Auf die Revision der Klägerin werden das
Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 17.06.2021 - 4 K
4206/18 = SIS 21 16 74 und die
Einspruchsentscheidung vom 15.10.2018 aufgehoben.
Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und
sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit von September
2012 bis September 2014 vom 09.06.2017 wird dahin geändert,
dass der Haftungsbetrag um 369.203,15 EUR niedriger festgesetzt
wird.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu
tragen.
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Nach den Feststellungen des Finanzgerichts
(FG) wurden die dem Langzeitkonto gutzubringenden Beträge bei
Fälligkeit nicht an die X-Versicherungs AG, sondern zusammen
mit dem bisherigen Langzeitkonto mit zeitlicher Verzögerung
erst auf Anforderung von der Klägerin direkt an die DRV Bund
gezahlt. Die DRV Bund bestätigte den ausgeschiedenen
Arbeitnehmern die Übernahme der Langzeitguthaben (jeweils im
Jahr 2013) und wies darauf hin, dass der Antrag auf Auszahlung des
Wertguthabens für eine Freistellungsphase spätestens
einen Monat vor deren Beginn gestellt werden müsse.
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Nach einer bei der Klägerin
durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat der
Prüfer die Auffassung, die an die DRV Bund gezahlten
Abfindungsbeträge seien zu Unrecht nicht dem Lohnsteuerabzug
unterworfen worden. Sie hätten nach Beendigung der
Arbeitsverhältnisse nicht mehr wirksam dem Langzeitkonto
zugeführt werden können. Voraussetzung dafür sei
nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom
17.06.2009 (BStBl I 2009, 1286 = SIS 09 19 83), dass die
zugeführten Beträge durch Freistellung in demselben
Arbeitsverhältnis noch vollständig aufgebraucht werden
könnten. Daran fehle es nach Beendigung der
Arbeitsverträge. Deshalb sei auch eine steuerfreie
Übertragung auf die DRV Bund ausgeschlossen gewesen. Vielmehr
seien die Abfindungen den jeweiligen Arbeitnehmern bei
Fälligkeit zugeflossen.
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Dem folgend erließ der Beklagte und
Revisionsbeklagte (Finanzamt - FA - ) am 09.06.2017 einen auf
§ 42d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
gestützten Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige
Lohnabzugsbeträge für die Zeit von September 2012 bis
September 2014, mit dem er die Klägerin unter anderem wegen
nicht einbehaltener und nicht abgeführter Lohnsteuer in
Höhe von insgesamt 3.446.167,48 EUR (42 % der Abfindungssumme
von 8.205.160,66 EUR) in Anspruch nahm. Zur Begründung verwies
das FA im Erläuterungsteil auf die Feststellungen im
Prüfungsbericht vom 28.01.2016. Andernfalls würde ein
Präzedenzfall geschaffen, der die Regelung des Gesetzgebers in
§ 34 EStG in Bezug auf Entlassungsentschädigungen obsolet
machen würde.
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Den dagegen eingelegten Einspruch wies das
FA durch Teileinspruchsentscheidung vom 15.10.2018 (betreffend
Abfindungen für alle im Jahr 2012 beendeten
Arbeitsverhältnisse) zurück und stellte das
Einspruchsverfahren im Übrigen ruhend. Auf dieses Vorgehen
hatten sich die Beteiligten vorab verständigt.
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Das FG hat die Klage mit Urteil vom
17.06.2021 - 4 K 4206/18 (veröffentlicht u.a. in EFG 2021,
1932 = SIS 21 16 74) abgewiesen.
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Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin die Verletzung von § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der
objektive Haftungstatbestand sei nicht erfüllt. Den
ausscheidenden Arbeitnehmern sei in Bezug auf die streitigen
Zahlungen im zu betrachtenden Zeitraum kein Arbeitslohn
zugeflossen. Das angefochtene Urteil beruhe insoweit auf einer
unrichtigen Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG in
Verbindung mit § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG. Selbst wenn aber der
Zufluss bejaht würde, wäre dieser Arbeitslohn nach §
3 Nr. 53 EStG steuerfrei, denn die Voraussetzungen des § 7b
SGB IV seien erfüllt. Bei den gezahlten Abfindungen handele es
sich sozialrechtlich um Arbeitsentgelt (sog. unechte Abfindungen).
