Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Nürnberg vom 20.07.2021 - 1 K 1388/19 = SIS 22 07 08 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht
Nürnberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine einem international tätigen
Pharmakonzern mit ausländischer Konzernmuttergesellschaft
zugehörige GmbH, war in den Jahren 2006 bis 2010 (Streitjahre)
auf der Grundlage eines körperschaftsteuerrechtlichen
Organschaftsverhältnisses Organträgerin der A GmbH
(A).
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Der Vertrieb der Originalprodukte des
Konzerns in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland), für
den A zuständig war, war auch in den Streitjahren durch
sogenannte Parallelimporte beeinflusst. Hierbei werden
pharmazeutische Originalprodukte (keine Nachahmerprodukte) von
sogenannten Parallelimporteuren bei Großhändlern in
Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einem niedrigeren
Preisniveau (zum Beispiel Rumänien) aufgekauft und sodann in
ein Land mit einem hohen Preisniveau (zum Beispiel Deutschland)
exportiert. Dort werden sie von den Parallelimporteuren, die im
Inland als Konkurrenten von A in Erscheinung treten, an Apotheken
und Krankenhäuser verkauft, wobei sich die günstigeren
Einkaufskonditionen in einem niedrigeren Verkaufspreis
niederschlagen. Für inländische Apotheken besteht zur
Kostendämpfung im Gesundheitswesen eine gesetzliche
Verpflichtung, einen gewissen Anteil an Originalprodukten von den
Parallelimporteuren zu beziehen und vergünstigt an die Kunden
in Deutschland abzugeben (sogenannte Importförderklausel,
§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch; s. im
Einzelnen Krüger, DStR 2022, 2109, 2110 f.; Grotherr, Die
Unternehmensbesteuerung - Ubg - 2022, 576 f.). Auf die
Entscheidung, ob ein parallel importiertes Originalprodukt oder ein
über die inländische Vertriebsgesellschaft des
Herstellers bezogenes Originalprodukt abgegeben wird, hat der das
Pharmaprodukt verschreibende Arzt keinen Einfluss; diese
Entscheidung trifft allein die jeweilige Apotheke.
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Im Rahmen einer Außenprüfung
vertraten die Prüfer die Auffassung, dass die von A
durchgeführte Vermarktung der Originalprodukte auch den
Parallelimporteuren und mithin mittelbar der ausländischen
Muttergesellschaft nutze, da deren Umsatz/Gewinn durch den Verkauf
der Originalprodukte insgesamt erhöht werde. Da A insoweit
(obgleich sie Bonuszahlungen an die Außendienstmitarbeiter zu
leisten hatte, bei deren Berechnung die Abnehmerumsätze aus
Parallelimporten anteilig eingeflossen sind) keine Vergütung
von den Parallelimporteuren beziehungsweise der Muttergesellschaft
erhalte, liege eine einkommenserhöhende verdeckte
Gewinnausschüttung (vGA) vor (… EUR in 2006, …
EUR in 2007, … EUR in 2008, … EUR in 2009 und
… EUR in 2010).
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Der Beklagte und Revisionskläger
(Finanzamt - FA - ) schloss sich dieser Rechtsauffassung an und
erließ unter dem 20.09.2017 entsprechend geänderte
Körperschaftsteuerbescheide für die Streitjahre.
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Die nach erfolglosem Einspruch erhobene
Klage war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) Nürnberg hat mit
Urteil vom 20.07.2021 - 1 K 1388/19 (EFG 2022, 962 = SIS 22 07 08)
die Körperschaftsteuer entsprechend dem klägerischen
Antrag herabgesetzt. Die Voraussetzungen einer vGA lägen nicht
vor, da durch das FA nicht nachgewiesen worden sei, dass einem
fremden Dritten, der ausschließlich … Produkte im
Inland vertreiben würde, im Hinblick auf Parallelimporte eine
höhere als der der konzernzugehörigen A tatsächlich
zustehenden Nettomarge eingeräumt worden wäre.
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Hiergegen wendet sich das FA mit seiner
Revision, die es auf eine Verletzung materiellen Rechts sowie
verschiedene Verfahrensfehler stützt. Während des
Revisionsverfahrens hat das FA die verfahrensgegenständlichen
Bescheide mit Bescheiden vom 21.09.2022 geändert.
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Das FA beantragt, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision des FA ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Dies folgt zwar nicht aus dem
Umstand, dass die nach dem Ergehen des vorinstanzlichen Urteils
erlassenen Änderungsbescheide vom 21.09.2022 an die Stelle der
früheren Bescheide getreten sind (§ 68 Satz 1 i.V.m.
