1. Die Revision der Kläger gegen das
Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 09.02.2018 -
13 K 3586/16 = SIS 18 11 14 wird als unbegründet
zurückgewiesen, soweit sie die Festsetzung von
Hinterziehungszinsen zu den Einkommensteuervorauszahlungen für
das 1. und 2. Quartal 2005, das 4. Quartal 2006, das 1. Quartal
2007, das 2. Quartal 2008 und für das 1. und 2. Quartal 2010
betrifft.
2. Das Urteil des Finanzgerichts
Baden-Württemberg vom 09.02.2018 - 13 K 3586/16 = SIS 18 11 14
wird aufgehoben, soweit es die Festsetzung von Hinterziehungszinsen
für das 1. und 2. Quartal 2012 betrifft.
Die Sache wird insoweit zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht
Baden-Württemberg zurückverwiesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des
Revisionsverfahrens wird dem Finanzgericht Baden-Württemberg
übertragen.
7
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Die Kläger rügen die Verletzung
materiellen Bundesrechts in Gestalt von § 37 Abs. 3 EStG
i.V.m. § 235, § 239 AO durch das FG und sind der Meinung,
der vom FG festgestellte Sachverhalt trage dessen rechtliche
Würdigung nicht, dass für die
Einkommensteuervorauszahlungen jeweils die Voraussetzungen einer
vollendeten Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1
Nr. 1 AO vorgelegen hätten.
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8
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Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu
verkürzten Einkommensteuervorauszahlungen neben der
Festsetzung von Hinterziehungszinsen für die hinterzogene
Jahreseinkommensteuer desjenigen Veranlagungszeitraums, für
den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, bewirke eine
systemwidrige und unzulässige Doppelverzinsung derselben
verkürzten Einkommensteuerbeträge.
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9
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Die Regelung zur Festsetzungsfrist in
§ 239 Abs. 1 Satz 2
Nr. 3 AO knüpfe an die unanfechtbare Festsetzung der
hinterzogenen Steuer an. Sie setze voraus, dass eine solche
Festsetzung überhaupt möglich sei. Da die hinterzogenen
Einkommensteuervorauszahlungen nach Ergehen des
Jahressteuerbescheids infolge der Erledigung gemäß
§ 124 Abs. 2 AO nicht mehr festgesetzt werden könnten,
entfalle bei hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlungen stets das
für den Fristbeginn und Fristablauf notwendige Ereignis. Da
§ 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO bei Hinterziehungszinsen auf
hinterzogene Einkommensteuervorauszahlungen nicht greifen
könne, dürften Hinterziehungszinsen auf Vorauszahlungen
nicht festgesetzt werden.
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Halte man die Festsetzung von
Hinterziehungszinsen für verkürzte
Einkommensteuervorauszahlungen neben der Festsetzung von
Hinterziehungszinsen für die verkürzte
Jahreseinkommensteuer für zulässig, trage der vom FG
festgestellte Sachverhalt dessen rechtliche Würdigung nicht,
dass zu den noch streitigen Einkommensteuervorauszahlungen die
Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung gemäß §
370 Abs. 1 Nr. 1 AO jeweils erfüllt gewesen seien.
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11
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Ferner sehen die Kläger in der
Festsetzung der Hinterziehungszinsen für die
Einkommensteuervorauszahlungen einen Verstoß gegen Art. 3
Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), weil die Zinspflicht
gemäß § 235 AO nur zu veranlagende Steuerpflichtige
treffen könne. Außerdem sind sie der Meinung, eine
Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf verkürzte
Einkommensteuervorauszahlungen neben einer Festsetzung von
Hinterziehungszinsen für hinterzogene Jahressteuer verletze
das Verbot der Doppelbestrafung. Der Zinssatz des § 238 AO
verstoße für die im Streitfall relevanten Zeiträume
als nicht realitätsgerechte Typisierung gegen den
Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG.
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12
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Die Kläger beantragen
sinngemäß,
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das Urteil des FG Baden-Württemberg
vom 09.02.2018 - 13 K 3586/16, den Bescheid über die
Festsetzung von Hinterziehungszinsen vom 08.08.2016 und die
Einspruchsentscheidung vom 14.11.2016 aufzuheben, soweit darin
jeweils über die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu den
Vorauszahlungen zur Einkommensteuer für das 1. und 2. Quartal
2005, für das 4. Quartal 2006, für das 1. Quartal 2007,
für das 2. Quartal 2008, für das 1. und 2. Quartal 2010
und für das 1. und 2. Quartal 2012 entschieden wurde.
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13
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
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14
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II. Die Revision ist teilweise begründet
und teilweise unbegründet.
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15
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Die Revision ist unbegründet, soweit die
Kläger begehren, die im Antrag genannten Festsetzungen von
Hinterziehungszinsen zu den Einkommensteuervorauszahlungen
ersatzlos aufzuheben (s. unter II.1. und II.2.). Die Revision der
Kläger ist ferner unbegründet, soweit sie die Festsetzung
der Hinterziehungszinsen zu den Einkommensteuervorauszahlungen
für das 1. und 2. Quartal 2005, das 4. Quartal 2006, das 1.
Quartal 2007, das 2. Quartal 2008 sowie das 1. und 2. Quartal 2010
betrifft. Die Hinterziehungszinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen für diese Zeiträume sind
nach der Teilstattgabe durch das FG im Ergebnis nicht zu
beanstanden (s. unter II.3.). Soweit die Revision nach dieser
Maßgabe unbegründet und entscheidungsreif ist, ist sie
gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
zurückzuweisen.
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16
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Die Revision der Kläger ist
begründet, soweit sie die Festsetzung von Hinterziehungszinsen
zu den Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. und 2.
Quartal 2012 betrifft. Die Feststellungen des FG tragen insoweit
nicht dessen Würdigung, dass die Kläger den objektiven
und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht haben. Die Sache ist
insoweit nicht spruchreif. Der Senat hebt die Entscheidung des FG
insoweit auf und verweist den Streitfall gemäß §
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an das FG zurück (s. unter II.4.).
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17
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Die verfassungsrechtlichen Bedenken der
Kläger hält der Senat für unbegründet und sieht
keine Veranlassung, das Verfahren gemäß § 74 FGO
auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur
Entscheidung vorzulegen (s. unter II.6.).
