Betriebsaufspaltung, personelle Verflechtung trotz Verbot des Selbstkontrahierens bei Betriebs-GmbH-Geschäftsführer: Die personelle Verflechtung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einer GmbH ist auch dann gegeben, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer der GbR, der zugleich alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist, zwar von der GbR nicht vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit ist, aufgrund seiner beherrschenden Stellung in der GmbH aber bewirken kann, dass auf Seiten der GmbH nicht er selbst als deren Vertreter auftritt. - Urt.; BFH 24.8.2006, IX R 52/04; SIS 07 00 15
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts
(GbR); sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom November 1990
gegründet und beschäftigt sich mit der Vermietung und
Verpachtung des privaten Grundbesitzes ihrer Gesellschafter. An der
GbR sind seit ihrem Beginn die Eheleute G.B. und E.B. sowie deren
drei Söhne (O., D., und I.B.) beteiligt. G.B.’s
Beteiligung an der Klägerin betrug zunächst 35 v.H.,
später - u.a. im Streitjahr (1997) - 20 v.H. Nach § 5
Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (GV) ist G.B. alleine zur
Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft
berechtigt und verpflichtet. Alle den Gesellschaftern durch Gesetz
oder Vertrag zugewiesenen Entscheidungen werden nach § 5 Abs.
3 GV mit 2/3 Mehrheit getroffen.
Im September 1992 schloss die Klägerin
mit der Autohaus B. GmbH (GmbH) einen Mietvertrag über
gewerbliche Räume ab. Die GmbH betreibt einen Autohandel mit
Werkstatt. G.B. ist an der GmbH zu 75 v.H. beteiligt und deren
alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Die
Klägerin hatte das Grundstück für Zwecke der GmbH
bebaut. Es wird von der GmbH zu 63 v.H. genutzt; im Übrigen
ist es fremdvermietet. Den Mietvertrag unterschrieben für die
Klägerin als Vermieterin neben G.B. auch die anderen
Gesellschafter, für die GmbH allein G.B.
Im Dezember des Streitjahres übertrug
G.B. seine Anteile an der GmbH auf seine beiden Söhne (O. und
D.B.), die danach zu jeweils 50 v.H. an der GmbH beteiligt
sind.
Zusammenfassend ergeben sich folgende
Beteiligungsverhältnisse:
An der Klägerin
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1990 bis 1992
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1992 bis 1995
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1995 bis heute
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G.B.
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35
v.H.
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20
v.H.
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20
v.H.
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E.B.
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35
v.H.
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39
v.H.
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29
v.H.
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O.B.
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12,5 v.H.
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17
v.H.
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17
v.H.
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D.B.
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12,5 v.H.
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17
v.H.
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17
v.H.
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I.B.
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5
v.H.
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7
v.H.
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17
v.H.
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An der GmbH
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Gründung bis 1988
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1988 bis zum Streitjahr
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G.B.
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75
v.H.
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75
v.H.
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E.B.
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25
v.H.
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O.B.
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12,5 v.H.
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D.B.
|
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12,5 v.H.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) ging davon aus, durch die
Anteilsübertragung sei die bis dahin bestehende
Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der GmbH beendet
worden und ermittelte einen Aufgabegewinn von 785.500 DM, den er im
Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von
Einkünften aus Gewerbebetrieb feststellte. Der Einspruch mit
dem Begehren, mangels einer Betriebsaufspaltung keine
Einkünfte aus Gewerbebetrieb und damit auch keinen
Aufgabegewinn, sondern solche aus Vermietung und Verpachtung
festzustellen, blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt
und führte in seinem in EFG 2005, 121 = SIS 05 05 42
veröffentlichten Urteil aus, die Voraussetzungen einer
Betriebsaufspaltung hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Es
fehle an einer personellen Verflechtung zwischen der Klägerin
und der GmbH. Eine personelle Verflechtung liege nicht vor, wenn an
der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter der
Besitzpersonengesellschaft beteiligt seien und zur Beschlussfassung
in der Besitzpersonengesellschaft die Zustimmung auch sog.
