Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 05.12.2018 - 1 K 73/16 (3) =
SIS 19 01 56 wird als
unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
1
|
I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin), eine Kapitalgesellschaft
nach dem Recht der Sonderverwaltungsregion Hongkong der
Volksrepublik China, betreibt eine Reederei. Für ihre Kunden
erbringt sie regelmäßig ein Gesamtleistungspaket, das
aus dem Container-Seetransport und dem sich daran
anschließenden Anschlusstransport zum Empfänger des
Containers besteht. Im Jahr 2011 (Streitjahr) unterhielt die
Klägerin eine im Handelsregister eingetragene
Zweigniederlassung in Z (Inland).
|
|
|
2
|
Die Klägerin beteiligte sich im
Streitjahr als Kommanditistin an der Beigeladenen, einer in Z
ansässigen GmbH & Co. KG (Beigeladene). Die Höhe der
Beteiligung lag unter 1 %. Eine Vielzahl weiterer Kommanditisten
hielt Beteiligungen in ähnlicher Höhe.
|
|
|
3
|
Gegenstand des Unternehmens der
Beigeladenen war insbesondere die Organisation und Abwicklung von
intermodalen Container-Transporten per Bahn, Binnenschiff und per
Short-Sea-Verkehr. Die Klägerin erteilte der Beigeladenen
regelmäßig Aufträge, den o.g. Anschlusstransport im
Inland per Bahn oder einem anderen Beförderungsmittel für
sie durchzuführen. Internationalen Seetransport führte
die Beigeladene selbst nicht durch.
|
|
|
4
|
Der Beklagte und Revisionsbeklagte
(Finanzamt - FA - ) erließ gegenüber der Beigeladenen
einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden
Feststellungsbescheid für das Streitjahr, mit dem der
Klägerin ein Gewinnanteil zugerechnet wurde. Später
beantragte die Klägerin die Änderung des Bescheids
gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Sie
machte hierbei geltend, dass die ihr zuzurechnenden Einkünfte
aus der Beteiligung an der Beigeladenen 0 EUR betrügen. Zur
Begründung berief sie sich auf Art. 3 des Abkommens zwischen
der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der
Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zur
Vermeidung der Doppelbesteuerung von Schifffahrtsunternehmen auf
dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom
13.01.2003 (BGBl II 2004, 36, BStBl I 2005, 611) - DBA-Hongkong -,
wonach Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei (hier:
Sonderverwaltungsregion Hongkong) aus dem Betrieb von Seeschiffen
im internationalen Verkehr nur im Gebiet dieser Vertragspartei
(hier: Sonderverwaltungsregion Hongkong) besteuert werden
können. Der - häufig per Bahn durchgeführte -
inländische Anschlusstransport sei Teil dieses internationalen
Seetransports.
|
|
|
5
|
Das FA folgte dieser Argumentation nicht
und lehnte es ab, den Feststellungsbescheid zu ändern.
|
|
|
6
|
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg
(Urteil des Finanzgerichts - FG - Bremen vom 05.12.2018 - 1 K 73/16
(3) = SIS 19 01 56).
|
|
|
7
|
Mit ihrer Revision rügt die
Klägerin eine Verletzung des Art. 3 DBA-Hongkong.
|
|
|
8
|
Sie beantragt, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Urteils sowie der Ablehnungsentscheidung des FA
vom 29.01.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.05.2016
das FA zu verpflichten, den Bescheid vom 13.09.2012 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
für 2011 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte
der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der Beigeladenen in
Höhe von ... EUR nicht als in die Bemessungsgrundlage der
Körperschaftsteuer der Klägerin eingehende Einkünfte
festgestellt werden.
|
|
|
9
|
Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
Das beigetretene Bundesministerium der
Finanzen (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO
- ) hat keinen Antrag gestellt. In der Sache unterstützt es
das Vorbringen des FA.
|
|
|
11
|
II. Die Revision ist unbegründet und
daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Einkünfte
der Klägerin aus ihrer mitunternehmerischen Beteiligung an der
Beigeladenen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht
unterliegen, weil eine Steuerbefreiung auf der Grundlage des
DBA-Hongkong nicht zu gewähren ist.