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18
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1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die
mit der Revision angefochtenen Zinsfestsetzungen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen nicht wegen einer unzulässigen
Doppelbelastung derselben Einkommensteuerschuld durch
Hinterziehungszinsen gemäß § 235 AO ersatzlos
aufzuheben sind.
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19
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a) Wie der BFH bereits entschieden hat, kann
der objektive Tatbestand einer Hinterziehung von
Einkommensteuervorauszahlungen gemäß § 370 Abs. 1
Nr. 1 AO erfüllt werden, indem der Steuerpflichtige durch
unrichtige Angaben in einer Jahressteuererklärung bewirkt,
dass die Jahreseinkommensteuer für einen vorherigen
Veranlagungszeitraum und daran anknüpfend (s. § 37 Abs. 3
Satz 2 EStG) die Einkommensteuervorauszahlungen für einen
nachfolgenden Veranlagungszeitraum von der Finanzbehörde nicht
in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden;
weiterer oder besonderer Tathandlungen im Hinblick auf die
Vorauszahlungen bedarf es nicht (BFH-Urteil in BFHE 182, 499, BStBl
II 1997, 600 = SIS 97 19 76, unter I.2.).
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20
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b) Hinterzogene Steuern sind gemäß
§ 235 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsen. Hierdurch soll der
Vorteil abgeschöpft werden, den der Täter durch die
verspätete Zahlung der verkürzten Steuer erlangt
(BFH-Urteile vom 01.08.2001 - II R 48/00, BFH/NV 2002, 155 = SIS 02 51 02, unter II.3.; vom 28.08.2019 - II R 7/17, BFHE 266, 485,
BStBl II 2020, 247 = SIS 20 02 19, Rz 15). Wie der BFH im Urteil in
BFHE 182, 499, BStBl II 1997, 600 = SIS 97 19 76 (unter I.1. [Rz
14]) geklärt hat, werden nicht nur mit der Festsetzung der
Jahreseinkommensteuer, sondern auch mit der Festsetzung von
Vorauszahlungen „Steuern“ i.S. von § 3 Abs.
1 AO erhoben. Diese Auslegung des Merkmals
„Steuern“ ist nicht nur im Rahmen des
Tatbestands der Steuerhinterziehung gemäß § 370
Abs. 1 Nr. 1 AO und der Haftungsregelung gemäß § 71
AO maßgeblich, sondern nach der herrschenden Meinung auch im
Rahmen des § 235 Abs. 1 AO heranzuziehen. Auch hinterzogene
Einkommensteuervorauszahlungen sind danach hinterzogene Steuern
i.S. des § 235 AO und können Gegenstand einer
eigenständigen Verzinsung nach dieser Vorschrift sein (s.
Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO - zu § 235 Nr. 2.1
[Stand: 20.01.2021], und aus dem Schrifttum Heuermann in
Hübschmann/Hepp/Spitaler - HHSp -, § 235 AO Rz 26;
Schneider in eKomm Ab 01.01.2015, § 235 AO, Rz 5; Kögel
in Gosch, AO § 235 Rz 18; Loose in Tipke/Kruse, § 235 AO
Rz 7; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl., § 235 Rz 18;
Koenig/Koenig, Abgabenordnung, 4. Aufl., § 235 Rz 9; BeckOK
AO/ Oosterkamp, 17. Ed. [01.07.2021], AO § 235 Rz 2).
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21
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c) Von diesem Gesetzesverständnis ist
auch nicht abzuweichen, wenn wie im Streitfall
Einkommensteuervorauszahlungen und die Jahreseinkommensteuer
desjenigen Veranlagungszeitraums, für den die Vorauszahlungen
zu leisten gewesen wären, gleichermaßen hinterzogen
werden. Auch in diesem Fall sind gemäß § 3 Abs. 1
AO die Jahreseinkommensteuer und die Vorauszahlungen jeweils
eigenständig zu betrachten und jeweils „hinterzogene
Steuern“ i.S. des § 235 Abs. 1 Satz 1 AO. Der Senat
vermag sich insoweit der abweichenden Betrachtung des FG
Münster (vgl. Urteil vom 20.04.2016 - 7 K 2354/13 E, EFG 2016,
965 = SIS 16 13 39, Rz 58; zweifelnd ebenso Riegel/Amler, BB 2016,
2972, 2976) nicht anzuschließen. Dieses vertritt, dass bei
kumulativer Hinterziehung der Einkommensteuervorauszahlungen und
der Jahreseinkommensteuer desjenigen Veranlagungszeitraums,
für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, im
Rahmen des § 235 AO nur der einheitliche Jahressteueranspruch
zu verzinsen sei. Der Senat sieht keinen Anlass für eine
solche Ausnahme von der allgemein anerkannten und gesetzlich
vorgegebenen, eigenständigen Betrachtung des Steueranspruchs
auf die Jahressteuer einerseits und des Steueranspruchs auf die
Einkommensteuervorauszahlungen andererseits. Eine systemwidrige
Doppelbelastung desselben Steueranspruchs mit Hinterziehungszinsen
kann durch die Abgrenzung der Zinsläufe vermieden werden (s.
sogleich unter d).
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22
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Auch der von den Klägern betonte Umstand,
der Anspruch des Fiskus auf die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer
sei ein lediglich „provisorischer“,
auflösend bedingter Steueranspruch, da sich der
Vorauszahlungsbescheid durch die Festsetzung der Einkommensteuer
erledige, spricht nicht gegen die eigenständige Verzinsung
hinterzogener Vorauszahlungen und hinterzogener
Jahreseinkommensteuer. Wenn eine doppelte Verzinsung desselben
Steuervorteils durch die Abgrenzung der Zinsläufe für die
verschiedenen Hinterziehungstaten vermieden wird, spricht
entscheidend für die eigenständige Verzinsung der
hinterzogenen Vorauszahlungen gemäß § 235 Abs. 1
Satz 1 AO neben der Verzinsung hinterzogener Jahreseinkommensteuer,
dass der Hinterziehung der Einkommensteuervorauszahlungen ein
eigener strafwürdiger Unrechtsgehalt (BFH-Urteil in BFHE 182,
499, BStBl II 1997, 600 = SIS 97 19 76) zukommt und ein
abgrenzbarer eigenständiger Zinsvorteil beigemessen werden
kann, der gemäß § 235 AO abzuschöpfen ist.
