Teilwertaufholung, Gewerbesteuer: Teilwertzuschreibungen nach einer ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung sind auch dann im Gewerbeertrag zu erfassen, wenn die Teilwertabschreibung gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991/1999 dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet worden war. - Urt.; BFH 23.9.2008, I R 19/08; SIS 08 44 43
I. Die am 29.10.1998 gegründete
Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH,
erwarb am selben Tag sämtliche Anteile an der mit einem
Stammkapital von 50.000 DM ausgestatteten S-GmbH zu einem Kaufpreis
von 1.067.000 DM. Die S-GmbH hatte in der Vergangenheit die von ihr
erzielten Gewinne in erheblichem Umfang thesauriert. Die
Klägerin beschloss am 8.12.1998 eine Vorabausschüttung in
Höhe von 1.220.354 DM. Im Jahresabschluss 1998 schrieb sie die
Gesamtanschaffungskosten der Beteiligung an der S-GmbH um 896.706
DM auf 286.000 DM ab.
In der Gewerbesteuererklärung für
1998 kürzte die Klägerin den Gewinn aus Gewerbebetrieb
nach § 9 Nr. 2a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1991) um den
Beteiligungsertrag. Ab dem Jahr 1999 nahm sie Wertaufholungen
gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4
des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes
1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002) vom 24.3.1999 (BGBl I
1999, 402, BStBl I 1999, 304 - EStG 1997 n.F. - ), § 8 Abs. 1
des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor. Die um diese
Beträge erhöhten Gewinne legte sie als
Gewerbeerträge i.S. des § 7 Satz 1 GewStG 1999 den
Gewerbesteuererklärungen zu Grunde.
Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) war der Auffassung, dass der Gewinn aus
Gewerbebetrieb 1998 gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a
GewStG 1991 um die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung
(896.706 DM) zu erhöhen sei. Die Klägerin machte
daraufhin vergeblich geltend, die Gewerbeerträge der folgenden
Jahre seien ohne die Teilwerterhöhungen der Beteiligung zu
ermitteln.
Der gegen die Bescheide über die
Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum
31.12.1999 bis 31.12.2002 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2000
und 2001 erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) Münster
mit Urteil vom 7.12.2007 9 K 6262/04 G, F, veröffentlicht in
EFG 2008, 715 = SIS 08 15 80, statt.
Das FA stützt seine Revision auf
Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht die
Teilwertaufholungen nicht im Gewerbeertrag erfasst.
1. Nach § 7 GewStG 1991/1999 ist
Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes
oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus
Gewerbebetrieb, vermehrt und vermindert um die in den §§
8 und 9 GewStG 1991/ 1999 bezeichneten Beträge.
a) Die Summe des Gewinns und der
Hinzurechnungen wird nach § 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG 1991/1999
u.a. gekürzt um die Gewinne aus Anteilen an einer nicht
steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft i.S. des
§ 2 Abs. 2 GewStG 1991/1999, wenn die Beteiligung zu Beginn
des Erhebungszeitraums mindestens ein Zehntel des Stammkapitals
beträgt und die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns
(§ 7 GewStG 1991/1999) angesetzt worden sind. Durch die
Vorschrift soll eine gewerbesteuerliche Doppelbelastung
ausgeschütteter Gewinne zum einen beim Anteilseigner, zum
anderen bei der Kapitalgesellschaft vermieden werden (Senatsurteil
vom 25.1.2006 I R 104/04, BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844 = SIS 06 16 58).
Diese Vorschrift war, worüber zwischen
den Beteiligten Einigkeit besteht, auf die im Jahr 1998
vorgenommenen Ausschüttungen aus der S-GmbH, die die
Klägerin in ihrem Betriebsvermögen hielt, anzuwenden.
b) Der Gewinn aus Gewerbebetrieb für 1998
war jedoch gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG 1991
um die ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung zu
erhöhen. Da der Gewinn aus Gewerbebetrieb um die
Gewinnausschüttung gekürzt wird (§ 9 Nr. 2a GewStG
1991/1999), soll, so die Gesetzesbegründung (BTDrucks 11/2157,
S. 175 f.), zur Vermeidung einer gewerbesteuerrechtlichen
Doppelentlastung auch die durch die Gewinnausschüttung
verursachte Wertminderung der Anteile erfolgsneutral behandelt
werden (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8.5.2003
IV R 35/01, BFHE 202, 360, BStBl II 2004, 460 = SIS 03 36 52;
Senatsurteil vom 2.2.1994 I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994,
768 = SIS 94 14 33).