|
|
|
12
|
1. a) Die Klägerin hat aus ihrer
mitunternehmerischen Beteiligung an der gewerblich tätigen
Beigeladenen einen Gewinnanteil i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im
Streitjahr geltenden Fassung (EStG) bezogen. Dieser unterliegt bei
der gemäß § 2 Nr. 1 des
Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden
Fassung (KStG) beschränkt körperschaftsteuerpflichtigen
Klägerin der Besteuerung, weil für den Gewerbebetrieb der
Beigeladenen unter deren Geschäftsadresse in Z eine
Betriebsstätte unterhalten wurde (§ 49 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a EStG). Denn dort befand sich das Büro, das Personal
und die Geschäftsleitung der Beigeladenen. Nach ständiger
Senatsrechtsprechung wird die Betriebsstätte der Beigeladenen
der Klägerin als Mitunternehmerin des Gewerbebetriebs als
eigene zugerechnet (vgl. z.B. Senatsurteile vom 29.11.2017 - I R
58/15, BFHE 260, 209 = SIS 18 02 89; vom 18.12.2002 - I R 92/01,
BFHE 201, 447 = SIS 03 23 72). Auf der Grundlage des nationalen
Rechts hat das FA daher die der beschränkten
Körperschaftsteuerpflicht unterliegenden gewerblichen
Einkünfte der Klägerin zutreffend in die gesonderte und
einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen
gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO
einbezogen, weil an den Einkünften der Beigeladenen noch
weitere Personen beteiligt waren. Darüber besteht zwischen den
Beteiligten kein Streit, weshalb der Senat von weiteren
Ausführungen absieht.
|
|
|
13
|
b) Das FA hat im angegriffenen Bescheid im
Ergebnis nur eine Regelung für den der Klägerin als
Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnenden Gewinnanteil i.S.
des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG getroffen
und deren sachliche Körperschaftsteuerpflicht bejaht, weil
abkommensrechtliche Regelungen dem seines Erachtens nicht
entgegenstehen. Das FA hat dagegen keine Regelung zu der Frage
getroffen, ob der von der Klägerin unter der
Geschäftsadresse in Z unterhaltenen Zweigniederlassung (einer
Betriebsstätte i.S. des § 12 Satz 2 Nr. 2 AO) ein Teil
des von ihr weltweit erzielten Gewinns aus Gewerbebetrieb mit der
Folge zuzurechnen ist, dass dieser
„Gewinn-Anteil“, bei dem es sich
nicht um einen solchen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG handelt, der beschränkten
Körperschaftsteuerpflicht gemäß § 2 Nr. 1 KStG
i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG wegen der bestehenden
inländischen Zweigniederlassungs-Betriebsstätte
unterliegt. Einen solchen inländischen Besteuerungsanspruch,
der nicht in einer gesonderten Feststellung von
Besteuerungsgrundlagen, sondern unmittelbar in einem
Körperschaftsteuerbescheid zu erfassen wäre, hat das FA
im Streitfall nicht geltend gemacht.
|
|
|
14
|
c) Die Anwendung des § 49 Abs. 3 EStG
scheitert im Streitfall an dessen Satz 3. Die von der Norm
vorgesehene pauschalierte Ermittlung der Einkünfte der
Schifffahrtsunternehmen aus bestimmten Beförderungsleistungen
gilt nach Satz 3 nicht, soweit das deutsche Besteuerungsrecht nach
einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ohne Begrenzung
des Steuersatzes aufrechterhalten bleibt (s. insoweit auch Lieber
in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 1310; Gosch in
Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 49 Rz 109). Wie unten
auszuführen sein wird, weist das DBA-Hongkong das
Besteuerungsrecht für die Einkünfte aus den
streitgegenständlichen inländischen Transporten nicht der
Sonderverwaltungsregion Hongkong zu, sondern belässt dieses
der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland).