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23
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d) Die gemäß § 370 Abs. 4 Satz
1 AO verkürzte Jahreseinkommensteuer (vgl. § 36 Abs. 1
und Abs. 4 EStG) umfasst zwar der Höhe nach hinterzogene
Vorauszahlungsbeträge desjenigen Veranlagungszeitraums,
für den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären. Die
hinterzogene Jahreseinkommensteuer ist gemäß § 36
Abs. 2 Nr. 1 EStG nämlich nur um solche
Einkommensteuervorauszahlungen zu mindern, die tatsächlich
geleistet worden sind. Auch die Bemessungsgrundlage der
gemäß § 235 Abs. 1 Satz 1 AO zu verzinsenden
hinterzogenen Jahreseinkommensteuer umfasst mithin
betragsmäßig auch die Vorauszahlungen. Trotz der
betragsmäßigen Überschneidung der
Bemessungsgrundlagen für die Hinterziehungszinsen i.S. des
§ 235 AO bei der hinterzogenen Jahreseinkommensteuer und bei
der jeweiligen hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlung kann eine
unzulässige Doppelverzinsung desselben hinterzogenen
Einkommensteuer(teil)betrags vermieden werden, wenn die den
Festsetzungen zugrunde liegenden Zinsläufe in der folgenden
Weise voneinander abgegrenzt werden: Der Zinslauf für die
Hinterziehungszinsen zu den Einkommensteuervorauszahlungen
gemäß § 235 Abs. 2 und Abs. 3 AO beginnt zum
jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstag i.S. des § 37 Abs.
1 Satz 1 EStG (10.03./10.06./10.09./10.12.) und endet in dem
Zeitpunkt, in dem gemäß § 235 Abs. 2 AO der
Zinslauf für die Hinterziehungszinsen zur verkürzten
Jahreseinkommensteuer beginnt. Für die hinterzogene
Jahreseinkommensteuer beginnt der Zinslauf gemäß §
235 Abs. 2 Halbsatz 1 AO entweder mit der Bekanntgabe des
unzutreffenden Jahressteuerbescheids oder bei Festsetzung einer
Abschlusszahlung darin mit deren Fälligkeit (§ 36 Abs. 4
Satz 1 EStG i.V.m. § 235 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 AO). Von
einem Beginn der Verzinsung des Jahressteueranspruchs und damit
Ende des Zinslaufs für die Hinterziehungszinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen ist jedoch auch - falls dieser
Zeitpunkt vor der Bekanntgabe des Jahressteuerbescheids oder der
Fälligkeit der Abschlusszahlung liegt - auszugehen, wenn der
Karenzzeitraum i.S. des § 233a Abs. 2 Satz 1 AO für die
hinterzogene Jahressteuer endet und die Vollverzinsung des
Jahressteueranspruchs gemäß § 233a AO beginnt.
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24
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2. Das FG hat ferner im Ergebnis zu Recht
erkannt, dass die noch streitigen Hinterziehungszinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist
gemäß § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO festgesetzt
worden sind und die Zinsfestsetzungen aus diesem Grund nicht
ersatzlos aufzuheben sind.
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25
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a) Auf Zinsfestsetzungen sind nach § 239
Abs. 1 Satz 1 AO die für Steuern geltenden Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt ein
Jahr. Sie beginnt in den Fällen des § 235 AO
gemäß § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO mit Ablauf
desjenigen Kalenderjahres, in dem die Festsetzung der hinterzogenen
Steuern unanfechtbar geworden ist, jedoch nicht vor Ablauf des
Kalenderjahres, in dem ein eingeleitetes Strafverfahren
rechtskräftig abgeschlossen worden ist.
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26
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b) Kommt es weder zu einer Festsetzung noch
zur Einleitung und zum Abschluss eines Strafverfahrens
bezüglich der hinterzogenen Vorauszahlungen, kann nach dem
Gesetzeswortlaut die einjährige Festsetzungsfrist des § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AO weder beginnen noch ablaufen (vgl.
Loose in Tipke/Kruse, § 239 AO Rz 7). Der Senat neigt dieser
eng am Gesetzeswortlaut orientierten Auslegung zu. Danach konnte
der Zinsfestsetzungsbescheid vom 08.08.2016 ohne Beachtung der
Einjahresfrist erlassen werden und ist rechtzeitig ergangen. Das FG
bestimmt den Lauf der Einjahresfrist abweichend davon im Wege einer
teleologischen Reduktion: Danach beginnt die einjährige Frist
mit Ablauf desjenigen Tages, an dem gemäß § 170
Abs. 1, § 169 Abs. 2 Satz 2 AO letztmals geänderte
Vorauszahlungsbescheide hätten erlassen werden können,
wobei die Fristen gemäß § 37 Abs. 3 Satz 3 EStG
außer Betracht bleiben sollen. Für die in der Revision
noch streitigen Vorauszahlungszeiträume wäre der
Zinsbescheid vom 08.08.2016 auch nach der Auffassung des FG
rechtzeitig erlassen worden. Ob der Senat bei näherer
Auseinandersetzung auch der Bestimmung des Laufs der Einjahresfrist
nach der teleologischen Reduktion des FG folgen könnte, die im
Schrifttum Zustimmung erfahren hat (Klein/Rüsken, a.a.O.,
§ 239 Rz 15), bedarf hier danach keiner Entscheidung.
