Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Köln vom 06.09.2022 - 7 K 2720/20 = SIS 23 03 87 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Köln
zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Die im Inland wohnende Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Tochter der am
…2015 verstorbenen Erblasserin.
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Die Erblasserin hatte im … 1990 eine
Stiftung nach liechtensteinischem Recht gegründet. Nach deren
Statuten war Zweck der Stiftung die Bestreitung der Kosten der
Erziehung und Bildung, der Ausstattung und Unterstützung, des
Lebensunterhalts im allgemeinen sowie die wirtschaftliche
Förderung im weitesten Sinne von Angehörigen bestimmter
Familien sowie die Verfolgung ähnlicher Zwecke. Die Stiftung
wurde unter Einschaltung einer Treuhand- und Verwaltungsanstalt auf
Dauer errichtet und ihre Rechtsverhältnisse unterlagen
ausschließlich liechtensteinischem Recht. Die Stifterin und
in Folge der Stiftungsrat, der einziges und oberstes Organ der
Stiftung war, hatten die Befugnis, nach freiem Ermessen die
Begünstigten und die Voraussetzung für die
Begünstigung sowie deren Inhalt zu bestimmen und diese
wiederum zu entziehen. Die Treuhand- und Verwaltungsanstalt
beziehungsweise die von ihr eingesetzten Mitglieder des
Stiftungsrats verpflichteten sich aufgrund eines Mandatsvertrags,
das Mandat als Mitglied des Stiftungsrats ausschließlich auf
Weisungen der Erblasserin auszuüben. Mit dem Tod der
Erblasserin erlosch der Mandatsvertrag; die Einsetzung der
Mitglieder des Stiftungsrats blieb davon unberührt. Nach den
Beistatuten war die Erblasserin zu ihren Lebzeiten die
Alleinbegünstigte der Stiftung. Nach ihrem Tod sollte die
Klägerin eine lebenslange jährliche Rente in Höhe
von … CHF erhalten. Nach dem Ableben der Erblasserin und der
Klägerin sollten Einkommen und Kapital der Stiftung für
gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
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Im … 2008 wurden die Bestimmungen in
den Beistatuten hinsichtlich der Begünstigung und der Anlage
des Stiftungsvermögens dahingehend gefasst, dass zeit ihres
Lebens Erstbegünstigte hinsichtlich Substanz und Ertrag des
Stiftungsvermögens die Erblasserin war und die
Begünstigung, mit Ausnahme der in den Stiftungsstatuten,
-dokumenten und Beistatuten normierten Beschränkungen,
keinerlei weiteren Einschränkungen unterlag. Mit dem Tod der
Erblasserin konnten die Beistatuten nicht mehr geändert
werden. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Klägerin
Nachfolgebegünstigte werden. Aus dem Stiftungsvermögen
sollte sie eine jährliche Rente in Höhe von … CHF
erhalten. Der Stiftungsrat konnte nach freiem und
uneingeschränktem Ermessen diese Rente auf jährlich
… CHF erhöhen, falls ihm Not oder sonstiger Bedarf
nachgewiesen wurde.
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Am …2009 wurde durch Beschluss des
Stiftungsrats die Regelung über die Nachfolgebegünstigung
dahingehend ergänzt, dass die Rente an die Klägerin
zweimal jährlich - zum 30.06. und 31.12. - auszuzahlen war. Im
Jahr 2010 wurde durch Beschluss des Stiftungsrats diese Regelung
dahingehend ergänzt, dass die jährliche Rentenzahlung an
die Klägerin noch zu Lebzeiten der Erblasserin am …2010
begann. Die zu Lebzeiten der Erblasserin erbrachten Zahlungen der
Stiftung an die Klägerin wurden bei dieser der Schenkungsteuer
unterworfen.