Und auch, wenn es sich sozialrechtlich nicht um Arbeitsentgelt
handeln sollte, ändere dies an der Steuerfreiheit nach §
3 Nr. 53 EStG nichts. Es sei anerkannt, dass auch
sozialversicherungsfreie Leistungen in ein Wertguthaben eingestellt
werden könnten wie zum Beispiel Zuschläge für Sonn-,
Feiertags- und Nachtarbeit. Für die hier zu beurteilenden
Abfindungen könne im Ergebnis nichts anderes gelten.
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Die Klägerin beantragt
sinngemäß,
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das angefochtene Urteil aufzuheben und den
Haftungsbescheid vom 09.06.2017 über Lohnsteuer und sonstige
Lohnabzugsbeträge in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom
15.10.2018 dahingehend zu ändern, dass die Haftung für
Lohnsteuer um 369.203,15 EUR reduziert wird.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Die Abfindungen seien im
sozialversicherungsrechtlichen Sinn kein Arbeitsentgelt. Sie
könnten deshalb nicht wirksam in ein Wertguthabenkonto
eingestellt werden. Die Abfindungen seien auch nicht mit
Zuschlägen für Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeit zu
vergleichen. Die Abfindungen seien den ausscheidenden Arbeitnehmern
2012 zugeflossen. Mangels wirksamer Einbuchung in das
Wertguthabenkonto hätten die Arbeitnehmer von der im
Übrigen leistungsbereiten und -fähigen Klägerin
jederzeit bei Fälligkeit (Beendigung des jeweiligen
Arbeitsverhältnisses) die Auszahlung der Abfindung verlangen
können.
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II. Die Revision ist begründet. Sie
führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur
Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat den Zufluss der
Abfindungen zu Unrecht bejaht.
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1. Gegenstand des Verfahrens ist die Haftung
der Klägerin für Lohnsteuer, soweit sie auf Abfindungen
entfällt, zu deren Leistung sich die Klägerin
gegenüber den im Zeitraum von September bis Dezember 2012
ausgeschiedenen ehemaligen Arbeitnehmern AB, AC, AD und AE
verpflichtet hatte und soweit die Arbeitnehmer die Zuführung
der Abfindung zu ihrem Langzeitkonto sowie - nach Beendigung des
Arbeitsverhältnisses - dessen Übertragung auf die DRV
Bund gewählt hatten. Das ergibt sich aus der
Einspruchsentscheidung, die nur über die so definierten
Sachverhalte ergangen ist. Das Interesse der Klägerin geht
mithin dahin, den insgesamt festgesetzten Haftungsbetrag nicht um
die Summe der Abfindungen, sondern um die darauf entfallende
Lohnsteuer zu reduzieren. Der Senat hat den Antrag der
Klägerin in ihrem wohlverstandenen Interesse in diesem Sinne
ausgelegt und angepasst (§ 76 Abs. 2 FGO).
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2. Das FG hat zur Begründung seiner
Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der objektive
Haftungstatbestand sei erfüllt. Den (ausgeschiedenen)
Arbeitnehmern sei spätestens mit der Überweisung der um
die Abfindungsbeträge erhöhten Langzeitkonten an die DRV
Bund Arbeitslohn als sonstiger Bezug zugeflossen. Die bei
Beendigung der Arbeitsverhältnisse geleisteten Abfindungen
seien Arbeitslohn. Sie seien den Arbeitnehmern auch zugeflossen.
Mit der einvernehmlichen Zuführung der fällig gewordenen
Abfindungsbeträge auf ihre bestehenden Langzeitkonten
hätten die Arbeitnehmer über die betreffenden
Ansprüche verfügt. Die Rechtsprechung, wonach die
Zuführung von Lohnbestandteilen zu Langzeitkonten den Zufluss
hinausschiebe (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom
22.02.2018 - VI R 17/16, BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75), sei unter den gegebenen Umständen nicht anwendbar. Die
entsprechenden Vereinbarungen seien unwirksam (wegen
Unerreichbarkeit des verfolgten Zwecks bzw. wegen anfänglichen
Fehlens einer Geschäftsgrundlage infolge beiderseitigen
Motivirrtums). Die aus Anlass der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses gezahlten Abfindungen seien
sozialversicherungsrechtlich (§ 14 Abs. 1 SGB IV) kein
Arbeitsentgelt, sondern Entschädigung für entgehende
zukünftige Einnahmen. Sie könnten schon deshalb den
Langzeitkonten nicht zugeführt werden. Etwas anderes
könne vertraglich nicht wirksam vereinbart werden. Die
Zuführung habe außerdem (nach Beendigung der
Arbeitsverhältnisse) nicht mehr dem Zweck dienen können,
die Lohnfortzahlung bei zukünftiger Freistellung im
fortbestehenden Arbeitsverhältnis zu sichern. Vielmehr sei es
darum gegangen, die Langzeitkonten vor deren Übertragung auf
die DRV Bund aufzustocken, um die Mindesthöhen für deren
Übertragbarkeit zu erreichen. Die Vereinbarungen hätten
deshalb die Fälligkeit der Ansprüche nicht aufgeschoben.
