Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 26.05.2020 - 6
K 337/18 = SIS 20 13 82
aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische
Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung
zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die
Kosten des Verfahrens übertragen.
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I. Streitig ist, ob Verluste, die bei einer
Organgesellschaft der Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin) im Jahr 2013 (Streitjahr) entstanden sind, dem
Verlustausgleichsverbot des § 15 Abs. 4 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) unterliegen.
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Die Klägerin ist eine GmbH. Die B GmbH
hält 94,99 % und die I GmbH & Co. KG 5,01 % der
Anteile.
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An der B GmbH ist Z mit 100 % beteiligt; an
der I GmbH & Co. KG hält Z 100 % der Kommanditanteile. Zudem
ist Z alleiniger Kommanditist der R GmbH & Co. KG.
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Seit ihrer Gründung ist die
Klägerin zu 100 % an der P GmbH beteiligt. Durch einen
Gewinnabführungsvertrag ist die Klägerin
körperschaftsteuerrechtliche Organträgerin für die P
GmbH als Organgesellschaft.
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Die Klägerin hält zudem 100 % der
Anteile an der M GmbH.
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Die Klägerin erwarb nach der
Wiedervereinigung Flächen und Gebäude des … Gutes
X …. Zudem erwarb sie einen ehemaligen …stall in
… sowie ein ehemaliges …werk in …. Beide
Objekte waren in der Nähe des Gutes X belegen. Im Jahr 2010
erwarb die Klägerin weitere Flächen sowie verschiedene
leerstehende Gebäude in ….
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7
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In dem ganz überwiegenden Teil der
erworbenen Gebäude, jeweils mit den dazugehörenden
Weideflächen, baute die P GmbH einen Betrieb zur Zucht und
Ausbildung von … Reitpferden auf. Die Tiere sollten in jedem
Ausbildungsstadium an Sportler, Züchter oder Freizeitreiter
gewinnbringend verkauft werden.
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Im Streitjahr wurden auf dem Gut X
insgesamt … Pferde, die im Eigentum der P GmbH standen,
aufgezogen. Die Pferde waren dabei an unterschiedlichen Standorten
untergebracht. … Pferde waren jünger als drei Jahre alt
und zum Verkauf bestimmt. … Pferde waren mindestens drei
Jahre alt. Davon waren … Tiere Zuchtstuten. … Tiere
sollten durch Veredelung zu hochwertigen Sportpferden werden. Die
erzeugten Jungtiere waren überwiegend zum Verkauf
bestimmt.
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Die erzeugten Pferde wurden in jeder Phase
der Entwicklung von den Ausbildern und Züchtern der P GmbH
sowie von Z beobachtet und eingeschätzt. Die Pferde, die sich
als geeignet für eine Ausbildung als Sport- oder Dressurpferd
zeigten, wurden entweder bereits als Fohlen verkauft oder durch die
P GmbH weiter ausgebildet und als Dressurpferd im Alter von vier
bis fünf Jahren oder als Springpferd im Alter von sechs bis
sieben Jahren verkauft. Die Pferde, die sich als nicht geeignet
erwiesen, wurden ebenfalls verkauft.
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Für ihre Tierhaltung standen der P
GmbH verschiedene Flächen zur Verfügung. In …
pachtete sie Flächen von der I GmbH & Co. KG; auf Gut X von
der Klägerin. Zudem pachtete die P GmbH den …hof (Teil
von Gut X) und den …hof von der I GmbH & Co. KG.
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Die Klägerin verpachtete Flächen
in …, in … und in … an die M GmbH sowie einen
Teil der Stallungen und landwirtschaftlichen Flächen des Gutes
X an die R GmbH & Co. KG. Mit der Bewirtschaftung der von der
Klägerin gepachteten Flächen beauftragten die
Gesellschaften die Klägerin. Sie führte die
Bewirtschaftung als Lohnunternehmerin aus.
