Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Thüringer Finanzgerichts vom 14.10.2021 - 1 K 655/17 =
SIS 22 08 87 aufgehoben.
Die Sache wird an das Thüringer
Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin) ist eine gGmbH, die als selbständige
Untergliederung der A tätig ist.
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In den Kalenderjahren 2011 bis 2014
(Streitzeitraum) ermöglichte die Klägerin ihren
Arbeitnehmern die Teilnahme an sogenannten Gesundheitstagen, die
sie in Kooperation mit der B gGmbH (B), der C gGmbH und der D gGmbH
veranstaltete. Die Veranstaltungen begannen jeweils freitags um
12:00 Uhr und endeten sonntags um 13:30 Uhr oder 14:00 Uhr. Die
Unterbringung der Teilnehmer erfolgte während der
Gesundheitstage in einem von der B betriebenen Ferienzentrum in Z
oder in einem Hotel in Y eines nicht verbundenen Unternehmens. Das
Veranstaltungsangebot bestand zum Beispiel aus der Einführung
in Nordic Walking, Rückenschule, progressiver
Muskelentspannung oder aus Ernährungskursen.
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Der von der Klägerin für die
Seminarteilnahme nebst Unterkunft und Verpflegung kalkulierte Preis
betrug je Teilnehmer 285 EUR (2011 und 2012) beziehungsweise 280
EUR (2013 und 2014). Die Arbeitnehmer der Klägerin hatten
lediglich einen Eigenanteil in Höhe von 99 EUR zu zahlen, den
sie bei der Veranstaltung vor Ort entrichten mussten. Darüber
hinausgehende Kosten trug die Klägerin. Die Krankenkassen
ordneten den von den Arbeitnehmern gezahlten Eigenanteil als
Aufwendungen im Sinne des § 20 des Fünften Buchs
Sozialgesetzbuch (SGB V) ein und erstatteten (auf Antrag)
Beträge zwischen 75 EUR und 99 EUR.
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Die Klägerin behandelte die Vorteile
aus der vergünstigten Teilnahme an den Gesundheitstagen
insgesamt als steuerfreien Arbeitslohn gemäß § 3
Nr. 34 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Beklagte und
Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) war hingegen der Ansicht,
die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 34 EStG erstrecke sich nicht
auf Neben- oder Zusatzleistungen, wie die Kosten der Verpflegung
und Unterkunft. Für die auf diese geldwerten Vorteile
entfallende, nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer nahm
das FA die Klägerin für den Streitzeitraum durch
Nachforderungsbescheid gemäß § 40 Abs. 1 EStG in
Anspruch.
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Da das FA über den von der
Klägerin gegen diesen Bescheid eingelegten Einspruch
zunächst nicht entschieden hatte, erhob sie
Untätigkeitsklage. Das FA änderte daraufhin den
Nachforderungsbescheid und reduzierte den Nachforderungsbetrag. Im
Anschluss wies es den Einspruch als unbegründet
zurück.
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Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen
erhobenen Klage aus den in EFG 2022, 648 = SIS 22 08 87 veröffentlichten
Gründen statt.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Sache
an das FG zurückzuverweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF)
ist dem Verfahren beigetreten. Einen Antrag hat es nicht
gestellt.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur
Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die (geldwerten) Vorteile aus der
unentgeltlichen oder vergünstigten Gewährung von
Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen sind nicht nach § 3
Nr. 34 EStG steuerfrei. Der Senat vermag aufgrund fehlender
Feststellungen der Vorinstanz zur Höhe der geldwerten Vorteile
jedoch nicht abschließend in der Sache zu entscheiden.
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1. Gemäß § 40 Abs. 3 Satz 2
EStG schuldet der Arbeitgeber mit einem Pauschsteuersatz erhobene
Lohnsteuer als eigene Schuld und kann für diese durch
Nachforderungsbescheid in Anspruch genommen werden (s. Senatsurteil
vom 20.11.2008 - VI R
4/06, BFHE 223, 425, BStBl II 2009, 374 = SIS 09 05 15), wenn
das Betriebsstättenfinanzamt dies nach § 40 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG - auf dessen Antrag - deshalb zulässt, weil er die
Lohnsteuer in einer größeren Zahl von Fällen nicht
vorschriftsmäßig bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn
einbehalten hat.