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27
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c) Der im Schrifttum zum Fristlauf
gemäß § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz
1 AO vertretenen Auslegung (Wollweber/Talaska, Die Steuerberatung -
Stbg - 2016, 354, 356) vermag der Senat indes nicht zu folgen. Nach
dieser Auslegung soll die „Unanfechtbarkeit“ der
Festsetzung hinterzogener Einkommensteuervorauszahlungen i.S. des
§ 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO (des Vorauszahlungsbescheids) und
damit der Beginn der einjährigen Frist des § 239 Abs. 1
Satz 1 AO in dem Zeitpunkt liegen, in dem sich ein
Vorauszahlungsbescheid mit zu niedrigen (verkürzten)
Vorauszahlungen durch die Festsetzung des Jahressteuerbescheids mit
einer verkürzten Jahreseinkommensteuer gemäß §
124 Abs. 2 AO in anderer Weise erledigt. Diese Gesetzesauslegung
bewirkt eine Vorverlagerung des Beginns der Einjahresfrist auf den
Zeitpunkt der Bekanntgabe des Jahressteuerbescheids. Sie
widerspricht zum einen dem Gesetzeswortlaut des § 239 Abs. 1
Satz 2 Nr. 3 AO, der den Fall der Erledigung der Festsetzung der
hinterzogenen Steuern nicht nennt. Zum anderen berücksichtigt
sie nicht, dass § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO dem Zweck dient,
die einjährige Frist für die Zinsfestsetzung erst dann
beginnen zu lassen, wenn aufgrund der Bekanntgabe einer
geänderten Steuerfestsetzung die Höhe der hinterzogenen
Beträge feststeht und für die Finanzverwaltung erkennbar
ist. Bei Bekanntgabe eines Jahressteuerbescheids mit
verkürzter Jahreseinkommensteuer können die
Finanzbehörden hinterzogene Vorauszahlungsbeträge bei
Hinterziehungstaten, die wie im Streitfall über mehrere
aufeinanderfolgende Veranlagungszeiträume begangen werden, bei
der Bekanntgabe des Jahressteuerbescheids in der Regel aber nicht
kennen. Die Auslegung von Wollweber/Talaska (Stbg 2016, 354)
läuft dem Gesetzeszweck des § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO
zuwider.
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28
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3. Die Zinsfestsetzungen für das 1. und
2. Quartal 2005, das 4. Quartal 2006, das 1. Quartal 2007, das 2.
Quartal 2008 sowie das 1. und 2. Quartal 2010 sind im Ergebnis
nicht zu beanstanden. Die Würdigung des FG, hinsichtlich
dieser Zinsfestsetzungen hätten die Kläger vollendete
Steuerhinterziehungen der Einkommensteuervorauszahlungen
verwirklicht, wird entgegen der Auffassung der Kläger von
ausreichenden Feststellungen des FG getragen (s. unter II.3.a und
b). Die Zinsfestsetzungen sind auch der Höhe nach nicht zu
beanstanden (s. unter II.3.c bis e).
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29
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a) Das FG hat sich darauf gestützt, dass
die Kläger den objektiven Tatbestand der Hinterziehung von
Einkommensteuervorauszahlungen gemäß § 370 Abs. 1
Nr. 1 AO nach Maßgabe des BFH-Urteils in BFHE 182, 499, BStBl
II 1997, 600 = SIS 97 19 76 erfüllt haben, indem sie durch
unrichtige Angaben in den Jahressteuererklärungen der
Veranlagungszeiträume von 2003 bis 2013 bewirkt haben, dass
die Jahreseinkommensteuer für einen früheren
Veranlagungszeitraum zu niedrig und hierdurch die
Einkommensteuervorauszahlungen für einen nachfolgenden
Veranlagungszeitraum (§ 37 Abs. 3 Satz 2 EStG) nicht, zu
niedrig oder nicht rechtzeitig festgesetzt worden sind. Vollendet
ist die Hinterziehung der Vorauszahlungen auf dieser Grundlage
jeweils im Zeitpunkt der zu niedrigen Festsetzung der Steuer im
Vorauszahlungsbescheid (BFH-Urteil in BFHE 182, 499, BStBl II 1997,
600 = SIS 97 19 76, unter I.2.b [Rz 21]).
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30
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b) Gemäß § 369 Abs. 2 AO
i.V.m. § 15 des Strafgesetzbuchs (StGB) muss die
Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO
vorsätzlich begangen werden. Bei der Hinterziehung von
Einkommensteuervorauszahlungen ist nach der gebotenen
Parallelwertung in der Laiensphäre den Anforderungen an das
kognitive und das voluntative Element des Vorsatzes genügt,
wenn der Täter Einkünfte erzielt, die keinem Steuerabzug
unterliegen, ihm gegenüber deshalb regelmäßig
Vorauszahlungen festgesetzt werden und ihm bekannt ist, dass bei
der unvollständigen Erklärung der Einkünfte in der
Einkommensteuererklärung für einen früheren
Veranlagungszeitraum diese Einkünfte auch für die
Festsetzung oder Anpassung der künftigen Vorauszahlungen nicht
berücksichtigt werden (vgl. zutreffend FG Münster, Urteil
in EFG 2016, 965 = SIS 16 13 39, Rz 53 bis 55; s.a.
Wollweber/Talaska, Stbg 2016, 354, 355 f.; Riegel/Amler, BB 2016,
2972, 2974 f.). Eine sichere Kenntnis, in welcher Höhe
künftige Einkommensteuervorauszahlungen verkürzt werden,
wenn Einkünfte in der Jahressteuererklärung eines
Vorjahres nicht angegeben werden, ist für die Annahme eines
Vorsatzes nach den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(BGH) an eine vorsätzliche Steuerhinterziehung formulierten
Anforderungen aber nicht erforderlich (vgl. BGH-Urteile vom
08.09.2011 - 1 StR 38/11, Neue Zeitschrift für
Steuerstrafrecht - NStZ - 2012, 160 = SIS 11 41 44, Rz 21, 26; vom
24.01.2018 - 1 StR 331/17, NStZ 2019, 146 = SIS 18 09 97, Rz 14,
m.w.N.; vom 11.02.2020 - 1 StR 119/19, NStZ 2020, 487 = SIS 21 01 88, Rz 9).
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31
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c) Für die Zinsfestsetzungen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. und 2. Quartal 2005,
für das 4. Quartal 2006, für das 1. Quartal 2007,
für das 2. Quartal 2008 und für das 1. und 2. Quartal
2010 ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG
auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen jeweils das
Vorliegen einer vollendeten vorsätzlichen Steuerhinterziehung
gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO bejaht hat.