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Die P GmbH schloss mit der M GmbH am
23.03.2010 einen Vertrag über eine Pensionspferdehaltung. Das
Vertragsverhältnis begann am 01.04.2010 und lautete
auszugsweise:
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„§ 3 …
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(3) Das Heu und das weitere Futter werden
[der] M GmbH von Seiten der Eigentümerin in der erforderlichen
Menge kostenlos bereitgestellt. ...
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(4) Die Eigentümerin sorgt auf eigene
Kosten für einen ordnungsgemäßen Hufbeschlag.
...
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§ 6 ...
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(3) Für die Gesundheitsvorsorge und
die tierärztliche Versorgung des Pferdebestandes hat die
Eigentümerin Sorge zu tragen. ... Die tierärztliche
Versorgung erfolgt durch den von der Eigentümerin beauftragten
Tierarzt auf eigene Kosten.
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Mit Wirkung zum 23.04.2012 schloss die P
GmbH mit der R GmbH & Co. KG ebenfalls einen Vertrag über
Pensionspferdehaltung. Der Vertrag ist inhaltsgleich mit dem der M
GmbH. Er unterscheidet sich lediglich in § 3. Die abweichende
Regelung lautet:
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„§ 3
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(3) Das Heu wird [die] R GmbH & Co. KG von
Seiten der Eigentümerin in der erforderlichen Menge gegen
Rechnungslegung einkaufen. [Die] R GmbH & Co. KG hat rechtzeitig
den Bedarf an Futtermitteln etc. der Eigentümerin anzuzeigen;
die Eigentümerin wird die bestellte Menge frei Haus an den von
[der] R GmbH & Co. KG betriebenen Anlagen
bereitstellen.“
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Die M GmbH und die R GmbH & Co. KG
verfügten über eigenes Personal für die
Grundversorgung der Pferde. Darüber hinaus nahmen die
Gesellschaften keine Aufgaben wahr.
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Die P GmbH stellte für ihre
Pachtflächen jährlich Anträge auf
Agrarförderung. Bei der Ermittlung der maßgeblichen
Vieheinheitengrenzen erfasste die P GmbH alle Tiere, die sie auf
gepachteten Flächen und in gepachteten Ställen
untergebracht hatte, ließ aber die Tiere, die sie in Pension
gegeben hatte, unberücksichtigt. Nach der Berechnung der P
GmbH überschritten die ermittelten Vieheinheiten (bis auf das
Streitjahr) die Höchstgrenzen nicht.
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Auch die M GmbH und die R GmbH & Co. KG
stellten für die von der Klägerin gepachteten
Flächen jeweils jährlich eigene Anträge auf
Agrarförderung. Die Gesellschaften berücksichtigten u.a.
die Tiere, die sie jeweils von der P GmbH in Pension genommen
hatten. Die auf dieser Grundlage ermittelten Vieheinheiten
überschritten im Streitjahr nicht die
Höchstgrenzen.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) veranlagte die Klägerin für das
Streitjahr zunächst mit Bescheid vom 18.02.2015
erklärungsgemäß. Unter demselben Datum erging ein
Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden
Verlustvortrags auf den 31.12.2013.
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Im Rahmen einer Außenprüfung
für das Streitjahr legte das FA (wie die Klägerin)
für die Ermittlung der zulässigen Vieheinheiten nach
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG die Hektarwerte aus den
Anträgen auf Agrarförderung als zu berücksichtigende
Flächen zugrunde. Es vertrat hinsichtlich der Zurechnung der
Tiere jedoch eine andere Auffassung als die Klägerin. Alle im
Eigentum der P GmbH befindlichen Pferde seien bei der Ermittlung
der zuzurechnenden Vieheinheiten bei ihr mitzuzählen, somit
auch die in Pension gegebenen Pferde. Die Betriebsprüfung
ermittelte die Vieheinheiten der P GmbH danach wie folgt:
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P GmbH
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2013
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Hektar lt. Agrarantrag
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… ha
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Höchstgrenze Vieheinheiten
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… VE
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tatsächliche Vieheinheiten
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… VE
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Demzufolge sah das FA die Einkünfte
der P GmbH als Einkünfte aus gewerblicher Tierhaltung an.