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2. Die Klägerin hat ihren Arbeitnehmern
durch die unentgeltliche oder verbilligte Gewährung von
Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen anlässlich der
Teilnahme an den Gesundheitstagen Arbeitslohn im Sinne von §
19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Form von steuerbaren (geldwerten)
Vorteilen zugewandt.
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Ein ganz überwiegend eigenbetriebliches
Interesse der Klägerin als Arbeitgeberin daran, ihren
Arbeitnehmern die mit der Teilnahme an den Gesundheitstagen
verbundenen Vorteile hinsichtlich Unterkunft und Verpflegung,
über die im Streitfall allein zu entscheiden ist,
einzuräumen, bestand nicht. Da dies zwischen den Beteiligten
nicht in Streit steht, sieht der Senat insoweit von einer weiteren
Begründung ab.
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3. Die geldwerten Vorteile aus den
Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen sind auch nicht
gemäß § 3 Nr. 34 EStG in der im Streitzeitraum
gültigen Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom
19.12.2008 (BGBl I 2008, 2794) steuerfrei.
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a) Dies ergibt sich zunächst aus dem
Wortlaut des § 3 Nr. 34 EStG i.d.F. des JStG 2009. Hiernach
sind steuerfrei zusätzlich zum ohnehin geschuldeten
Arbeitslohn erbrachte Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung
des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen
Gesundheitsförderung, die hinsichtlich Qualität,
Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen der
§§ 20 und 20a SGB V genügen, soweit sie 500 EUR im
Kalenderjahr nicht übersteigen. Übernachtungs- und
Verpflegungsleistungen zählen nicht zu diesen Leistungen, da
sie weder den allgemeinen Gesundheitszustand der Arbeitnehmer
verbessern noch die Gesundheit fördern (ebenso
Schmidt/Levedag, EStG, 42. Aufl., § 3 Rz 115; BMF-Schreiben
vom 20.04.2021, BStBl I 2021, 700 = SIS 21 06 18, Rz 34).
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b) Das Sozialversicherungsrecht, auf das die
Vorschrift des § 3 Nr. 34 EStG Bezug nimmt, bestätigt
dies. Denn es unterscheidet - auch bereits in der im Streitzeitraum
maßgeblichen Fassung - unter anderem zwischen den in §
20 SGB V geregelten primären Präventionsleistungen und
den in § 23 Abs. 2 Satz 2 SGB V genannten „übrigen
Kosten“, die Versicherten im Zusammenhang mit
nicht am Wohnort erbrachten allgemeinen Vorsorgeleistungen
entstehen. Zu diesen „übrigen
Kosten“, die von den Krankenkassen in ihren
Satzungen lediglich bis zu 16 EUR täglich bezuschusst werden
durften, zählen alle Nebenleistungen zu ambulant erbrachten
Vorsorgeleistungen, insbesondere die Kosten für Unterkunft und
Verpflegung (s. Welti in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Aufl., §
23 Rz 16; Schütze in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4.
Aufl., § 23 Rz 62; Gokel in Remmert/Gokel, GKV-Kommentar SGB
V, 63. Lieferung, § 23 Rz 11). An diese Unterscheidung, die
sich im Leitfaden Prävention des Spitzenverbands Bund der
Krankenkassen (s. Leitfaden Prävention in der Fassung vom
27.08.2010, S. 37) wiederfindet, knüpft § 3 Nr. 34 EStG
an, indem er hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und
Zielgerichtetheit lediglich auf die Anforderungen der §§
20 und 20a SGB V Bezug nimmt und die Vorschrift des § 23 SGB V
unerwähnt lässt.