„Nur-Besitzgesellschafter“ erforderlich seien. So
verhalte es sich im Streitfall. An der Betriebsgesellschaft seien
nie mehr als drei sog. Doppelgesellschafter beteiligt gewesen,
Beschlüsse bei der Klägerin hätten jedoch der
Zustimmung von mindestens vier Gesellschaftern bedurft. Auch die
Stellung des G.B. als Geschäftsführer der Klägerin
reiche nicht aus. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe dies in seinem
Urteil vom 1.7.2003 VIII R 24/01 (BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757
= SIS 03 36 53) für den hier nicht vorliegenden Sonderfall
erkannt, in dem Doppelgesellschaftern von den
Nur-Besitzgesellschaftern Generalvollmacht zur Vertretung in allen
privaten und behördlichen Angelegenheiten und - anders als im
Streitfall - Befreiung von den Beschränkungen des § 181
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) erteilt worden
seien.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA,
die es auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Es seien
keine Gründe erkennbar, die eine von der BFH-Entscheidung in
BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757 = SIS 03 36 53 abweichende
Beurteilung erlaubten.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet. Die
Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
).
Unzutreffend hat das FG Einkünfte aus
Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) festgestellt. Die Klägerin
erzielte vielmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund einer
Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der GmbH (1.)
und muss deshalb den Gewinn aus der durch personelle Entflechtung
bedingten Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 i.V.m.
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG versteuern (2.).
1. Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach
§ 15 Abs. 1 EStG statt solcher aus Vermietung und Verpachtung
erzielt eine Personengesellschaft, die - obschon sie lediglich
Grundbesitz vermietet (Besitzunternehmen) - mit einem
Betriebsunternehmen sachlich und personell verflochten ist. Eine
sachliche Verflechtung ist gegeben, wenn das vermietete
Wirtschaftsgut wesentliche Betriebsgrundlage des
Betriebsunternehmens ist. Die Unternehmen sind personell
miteinander verflochten, wenn daran Personen beteiligt sind, die
das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen und auch in der
Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen können
(ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss des
Großen Senats vom 8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II
1972, 63 = SIS 72 00 39; BFH-Urteil in BFHE 202, 535, BStBl II
2003, 757 = SIS 03 36 53).
Im Streitfall waren die Klägerin und die
GmbH wegen des Vermietens des für die Zwecke der GmbH
besonders gestalteten Grundstücks unstreitig sachlich, aber
auch personell miteinander verflochten. Zwar erreichten diejenigen
Gesellschafter der Klägerin, die zugleich an der
Betriebsgesellschaft beteiligt waren und dort ihren Willen
durchsetzen konnten (die Gesellschafter G.B., O. und D.B.), nach
den Feststellungen des FG zu keinem Zeitpunkt die für
Entscheidungen der Klägerin nach dem Gesellschaftsvertrag
notwendige 2/3-Mehrheit. Das steht der personellen Verflechtung
aber nicht entgegen, wenn Beherrschungsidentität jedenfalls in
Bezug auf die laufenden Geschäfte besteht, wozu es aufgrund
entsprechender Geschäftsführungsbefugnisse kommen kann
(ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile in BFHE 202, 535,
BStBl II 2003, 757 = SIS 03 36 53, und vom 30.11.2005 X R 56/04,
BFHE 212, 100, BStBl II 2006, 415 = SIS 06 19 80).
a) Im Streitfall beherrschte der
Gesellschafter G.B. die Klägerin. Er war aufgrund des
Gesellschaftsvertrags nach § 710 BGB zum
Gesellschafter-Geschäftsführer berufen und konnte deshalb
über die Überlassung des Grundstücks zur Nutzung
eigenverantwortlich entscheiden (vgl. auch BFH-Urteil vom 21.8.1996
X R 25/93, BFHE 181, 284, BStBl II 1997, 44 = SIS 97 04 19, unter
4.).
b) Ihm konnte diese einmal übertragene
Geschäftsführungsbefugnis nur durch einen Beschluss mit
2/3-Mehrheit der Gesellschafter und damit nicht allein durch solche
Gesellschafter wieder entzogen werden, die lediglich an der
Klägerin, nicht aber an der GmbH beteiligt waren (zur
Maßgeblichkeit der Personengruppe auch in diesem Fall vgl.