Diese Feststellung berücksichtigte es in dem auf § 164
Abs. 2 der Abgabenordnung gestützten
Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid für das Jahr
2013 vom 09.03.2018. Es nahm an, der Verlust in Höhe von
… EUR könne (nur) in Höhe von … EUR auf
Gewinne des Vorjahres zurückgetragen werden. In Höhe von
… EUR sei der Verlust aufgrund des Verlustausgleichs- und
-abzugsverbots des § 15 Abs. 4 EStG im
Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2013 nicht zu
berücksichtigen. Er wurde daher als verbleibender
Verlustvortrag auf den 31.12.2013 mit Bescheid vom 09.03.2018 nach
§ 15 Abs. 4 i.V.m. § 10d EStG, § 31 Abs. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und § 8 Abs. 1 KStG
gesondert festgestellt.
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20
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Gegen beide Bescheide legte die
Klägerin Einsprüche ein. Mit Einspruchsentscheidungen vom
23.10.2018 und 16.11.2018 wies das FA die Einsprüche als
unbegründet zurück.
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Der hiergegen gerichteten Klage, mit der
die Klägerin weiter geltend machte, dass die in Pension
gegebenen Pferde nicht der P GmbH, sondern (ausschließlich)
der M GmbH und der R GmbH & Co. KG zuzurechnen seien, gab das
Finanzgericht (FG) nur teilweise statt. Es entschied, die P GmbH
werde in einem Bereich tätig, der im hier zu beurteilenden
Fall an sich zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft i.S.
des § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG führe. Jedoch hätten die
von ihr gehaltenen Tiere keine ausreichende Futtergrundlage in
ihrem Betrieb. Bei der P GmbH seien sowohl die Tiere, die sie
selbst versorge, als auch die in Pension gegebenen Tiere bei der
Berechnung der zulässigen Höchstgrenzen für
Vieheinheiten zu berücksichtigen. Allerdings sei entgegen der
Auffassung des FA der Verlust aus der Tierhaltung nur in Höhe
von … EUR (63,60 %) als gewerblich einzustufen. Ein Verlust
in Höhe von … EUR (36,40 %) entfalle auf Einkünfte
aus Land- und Forstwirtschaft, da die Zuchtstuten der
landwirtschaftlichen Tierzucht zuzurechnen seien. Die übrigen
Pferde seien als übriges Nutzvieh der gewerblichen Tierhaltung
zuzuordnen, da insoweit die Höchstgrenzen überschritten
seien. Das Urteil des FG ist in EFG 2020, 1299 = SIS 20 13 82 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die
Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Die Zurechnung der
von der P GmbH in Pension gegebenen Pferde sei unzutreffend. Die
Pensionspferde seien nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
(BFH) nur der M GmbH und der R GmbH & Co. KG zuzurechnen. Sie
könnten nicht zugleich auch der P GmbH als Eigentümerin
der Pferde zugerechnet werden. Es komme nur darauf an, wie viele
Tiere auf den landwirtschaftlichen Flächen des jeweiligen
Tierhalters tatsächlich gehalten würden. In diesem Sinne
sei auch die Pensionstierhaltung als Tierhaltung i.S. des § 13
EStG anzusehen. Auf die zivilrechtliche Haltereigenschaft komme es
nicht an. Ein Tier könne nicht gleichzeitig an zwei Orten
gehalten werden.
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23
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Die Tierhaltung bei der M GmbH und der R
GmbH & Co. KG sei - wie das FG festgestellt habe - jeweils
unterhalb der maßgeblichen Höchstgrenzen erfolgt, so
dass § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG bei der Klägerin nicht zur
Anwendung komme.
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24
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Zu einer Überschreitung der
Vieheinheitengrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG komme es
auch nicht bei einer zusammenfassenden Betrachtung der der P GmbH
sowie der M GmbH und der R GmbH & Co. KG zur Verfügung
stehenden landwirtschaftlichen Flächen.
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25
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Außerdem sei die Zurechnung der
Fohlen zum übrigen Nutzvieh unzutreffend. Soweit Tiere
vorhanden seien, die - wie nach Auffassung der Klägerin die
Fohlen - keinem der ausdrücklich genannten Zweige des
Tierbestands zuzuordnen seien, seien diese auch keinem besonderen
Zweig zuzuordnen.