§ 121 Satz 1 FGO); denn es bedarf keiner Zurückverweisung
der Sache gemäß § 127 FGO, wenn - wie im Streitfall
- die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des
Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Bescheide
unberührt geblieben sind (z.B. Senatsurteil vom 26.02.2014 - I
R 56/12, BFHE 245, 143, BStBl II 2014, 703 = SIS 14 18 36).
Allerdings ist der von der Vorinstanz im Rahmen der Prüfung
einer vGA durchgeführte Fremdvergleich (Ansatz einer vGA
„dem Grunde nach“) nicht
rechtsfehlerfrei erfolgt und zu verwerfen; zur Spruchreife (Ansatz
einer vGA „der Höhe nach“) fehlt es
an weiteren Feststellungen, die im zweiten Rechtsgang nachzuholen
sind.
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1. VGA (§ 8 Abs. 3 Satz 2 des
Körperschaftsteuergesetzes in der für die Streitjahre
geltenden Fassung - KStG - ) sind nach ständiger
Rechtsprechung des Senats Vermögensminderungen (verhinderte
Vermögensmehrungen), die durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst sind,
sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gemäß
§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m.
§ 8 Abs. 1 KStG auswirken und in keinem Zusammenhang zu einer
offenen Ausschüttung stehen. Für den größten
Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung
durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die
Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem
nahestehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie
bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaft
handelnden Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht
gewährt hätte. Zudem muss der Vorgang geeignet sein, bei
dem begünstigten Gesellschafter einen sonstigen Bezug im Sinne
des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen (vgl.
zuletzt Senatsurteil vom 22.05.2024 - I R 2/21, BFH/NV 2024, 1337 =
SIS 24 14 34, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Ob das Handeln einer
Kapitalgesellschaft durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasst oder mitveranlasst ist, muss im gerichtlichen Verfahren
in erster Linie das FG anhand aller Umstände des konkreten
Einzelfalls beurteilen (ständige Rechtsprechung, z.B.
Senatsurteil vom 22.05.2024 - I R 2/21, BFH/NV 2024, 1337 = SIS 24 14 34).
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2. Ein einkommenserhöhender Ansatz von
vGA mit Blick auf eine durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasste Vermögensminderung bei A scheidet tatbestandlich
aus.
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Der Senat teilt die Rechtsauffassung des FG
zwar nicht, dass A
insoweit eine Vermögensminderung erlitten hat, als sie
„branchenübliche Bonuszahlungen“ an
die bei ihr tätigen Außendienstmitarbeiter zu leisten
hatte, bei deren Berechnung die Apothekenumsätze aus
Parallelimporten anteilig eingeflossen sind. Denn A hat
für diese Vergütungen eine entsprechende Gegenleistung
(vertragsgerechte Tätigkeit der Mitarbeiter im
Vertriebsaußendienst) erhalten. Jedenfalls fehlt es auf
dieser Grundlage, wie dann auch das FG erkannt hat, aber an einer
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis, denn A
leistete die Zahlungen aufgrund einer eigenen rechtlichen
Verpflichtung an die Mitarbeiter als fremde Dritte und folglich
nicht aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen.
Es ist zudem weder vorgetragen noch ersichtlich, dass diese
Tätigkeit unangemessen vergütet worden wäre.
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3. Allerdings hat die Vorinstanz die vom
Bundesfinanzhof entwickelten Grundsätze zu einer
Vermögensverlagerung durch eine Aufwandsersparnis beim
Gesellschafter nicht hinreichend beachtet und auf dieser Grundlage
den Ansatz einer vGA „dem Grunde nach“
ausgeschlossen.
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a) Eine Vorteilseignung kann sich bei einer
vGA in Form einer verhinderten Vermögensmehrung insbesondere
daraus ergeben, dass der Gesellschafter eigenen Aufwand erspart,
weil die Gesellschaft ihn trägt. Eine solche Aufwandsersparnis
kann sich auch aus dem durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlassten (weil einem Verhalten eines ordentlich und
gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters widersprechenden)
Verzicht auf die Vereinbarung eines Erstattungs- beziehungsweise
Ausgleichsanspruchs ergeben (zuletzt Senatsurteil vom 22.05.2024 -
I R 2/21, BFH/NV 2024, 1337 = SIS 24 14 34, m.w.N. aus der
Rechtsprechung).
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b) Eine solche Aufwandsersparnis bei der
Konzernmuttergesellschaft und damit aus der Sicht der Klägerin
als Organträgerin eine durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasste verhinderte Vermögensmehrung bei A (s.a.