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32
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aa) Das FG hat für den Senat bindend
(§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, dass die Kläger in den
Jahressteuererklärungen für die
Veranlagungszeiträume 2003 bis 2013 die Kapitalerträge
der Klägerin durchgehend nicht erklärt haben. Es hat
ferner durch eine Bezugnahme auf den Schriftsatz des FA im
Klageverfahren vom 27.03.2017 nebst Anlagen in der Vorentscheidung
dessen Inhalt bindend festgestellt. Aus diesem Schriftsatz ergibt
sich, dass in den in der folgenden Tabelle aufgelisteten
Vorauszahlungsbescheiden zu niedrige Vorauszahlungen festgesetzt
wurden. Die Beteiligten haben zudem die Höhe der
Vorauszahlungsbeträge, die bei Angabe der Kapitalerträge
in den Einkommensteuererklärungen der Vorjahre festzusetzen
gewesen wären, im Klageverfahren unstreitig gestellt.
|
34
|
bb) Es steht nach den weiteren Feststellungen
des FG zudem fest, dass die Kläger in den
Einkommensteuererklärungen für die
Veranlagungszeiträume ab 2003 bis hin zur Steuererklärung
für den Veranlagungszeitraum 2013 die ausländischen
Kapitalerträge der Klägerin durchgehend nicht angegeben
haben und deshalb die Jahressteuerfestsetzungen in den
Einkommensteuerbescheiden ab dem Veranlagungszeitraum 2003 jeweils
zu niedrig waren. Jedenfalls bis zu den Vorauszahlungen für
das 2. Quartal 2010 ergingen die in der vorstehenden Tabelle
angeführten Vorauszahlungsbescheide mit zu niedrigen
Festsetzungen. Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich bis
einschließlich für die Vorauszahlungen für das 2.
Quartal 2010 nicht zu beanstanden, dass das FG von einem
Kausalzusammenhang zwischen der Nichtangabe der ausländischen
Kapitalerträge in der Jahressteuererklärung eines
Vorjahres und einer daraus resultierenden zu niedrigen Festsetzung
der Vorauszahlungen für ein Folgejahr ausgegangen ist und
angenommen hat, dass die zu geringe Festsetzung der Vorauszahlungen
jeweils auf der unvollständigen Jahressteuererklärung
für ein Vorjahr beruht hat. Es ist kein anderer Umstand als
die Nichtangabe der Kapitalerträge in der
Jahressteuererklärung eines Vorjahres ersichtlich, der
stattdessen für die Festsetzung der zu niedrigen
Vorauszahlungen ursächlich sein könnte. Die
Würdigung des FG, die Kläger hätten durch die
Nichtangabe der Kapitalerträge in den
Jahressteuererklärungen jeweils auch die zu niedrige
Festsetzung der Vorauszahlungen bewirkt, ist danach noch durch
hinreichende Feststellungen gedeckt.
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35
|
cc) Das FG hat auf der Grundlage seiner
Feststellungen jeweils auch ohne Rechtsfehler den Vorsatz der
Kläger bejaht. Es ergibt sich aus den vom FG bis
einschließlich für das 2. Quartal 2010 festgestellten
Vorauszahlungsbescheiden und war den Klägern bewusst, dass die
Klägerin neben den ausländischen Kapitalerträgen im
Wesentlichen nur positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb
erzielte, die nicht Gegenstand eines Steuerabzugs waren, und dass
allein aufgrund der Einkünfte aus Gewerbebetrieb durchgehend
Vorauszahlungen für die Kläger festgesetzt wurden. Aus
den vom FG festgestellten Vorauszahlungsbescheiden war für die
Kläger damit ohne weiteres erkennbar, dass die Vorauszahlungen
bei Berücksichtigung auch der ausländischen
Kapitaleinkünfte in den Jahressteuererklärungen
hätten höher festgesetzt werden müssen. Eine sichere
Kenntnis der Kläger, in welcher konkreten Höhe durch die
Nichterklärung der Kapitaleinkünfte in der
Einkommensteuererklärung für ein Vorjahr jeweils
künftige Vorauszahlungen verkürzt würden, ist
für die Billigung des Taterfolgs und die Annahme eines
Vorsatzes der Kläger nicht erforderlich (s. II.3.b).
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36
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d) Eine strafrechtliche Verurteilung der
Kläger wegen der Hinterziehung von
Einkommensteuervorauszahlungen ist für die Festsetzung der
Hinterziehungszinsen wegen dieser Tat nicht erforderlich (vgl.
BFH-Urteile vom 27.08.1991 - VIII R 84/89, BFHE 165, 330, BStBl II
1992, 9 = SIS 92 01 38, unter 1. am Ende; vom 24.05.2000 - II R
25/99, BFHE 191, 240, BStBl II 2000, 378 = SIS 00 08 56; Heuermann
in HHSp, § 235 AO Rz 17, m.w.N.; AEAO zu § 235 Nr.
1.3).
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e) Zwar geht der Senat gegenüber der
Vorentscheidung bei der Berechnung der Hinterziehungszinsen von
geringfügig abweichenden Zinsläufen aus. Das FG-Urteil
ist hinsichtlich der Höhe der Zinsfestsetzungen für das
1. und 2. Quartal 2005, für das 4. Quartal 2006, für das
1. Quartal 2007, für das 2. Quartal 2008 und für das 1.
und 2. Quartal 2010 gleichwohl im Ergebnis richtig.
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aa) Der Zinslauf für Hinterziehungszinsen
beginnt gemäß § 235 Abs. 2 Satz 1 AO mit dem
Eintritt der Verkürzung oder der Erlangung des Steuervorteils,
es sei denn, die hinterzogenen Beträge wären ohne die
Steuerhinterziehung erst später fällig geworden. In
diesem Fall ist der spätere Zeitpunkt maßgebend (§
235 Abs. 2 Satz 2 AO). Das FG hat daran anknüpfend für
die hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlungen den Beginn des
Zinslaufs zutreffend in den gesetzlichen
Fälligkeitszeitpunkten der verkürzten Vorauszahlungen
gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 EStG
(10.03./10.06./10.09./10.12.) gesehen (ebenso AEAO zu § 235
Nr. 4.1.3 [Stand: 20.01.2021]).
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39
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bb) Der Senat erachtet für das Ende des
Zinslaufs für die hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlungen
die Auffassung der Finanzverwaltung (Verfügung der
Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 05.08.2017 - S 046.2/17/1-St 313
= SIS 17 15 55, juris, Rz 5.3) als zutreffend.