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26
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In der mündlichen Verhandlung hat die
Klägerin außerdem geltend gemacht, dass bei anderer
Beurteilung auch die an die M GmbH sowie an die R GmbH & Co. KG
verpachteten Flächen der P GmbH zuzurechnen seien, weil auf
diesen Flächen nur die (nach Auffassung des FA und FG der P
GmbH zuzurechnenden) Tiere weideten.
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27
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid über
Körperschaftsteuer 2013 vom 09.03.2018 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 19.11.2018 dahingehend zu ändern,
dass das dem Organträger nach § 14 KStG zuzurechnende
Einkommen der Organgesellschaften um weitere … EUR
vermindert wird und den Bescheid vom 09.03.2018 über die
gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags nach
§ 15 Abs. 4 i.V.m. § 10d EStG, § 31 Abs. 1 und
§ 8 Abs. 1 KStG sowie die Einspruchsentscheidung vom
23.10.2018 insgesamt aufzuheben.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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Es bringt vor, die Klägerin sei sowohl
zivilrechtliche Eigentümerin als auch Halterin der
Pensionspferde. Nur durch die Berücksichtigung aller im
(wirtschaftlichen) Eigentum der Klägerin stehenden Pferde
könne der in § 15 Abs. 4 EStG niedergelegte Schutzzweck
erreicht werden. Die Einordnung der Tierhaltung bei der M GmbH und
der R GmbH & Co. KG habe keine Auswirkung auf die Qualifikation der
Tierhaltung bei der Pensionsnehmerin. Die Fohlen und auch die zur
Veredelung gehaltenen Pferde seien dem Zweig
„Zuchtvieh“ zuzuordnen, da die Tiere
überwiegend zum Verkauf bestimmt seien. Entgegen der in der
mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der
Klägerin seien die verpachteten Flächen nicht der P GmbH
zuzurechnen.
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30
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II. Die Revision der Klägerin ist
begründet und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und
zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz
1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Zwar sind - wie das FG
zutreffend entschieden hat - auch die Pferde, die die P GmbH bei
der M GmbH und der R GmbH & Co. KG in Pension gegeben hat, der P
GmbH i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zuzuordnen. Das FG
ist jedoch auf dieser Grundlage nicht der Frage nachgegangen, ob
die P GmbH weitere als die ihr bisher zugerechneten Flächen
i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG regelmäßig
landwirtschaftlich genutzt hat. Dabei kann die Verpachtung durch
die Klägerin an die beiden Pensionsgeber zu
berücksichtigen sein. Die Sache ist daher nicht
spruchreif.
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31
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1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1
EStG dürfen Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder
gewerblicher Tierhaltung weder mit anderen Einkünften aus
Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten
ausgeglichen werden. Auch der Verlustabzug nach § 10d EStG ist
nur bezogen auf Gewinne aus gewerblicher Tierzucht oder Tierhaltung
möglich (§ 15 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 EStG).
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32
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Diese Beschränkungen greifen ein, wenn
eine an sich landwirtschaftliche Betätigung darin besteht,
überhöhte Bestände an Vieh ohne entsprechende
landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die theoretisch
notwendige Futtergrundlage, zu halten (vgl. BFH-Urteile vom
21.09.1995 - IV R 96/94, BFHE 179, 66, BStBl II 1996, 85 = SIS 96 05 19; vom 19.12.2002 - IV R 47/01, BFHE 201, 241, BStBl II 2003,
507 = SIS 03 18 32, und vom 04.11.2021 - VI R 26/19, BFH/NV 2022,
417 = SIS 22 03 88). Der BFH legt den Begriff der gewerblichen
Tierzucht oder Tierhaltung i.S. des § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2
EStG (vormals § 15 Abs. 2 EStG) dem Gesetzeszweck entsprechend
restriktiv aus (vgl. BFH-Urteile vom 04.10.1984 - IV R 195/83, BFHE
142, 272, BStBl II 1985, 133 = SIS 85 03 13; vom 01.02.1990 - IV R
45/89, BFHE 159, 475, BStBl II 1991, 625 = SIS 90 11 40, und in
BFH/NV 2022, 417 = SIS 22 03 88, Rz 15). § 15 Abs. 4 EStG ist auch auf
Kapitalgesellschaften anwendbar (BFH-Urteil vom 08.11.2000 - I R
10/98, BFHE 193, 406, BStBl II 2001, 349 = SIS 01 06 54, Leitsatz 3
und unter II.3.).