Hennigfeld, EFG 2022, 964, 965) liegt im Streitfall vor. Die
Ausführungen des FG tragen diesem Umstand nicht in der
gebotenen Weise Rechnung.
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aa) Soweit die Vorinstanz eine verhinderte
Vermögensmehrung zugunsten der Konzernmuttergesellschaft
bereits im Grundansatz verneint, weil der Parallelimport der
Arzneimittel „nicht im Interesse der
Konzernmutter“ erfolgt sei, ist dies nicht
frei von Rechtsfehlern.
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Das FG begründet seine Annahme damit,
dass die Gewinnspanne für die im Parallelhandel in das Inland
gelangten Originalprodukte niedriger sei als bei Arzneimitteln, die
direkt über A in Deutschland vertrieben würden (vgl. zu
diesem Aspekt auch Nientimp/Schwarz/Stein, Ubg 2015, 699;
Heidecke/Sauer/Naumann, Internationale Wirtschaftsbriefe - IWB -
2022, 481). Dabei lässt das FG allerdings
unberücksichtigt, dass A ihre Marketingaktivitäten
bezogen auf eine (nicht intendierte, aber auch nicht
auszuschließende) Wirkung auf Parallelimporte unvermeidbar
wirtschaftlich im Interesse des Gesamtkonzerns ausübt (vgl.
Grotherr, Ubg 2022, 576, 580 f.; Krüger, DStR 2022, 2109, 2112
f.; Fammels, IWB 2022, 722; Wendel, Jahrbuch der Fachanwälte
für Steuerrecht 2014/2015, 823, 827; s.a. Reiß, Die
Problematik von Verrechnungspreisen im Hinblick auf
Parallelimporte, IIFS [Hrsg.], Hamburger Hefte zur internationalen
Besteuerung, Heft 225 [2023], S. 12 f.), da nach den Feststellungen
des FG auch die Konzernmuttergesellschaft durch die Lieferung der
Originalprodukte an die Parallelimporteure von den Parallelimporten
profitiert hat (s.a. Reiß, a.a.O., S. 47
[“zweiter Absatzweg des
Konzerns“]). Daran vermag auch die Tatsache
nichts zu ändern, dass der Konzerngewinn insgesamt höher
wäre, wenn die Arzneimittel im Inland allein über die
Klägerin und damit ohne Parallelimporteure vertrieben worden
wären (vgl. hierzu nochmals Wendel, ebenda, 823, 827 f.). Die
Annahme der Vorinstanz ist damit rechtsfehlerhaft.
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bb) Nicht frei von Rechtsfehlern ist zudem
bereits im Ausgangspunkt die Annahme der Vorinstanz, dass A durch
ihre Vermarktungsaktivitäten Leistungen gegenüber der
Konzernmutter erbracht hat, die sich (zwar) „im Inland
mittelbar auch im Absatz in Form von veräußerten
Parallelimporten niederschlugen“, dieser
Vorteil dann allerdings nicht zu vergüten sein soll. Soweit
das FG diesen Umstand damit begründet, dass A kein
„Druckmittel“ gegenüber der
Konzernmutter gehabt habe, um hierfür eine Vergütung
einzufordern und auch ein fremder Dritter insofern keine
erfolgversprechende Verhandlungsposition gehabt hätte, wird
dies nicht durch entsprechende Feststellungen belegt.
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Nach Auffassung des Senats legt gerade die
nach der Einschätzung des FG „fremdübliche
Vergütung“ der
Außendienstmitarbeiter der A unter Einbeziehung der
Umsätze aus den Parallelimporten in die Bemessungsgrundlage
der Vergütungen nahe, dass eine Weiterbelastung dieser Kosten
fremdüblich wäre (ebenso Grotherr, Ubg 2022, 576). Mit
diesem Aspekt hat sich die Vorinstanz nicht ausreichend
auseinandergesetzt. Auch der Hinweis des FG auf „verschiedene
Aspekte … der jeweiligen
Vergütung“ lässt den aufgezeigten
Zusammenhang mit dem gesamten inländischen Umsatz mit den
Originalprodukten des Konzerns nicht entfallen (s.a. Reiß,
a.a.O., S. 20), auch wenn die Höhe der Nettomarge der A - wie
das FG äußert - „primär“
auf den Vertrieb „über den im Konzern installierten
Absatzweg“ abzielen sollte.
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Das FG hat in diesem Zusammenhang auch nicht
ausreichend geprüft, wie hoch der Anteil der Boni für die
Parallelimporte an der Gesamtvergütung der
Außendienstmitarbeiter gewesen ist. Die Höhe des Anteils
würde aber möglicherweise Rückschlüsse auf das
Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaft handelnden
Geschäftsleiters ermöglichen (ebenso Grotherr, Ubg 2022,
576, 582 f. und 585). Denn je höher dieser Anteil ist, desto
eher besteht auch wirtschaftlich eine Notwendigkeit für A, die
Aufwendungen angemessen vergütet zu erhalten.