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aaa) Gemäß § 235 Abs. 3 Satz 1
AO endet der Zinslauf für Hinterziehungszinsen
grundsätzlich mit der Zahlung der hinterzogenen Steuer. Zudem
sind gemäß § 235 Abs. 4 AO Zinsen nach § 233a
AO für denselben Zeitraum auf die Hinterziehungszinsen
anzurechnen. Ferner ist bei einer Festsetzung von
Hinterziehungszinsen für hinterzogene
Einkommensteuervorauszahlungen neben einer Festsetzung von
Hinterziehungszinsen für die hinterzogene
Jahreseinkommensteuer desjenigen Veranlagungszeitraums, für
den die Vorauszahlungen zu leisten gewesen wären, der Zinslauf
für die hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlungen so zu
begrenzen, dass eine Doppelverzinsung vermieden wird (s. unter
II.1.).
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Bei kumulativer Hinterziehung der
Einkommensteuervorauszahlungen und der Jahreseinkommensteuer
desselben Veranlagungszeitraums ist für das Ende des Zinslaufs
i.S. des § 235 Abs. 3 AO bei den Hinterziehungszinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen danach aus teleologischen
Gründen nicht auf die Zahlung der verkürzten
Vorauszahlungen, sondern differenzierend auf die Bekanntgabe des
Jahressteuerbescheids, in dem die Steuer zu niedrig festgesetzt
wird (§ 235 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 AO), oder auf die
Fälligkeit der Abschlusszahlung in diesem Bescheid
gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG i.V.m. § 235
Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 AO abzustellen. Zudem endet der Zinslauf
für die Einkommensteuervorauszahlungen - wenn dies der
frühere Zeitpunkt ist - bereits mit dem Ablauf der Karenzzeit
gemäß § 233a Abs. 2 Satz 1 AO, d.h. mit dem Beginn
der Vollverzinsung für die hinterzogene
Jahreseinkommensteuer.
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42
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bbb) Die Auffassung des FG in der
Vorentscheidung, das für das Ende des Zinslaufs bei den
Einkommensteuervorauszahlungen stets die Bekanntgabe desjenigen
Einkommensteuerbescheids für maßgeblich hält, mit
dem die verkürzte Jahreseinkommensteuer festgesetzt wird,
übersieht folgenden Umstand: Zur Vermeidung einer
Doppelverzinsung ist entscheidend, dass der (Zins-)Vorteil des
Steuerpflichtigen aus der Hinterziehung der
Einkommensteuervorauszahlungen durch eine eigenständige
Zinsfestsetzung nur abzuschöpfen ist, soweit er nicht bereits
im Rahmen der Vollverzinsung der Jahressteuerschuld
gemäß § 233a AO oder deren Verzinsung
gemäß § 235 AO erfasst wird (s. unter II.1.). Der
Zinslauf für die hinterzogene Jahressteuerschuld beginnt aber
nicht stets gemäß § 235 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 AO
mit der Bekanntgabe des Jahressteuerbescheids (dem Eintritt der
Verkürzung), sondern bei Festsetzung einer Abschlusszahlung
gemäß § 235 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 AO i.V.m.
§ 36 Abs. 4 Satz 1 EStG erst mit deren Fälligkeit (vgl.
auch AEAO zu § 235 Nr. 5.2.2 und Nr. 5.3 - Beispiel 1 -
[Stand: 20.01.2021]). Übereinstimmend gehen der Senat, das FG
und die Finanzverwaltung davon aus, dass der Zinslauf für die
hinterzogenen Einkommensteuervorauszahlungen schon früher
endet, wenn vor der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids, in
dem die verkürzte Jahreseinkommensteuer festgesetzt wird, die
Karenzzeit des § 233a Abs. 2 Satz 1 AO abläuft.
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ccc) Der Auffassung des FG Münster im
Urteil in EFG 2016, 965 = SIS 16 13 39 (Rz 58), der Zinslauf
für hinterzogene Einkommensteuervorauszahlungen ende nach dem
Wortlaut des § 235 Abs. 3 Satz 1 AO im Zeitpunkt der Zahlung
der hinterzogenen Jahreseinkommensteuerschuld für denjenigen
Veranlagungszeitraum, für den die
Einkommensteuervorauszahlungen zu leisten gewesen wären,
vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Auch diese
Beurteilung des FG Münster beruht auf der Sichtweise, bei
gleichzeitiger Hinterziehung der Vorauszahlungen und der
Jahreseinkommensteuer werde ein einheitlicher Steueranspruch
hinterzogen, dessen Zinslauf sich lediglich „nach
vorne“ verlängere. Entgegen dieser Sichtweise
handelt es sich aber um eigenständige Steueransprüche und
um eigenständige Gegenstände der Verzinsung i.S. des
§ 235 AO, was sich auch in separaten Zinsläufen
niederschlagen muss (s. unter II.1.b bis d).
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cc) Das FG-Urteil ist trotz des
geringfügig abweichenden materiellen Standpunkts des Senats im
Ergebnis richtig oder infolge einer im Revisionsverfahren
unzulässigen Verböserung nicht aufzuheben. Für die
festgesetzten Hinterziehungszinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. und 2. Quartal 2005
und das 1. Quartal 2007 endet der Zinslauf jeweils mit Ablauf des
31.03. des der Steuerentstehung folgenden übernächsten
Jahres, mithin mit Ablauf des Karenzzeitraums gemäß
§ 233a Abs. 2 Satz 1 AO für die hinterzogene
Jahreseinkommensteuer. Dies entspricht der Zinsberechnung im
angefochtenen Zinsbescheid vom 08.08.2016. Soweit das FG - entgegen
dem aus Sicht des Senats insoweit zutreffenden Zinsbescheid vom
08.08.2016 - für die Vorauszahlungen zum 4. Quartal 2006 nicht
auf den 10.12.2006 als Zinsbeginn, sondern erst auf den 14.06.2007
und damit auf einen insgesamt kürzeren Zinslauf (bis zum
31.03.2008) abgestellt hat, begünstigt dies die Kläger.