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Nach dem Tod der Erblasserin am
…2015 setzte der Beklagte und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) die Erbschaftsteuer mit Bescheid vom 22.08.2016
unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
erklärungsgemäß auf … EUR fest. Die
Schenkungen an die Klägerin aus dem Stiftungsvermögen zu
Lebzeiten der Erblasserin wurden als Vorerwerbe
berücksichtigt. Mit Änderungsbescheid vom 29.01.2018
setzte das FA die Erbschaftsteuer auf … EUR fest. Es sah
nunmehr die Ansprüche der Klägerin als
Nachbegünstigte gegen die Stiftung auf Auszahlung der
jährlichen Rente als steuerpflichtigen Erwerb aufgrund eines
Vertrags zugunsten Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) an. Für
die Berechnung der Bereicherung zog das FA den auf die Lebenszeit
der am Todestag der Erblasserin …-jährigen
Klägerin kapitalisierten Wert der Rentenzahlungen heran und
ermittelte diesen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1, 2 und 4
des Bewertungsgesetzes (BewG) i.V.m. der Anlage zu § 14 Abs. 1
BewG (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.10.2012,
BStBl I 2012, 950 = SIS 12 28 09 und vom 21.11.2014, BStBl I 2014,
1576 = SIS 14 30 78) dadurch, dass es den Jahreswert der
Auszahlungen in Höhe von … CHF, umgerechnet im
Streitjahr 2015 in Höhe von … EUR, mit dem
Vervielfältiger von 9,166 multiplizierte. Die Bereicherung der
Klägerin sah das FA nicht in der Übertragung des gesamten
Stiftungsvermögens, sondern in der durch die Erblasserin im
Stiftungsstatut veranlassten Rentenberechtigung der Klägerin
gegenüber der Stiftung.
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Den Einspruch der Klägerin wies das FA
mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2020 als unbegründet
zurück. Nach seiner Auffassung lag sowohl ein Erwerb von Todes
wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. der
Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als auch ein Erwerb aufgrund
eines Vertrags zugunsten Dritter nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG
vor.
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Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte
Erfolg. Das FG führte zur Begründung im Wesentlichen aus,
der Erbfall unterliege dem deutschen Erbstatut. Ob Rechte, die
ihren Grund im Stiftungsrecht haben, dem Grunde nach vererblich
seien, richte sich hingegen nach dem Personalstatut der Stiftung,
im Streitfall nach liechtensteinischem Recht. Nach diesen
Grundsätzen liege im Streitfall kein Erwerb von Todes wegen
nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 1922
BGB vor. Das Stiftungsvermögen sei bei Tod der Erblasserin
intransparent geworden und die Herrschaftsbefugnisse seien
erloschen, da der Mandatsvertrag mit dem Stiftungsrat zu diesem
Zeitpunkt geendet habe. Ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4
ErbStG sei ebenso wenig gegeben. Bei der Stiftungssatzung und den
Beistatuten handle es sich nicht um einen Vertrag zugunsten
Dritter. Das Urteil des FG ist in EFG 2023, 635 = SIS 23 03 87
veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht das FA eine
Verletzung von § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 4 ErbStG geltend. Bei den
durch die Erblasserin angeordneten Rentenzahlungen an die
Klägerin handle es sich um einen Erwerb von Todes wegen nach
§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Herrschaftsbefugnis über das
Vermögen der Stiftung - beschränkt auf die
Rentenforderung - sei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die
Klägerin übergegangen. In Höhe der zugesagten
jährlichen Zahlungen an die Klägerin sei ein
Herausgabeanspruch gegen die Stiftung in den Nachlass gefallen. Der
Herausgabeanspruch ermögliche der Klägerin die
gerichtliche Durchsetzung gegenüber der Stiftung. Der
Rentenanspruch der Klägerin habe auf den
Herrschaftsbefugnissen der Erblasserin beruht und sei mit ihrem Tod
in den Herrschaftsbereich der Klägerin übergegangen.