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cc) Die Vorinstanz hat es zudem unterlassen zu
prüfen, wie hoch der wirtschaftliche Vorteil der
Muttergesellschaft aus den Parallelimporten gewesen sein
könnte. Die Höhe dieses Vorteils lässt wiederum
möglicherweise Rückschlüsse auf das Verhalten eines
ordentlichen und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters auch
einer konzerneigenen Gesellschaft zu. Denn je höher der
wirtschaftliche Vorteil bei der empfangenden Muttergesellschaft
ist, desto eher wäre diese bereit gewesen, diesen Vorteil auch
entsprechend zu vergüten (allgemeiner Grundsatz eines
sogenannten benefit test - s.a. Grotherr, Ubg 2022, 576, 582 f.;
Reiß, a.a.O., S. 11 f.).
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dd) Darüber hinaus hat das FG den im
Rahmen der Prüfung der Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis vorzunehmenden Fremdvergleich nicht
rechtsfehlerfrei durchgeführt, so dass er den erkennenden
Senat nicht im Sinne des § 118 Abs. 2 FGO binden kann. So hat
es zum einen den oben aufgezeigten Sachzusammenhang im Rahmen
seiner Fremdvergleichsprüfung nicht berücksichtigt und
zum anderen im Rahmen einer („internen“)
Fremdvergleichsprüfung (s. insoweit auch Reiß, a.a.O.,
S. 16 ff.) die Vorlage zweier Mitvertriebsverträge als im
Ergebnis ausreichend angesehen, um unter Hinweis auf eine
„branchenübliche Verfahrensweise“
eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis der
konkreten konzerninternen Struktur abzulehnen. Allerdings ist den
Ausführungen des FG bereits nicht zu entnehmen, ob die
Vergleichsverträge überhaupt geeignet sein können,
ein „branchenübliches Verhalten“
darzulegen. Immerhin hatte das FA einen C-Promotion-Vertrag sowie
einen weiteren Mitvertriebsvertrag mit anderem Vertragsinhalt
vorgelegt. Es ist den Ausführungen des FG bereits nicht zu
entnehmen, inwieweit die vorgelegten vier (zueinander
widersprüchlichen) Verträge überhaupt miteinander
vergleichbar sind.
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ee) Das FG hat auch ohne ausreichend
tragfähige Begründung eine Befassung mit den vom FA
vorgelegten Marktstudien der IQVIA abgelehnt („Beweiswert
… sehr niedrig und … nicht
relevant“), weil es sich „um privat
veranlasste, gegebenenfalls interessensorientierte
Marktforschungsberichte“ handele, die deshalb
als nicht maßgebend anzusehen seien. Würde es sich bei
den Marktstudien der IQVIA - entsprechend dem Vorbringen des FA -
um eine von der Marktpraxis anerkannte und angewendete Grundlage
für die Beurteilung des Umfangs von Parallelimporten in der
Pharmabranche handeln, könnte ein Gericht diese durchaus zur
Ermittlung einer fremdvergleichskonformen Vergütung für
Marketingaufwendungen in der Pharmabranche heranziehen (vgl. zur
insoweit vergleichbaren Bonitätsbeurteilung bei der
Prüfung der Fremdüblichkeit von Darlehenszinsen das
Senatsurteil vom 18.05.2021 - I R 4/17, BFHE 273, 440, BStBl II
2023, 678 = SIS 21 16 94; s.a. Reiß, a.a.O., S. 24 ff.).
Selbst wenn dem FG die von der IQVIA angewandte Methode zur
Datenerhebung nicht im Einzelnen bekannt ist, hat es im Rahmen der
Amtsermittlung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO die
Möglichkeit, einen Vertreter der IQVIA zu Einzelheiten der
Datenerhebung bei Apotheken und dem Großhandel zu befragen
oder die Marktstudien durch einen Sachverständigen prüfen
zu lassen.