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2. Pferde, die in einem Pensionsbetrieb
untergebracht werden, können vom Eigentümer in seinem
Betrieb gehalten werden, wenn er das wirtschaftliche Risiko der
Tierhaltung trägt.
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34
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a) Bei einer Pferdehaltung und der Ausbildung
der Tiere für den Pferdesport handelt es sich
regelmäßig um eine gewerbliche Tierhaltung i.S. von
§ 15 Abs. 4 EStG, wenn der Betrieb nicht über eine
hinreichende Futtergrundlage in Gestalt von landwirtschaftlichen
Nutzflächen verfügt. Dabei ist unerheblich, ob die in
einem landwirtschaftlichen Betrieb gehaltenen Tiere überhaupt
von den Erzeugnissen der landwirtschaftlichen Nutzfläche
ernährt werden (vgl. BFH-Urteile vom 13.07.1989 - V R
110-112/84, BFHE 158, 157, BStBl II 1989, 1036 = SIS 90 04 43,
unter II.3.a bb; vom 31.03.2004 - I R 71/03, BFHE 206, 42, BStBl II
2004, 742 = SIS 04 27 02, unter II.9.d, und vom 17.12.2008 - IV R
34/06, BFHE 224, 76, BStBl II 2009, 453 = SIS 09 13 23, unter
II.4.e aa, m.w.N.).
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35
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b) Pferde gehören zu den Tierarten, deren
Haltung und Zucht in der Regel zur landwirtschaftlichen Nutzung
zählen. Die Pferdehaltung und die Pferdezucht werden in Anlage
2 zu § 51 des Bewertungsgesetzes (BewG) ausdrücklich
genannt und den mehr flächenabhängigen Zweigen des
Tierbestands zugeordnet. In der Aufzählung der Tierarten bei
der Regelung der Vieheinheiten werden Pferde ebenfalls
aufgeführt (Anlage 1 zu § 51 BewG). Die Zuordnung zur
landwirtschaftlichen Nutzung hängt bei solchen
Tierbeständen grundsätzlich nur davon ab, ob die im
Betrieb gehaltenen Tiere - gemessen am gesetzlichen
Flächenschlüssel - eine ausreichende Futtergrundlage
haben (vgl. BFH-Urteile vom 23.09.1988 - III R 182/84, BFHE 154,
364, BStBl II 1989, 111 = SIS 88 24 39; in BFHE 224, 76, BStBl II
2009, 453 = SIS 09 13 23, und in BFH/NV 2022, 417 = SIS 22 03 88,
Rz 21). Daraus ergibt sich, dass Einkünfte aus der Pferdezucht
und der Pferdehaltung zu den Einkünften aus gewerblicher
Tierzucht und gewerblicher Tierhaltung zählen, wenn die
Vieheinheitengrenze überschritten wird (vgl. BFH-Urteil in
BFH/NV 2022, 417 = SIS 22 03 88, Rz 21).
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36
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c) Wem Pferde, die in einem Pensionsbetrieb
untergebracht werden, im Rahmen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
EStG zuzurechnen sind, hängt nach der neueren Rechtsprechung
des VI. Senats des BFH davon ab, wer das wirtschaftliche Risiko der
Tierhaltung trägt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 417 =
SIS 22 03 88, Rz 23; Gossert in Korn, § 13 EStG Rz 182;
KKB/Geserich, 7. Aufl., § 13 Rz 247; Giere in Felsmann,
Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Teil A Rz 72 ff.;
Hartmann in Dombert/Witt, Münchener Anwaltshandbuch
Agrarrecht, 2. Aufl., § 25 Rz 31; Brandis/Heuermann/Nacke,
§ 13 EStG Rz 100; Leingärtner/Stalbold, Besteuerung der
Landwirte, Kap. 6, Rz 21; Mitterpleininger in Littmann/Bitz/Pust,
Das Einkommensteuerrecht, § 13 Rz 32, der generell die
Pensionstiere hinzurechnet).