Ausschließlich dieser Rentenanspruch sei Gegenstand der
Besteuerung. Der Rentenanspruch sei ausweislich der Vereinbarungen
in den Beistatuten erst mit dem Tod der Erblasserin entstanden,
sodass diesbezüglich ein Erwerb von Todes wegen nach § 3
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorliege. Das übrige Vermögen sei auf
die Stiftung übergegangen und - unstreitig - nicht Gegenstand
der Besteuerung. Zudem sei die anteilige Auskehrung des
Vermögens einer liechtensteinischen Stiftung an den
Nachbegünstigten in Übereinstimmung mit dem Urteil des FG
Bremen vom 16.06.2010 - 1 K 18/10 (5) (EFG 2010, 1801 = SIS 10 29 69) als Erwerb im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG anzusehen.
Das Tatbestandsmerkmal „Vertrag zugunsten
Dritter“ sei weit auszulegen. Es könne
auch einseitige Rechtsgeschäfte wie das Stiftungsgeschäft
umfassen, wenn sie ähnliche rechtliche Wirkungen wie ein
Vertrag zugunsten Dritter hätten.
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Das FA beantragt,
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die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG liege nicht vor. Das Rentenstammrecht sei zu keinem
Zeitpunkt im Vermögen der Erblasserin gewesen und insoweit
nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin
übergegangen. Im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin sei die
Stiftung unstreitig intransparent geworden. Das
Stiftungsvermögen einschließlich des Rentenstammrechts
sei nicht mehr der Erblasserin, sondern der Stiftung selbst
zuzurechnen gewesen und habe deshalb nicht zum Nachlass der
Erblasserin gehört. Auch ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4
ErbStG sei nicht gegeben. In den Willenserklärungen der
Erblasserin sei kein Vertrag zugunsten Dritter zu sehen, sodass
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht direkt, sondern höchstens
analog anwendbar sei. Eine solche Analogie sei im
Erbschaftsteuerrecht aber nicht zulässig. Eine wirtschaftliche
Betrachtungsweise scheide aus.
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II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG
hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein Erwerb durch
Schenkung auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1
ErbStG i.V.m. § 2301 BGB vorliegt. Dass das FA dies in der
Revisionsbegründung nicht gerügt hat, ist ohne Bedeutung.
Stützt der Revisionskläger sein Rechtsmittel - wie im
Streitfall - in zulässiger Weise auf die Verletzung
materiellen Rechts, prüft der Bundesfinanzhof (BFH) nach dem
Grundsatz der Vollrevision das angefochtene Urteil in vollem Umfang
auf die Verletzung revisiblen Rechts, ohne dabei an die
vorgebrachten Revisionsgründe gebunden zu sein (§ 118
Abs. 3 Satz 2 FGO, vgl. BFH-Urteil vom 14.12.2023 - V R 28/21, BFHE
282, 526, BStBl II 2024, 425 = SIS 24 06 17, m.w.N.).
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1. Der Erbschaftsteuer unterliegt nach §
1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 ErbStG der Erwerb von Todes wegen.
Dazu gehört auch der Erwerb durch Schenkung auf den Todesfall
(§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG i.V.m. § 2301 BGB).