|
|
|
15
|
2. Aus dem DBA-Hongkong ergibt sich keine
Steuerbefreiung für die im Feststellungsbescheid erfassten
Einkünfte der Klägerin, da sie nicht in den sachlichen
Anwendungsbereich des Art. 3 DBA-Hongkong fallen. Weitere mit der
Anwendung des DBA-Honkong zusammenhängende Fragen
bedürfen daher keiner Entscheidung.
|
|
|
16
|
a) Art. 3 DBA-Hongkong regelt in Absatz 1,
dass Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei aus dem
Betrieb von Seeschiffen im internationalen Verkehr nur im Gebiet
dieser Vertragspartei besteuert werden können. Absatz 5
bestimmt, dass für die Zwecke dieses Artikels der Ausdruck
„Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei aus dem
Betrieb von Seeschiffen im internationalen
Verkehr“ umfasst
|
|
|
|
Buchst. a: Einkünfte und
Bruttoerträge aus dem Betrieb von Seeschiffen für den
Transport von Personen, Vieh, Gütern, Post oder Waren;
|
|
|
|
Buchst. b: Gewinne aus der Vercharterung von
vollständig ausgerüsteten, bemannten und versorgten
Schiffen oder von leeren Seeschiffen;
|
|
|
|
Buchst. c: Gewinne aus der Nutzung oder
Vermietung von Containern (einschließlich Trailern und
zusätzlicher Ausstattung, die dem Transport der Container
dienen);
|
|
|
|
Buchst. d: Zinserträge aus unmittelbar
mit diesem Betrieb zusammenhängenden Mitteln.
|
|
|
17
|
b) Die streitgegenständlichen
Einkünfte unterfallen Art. 3 Abs. 1 und 5 DBA-Hongkong nicht,
da sie nicht solche sind, die aus dem Betrieb von Seeschiffen im
internationalen Verkehr resultieren.
|
|
|
18
|
aa) Auch wenn, wie die Klägerin meint,
dem Abs. 5 des Art. 3 DBA-Hongkong eine klarstellende oder
erweiternde Bedeutung für das Verständnis des Ausdrucks
„Gewinne eines Unternehmens einer Vertragspartei aus dem
Betrieb von Seeschiffen im internationalen
Verkehr“ zukommen sollte, geht es im
Streitfall nicht um Einkünfte aus dem Betrieb von Seeschiffen
im internationalen Verkehr, sondern um Einkünfte aus
nationalen (Anschluss-)Transporten, die auf dem Landweg - in der
Regel per Bahn - erfolgten. Der reine Wortlaut des DBA lässt
es nicht zu, derartige Transporte zu erfassen. Denn der
Abkommenstext enthält - im Unterschied etwa zu nationalen
Regelungen in § 5a Abs. 2 Satz 2 EStG oder in § 49 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. b EStG - weder in Abs. 1 noch in Abs. 5 des Art. 3
DBA-Hongkong eine ausdrückliche erweiternde Definition des
Begriffs „Betrieb eines Schiffes im internationalen
Verkehr“ auf Inlandstransporte oder -
allgemeiner - auf mit dem Betrieb von Seeschiffen
zusammenhängende Neben- und Hilfsgeschäfte.
|
|
|
19
|
Das zu einem anderen Abkommen ergangene
Senatsurteil vom 01.04.2003 - I R 31/02 (BFHE 202, 446, BStBl II
2003, 875 = SIS 03 42 54) betraf die Frage des Anschlusstransports
nicht.
|
|
|
20
|
bb) Auch der Abkommenszusammenhang
bestätigt, dass nur zu bestimmten ausgewählten
Erscheinungsformen des maritimen Wirtschaftslebens solche
erweiternden Definitionen von den Vertragsstaaten in das
DBA-Hongkong ausdrücklich aufgenommen wurden. Zu nennen sind
beispielsweise die Regelungen für die sog. Bare-Boat-Charter
(Vercharterung leerer Seeschiffe) oder die reine
Container-Vermietung - durch einen nicht selbst die Schifffahrt
betreibenden Unternehmer (vgl. Laub, IStR 2005, 223) - in Art. 3
Abs. 5 Buchst. b und c DBA-Hongkong. Für rein nationale
Anschlusstransporte, die nicht mit einem Seeschiff
durchgeführt werden, fehlt es indes an einer vergleichbaren
Regelung im Abkommen, was für sich genommen gegen die
Einbeziehung der hieraus erzielten Einkünfte in den sachlichen
Anwendungsbereich des Abkommens spricht.