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3. Die Pferde, die die P GmbH in Pension
gegeben hat, sind ihr im Rahmen der Ermittlung der Vieheinheiten
i.S. des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG als Eigentümerin
der Pferde zuzurechnen.
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38
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a) Die Vorinstanz hat dazu festgestellt, dass
die M GmbH und die R GmbH & Co. KG zwar die Grundversorgung der
Pferde übernommen hatten, indem sie sie unterbrachten, mit
Einstreu und Heu versorgten, fütterten und tränkten sowie
ihre Gesundheit überwachten. Unter Gesamtwürdigung aller
Umstände seien die Pferde trotzdem der P GmbH zuzurechnen, da
diese die Nutzungen und Kosten im eigenen wirtschaftlichen
Interesse der Pferdezucht und der Veräußerung der Tiere
getragen habe. Das Heu und das Futter habe die P GmbH finanziert.
Die Kosten für die Hufpflege und die tierärztliche
Versorgung sowie die Versicherung der Tiere habe die P GmbH
ebenfalls übernommen. Die M GmbH und die R GmbH & Co. KG
hätten nicht für Schäden an den Pferden gehaftet.
Alle Entscheidungen hinsichtlich Besamung, Zucht, Ausbildung und
Bereiten habe die P GmbH getroffen. Der M GmbH und der R GmbH & Co.
KG habe lediglich die Hege und Pflege der Pferde ohne
wirtschaftliches Risiko und Kostentragung oblegen. Diese
Feststellungen der Vorinstanz verstoßen nicht gegen
Denkgesetze oder Erfahrungssätze und binden daher den Senat
(§ 118 Abs. 2 FGO).
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39
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b) Dieser Beurteilung steht - entgegen der
Auffassung der Klägerin - nicht die ältere Rechtsprechung
des IV. Senats des BFH entgegen, nach der Pensionstiere dem
Pensionsgeber zuzurechnen sein können.
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40
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aa) Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des
BFH ist die Pensionstierhaltung bei Vorliegen der
flächenmäßigen Voraussetzungen in der Regel als
Tierhaltung i.S. des § 13 EStG beim Pensionsgeber zu
beurteilen. Das Vorliegen einer
„Tierhaltung“ i.S. des § 13
EStG hängt grundsätzlich nur davon ab, ob die im Betrieb
des Pensionsgebers gehaltenen Tiere - gemessen an dem im Gesetz
enthaltenen Flächenschlüssel - eine ausreichende
Futtergrundlage haben. Sei dies der Fall, mache es keinen
Unterschied, ob es sich dabei um eigene oder fremde Tiere handele,
so dass auch die sog.
„Pensionstierhaltung“, also das
Unterstellen und Füttern fremder Tiere gegen Entgelt, bei
Vorliegen der flächenmäßigen Voraussetzungen in der
Regel als Tierhaltung i.S. des § 13 EStG anzusehen sei (vgl.
BFH-Urteile vom 16.11.1978 - IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II
1979, 246 = SIS 79 01 23, unter 2.a bb; vom 17.10.1985 - IV R
188/83, BFH/NV 1987, 84, unter 2.; vom 14.04.1988 - IV R 40/86,
BFHE 153, 347, BStBl II 1988, 774 = SIS 88 16 31, unter 1.; vom
26.03.1992 - IV R 22/91, BFH/NV 1992, 655, und vom 26.06.2002 - IV
R 55/01, BFHE 199, 529, BStBl II 2003, 13 = SIS 03 01 96, unter
3.d).