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a) Eine Schenkung auf den Todesfall im Sinne des
§ 3 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 ErbStG ist ein Schenkungsversprechen
unter der Bedingung, dass der Beschenkte den Schenker überlebt
(sogenannte Überlebensbedingung). Der Zweck der Regelung
besteht darin, eine Umgehung erbrechtlicher Regelungen durch
Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die erst mit dem Tod
erfüllt werden, zu verhindern. Das Bürgerliche Gesetzbuch
unterscheidet zwischen der Schenkung auf den Todesfall, bei der das
bedingte Schenkungsversprechen mit dem Tod des Erblassers durch den
Erben erfüllt wird (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB), und dem
Fall, dass der Verstorbene selbst die Leistung erbracht, also die
Schenkung bewirkt hat (§ 2301 Abs. 2 BGB). Im ersten Fall
erlangt der mit der Schenkung Bedachte mit dem Tod des Schenkers
einen entsprechenden Anspruch gegen den Erben, das
Schenkungsversprechen zu erfüllen. Auf diesen Fall finden die
Vorschriften über Verfügungen von Todes wegen Anwendung
(§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB). Hat der Schenker jedoch bereits zu
Lebzeiten die Leistung bewirkt und wird die Schenkung allein mit
Eintritt der Bedingung (Tod des Schenkenden) wirksam, finden nach
§ 2301 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Schenkung
unter Lebenden Anwendung (Daragan in Daragan/Halaczinsky/Riedel,
ErbStG, BewG, 4. Aufl., § 3 ErbStG Rz 76; Kepper in
Kapp/Ebeling, § 3 ErbStG Rz 236; Esskandari in
Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, Stand 11.2024, §
3 ErbStG Rz 104; Hülsmann in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG,
§ 3 ErbStG Rz 164, Stand 09.2023; Loose in von
Oertzen/Loose/Stalleiken, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, 3. Aufl., § 3 Rz 80; Wälzholz in
Viskorf/Schuck/Wälzholz, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 7. Aufl., § 3 ErbStG
Rz 120).
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b) Für eine wirksame Schenkung bedarf es
einer Einigung des Begünstigten mit dem Schenker über die
Unentgeltlichkeit der Zuwendung gemäß § 516 BGB,
wobei es ausreicht, wenn diese erst nach dem Tod des Schenkers
zustande kommt (§§ 130, 153 BGB). Selbst wenn es sich auf
Seiten des Schenkers lediglich um ein Schenkungsversprechen
handelt, und sei es auch nur ein durch das Überleben des
Beschenkten bedingtes Versprechen, ist dieses nicht schon deshalb
unwirksam, weil es weder den Formvorschriften für
Verfügungen von Todes wegen (§ 2301 Abs. 1 Satz 1 BGB)
noch denjenigen für Schenkungsversprechen (§ 518 Abs. 1
Satz 1 BGB) genügt. Denn die Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs (BGH) nimmt in diesen Fällen im Hinblick
auf den sogenannten „Von-Selbst-Erwerb“
des Begünstigten sowohl Vollziehung im Sinne von § 2301
Abs. 2 BGB als auch Heilung des Formmangels gemäß §
518 Abs. 2 BGB an (BGH-Urteil vom 29.01.1964 - V ZR 209/61, BGHZ
41, 95).
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c) Das FG hat keine Feststellungen dazu
getroffen, ob ein solches Schenkungsversprechen der Erblasserin
hinsichtlich des an die Klägerin von der Stiftung
jährlich auszuzahlenden Betrages von … CHF schon zu
Lebzeiten der Erblasserin erfolgte oder durch die Stiftung
übermittelt wurde (s. hierzu Urteil des Oberlandesgerichts
Stuttgart vom 29.06.2009 - 5 U 40/09, Zeitschrift für Erbrecht
und Vermögensnachfolge 2010, 265, unter II.2.c). Seine
Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif.
Sie muss zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO
zurückverwiesen werden.
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2. Im Rahmen der erneuten Entscheidung wird
das FG weiter zu prüfen haben, welches Erbstatut im
vorliegenden Fall Anwendung findet.
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a) Die Voraussetzungen für die
persönliche Steuerpflicht der Klägerin sind nach § 2
Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, da diese gemäß §
2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a ErbStG im Inland ihren Wohnsitz
hatte und somit zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9
ErbStG) Inländerin war.
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b) Das FG wird im zweiten Rechtsgang jedoch
Feststellungen zu treffen haben, die seine Entscheidung tragen,
dass im Streitfall in Bezug auf das Erbrecht das deutsche Erbstatut
gilt. Es wird dabei auch zu prüfen haben, ob ein
ausländisches Erbstatut Anwendung findet. Da nach Aktenlage
die Erblasserin im Todeszeitpunkt am …2015 weder ihren
gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte noch die deutsche
Staatsangehörigkeit besaß, liegen Anhaltspunkte
dafür vor, dass nach Art. 25 des Einführungsgesetzes zum
Bürgerlichen Gesetzbuch i.d.F. des Gesetzes zum
Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum
Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom
29.06.2015 (BGBl I 2015, 1042) i.V.m. der Verordnung (EU) Nr.