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c) Diesem Verständnis steht auch nicht
der von der Klägerin angeführte, mit Einführung des
§ 3 Nr. 34 EStG vom Gesetzgeber mitverfolgte
Vereinfachungszweck entgegen (s. BT-Drucks. 16/10189, S. 47). Durch
die Vorschrift wird die Prüfung, ob eine Maßnahme zur
Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands im ganz
überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers
liegt und somit keinen Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG darstellt, entbehrlich. Der Vereinfachungszweck
des § 3 Nr. 34 EStG geht aber nicht so weit, sämtliche
Vorteile steuerfrei zu stellen, die der Arbeitgeber im Zusammenhang
mit Leistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands
und der betrieblichen Gesundheitsförderung erbringt.
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d) Die Steuerfreiheit der Verpflegungs- und
Übernachtungsleistungen ergibt sich entgegen der Auffassung
des FG auch nicht daraus, dass es sich bei den Gesundheitstagen um
eine „einheitliche Maßnahme“
handelt. Vielmehr hat die Prüfung der Voraussetzungen einer
Steuerbefreiungsvorschrift nach der Rechtsprechung des Senats
grundsätzlich für jeden gewährten Vorteil einzeln zu
erfolgen (s. z.B. Senatsurteile vom 18.05.2004 - VI R 128/99, BFH/NV 2005, 22 = SIS 05 03 93 und vom 01.09.2021 - VI R 21/19, BFHE 274, 157, BStBl II
2022, 233 = SIS 21 20 81). Für die Steuerbefreiung nach
§ 3 Nr. 34 EStG in der im Streitzeitraum gültigen Fassung
bedeutet dies, dass für jede Zuwendung gesondert zu
prüfen ist, ob sie der Verbesserung des allgemeinen
Gesundheitszustands dient, sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum
ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird und ob sie
hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den
Anforderungen der §§ 20, 20a SGB V genügt. Lediglich
für die Einhaltung des Jahreshöchstbetrags von im
Streitzeitraum 500 EUR sind sämtliche im Kalenderjahr
gewährten entsprechenden Zuwendungen zusammenzurechnen.
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Der von der Vorinstanz zitierten
Senatsentscheidung vom 21.11.2018 - VI R 10/17 (BFHE 263, 196,
BStBl II 2019, 404 = SIS 19 02 16) lässt sich nichts
Gegenteiliges entnehmen. Denn in dieser Entscheidung hat der
erkennende Senat die Zuwendungen im Rahmen einer sogenannten
Sensibilisierungswoche lediglich deshalb einheitlich als
Arbeitslohn beurteilt, weil aufgrund des dort im konkreten
Einzelfall vorliegenden Sachverhalts eine Aufteilung der
Zuwendungen in betriebsfunktionale Bestandteile und Elemente mit
Vorteilscharakter ausschied, so dass ein ganz überwiegendes
eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Zuwendung
sämtlicher Vorteile im Rahmen der Sensibilisierungswoche nicht
gegeben war (s. Senatsurteil vom 21.11.2018 - VI R 10/17, BFHE 263,
196, BStBl II 2019, 404 = SIS 19 02 16, Rz 28). Dies vermag
allerdings nichts daran zu ändern, dass nach nunmehr
ständiger Rechtsprechung eine Aufteilung in Arbeitslohn und
Zuwendungen im ganz überwiegenden betrieblichen Eigeninteresse
bei gemischt veranlassten Sachzuwendungen an Arbeitnehmer
grundsätzlich möglich ist (grundlegend Senatsurteil vom
18.08.2005 - VI R 32/03, BFHE 210, 420, BStBl II 2006, 30 = SIS 05 44 58). An dieser Rechtsprechung hat der Senat auch in seinem
Urteil vom 21.11.2018 - VI R 10/17 (BFHE 263, 196, BStBl II 2019,
404 = SIS 19 02 16) ausdrücklich festgehalten (s. dort
insbesondere Rz 15).
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4. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Es hat daher - von seinem
Standpunkt aus zu Recht - keine hinreichenden Feststellungen zur
Bewertung der unentgeltlichen oder verbilligten Verpflegungs- und
Unterkunftsleistungen getroffen. Dies hat das FG im zweiten
Rechtsgang nachzuholen. Die Sache geht daher mangels Spruchreife an
die Vorinstanz zur erneuten Verhandlung und Entscheidung
zurück.
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5. Die Übertragung der Kostenentscheidung
folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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