Vielmehr sei der Arbeitslohn durch den Abschluss einer
Lohnverwendungsabrede zu Gunsten der DRV Bund zugeflossen. Dies
gelte umso mehr, als die Abfindungen tatsächlich nicht mehr
bei der X-Versicherungs AG angelegt worden seien. Dessen ungeachtet
hätten die Arbeitnehmer die Verfügungsmacht jedenfalls
mit der Überweisung der Abfindungen auf die bei der DRV Bund
geführten Treuhandkonten erreicht. Eine Bindung an den
Treuhandzweck habe nicht eintreten können, weil die
Abfindungen nicht wirksam dem Langzeitkonto hätten
zugeführt und deshalb auch nicht steuerfrei auf die DRV Bund
übertragen werden können. § 3 Nr. 53 EStG setze die
wirksame Übertragung eines Wertguthabens auf die DRV Bund
voraus. In Anbetracht der Zweckverfehlung hätten die
Arbeitnehmer einen fälligen, bereicherungsrechtlichen Anspruch
gegen die DRV Bund erhalten. Bei Unwirksamkeit der
Wertguthabenvereinbarung sei auch die Übertragung auf die DRV
Bund rechtsgrundlos und nicht etwa ein Störfall im Sinne des
§ 23b SGB IV. Zu einer Doppelbelastung mit Lohnsteuer komme es
nicht. Zum einen unterlägen die Auszahlungen aus den
Langzeitkonten bei den ehemaligen Arbeitnehmern der
ermäßigten Besteuerung. Zum andern könne die
Klägerin wegen ihrer Inanspruchnahme als Haftungsschuldnerin
bei den Arbeitnehmern Regress nehmen. Die vorrangige
Inanspruchnahme der Klägerin sei auch ermessensgerecht.
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3. Diese Ausführungen halten rechtlicher
Nachprüfung nicht stand. Die vom FG angestellten
Erwägungen zur Frage, ob die Abfindungen den Langzeitkonten
wirksam zugeführt und ob die Langzeitkonten wirksam auf die
DRV Bund übertragen werden konnten (sog. „Mannheimer
Modell“, vgl. dazu u.a. Wellisch/Meurs, DB
2022, 1984; Däubler/Growe/Söhngen, BB 2021, 2036;
Schönhöft/Röpke, BB 2022, 793; Schönhöft,
BB 2021, 1332; Growe/Tretow, Neue Zeitschrift für
Arbeitsrecht, 2020, 1080), tragen, selbst wenn sie zuträfen,
nicht den Schluss des FG, dass den Arbeitnehmern die Abfindungen im
maßgeblichen Zeitraum zugeflossen sind.
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a) Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet
der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs.
3 Satz 1 EStG für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder
Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten und gemäß
§ 41a Abs. 1 Satz 1 an das Finanzamt abzuführen hat. In
den Fällen der nach § 7f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV an die DRV
Bund übertragenen Wertguthaben treffen die DRV Bund bei
Inanspruchnahme des Wertguthabens die Pflichten des Arbeitgebers
(§ 38 Abs. 3 Satz 3 EStG).
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Für den Zufluss von Einnahmen aus
nichtselbständiger Arbeit verweist § 11 Abs. 1 Satz 4
EStG auf § 38a Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG. Arbeitslohn, der
nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige
Bezüge), wird gemäß § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG
in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer
zufließt. Nur tatsächlich zugeflossener Arbeitslohn
unterliegt der Einkommensteuer und dem Lohnsteuerabzug (BFH-Urteil
vom 29.05.2008 - VI R 57/05, BFHE 221, 177, BStBl II 2009, 147 =
SIS 08 29 16).
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b) Die streitgegenständlichen Abfindungen
aus Anlass der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
gehören bei den Arbeitnehmern der Klägerin zu den
Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1
Satz 1 Nr. 4 EStG) und sind lohnsteuerrechtlich Arbeitslohn
(sonstige Bezüge). Nach den Feststellungen des FG handelt es
sich um Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene
oder entgehende Einnahmen aus der vorzeitigen Beendigung des
Arbeitsverhältnisses gezahlt worden sind (§ 24 Nr. 1
Buchst. a EStG). Darüber besteht zwischen den Beteiligten zu
Recht kein Streit. Der Senat sieht insofern von weiteren
Ausführungen ab.