650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
04.07.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende
Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die
Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen
sowie zur Einführung eines Europäischen
Nachlasszeugnisses (Amtsblatt der Europäischen Union 2012, Nr.
L 201, 107), deutsches Erbrecht nicht auf den Erbfall anwendbar
ist.
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3. Für den zweiten Rechtsgang weist der
BFH auf Folgendes hin:
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a) Sollten die Feststellungen ergeben, dass
deutsches Erbrecht Anwendung findet, liegt hinsichtlich der
jährlichen Zahlungen der Stiftung an die Klägerin nach
dem Tod der Erblasserin weder ein Erwerb durch Erbanfall (§ 3
Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB) noch
durch ein Vermächtnis (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2
ErbStG i.V.m. §§ 2147 ff. BGB) vor. Ebenso wenig ist ein
Vermögensvorteil gegeben, der aufgrund eines von der
Erblasserin geschlossenen Vertrags bei deren Tod von der
Klägerin unmittelbar erworben wurde (§ 3 Abs. 1 Nr. 4
ErbStG).
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aa) Ein Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs.
1 Nr. 1 Alternative 1 ErbStG i.V.m. § 1922 BGB) ist - wie das
FG zutreffend ausgeführt hat - nicht gegeben. Das
Stiftungsvermögen, aus dem die Rentenzahlungen zu erbringen
waren, wurde mit dem Tod der Erblasserin nach den Kriterien der
BFH-Urteile vom 28.06.2007 - II R 21/05 (BFHE 217, 254, BStBl II
2007, 669 = SIS 07 27 17) und vom 05.12.2018 - II R 9/15 (BFHE 263,
283, BStBl II 2020, 655 = SIS 19 04 34) intransparent und fiel
nicht in den Nachlass, da die Herrschaftsbefugnisse über das
Vermögen der ausländischen Stiftung nicht vererblich
waren und mit dem Tod der Stifterin erloschen sind.
Rechtsnachfolger hinsichtlich des Stiftungsvermögens war
danach allein die Stiftung.
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Die Erblasserin war vor ihrem Tod auch nicht
Inhaberin eines Rentenstammrechts. Die aus dem
Stiftungsvermögen zu erbringenden Rentenzahlungen gingen
deshalb nicht als vererbtes Rentenstammrecht im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge von der Erblasserin auf die Klägerin
über. Die Klägerin erhielt die Rentenzahlungen nach dem
Tod der Erblasserin somit nicht aus dem Nachlass, sondern
originär aus einem eigenen Anspruch gegen die Stiftung.
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bb) Es liegt auch kein Erwerb durch
Vermächtnis im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2
ErbStG i.V.m. §§ 2147 ff. BGB vor. Mit einem
Vermächtnis können gemäß § 2147 Satz 1
BGB nur Erben oder andere Vermächtnisnehmer beschwert sein
(BeckOK BGB/Müller-Christmann, Ed. 01.02.2025, § 2147 Rz
1 ff.; Grüneberg/Weidlich, Bürgerliches Gesetzbuch, 84.
Aufl., § 2147 Rz 1 ff.). Die Stiftung gehört im
Streitfall nicht zu diesem Personenkreis.
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cc) Die nach dem Tod der Erblasserin an die
Klägerin aus dem Stiftungsvermögen zu entrichtenden
Rentenzahlungen unterliegen auch nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4
ErbStG der Erbschaftsteuer. Danach gilt als Erwerb jeder
Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser
geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar
erworben wird.
