Investitionszulage, Unverzinslichkeit: Der Anspruch auf Investitionszulage ist nicht zu verzinsen. - Urt.; BFH 23.2.2006, III R 66/03; SIS 06 34 84
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte mit dem
Investitionszulagenantrag vom 2.8.1993 die Festsetzung einer
Investitionszulage in Höhe von 513.542 DM für das
Wirtschaftsjahr 1991/1992. Mit Bescheid vom 2.2.1994 setzte der
Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die
Investitionszulage unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf
373.352 DM fest und wies darauf hin, die endgültige
Festsetzung bleibe einer Außenprüfung
vorbehalten.
Nach Durchführung einer
Außenprüfung setzte das FA die Investitionszulage mit
Bescheid vom 18.2.1997 auf 513.542 DM fest. Dadurch erledigte sich
der eingelegte Einspruch, dem in vollem Umfang entsprochen
wurde.
Mit Schreiben vom 18.11.1997 machte die
Klägerin geltend, der Mehrbetrag müsse nach dem Grundsatz
der Vollverzinsung gemäß § 233a der Abgabenordnung
(AO 1977) verzinst werden und beantragte den Erlass eines
Erstattungszinsbescheids. Mit Bescheid vom 3.12.1997 lehnte das FA
die Verzinsung ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen
Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab
(vgl. SIS 04 12 29). Es führte aus, das Gesetz sehe eine
Verzinsung des Investitionszulagenanspruchs nicht vor. § 233a
AO 1977 sei nicht entsprechend anwendbar. Das Urteil ist in juris
veröffentlicht.
Mit der Revision trägt die
Klägerin im Wesentlichen vor: Nach § 7 Abs. 1 des
Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1991 seien die für
Steuererstattungen und Steuervergütungen geltenden
Vorschriften auf Investitionszulagen entsprechend anzuwenden. Damit
werde in § 7 Abs. 1 InvZulG 1991 auf § 233a AO 1977
verwiesen. Der Gesetzgeber hätte, wenn er die Verzinsung des
Investitionszulagenanspruchs nicht gewollt hätte, dies durch
eine ausdrückliche Regelung sicherstellen können. Nach
dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.4.1985 III R 24/82
(BFHE 143, 408, BStBl II 1985, 546 = SIS 85 17 40) sei § 236
AO 1977 für Prozesszinsen über § 5 Abs. 5 InvZulG
i.d.F. vom 3.5.1977 entsprechend auf Investitionszulagen anwendbar.
Demgemäß müsse auch § 233a AO 1977
entsprechend angewandt werden. Durch die Vollverzinsung sollten
Zinsvorteile des Steuerpflichtigen und Zinsnachteile auf Seiten des
Steuergläubigers ausgeglichen werden. Gründe für
eine unterschiedliche Behandlung von Steuererstattungsanspruch und
Investitionszulagenanspruch seien nicht erkennbar. Die
Nichtverzinsung des Investitionszulagenanspruchs verletze auch den
Gleichheitsgrundsatz. Bei der Verzinsung ihrer wechselseitigen
Ansprüche dürften Fiskus und Steuerpflichtiger nicht
unterschiedlich behandelt werden.
Die Klägerin beantragt
sinngemäß, das Urteil des FG und den Ablehnungsbescheid
in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und das FA zu
verpflichten, für den Mehrbetrag der Investitionszulage in
Höhe von 140.190 DM Zinsen festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet. Das FG
hat zutreffend entschieden, dass der Anspruch auf
Investitionszulage nicht zu verzinsen ist.
1. Die von der Klägerin beanspruchte
Verzinsung ihres Anspruchs auf Gewährung einer
Investitionszulage nach dem InvZulG 1991 ergibt sich nicht aus
einer unmittelbaren Anwendung des § 233a AO 1977. Der
unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschrift beschränkt sich
auf die Verzinsung der Ansprüche betreffend die in Abs. 1
aufgeführten Steuern.
2. Die entsprechende Anwendung des § 233a
AO 1977 folgt auch nicht aus der Verweisung in § 7 Abs. 1 Satz
1 InvZulG 1991 auf die für Steuervergütungen geltenden
Vorschriften der AO 1977. Denn der Regelungsbereich des § 233a
AO 1977 bezieht sich nicht auf Steuervergütungen. Die
Vorschrift betrifft neben der Verzinsung von Nachforderungen
lediglich die Verzinsung von Erstattungen, die das FA leisten muss,
wenn die festgesetzte Steuer niedriger ist als die anzurechnenden
Beträge (Abs. 3) oder als die vorher festgesetzte Steuer (Abs.
5), sodass sich ein Unterschiedsbetrag zugunsten des
Steuerpflichtigen ergibt. Steuervergütungen werden nicht nach
§ 233a verzinst (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler,
AO/FGO, § 233a AO 1977 Rz. 21).
3. Die entsprechende Anwendung des § 233a
AO 1977 kann auch nicht damit begründet werden, aus der
Regelung ergebe sich der allgemeine Rechtsgedanke, Ansprüche
aus dem abgabenrechtlichen Verhältnis zwischen dem Bürger
und dem FA seien stets zu verzinsen, um mögliche Zinsvorteile
des Bürgers und Zinsnachteile des FA auszugleichen. Wie der
BFH in dem Urteil vom 17.2.1987 VII R 21/84 (BFHE 149, 15, BStBl II
1987, 368 = SIS 87 10 59) unter Hinweis auf den Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 19.9.1977 1 BvR 571/76
(Steuerrechtsprechung in Karteiform, Investitionszulagengesetz
1969, § 1, Rechtsspruch 10) und auf das Urteil des BFH vom
31.10.1974 IV R 160/69 (BFHE 114, 397, BStBl II 1975, 370 = SIS 75 02 20) ausgeführt hat, besteht kein allgemeiner
Rechtsgrundsatz auf (angemessene) Verzinsung
rückständiger Leistungen des Staates. Deshalb kann aus
der in § 233a AO 1977 für einige wichtige Steuern
getroffenen Vorschrift über die Vollverzinsung auch nicht
hergeleitet werden, das InvZulG 1991 bzw. die AO 1977 enthalte eine
Regelungslücke, die im Wege einer Rechtsanalogie zu §
233a AO 1977 zu schließen wäre.
Der Hinweis der Klägerin auf den
Gleichheitsgrundsatz ist daher unbegründet. Zum einen bestehen
wesensmäßige Unterschiede zwischen der
Investitionszulage als einer Subvention und den von § 233a AO
1977 erfassten Steuern. Zum anderen geht es bei einer Erhöhung
der zunächst festgesetzten Investitionszulage um die
Auszahlung eines Betrags durch das FA an den Anspruchsberechtigten
und nicht um die Erstattung eines zuvor vom Anspruchsberechtigten
an das FA geleisteten Betrags. Da der von der Klägerin
angeführte allgemeine Rechtsgrundsatz - wie erwähnt -
nicht anzuerkennen ist, ist der Gesetzgeber in seiner
Regelungsbefugnis insoweit nicht durch Gleichheitsgesichtspunkte
eingeschränkt. Er konnte daher auch in § 8 InvZulG 1991
die Verzinsung lediglich für den Rückforderungsanspruch
vorsehen.