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c) Arbeitslohn ist mit der Erlangung der
wirtschaftlichen Verfügungsmacht zugeflossen. Zuflusszeitpunkt
ist der Tag der Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers,
also der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die geschuldete Leistung
tatsächlich erbringt.
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Der VI. Senat des BFH hat bereits wiederholt
entschieden, dass Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto kein
gegenwärtig zufließender Arbeitslohn sind (BFH-Urteile
in BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75 und vom
04.09.2019 - VI R 39/17, BFH/NV 2020, 85 = SIS 19 19 02). Durch die
Zuführung von Arbeitslohn zu einem Wertguthabenkonto wird der
Anspruch des Arbeitnehmers nicht erfüllt. Vielmehr erwirbt der
Arbeitnehmer anstelle des fälligen Lohnanspruchs einen noch
nicht fälligen Anspruch auf zukünftige Lohnzahlung gegen
den Arbeitgeber. Die Leistung des Arbeitgebers auf das
Wertguthabenkonto dient nur der Absicherung des zukünftigen
Anspruchs. Eine zum Zufluss führende Gutschrift in den
Büchern des Verpflichteten liegt nicht vor. Zum Zufluss
führt auch nicht der Abschluss der Vereinbarung über die
Zuführung von Lohnbestandteilen zu einem Wertguthabenkonto
(Wertguthabenvereinbarung). Darin liegt weder eine zum Zufluss
führende Novation noch eine Lohnverwendungsabrede (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75, Rz
35 ff.). Der erkennende Senat schließt sich dieser
Rechtsprechung uneingeschränkt an. Zum Zufluss von Arbeitslohn
kommt es erst, wenn das Wertguthaben unter den vereinbarten
Bedingungen an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird.
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Das gilt in gleicher Weise, wenn das
Wertguthaben gemäß § 7f Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV
auf die DRV Bund übertragen worden ist. Die
Arbeitgeberpflichten zur Einbehaltung und Abführung der bis
dahin nicht erhobenen Lohnsteuer treffen die DRV Bund, sobald das
Wertguthaben in Anspruch genommen wird (§ 38 Abs. 3 Satz 3
EStG).
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d) Im Ausgangspunkt besteht kein Streit
zwischen den Beteiligten, dass es sich bei den von der
Klägerin für ihre Angestellten eingerichteten
Langzeitkonten um steuerlich anzuerkennende Wertguthabenkonten
handelte. Insbesondere war der Rückfluss der dem
Wertguthabenkonto zugeführten Bruttolohnbeträge auch
für den Insolvenzfall gesichert (sog. Zeitwertkontengarantie;
dazu BMF-Schreiben in BStBl I 2009, 1286 = SIS 09 19 83, unter V.
Zeitwertkontengarantie). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, ob
eine Zeitwertkontengarantie Voraussetzung für die steuerliche
Anerkennung von Wertguthabenkonten ist (a.A. Thüringer FG,
Urteil vom 25.11.2021 - 4 K 122/18, EFG 2022, 120 = SIS 22 08 85,
Revision anhängig unter VI R 28/21).
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e) Der erkennende Senat kann offenlassen, ob
die streitgegenständlichen Abfindungen (ganz oder zum Teil)
den Langzeitkonten wirksam zugeführt werden konnten. Wäre
dies, wie die Revision geltend macht, der Fall, wäre der
Zufluss beim Arbeitnehmer jedenfalls zu verneinen (vgl. BFH-Urteil
in BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496 = SIS 18 07 75, Rz 34 ff.).
Nichts anderes ergibt sich indes bei Anwendung der allgemeinen
Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung den Zufluss von
Arbeitslohn bejaht, wenn man davon ausgeht, dass
Abfindungszahlungen, die als Entschädigung für den
Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, das Wertguthabenkonto
nicht hätten erhöhen dürfen und die zugrunde
liegenden Vereinbarungen unwirksam waren.
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aa) Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der
Abgabenordnung (AO) kommt es steuerlich nicht darauf an, ob ein
Rechtsgeschäft unwirksam ist oder unwirksam wird, soweit und
solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses
Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Der
VI. Senat des BFH hat es deshalb in einem Fall dahinstehen lassen,
ob die Vereinbarung über die Einführung von
Zeitwertkonten zivilrechtlich wirksam war (BFH-Urteil vom
04.09.2019 - VI R 39/17, BFH/NV 2020, 85 = SIS 19 19 02, Rz
13).