Eine Verböserung der Zinsfestsetzung zu Lasten der Kläger
durch den Senat ist nicht vorzunehmen. Für die
Einkommensteuervorauszahlung des 2. Quartals 2008 hat das FG das
Ende des Zinslaufs mit Ablauf des 15.01.2010 angenommen, an dem der
Einkommensteuerbescheid für 2008 mit einer zu niedrigen
Festsetzung bekannt gegeben wurde. Selbst wenn insoweit die
spätere Fälligkeit einer in diesem Bescheid festgesetzten
Abschlusszahlung maßgeblich sein sollte, wäre das
FG-Urteil deshalb nicht aufzuheben. Ein verlängerter Zinslauf
würde auch insoweit zu einer unzulässigen
Verböserung für die Kläger führen. Die
festgesetzten Hinterziehungszinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. Quartal 2010 sind in
der vom FG berechneten Höhe zutreffend. Für die
hinterzogenen Vorauszahlungen für das 2. Quartal 2010
wären Hinterziehungszinsen in Höhe von 57 EUR
festzusetzen, im Zinsbescheid vom 08.08.2016 hat das FA jedoch nur
26 EUR berücksichtigt. Dabei bleibt es, weil auch insoweit
eine Verböserung der Zinsfestsetzung durch den Senat
ausscheidet.
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4. Soweit das FG die Festsetzung der
Hinterziehungszinsen für das 1. und 2. Quartal 2012 als
rechtmäßig beurteilt hat, tragen die Feststellungen des
FG dessen rechtliche Würdigung nicht, dass die Kläger den
objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß
§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht haben. Wird die
Vorentscheidung auf unzureichende tatsächliche Feststellungen
gestützt, beruht sie insoweit auf einem Rechtsfehler und ist
aufzuheben (vgl. BFH-Urteil vom 09.05.2017 - VIII R 51/14, BFH/NV
2018, 5 = SIS 17 22 11, Rz 36, 40, 42).
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46
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Aufgrund der Feststellungen des FG (s. die
Tabelle unter II.3.c aa) ist in der Revision davon auszugehen, dass
vor dem Jahr 2012 für das 1. und 2. Quartal 2012 kein
Vorauszahlungsbescheid ergangen ist und Vorauszahlungen für
2012 erst im geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 vom
19.12.2012 nachträglich festgesetzt wurden. Diese
Vorauszahlungen wurden im Vorauszahlungsbescheid für 2012 vom
14.01.2013 aufgrund eines Antrags der Kläger gemäß
§ 37 Abs. 3 EStG wieder herabgesetzt. Das FG hat zudem weder
für das Jahr 2009 noch für das Jahr 2011 festgestellt, ob
Einkommensteuervorauszahlungen festgesetzt wurden. Konkrete
Feststellungen, auf welcher unvollständigen
Jahressteuererklärung für ein Vorjahr die zunächst
unterbliebene und nachträgliche Festsetzung der
Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. und 2. Quartal 2012
beruht haben, hat das FG ebenfalls nicht getroffen.
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Anders als für die übrigen
Vorauszahlungen (s. unter II.3.c bb und cc) ist aus den
Feststellungen des FG danach nicht erkennbar, dass die Nichtangabe
der Kapitalerträge der Klägerin in der
Einkommensteuererklärung für ein Vorjahr eine
unterbliebene oder erst nachträgliche Festsetzung der
Vorauszahlungen für das 1. und 2. Quartal 2012 verursacht hat.
Es hätte hierzu konkreter Feststellungen des FG bedurft.
Mangels solcher Feststellungen des FG fehlt es an hinreichenden
tatsächlichen Anknüpfungspunkten, die die Würdigung
des FG tragen, dass der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1
Nr. 1 AO nach Maßgabe des BFH-Urteils in BFHE 182, 499, BStBl
II 1997, 600 = SIS 97 19 76 verwirklicht worden ist. Daran
ändert auch der Umstand nichts, dass die Beteiligten die bei
stets wahrheitsgemäßer Erklärung der
Kapitaleinkünfte für das 1. und 2. Quartal 2012 höher
festzusetzenden Vorauszahlungen unstreitig gestellt haben. Denn
hieraus lässt sich für die aus der Sicht des FG
ursächliche Tathandlung nichts ableiten.
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48
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5. Die Revision ist damit unbegründet und
gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen, soweit
die Kläger beantragt haben, die in der Revision noch
streitigen Zinsfestsetzungen ersatzlos aufzuheben, und soweit sie
sich gegen die Höhe der festgesetzten Zinsen zu den
Einkommensteuervorauszahlungen für das 1. und 2. Quartal 2005,
das 4. Quartal 2006, das 1. Quartal 2007, das 2. Quartal 2008 und
das 1. und 2. Quartal 2010 wenden. Die Revision ist begründet
und das FG-Urteil aufzuheben, soweit sie die Festsetzung der
Hinterziehungszinsen für das 1. und 2. Quartal 2012 betrifft.
Die Sache ist insoweit jedoch nicht spruchreif. Der Senat hebt die
Vorentscheidung bezüglich der Hinterziehungszinsen für
das 1. und 2. Quartal 2012 auf und verweist die Sache insoweit zur
anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
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6. Die verfassungsrechtlichen Einwendungen der
Kläger sind unbegründet. Das Verfahren ist nicht
gemäß § 74 FGO auszusetzen, um eine Entscheidung
des BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG einzuholen.
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a) Soweit die Kläger die
Verfassungswidrigkeit der Höhe des gesetzlichen Zinssatzes
gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 AO geltend machen, hat
der Senat für die im Revisionsverfahren betroffenen
Verzinsungszeiträume im Anschluss an den BVerfG-Beschluss vom
08.07.2021 - 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 (DStR 2021, 1934 = SIS 21 14 23) keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der
Vorschrift. Das BVerfG hat in seinem Beschluss in DStR 2021, 1934 =
SIS 21 14 23, unter Rz 236, 239, 242, 243 Folgendes
ausgeführt:
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„Rz 236: Im Ergebnis ist § 233a
in Verbindung mit § 238 Abs. 1 Satz 1 AO verfassungswidrig,
soweit er auf Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 zur
Anwendung gelangt. ...
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Rz 239: 2. § 233a in Verbindung mit
§ 238 Abs. 1 Satz 1 AO ist umfassend und für alle
Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 für mit dem
Grundgesetz unvereinbar zu erklären.
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Rz 242: cc) Eine Erstreckung der
Unvereinbarkeitserklärung auf die anderen
Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zulasten der
Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und
Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO, kommt
dagegen nicht in Betracht.