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ff) Schließlich ist für den Senat
nicht in ausreichender Weise nachvollziehbar, dass das FG vom FA
den Nachweis fordert, dass die der A eingeräumte Nettomarge
von 6,0 % bis 6,5 % nicht auch eine Kompensation der aus den
Parallelimporten resultierenden Umsätze beinhalte. Dass diese
Marge nach Auffassung des FG als fremdüblich, jedoch
überdurchschnittlich anzusehen ist, rechtfertigt für sich
allein nicht den Schluss, dass diese Marge, die sich im
Ausgangspunkt nach den von A vertriebenen Produkten zu bemessen
hat, auch Umsätze von Parallelimporteuren mitumfasst. Hierzu
hätte es gerade auch im Hinblick auf das vom FA vorgetragene
Funktions- und Risikoprofil der A (s. dazu auch Reiß, a.a.O.,
S. 13 ff. [Funktion] und S. 36 f. [Risiko]) weiterer Feststellungen
der Vorinstanz bedurft. Zudem liegt die objektive Feststellungslast
hierfür bei der Klägerin, weil sich die von ihr
vorgetragene Kompensation steuerentlastend auswirken
würde.
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4. Im Ergebnis zutreffend ist das FG davon
ausgegangen, dass der sachliche Anwendungsbereich des § 8 Abs.
3 Satz 2 KStG nicht davon berührt wird, dass es im Streitfall
um eine grenzüberschreitende Geschäftsbeziehung zwischen
nahestehenden Personen geht und folglich auch der Tatbestand der
Einkünftekorrekturvorschrift des § 1 Abs. 1 des
Außensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden
Fassung (AStG) angesprochen ist.
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Der Senat hat in seinem Urteil vom 27.11.2019
- I R 40/19 (I R 14/16) (BFHE 268, 1, BStBl II 2024, 670 = SIS 20 11 48) unter Hinweis auf den - auch für die Streitjahre 2006
und 2007 geltenden - Wortlaut des § 1 Abs. 1 AStG
(„unbeschadet anderer Vorschriften“)
dahin erkannt, dass beide Vorschriften (einander)
„überlagern“. Soweit das FA zwar
vorträgt, dass § 1 AStG im Streitfall anzuwenden
wäre, aber für den Fremdvergleich im Rahmen des § 1
AStG keine anderen Maßgaben als im Rahmen der vGA geltend
macht, ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die
Vorinstanz eine Prüfung anhand der Grundsätze einer vGA
vornimmt.
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Für die weiteren Streitjahre hat der
Senat das streitgegenständliche Konkurrenzverhältnis
allerdings dahingehend aufgelöst, dass § 1 Abs. 1 AStG
gegenüber anderen Einkünftekorrekturvorschriften (hier
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) grundsätzlich zurücktritt
und nur dann (subsidiär) zur Anwendung kommt, wenn die andere
Norm Berichtigungen nur in einem geringeren Umfang zulässt
(Senatsurteil vom 09.08.2023 - I R 54/19, BFHE 281, 308, BStBl II
2024, 675 = SIS 23 20 25). Da dies vorliegend weder vorgetragen
noch ersichtlich ist (s. oben), bedarf es hierzu keiner weiteren
Ausführungen.
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5. Der Senat kann wegen fehlender
Feststellungen des FG nicht abschließend darüber
entscheiden, in welcher Höhe die verhinderte
Vermögensmehrung bei A (wegen einer Aufwandsersparnis bei der
Konzernmuttergesellschaft) besteht. Das FG hat diese Feststellungen
im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
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Dabei wird es zunächst festzustellen
haben, ob ausgehend von der Annahme, dass gerade die
„fremdübliche Vergütung“ der
Außendienstmitarbeiter der A unter Einbeziehung der
Umsätze aus den Parallelimporten nahelegt, dass eine
Weiterbelastung dieser Kosten fremdüblich wäre (zu den
betriebswirtschaftlichen Gründen der Vertriebsgesellschaft bei
der Bemessung der Vergütung von Vertriebsmitarbeitern s.
Nientimp/Schwarz/Stein, Ubg 2015, 699), eine Veranlassung durch das
Gesellschaftsverhältnis angenommen werden kann. Gegebenenfalls
wäre diese (hypothetische) Fremdvergleichsprüfung durch
einen externen (unter Heranziehung von Marktstudien) oder internen
Fremdvergleich zu bestätigen. In den Blick zu nehmen sein wird
in diesem Zusammenhang auch, wie hoch der wirtschaftliche Vorteil
der Muttergesellschaft aus den Parallelimporten im Streitfall
gewesen ist.
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Was die Höhe der Aufwandsersparnis im
Streitfall angeht, könnte die (anteilige) Entlohnung der
Außendienstmitarbeiter der A für die Umsätze aus
den Parallelimporten den Mindestwert der vGA vorgeben. Dabei
wäre ein angemessener Aufschlag auf diesen Mindestwert
anzusetzen, der sich auch nach dem Gewicht der Parallelimporte in
Bezug auf die Gesamtumsätze des Konzerns im Inland orientieren
könnte.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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