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41
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bb) Diese Grundsätze führen jedoch
im Streitfall zu keiner anderen Zuordnung der in Pension gegebenen
Pferde. Denn die bei der M GmbH und der R GmbH & Co. KG als
Pensionsgeber untergestellten Pferde der P GmbH erhielten - anders
als im Regelfall der Pensionstierhaltung - ihre Futtergrundlage von
der P GmbH. Zudem hatten die M GmbH und die R GmbH & Co. KG
Flächen von der Klägerin gepachtet, so dass eine typische
Pensionstierhaltung im Sinne der Rechtsprechung des BFH mit
Zurechnung der Pferde beim Pensionsgeber im Streitfall nicht
vorlag.
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42
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4. Folge der im Streitfall bestehenden
Besonderheiten, die ein Abweichen von dem vom IV. Senat des BFH
beschriebenen Regelfall rechtfertigen, ist aber, dass der Frage
nachzugehen ist, ob die von der Klägerin an die M GmbH und an
die R GmbH & Co. KG verpachteten Flächen für die
Ermittlung der Vieheinheitengrenzen der P GmbH zuzurechnen sind.
Die hierfür erforderliche Beurteilung, für die weitere
Tatsachenfeststellungen zu treffen sind, kann im Revisionsverfahren
nicht nachgeholt werden.
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5. Für den zweiten Rechtsgang weist der
Senat auf Folgendes hin:
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a) Im Streitfall ist zu entscheiden, ob
aufgrund des Pachtvertrages der Klägerin mit der M GmbH und
der R GmbH & Co. KG - wie in der Regel anzunehmen ist - diesen
Pächterinnen die verpachteten Flächen mit den daraus
gezogenen Früchten und sonstigen Gebrauchsvorteilen
zuzurechnen sind (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 199, 529, BStBl II
2003, 13 = SIS 03 01 96, unter 2.b und c).
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45
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Dabei kommt es darauf an, ob die an die M GmbH
und an die R GmbH & Co KG verpachteten Flächen ausnahmsweise
der P GmbH zuzurechnen sind, weil diese die Gebrauchsvorteile der
verpachteten Flächen durch die vertragsgemäße
Nutzung für Pferde, die der P GmbH als Organgesellschaft der
Klägerin zuzurechnen sind, gezogen hat und nach Maßgabe
der Pachtverträge auch ziehen sollte, wozu weitergehende
Feststellungen zu treffen sind. Hierfür ist auch
festzustellen, ob ausschließlich die im Eigentum der P GmbH
stehenden Pferde auf den an die M GmbH und an die R GmbH & Co. KG
verpachteten Flächen geweidet haben.
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Dem steht nicht zwingend entgegen, dass es
sich zivilrechtlich um eine Verpachtung der Klägerin an die M
GmbH und die R GmbH & Co. KG und nicht um eine Verpachtung an die P
GmbH als Organgesellschaft gehandelt hat und sich die Organschaft
auf eine bloße Einkommenszurechnung beschränkt, bei der
zunächst das Einkommen der Organgesellschaft eigenständig
zu ermitteln ist (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.2002 - XI R 95/97,
BFHE 198, 99, BStBl II 2003, 9 = SIS 02 08 17, unter II.1.b; vom
28.02.2013 - IV R 50/09, BFHE 240, 270, BStBl II 2013, 494 = SIS 13 11 91, Rz 16, und vom 15.06.2016 - I R 64/14, BFHE 254, 291, BStBl
II 2017, 182 = SIS 16 19 80, Rz 20). Denn im Hinblick auf diese
eigenständige Einkommensermittlung kann der Normzweck des
§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStG nicht außer Betracht bleiben,
der darin besteht, die traditionelle, mit der Bodenwirtschaft
verbundene landwirtschaftliche Tierzucht und Tierhaltung, bei der
regelmäßig Verluste mangels hoher
außerlandwirtschaftlicher Einkünfte nicht verrechnet
werden können, vor dem Wettbewerb einer industriell
betriebenen Tierproduktion zu schützen. Die Vorschrift wendet
sich daher gegen eine an sich landwirtschaftliche Betätigung,
die darin besteht, überhöhte Bestände an Vieh ohne
entsprechende landwirtschaftliche Nutzfläche, d.h. ohne die
theoretisch notwendige Futtergrundlage, zu halten (BFH-Urteil in
BFHE 201, 241, BStBl II 2003, 507 = SIS 03 18 32, unter 2.; vgl.