BFH-Urteil in BFHE 202, 535, BStBl II 2003, 757 = SIS 03 36 53,
unter II. 2. b dd, m.w.N.). Nach den Feststellungen des FG
erreichte diese aus E.B und I.B. bestehende Gruppe in keinem Fall
die 2/3-Mehrheit.
c) Der Senat kann offen lassen, ob - wovon das
FG ersichtlich ausgeht - dem Geschäftsführer G.B.
Insichgeschäfte (§ 181 BGB) von der Klägerin nicht
gestattet waren. Zwar gilt § 181 BGB auch für
Geschäftsführer einer GbR, soweit sie namens der
Gesellschaft mit sich als Vertreter Dritter rechtsgeschäftlich
handeln (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl., § 714 Rdnr.
29). Indes kommt es - worauf der BFH schon in seiner Entscheidung
vom 26.1.1989 IV R 151/86 (BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455 = SIS 89 13 24) hingewiesen hat - nicht darauf an, auf welchem
gesellschaftsrechtlichen Wege G.B. in beiden Gesellschaften seinen
Willen durchsetzen konnte. So war er aufgrund seiner in der GmbH
beherrschenden Stellung in der Lage, einen Gesellschafterbeschluss
nach § 47 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften
mit beschränkter Haftung (GmbHG) herbeizuführen, der es
ermöglichte, dass auf Seiten der Betriebsgesellschaft
jedenfalls nicht er selbst als Vertreter auftrat (vgl. zu den
Zuständigkeiten Zöller in Baumbach/Hueck, GmbHG, 18.
Aufl., § 46 Rn. 5 und Rn. 52; vgl. auch Palandt/ Heinrichs,
Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl., § 181 Rn. 13). So
verhält es sich, wenn die Gesellschafter nach § 46 Nr. 7
GmbHG einen Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten
bestimmen oder selbst durch Beschluss ein Rechtsgeschäft mit
der Klägerin vornehmen. Ob der Gesellschafter G.B. im letzten
Fall vom Stimmrecht ausgeschlossen war, obschon es nach § 47
Abs. 4 Satz 2 GmbHG um die Vornahme eines Rechtsgeschäfts
nicht gegenüber ihm, sondern gegenüber der Klägerin
ging (vgl. zur Problematik Roth in Roth/Altmeppen, Gesetz
betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung
(GmbHG), 5. Aufl., § 47 Rn. 82 ff.), kann unerörtert
bleiben. Darauf kommt es nämlich nicht an (so BFH-Urteil in
BFHE 156, 138, BStBl II 1989, 455 = SIS 89 13 24, unter 3.), und
zwar schon deshalb nicht, weil nach § 41 Abs. 1 der
Abgabenordnung (AO 1977) auch zivilrechtlich unwirksame
Rechtsgeschäfte für die Besteuerung erheblich sind, wenn
die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis eintreten und bestehen
lassen.
2. Mit der Übertragung der Anteile des
G.B. auf seine Söhne O. und D.B. kam es im Streitjahr zu einer
personellen Entflechtung mit der Folge einer Betriebsaufgabe i.S.
des § 16 Abs. 3 EStG (ständige Rechtsprechung, vgl.
BFH-Urteile vom 25.8.1993 XI R 6/93, BFHE 172, 91, BStBl II 1994,
23 = SIS 93 23 34, m.w.N.; Schmidt/ Wacker, EStG, 25. Aufl., §
15 Rz. 865). Die Klägerin muss den Betriebsaufgabegewinn nach
§ 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG versteuern. Für die
Annahme, die Betriebsaufspaltung habe nur eine Betriebsverpachtung
mit der Folge eines Verpächterwahlrechts überlagert
(BFH-Urteile vom 17.4.2002 X R 8/00, BFHE 199, 124, BStBl II 2002,
527 = SIS 02 09 58, und vom 14.3.2006 VIII R 80/03, BFHE 212, 541,
BStBl II 2006, 591 = SIS 06 25 30), fehlen jegliche
Anhaltspunkte.
3. Da das angefochtene Urteil diesen
Maßstäben nicht entspricht, ist es aufzuheben. Die Sache
ist nicht spruchreif. Das FG hatte von seinem Standpunkt aus
folgerichtig keinerlei Feststellungen zur Höhe des
Aufgabegewinns getroffen. Das wird es in einer neuen Verhandlung
und Entscheidung nachzuholen haben.