|
|
|
21
|
cc) Dass der - bei Abschluss des DBA-Hongkong
bestehende (zum sog. statischen Auslegungsmodus vgl. die
ständige Senatsrechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom
11.07.2018 - I R 44/16, BFHE 262, 354 = SIS 18 19 17; vom
15.03.2021 - I R 61/17, BFHE 272, 399 = SIS 21 14 06;
Senatsbeschluss vom 13.07.2021 - I R
63/17, BFHE 274, 18, BStBl II 2022, 250 = SIS 21 18 59) - Musterkommentar der Organisation for
Economic Cooperation and Development (OECD-MustKomm 2000) in Nr. 9
zu Art. 8 des OECD-Musterabkommens (OECD-MustAbk) nationale
Anschlusstransporte („If an enterprise engaged in
international transport undertakes to see to it that, in connection
with such transport, goods are delivered directly to the consignee
in the other Contracting State, such inland transportation is
considered to fall within the scope of the international operation
of ships or aircraft and, therefore, is covered by the provisions
of this Article.“) zum „Betrieb
eines Seeschiffs im internationalen
Verkehr“ rechnet, rechtfertigt im
Streitfall keine andere Beurteilung. Zum einen sind die Regelungen
des Art. 3 Abs. 5 DBA-Hongkong nicht im OECD-Musterabkommen
enthalten, so dass ein wesentlich abweichender Wortlaut vorliegt.
Zum anderen hat Deutschland diesbezüglich ausdrücklich
einen Vorbehalt in Nr. 29 OECD-MustKomm 2000 zu Art. 8 OECD-MustAbk
angebracht („Germany reserves its position as to the
application of the Article to income from inland transportation and
container services (cf. paragraphs 9 and 10
above).“).
|
|
|
22
|
Allerdings stellt der Musterkommentar in einem
solchen Fall bereits keine taugliche Auslegungshilfe dar. Eine
Auslegung im Sinne des OECD-Musterabkommens und des
OECD-Musterkommentars ist nur dann zu vermuten, wenn und soweit es
in seiner Konzeption, seinem Aufbau und seinen Formulierungen dem
OECD-Musterabkommen folgt und die Vertragsstaaten keine Vorbehalte
und Bemerkungen angebracht haben (vgl. Wassermeyer/Schwenke in
Wassermeyer, MA Vor Art. 1 Rz 34 und 44). Durch den oben
angeführten ausdrücklichen Vorbehalt gegen die
Bemerkungen in Nr. 9 OECD-MustKomm 2000 zu Art. 8 OECD-MustAbk
fehlt die Grundlage für die Annahme, dass sich die
Vertragsstaaten dahin verständigt hätten,
Inlandstransporte entsprechend des Musterkommentars in den
sachlichen Anwendungsbereich des Art. 3 DBA-Hongkong
einzubeziehen.
|
|
|
23
|
c) Eine Steuerbefreiung ergibt sich auch nicht
aus Art. 3 Abs. 4 DBA-Hongkong. Nach dieser Vorschrift gilt Absatz
1 auch für Gewinne aus der Beteiligung an einem Pool, einer
Betriebsgemeinschaft oder einer internationalen Betriebsstelle. Die
Vorinstanz hat die Anwendbarkeit des Art. 3 Abs. 4 DBA-Hongkong im
Streitfall mit der Begründung verneint, auch insoweit sei es
erforderlich, dass durch den Pool oder einen anderen
Zusammenschluss Seeschifffahrt betrieben werde und hierzu auch der
Inlandstransport zu zählen wäre. Diese Begründung
lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
|
|
|
24
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 und 3, § 139 Abs. 4 FGO.
|