auch BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 417 = SIS 22 03 88, Rz 17). Soll
ein bei der Organgesellschaft ermitteltes Einkommen den
Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG unterworfen
werden, weil die Tierhaltung nach den Verhältnissen der
Organgesellschaft ohne hinreichende Futtergrundlage erfolgt sei,
obwohl landwirtschaftliche Nutzflächen überlassen werden,
die von den Pferden der Organgesellschaft genutzt werden (sollen),
so dass zivilrechtlich und tatsächlich eine hinreichende
Futtergrundlage für die Pferde der Organgesellschaft besteht,
kann einer solchen Beschränkung demnach der Normzweck des
§ 15 Abs. 4 Satz 1 EStG entgegenstehen.
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b) Nicht zu beanstanden ist das Urteil der
Vorinstanz im Übrigen zur Frage der Tierbestandszweige.
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aa) Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.V.m.
§ 51 Abs. 2 Satz 1
BewG gehören nur die Zweige des Tierbestands zur
landwirtschaftlichen Nutzung, deren Vieheinheiten zusammen die in
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bezeichnete Grenze nicht
überschreiten. Als Zweig des Tierbestands gilt bei jeder
Tierart für sich das Zugvieh, das Zuchtvieh, das Mastvieh und
das übrige Nutzvieh (§ 51 Abs. 3 Satz 1 BewG).
Zunächst sind mehr flächenabhängige und danach
weniger flächenabhängige Zweige des Tierbestands zur
landwirtschaftlichen Nutzung zu rechnen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1
Satz 4 EStG i.V.m. § 51 Abs. 2 Satz 2 BewG). Das Zuchtvieh
einer Tierart gilt nur dann als besonderer Zweig des Tierbestands,
wenn die erzeugten Jungtiere überwiegend zum Verkauf bestimmt
sind (§ 51 Abs. 3 Satz 2 BewG). Ist das nicht der Fall, so ist
das Zuchtvieh dem Zweig des Tierbestands zuzurechnen, dem es
überwiegend dient (§ 51 Abs. 3 Satz 3 BewG).
Pferdehaltung und Pferdezucht sind den mehr
flächenabhängigen Zweigen des Tierbestands zuzuordnen
(Anlage 2 zum BewG; vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2022, 417 = SIS 22 03 88, Rz 30).
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bb) Zutreffend hat die Vorinstanz die
Zuchtstuten dem Zweig „Zuchtvieh“
und die weiteren Pferde dem Zweig „übriges
Nutzvieh“ zugeordnet. Diese Pferde
erfüllen nicht die Qualifikation als Zuchtvieh.
Maßgeblich für die Abgrenzung der Tierzweige des §
51 Abs. 3 BewG ist die spätere Bestimmung der Tiere (s.
BFH-Urteil vom 17.10.1991 - IV R
134/89, BFHE 166, 319, BStBl II 1992, 378 = SIS 92 07 47, zu Masttieren). Im Streitfall waren die
übrigen Tiere auf der jeweiligen Entwicklungsstufe für
den Verkauf bestimmt.
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cc) Der Zuordnung zum Tierzweig
„übriges Nutzvieh“ steht
nicht - wie die Klägerin meint - entgegen, dass die Tiere zum
Verkauf bestimmt waren. Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 BewG
„gilt bei jeder Tierart“ die
Einteilung in die vier oben genannten Zweige, so dass eine
Zuordnung aller Tiere vorzunehmen ist. Da die weiteren Pferde
unstreitig nicht zu dem Zweig
„Zugvieh“ und
„Mastvieh“ gehören, sind sie
sodann dem Zweig „übriges
Nutzvieh“ zuzuordnen. Eine Nichtzuordnung
- wie die Klägerin vorträgt - kommt nicht in
Betracht.
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6. Die Übertragung der Kostenentscheidung
auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.
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