Einnahmen bleiben gleich (50), so
dass sie nunmehr lediglich 40 v.H. der in die
Verhältnisrechnung einzubeziehenden Gesamteinnahmen von 125
ausmachen. Die Betriebsausgaben von 120 sind in Höhe von 72
(60 v.H.) den inländischen und in Höhe von 48 (40 v.H.)
den ausländischen Einnahmen zuzuordnen. Der
Kürzungsbetrag nach § 3c EStG in Höhe von hier 25
ist im selben Verhältnis zu verteilen (15 bzw. 10), so dass
die abziehbaren Betriebsausgaben 57 (72 ./. 15) bzw. 38 (48 ./. 10)
betragen. Mithin belaufen sich die inländischen Einkünfte
auf 18 (75 ./. 57), die ausländischen auf 12 (50 ./. 38), der
Gesamtgewinn wiederum auf 30.
Die inländischen Einkünfte
würden sich mithin zu Lasten der ausländischen
erhöhen. Da zugleich die steuerfreien ausländischen
Einkünfte zugunsten der inländischen steuerpflichtigen
Einkünfte gemindert würden, würde die Klägerin
schlechter dastehen als bei der Gewinnberechnung in den
angefochtenen Bescheiden. Der Senat legt daher seiner eigenen
Gewinnberechnung (s.u. zu 5.) als Ausgangsbasis die der
angefochtenen Bescheide zugrunde.
4. Das FA hat indessen zu Unrecht die von ihm
unter Berücksichtigung der nichtabzugsfähigen
Betriebsausgaben i.S. des § 3c EStG ermittelten Gewinne
zusätzlich um die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben
i.S. des § 4 Abs. 5 EStG erhöht. Auf diese Weise hat es
nicht dem Erfordernis Genüge getan, dass sich die
Steuerfreiheit von Kostenerstattungen jedenfalls dann
steuermindernd auswirken soll, wenn damit nicht abziehbare
Betriebsausgaben abgegolten werden (s.o. zu 2. a bb).
5. Die Gewinne der Streitjahre berechnen sich
mithin wie folgt:
|
1995
DM
|
1996
DM
|
1997
DM
|
a) Steuerpflichtige Ein-
künfte Inland lt. FA
./. nicht abziehbare Aus-
gaben nach § 4 Abs. 5 EStG
|
214 003
318
|
243 563
304
|
81 221
671
|
b) Steuerpflichtige Ein-
künfte Ausland lt. FA
./. nicht abziehbare Aus-
gaben nach § 4 Abs. 5 EStG
|
20 843
29
|
8 134
10
|
197 927
880
|
c) Steuerfreie Einkünfte
Ausland lt. FA
./. nicht abziehbare Aus-
gaben nach § 4 Abs. 5 EStG
|
199 731
278
|
201 997
199
|
157 349
805
|
Gewinne nach Korrektur
|
433
952
|
453
181
|
434
141
|