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Für die Frage, ob die Vereinbarungen
über die Zuführung von einzelnen Lohnbestandteilen (hier:
Abfindungen) zu den Langzeitkonten zivilrechtlich wirksam waren,
kann nichts anderes gelten. In seinem Urteil vom 23.04.2021 - IX R
3/20 (BFHE 273, 169, BStBl II 2021, 692 = SIS 21 12 09) hat der
erkennende Senat zudem eine den Zufluss verhindernde
Entgeltumwandlung in Bezug auf eine Entlassungsentschädigung
bejaht, ohne der Frage nachzugehen, ob die Entgeltumwandlung
zulässig war.
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Im Streitfall sind alle Beteiligten
ersichtlich von der Zulässigkeit und Wirksamkeit der
getroffenen Vereinbarungen ausgegangen und haben sich
dementsprechend verhalten. Sie haben (in gutem Glauben) das
Vereinbarte eintreten und bestehen lassen.
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Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass
die Abfindungen tatsächlich nicht mehr dem
Gruppenversicherungskonto bei der X-Versicherungs AG
zugeführt, sondern von der Klägerin direkt an die DRV
Bund überwiesen worden sind. Darin liegt zwar eine gewisse
Abweichung vom Vereinbarten. Sie betrifft aber nur eine steuerlich
unbeachtliche Abkürzung des Zahlungswegs. Der Sachverhalt ist
danach so zu beurteilen, als ob die Klägerin zunächst an
die Versicherung gezahlt und die Versicherung das Guthaben danach
auf die DRV Bund übertragen hätte.
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Ob die streitigen Wertguthabenvereinbarungen
unwirksam waren, ist danach unerheblich. Der Sachverhalt wäre
steuerrechtlich wegen § 41 AO jedenfalls so zu behandeln, als
ob sie wirksam waren. Danach fehlte es am Zufluss durch eine
Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten, weil zumindest
steuerlich von einer aufgeschobenen Fälligkeit des
Abfindungsanspruchs auszugehen wäre, soweit er
vereinbarungsgemäß dem Langzeitkonto zugeführt
werden sollte. Demgemäß konnten die Arbeitnehmer im
streitigen Zeitraum nicht über die Abfindungsbeträge
verfügen. Die Voraussetzungen, unter denen sie Leistungen aus
dem Langzeitkonto in Anspruch nehmen konnten, lagen nicht vor. Da
sich alle Beteiligten so verhielten, als ob die Vereinbarungen
wirksam waren, konnten die Arbeitnehmer auf die nicht an sie
ausgezahlten Abfindungen nicht zugreifen.
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34
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Ein Zufluss durch Novation läge ebenfalls
nicht vor, da sich die Klägerin ungeachtet der objektiven
Rechtslage zur Zahlung an die Arbeitnehmer nicht verpflichtet sah.
Im Übrigen gingen auch die Arbeitnehmer davon aus, dass ihr
Anspruch gegen die Klägerin aufgrund der
Zuführungsvereinbarung gegenwärtig nicht mehr fällig
war. Dass objektivrechtlich möglicherweise etwas anderes
durchsetzbar gewesen wäre, ändert an dem tatsächlich
verwirklichten und nach § 41 AO der Besteuerung zugrunde zu
legenden Sachverhalt nichts.
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bb) Aus denselben Gründen liegt weder in
der Anweisung, den Abfindungsanspruch (teilweise) dem Langzeitkonto
zuzuführen noch in dem Antrag auf Übertragung des
Langzeitkontos auf die DRV Bund eine zum Zufluss führende
Lohnverwendungsabrede der Arbeitnehmer. Die Klägerin
erfüllte mit den Zuführungen zu dem Wertguthabenkonto
weder Verbindlichkeiten ihrer Arbeitnehmer gegenüber Dritten
noch handelte es sich bei der Wertguthabenvereinbarung um ein
Rechtsgeschäft, bei dem sich die Klägerin als
Arbeitgeberin und die ausscheidenden Arbeitnehmer wie fremde Dritte
gegenüberstanden und zu dessen Erfüllung der Arbeitnehmer
seinen Barlohn verwendete (vgl. BFH-Urteil in BFHE 260, 532, BStBl
II 2019, 496 = SIS 18 07 75, Rz 38).