2. Da die Beteiligung in den Folgejahren
wieder an Wert gewonnen hat, hat die Klägerin zutreffend in
ihren Bilanzen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m.
Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. zu den jeweiligen Stichtagen die
höheren Teilwerte angesetzt. Diese Wertaufholungen sind
gemäß § 7 Satz 1 GewStG 1999 im Gewerbeertrag zu
erfassen.
Wie aus § 7 Satz 1 GewStG 1999
ersichtlich, können sich Kürzungen des Gewinns aus
Gewerbebetrieb nur aus § 9 GewStG 1999 ergeben. Diese
Vorschrift enthält jedoch keine Regelung, die eine
Kürzung des Gewinns aus Gewerbebetrieb um die
Teilwertzuschreibungen ermöglichte (gleicher Ansicht
Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Verfügung vom 21.1.2004,
FR 2004, 242 = SIS 04 05 34). Insbesondere ergibt sich eine solche
Kürzungsmöglichkeit - wie vom FG zutreffend
ausgeführt - nicht aus § 9 Nr. 2a GewStG 1999. Zu den
Gewinnen aus Anteilen rechnen alle wirtschaftlichen Vorteile, die
aus dem Besitz der Anteile gezogen werden und die beim
Anteilseigner zu steuerbaren Bezügen führen
(Senatsurteile in BFHE 213, 19, BStBl II 2006, 844 = SIS 06 16 58;
in BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768 = SIS 94 14 33). In erster
Linie sind dies die aus den Anteilen fließenden Dividenden.
Werterhöhungen der Anteile sind indessen keine Gewinne aus
Anteilen i.S. dieser Vorschrift (Blümich/Gosch, § 9
GewStG Rz 187; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 6.
Aufl., § 9 Nr. 2a Rz 5). Auch im Übrigen eröffnet
§ 9 GewStG 1999 keine Kürzungsmöglichkeit.
3. Das Gesetz ist insoweit nicht
lückenhaft.
§ 8 Nr. 10a GewStG 1991/1999 wurde durch
das Steuerreformgesetz 1990 vom 25.7.1988 (BGBl I 1988, 1093, BStBl
I 1988, 224) in das Gewerbesteuergesetz eingefügt. Der
Gesetzgeber hat eine Regelung dahingehend, dass Teilwertaufholungen
nach vorangegangener ausschüttungsbedingter
Teilwertabschreibungen im Gewerbeertrag nicht zu erfassen sind,
nicht getroffen. Selbst wenn er die gewerbesteuerrechtlichen Folgen
der Teilwertzuschreibung nach vorangegangener
ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung bei
Einführung des Wertaufholungsgebots durch § 6 Abs. 1 Nr.
2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG 1997 n.F. nicht bedacht haben
sollte, bestünde für den Senat keine Handhabe, den in
§ 9 GewStG 1999 detailliert und abschließend geregelten
Katalog der Gewinnkürzungen richterrechtlich um einen weiteren
Tatbestand zu ergänzen.
Dies führt zwar zu einer
gewerbesteuerlichen Doppelbelastung. Wie der Senat bereits mehrfach
entschieden hat, besteht jedoch im Gewerbesteuerrecht weder ein
allgemeiner Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass eine Kürzung bei
der Ermittlung des Gewerbeertrages durchzuführen ist, soweit
es ohne diese Kürzung zu einer Doppelerfassung kommt, noch
muss umgekehrt eine Kürzung unterbleiben, wenn dies zu einer
doppelten Entlastung führt (Senatsurteile vom 22.2.2006 I R
120/04, BFHE 213, 25, BStBl II 2007, 321 = SIS 06 27 09; in BFHE
213, 19, BStBl II 2006, 844 = SIS 06 16 58; vom 15.9.2004 I R
16/04, BFHE 208, 277, BStBl II 2005, 297 = SIS 05 11 93; vom
23.10.1985 I R 235/81, BFHE 145, 76, BStBl II 1986, 72 = SIS 86 04 25).
4. Ungeachtet dessen, dass der
Gewerbesteuermessbetrag 1998 nicht in Streit ist, stellen die
Teilwertaufholungen auch kein rückwirkendes Ereignis i.S. des
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung dar, das eine
Minderung des gemäß § 8 Nr. 10 Buchst. a GewStG
1991 hinzugerechneten Betrages ermöglichte (anderer Ansicht
Roser in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 10 Rz
17).