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Im Streitfall fehlt es bereits an einem
Vertrag. Weder das Stiftungsstatut noch das Beistatut stellen einen
Vertrag dar. Der Begriff des „Vertrags“
im Sinne dieser Vorschrift ist eng auszulegen. Er setzt ein
zweiseitiges Rechtsgeschäft und dementsprechend zwei
übereinstimmende empfangsbedürftige
Willenserklärungen voraus, wie sie das deutsche Zivilrecht in
§§ 145 ff. BGB für einen Vertragsschluss mit Angebot
und Annahme vorsieht (Esskandari in Lippross/Seibel, Basiskommentar
Steuerrecht, Stand 11.2024, § 3 ErbStG Rz 128). Durch den
Abschluss eines solchen Vertrags zwischen dem Erblasser und dem
Vertragspartner erlangt der begünstigte Dritte einen
unmittelbaren Rechtsanspruch gegen den Vertragspartner. Einseitige
Rechtsgeschäfte - wie vorliegend nach deutschem Zivilrecht
gemäß § 81 BGB das Stiftungsgeschäft als
einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung
(vgl. Erman/Wiese, BGB, 17. Aufl., § 81 Rz 3) - sind deshalb
kein Vertrag im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG (FG
Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2014 - 4 K 3718/12 Erb, EFG 2014,
855 = SIS 15 00 98; FG Köln, Urteile vom 27.02.2019 - 7 K
3002/16, EFG 2020, 52 = SIS 19 17 73 und vom 27.02.2019 - 7 K
3003/16, EFG 2020, 52 = SIS 19 17 73; Kepper in Kapp/Ebeling,
§ 3 ErbStG Rz 260; einen Vertrag voraussetzend wohl auch Loose
in von Oertzen/Loose, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz,
2. Aufl., § 3 Rz 90; a.A. Urteil des Reichsfinanzhofs vom
18.03.1932 - V e A 1240/30, RStBl 1932, 534; FG Bremen, Urteil vom
16.06.2010 - 1 K 18/10 (5), EFG 2010, 1801 = SIS 10 29 69). Eine
erweiternde Auslegung des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG dahingehend,
dass von dem Wort „Vertrag“ auch
einseitige Rechtsgeschäfte mit vertragsähnlichen
Wirkungen umfasst sein sollen, ist nicht geboten. Der Wortlaut von
§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist klar. Eine Regelungslücke
liegt nicht vor.
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b) Sollten die Feststellungen des FG ergeben,
dass ausländisches Erbrecht zur Anwendung kommt, kann - je
nach Ausgestaltung des ausländischen Rechts - zu prüfen
sein, ob ein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2 ErbStG
vorliegt, weil nach der maßgeblichen ausländischen
Rechtsordnung ein einem Anspruch aus einem deutschen
Vermächtnis vergleichbarer Anspruch vorliegt, und ob die
Stiftung mit einem solchen Vermächtnis beschwert sein kann (s.
zur rechtsvergleichenden Beurteilung durch das FG BFH-Urteil vom
17.11.2021 - II R 39/19, BFHE 275, 261, BStBl II 2022, 478 = SIS 22 05 07, Rz 16 ff.).
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c) Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen,
dass die Voraussetzungen für eine Besteuerung des
Rentenstammrechts nach den Erwerbstatbeständen des § 3
ErbStG nicht vorliegen, könnte der Besteuerungstatbestand des
§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Alternative 2 ErbStG hinsichtlich der
aus dem Stiftungsvermögen ausgeschütteten Rentenzahlungen
gegeben sein (s. hierzu BFH-Urteil vom 25.06.2021 - II R 31/19,
BFHE 275, 240, BStBl II 2022, 497 = SIS 22 05 06). Jedoch ist die
Besteuerung des Erwerbs der Klägerin als Zwischenberechtigte
während des Bestehens der liechtensteinischen Stiftung als
Vermögensmasse nicht Streitgegenstand des vorliegenden
Verfahrens. Streitig ist hier allein die vom angefochtenen
Erbschaftsteuerbescheid umfasste Besteuerung des
Rentenstammrechts.
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4. Die Übertragung der Kostenentscheidung
folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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