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Rz 243: Es ist bereits zweifelhaft, ob der
Anwendungsbereich des § 78 Satz 2 BVerfGG auch Bestimmungen
desselben Gesetzgebers erfasst, die zwar vergleichbare, aber
durchaus unterschiedliche Sachverhalte regeln. Jedenfalls aber
bedürfen die Teilverzinsungstatbestände einer
eigenständigen verfassungsrechtlichen Wertung. Im Gegensatz
zur Vollverzinsung ist den Teilverzinsungstatbeständen der
Abgabenordnung nicht nur gemeinsam, dass sie lediglich Verzinsungen
für bestimmte, konkret umschriebene Liquiditätsvorteile
der Steuerpflichtigen vorsehen und eine Verzinsung in der Regel
erst nach Fälligkeit erfolgt, sondern vor allem auch, dass die
Verwirklichung des Zinstatbestands und damit die Entstehung von
Zinsen grundsätzlich auf einen Antrag der Steuerpflichtigen
zurückzuführen ist oder - wie insbesondere im Fall der
Hinterziehungszinsen - jedenfalls von ihnen bewusst in Kauf
genommen wird. Steuerpflichtige haben daher - anders als bei der
Vollverzinsung - grundsätzlich die Wahl, ob sie den
Zinstatbestand verwirklichen und den in § 238 Abs. 1 Satz 1 AO
geregelten Zinssatz hinnehmen oder ob sie die Steuerschuld tilgen
und sich im Bedarfsfall die erforderlichen Geldmittel zur
Begleichung der Steuerschuld anderweitig zu zinsgünstigeren
Konditionen beschaffen. ...“.
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51
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Damit steht für sämtliche hier
streitigen Verzinsungszeiträume fest, dass die Regelung in
§ 238 AO, soweit sie den angefochtenen
Hinterziehungszinsfestsetzungen zugrunde liegt, nicht für
unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt worden und danach
anzuwenden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat
auf den BVerfG-Beschluss in DStR 2021, 1934 = SIS 21 14 23
Bezug.
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52
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b) Soweit die Kläger meinen, eine
Festsetzung von Hinterziehungszinsen für hinterzogene
Vorauszahlungen, die auf der Nichtangabe von Einkünften in der
Jahressteuererklärung für ein Vorjahr als einheitlicher
Tathandlung beruht, begründe einen Verstoß gegen das
verfassungsrechtliche Verbot der Doppelbestrafung (als
Ausprägung des Rechtsstaatsgebots gemäß Art. 20
Abs. 3 GG), kann der Senat sich dem nicht anschließen.
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Maßgebliche verfassungsrechtliche
Vorschrift ist nach der Auffassung des Senats insoweit Art. 103
Abs. 3 GG, wonach niemand wegen derselben Tat aufgrund der
allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden darf. Mit dem in
Art. 103 Abs. 3 GG verwendeten Begriff der „allgemeinen
Strafgesetze“ ist aber nur das Kriminalstrafrecht gemeint
(BVerfG-Beschluss vom 02.05.1967 - 2 BvR 391/64, 2 BvR 263/66,
BVerfGE 21, 378, unter B.II.1.). Dieses grundrechtsgleiche Recht
greift daher lediglich dann ein, wenn die Verhängung einer
weiteren echten Kriminalstrafe in Frage steht (so ausdrücklich
BVerfG-Beschluss vom 09.11.1976 - 2 BvL 1/76, BVerfGE 43, 101,
unter B.1.; BFH-Urteil vom 20.02.2019 - X R 28/17, BFHE 264, 165,
BStBl II 2019, 430 = SIS 19 08 94, Rz 26). § 235 AO ist aber
nicht dem Kriminalstrafrecht zugehörig. Überdies haben
Hinterziehungszinsen auch unter Berücksichtigung der Vorgaben
der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
keinen Strafcharakter (BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 155 = SIS 02 51 02, unter II.3. und II.4.).
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54
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c) Soweit die Kläger meinen, die
Festsetzung von Hinterziehungszinsen für hinterzogene
Einkommensteuervorauszahlungen verletze Art. 3 Abs. 1 GG, weil
diese Rechtsfolge nur solche Steuerpflichtige treffen könne,
die gemäß § 37 EStG Vorauszahlungen zu leisten
haben, liegt aus Sicht des Senats keine Ungleichbehandlung vor. Das
geltende Vorauszahlungssystem ist verfassungsgemäß, da
es weder unverhältnismäßig in grundrechtlich
geschützte Positionen eingreift noch gegen das Gebot der
Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit
verstößt (BFH-Urteil vom 22.11.2011 - VIII R 11/09, BFHE
235, 470, BStBl II 2012, 329 = SIS 11 41 24, Rz 19). Der Senat
hält ferner allenfalls solche Regelungen, die die
Bemessungsgrundlage für vorauszahlungspflichtige
Steuerpflichtige im Verhältnis zu Steuerpflichtigen mit dem
Steuerabzug unterliegenden Einkünften nachteilig ausgestalten,
für geeignet, eine rechtfertigungsbedürftige
Ungleichbehandlung i.S. des Art. 3 Abs. 1 GG auslösen zu
können (vgl. z.B. für die „umgekehrte
Benachteiligung“ Lohnsteuerpflichtiger gegenüber
Vorauszahlungspflichtigen BFH-Urteil vom 09.12.2009 - X R 28/07,
BFHE 227, 165, BStBl II 2010, 348 = SIS 10 00 38, unter B.III.2.c
bb, sowie A. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, § 37 EStG Rz
4). § 235 AO wirkt aber nicht auf die Bemessungsgrundlage der
festzusetzenden Vorauszahlungen i.S. des § 37 EStG ein; zudem
hängt die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zu den
Vorauszahlungen von der Hinterziehung der Vorauszahlungen und damit
der individuellen Disposition des Steuerpflichtigen ab (s. zu
diesem Differenzierungskriterium auch den BVerfG-Beschluss in DStR
2021, 1934 = SIS 21 14 23, Rz 242, 243).
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7. Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 90 Abs. 2 FGO).
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56
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf §
143 Abs. 2 FGO. Da der Senat die Vorentscheidung für die
Hinterziehungszinsen für das 1. und 2. Quartal 2012 aufhebt
und die Sache insoweit an das FG zurückverweist und die
Revision im Übrigen unbegründet ist, hat das FG eine
einheitliche Kostenentscheidung zu treffen (vgl. BFH-Urteil vom
17.11.2011 - IV R 2/09, BFH/NV 2012, 1309 = SIS 12 19 04, Rz
50).
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