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cc) Es trifft auch nicht zu, dass die
Klägerin durch die Zahlung an die DRV Bund ihren
ausscheidenden Arbeitnehmern einen unentziehbaren Anspruch gegen
die DRV Bund verschafft hat. Anders als bei einer
Direktversicherung (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.2017 - VI R 58/15,
BFHE 259, 321, BStBl II 2018, 72 = SIS 17 20 67) begründet die
Übertragung von Wertguthaben auf die DRV Bund gemäß
§ 7f SGB IV keinen Anspruch des Arbeitnehmers gegen die DRV
Bund. Diese ist, wie zuvor die Versicherung, bei der die
Wertguthaben angelegt waren, Treuhänderin des Arbeitgebers und
als solche in rechtlicher Hinsicht nur dem Arbeitgeber
verpflichtet.
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Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem
Bereicherungsrecht. Zunächst hat auch die DRV Bund bis heute
nicht infrage gestellt, dass sie die Wertguthaben der betreffenden
Arbeitnehmer treuhänderisch zu verwahren und bei Vorliegen der
vereinbarten Voraussetzungen auszuzahlen und nicht etwa wegen
rechtsgrundloser Übertragung herauszugeben hat.
Dementsprechend hat die DRV Bund die Guthaben auch bereits
teilweise an die Arbeitnehmer ausgezahlt. Auch die DRV Bund hat
mithin das Vereinbarte eintreten und bestehen lassen, so dass
steuerlich gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 AO auch
insoweit von der Wirksamkeit der Übertragung auszugehen
ist.
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38
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Im Übrigen müsste die DRV Bund ein
zu Unrecht auf sie übertragenes Wertguthaben auch nicht an den
Arbeitnehmer herausgeben. Es handelt sich bis zum Zufluss beim
Arbeitnehmer um Vermögen des Arbeitgebers. Daran ändert
nichts, dass er es von seinem sonstigen Vermögen separiert und
einem Treuhänder übertragen hat. Danach stünde ein
bereicherungsrechtlicher Herausgabeanspruch entweder der
übertragenden Treuhänderin (hier: X-Versicherungs AG)
oder (unter den besonderen Umständen des Falles: Direktzahlung
an DRV Bund) der leistenden Klägerin zu. Ein Anspruch der
Arbeitnehmer gegen die DRV Bund auf Herausgabe der zu Unrecht in
das Wertguthaben eingestellten Beträge bestünde auch dann
nicht, wenn die Arbeitnehmer von der Klägerin insoweit die
Zahlung verlangen könnten, denn der Arbeitnehmer ist im
Verhältnis zur DRV Bund im Hinblick auf die Übertragung
von Wertguthaben nicht Leistender. Rechtsgrundlose Leistungen
werden in Dreiecks- oder Kettensituationen in den jeweiligen
Leistungsbeziehungen zurückabgewickelt.
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39
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4. Das FG ist von anderen
Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann deshalb keinen
Bestand haben. Die Sache ist spruchreif. Der Senat entscheidet in
der Sache und gibt der Klage statt (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
FGO).
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40
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a) Auf der Grundlage der tatsächlichen
Feststellungen des FG kann der Senat ausschließen, dass den
Arbeitnehmern AB, AC, AD und AE die Abfindungen, soweit sie den
jeweiligen Langzeitkonten zugeführt werden sollten, im
streitigen Zeitraum zugeflossen sind. Die Lohnsteuer ist mithin
nicht entstanden, und eine (akzessorische) Haftung der
Klägerin kommt nicht in Betracht. Dieses Ergebnis wird dadurch
bestätigt, dass die DRV Bund bei jeder Teilauszahlung aus
einem Wertguthaben die Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen
hat. Die dem FG vorschwebende Rückabwicklung der Vorgänge
und Besteuerung der Abfindungen im Jahr 2012 müsste zur
Vermeidung einer nicht gerechtfertigten Doppelbesteuerung auch die
Rückabwicklung des Lohnsteuerabzugs bei den bereits
durchgeführten Auszahlungen aus den Wertguthaben nach sich
ziehen.
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41
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b) Der angefochtene Haftungsbescheid in
Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt
die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Er wird deshalb im tenorierten Umfang ersatzlos aufgehoben. Das
bedeutet zweierlei:
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42
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Die Einspruchsentscheidung entfällt
ersatzlos. Für den ursprünglichen Haftungsbescheid vom
09.06.2017 bedeutet der Ausspruch, dass sich der Haftungsbetrag um
369.203,15 EUR (42 % von 879.055,13 EUR) auf 3.076.964,33 EUR
reduziert.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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