Die Revision der Kläger gegen das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 25.10.2017 - 3 K 3130/17
= SIS 17 23 51 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die
Kläger zu tragen.
1
|
I. Die Kläger und Revisionskläger
(Kläger) sind Eheleute und wurden für das Streitjahr
(2015) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt (§ 26a des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ). Sie wohnen in ihrem Eigenheim
im C-weg, einer zunächst unbefestigten
Sandstraße.
|
|
|
2
|
Die Gemeinde B gab Ende August 2014 den
geplanten Ausbau des C-wegs bekannt. Mit
„Vorausleistungsbescheid“ von Mai 2015 zog die Gemeinde
die Kläger für die Finanzierung des beitragsfähigen
Erschließungsaufwands in Höhe von 3.267,05 EUR heran.
Dem lag zugrunde, dass die Gemeinde mit dem Straßenbau
begonnen hatte und deswegen gemäß §§ 127 ff.,
242 Abs. 9 des Baugesetzbuches i.V.m. der Satzung über die
Erhebung der Erschließungsbeiträge in der Gemeinde B 50
% des voraussichtlichen Beitrags als Vorausleistung erhob. Zur
Begründung führte die Gemeinde aus, der C-weg werde als
Mischverkehrsfläche mit einer Asphaltbahn in einer Breite von
3,50 m, einem angepflasterten Bereich in einer Breite von 1,20 m
und Straßenbegleitgrün erstmalig grundhaft
hergestellt.
|
|
|
3
|
Die Kläger zahlten den Betrag im
Streitjahr von ihrem gemeinsamen Oder-Konto auf das Konto der
Gemeinde.
|
|
|
4
|
In ihren beim Beklagten und
Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA - ) eingereichten
Einkommensteuererklärungen für das Streitjahr machten die
Kläger neben anderen, unstreitigen Kosten in Höhe von
484,27 EUR die Hälfte des Erschließungsbeitrags von
3.267,05 EUR als geschätzten Lohnkostenanteil, mithin 1.633,53
EUR, insgesamt 2.117,80 EUR, als Steuerermäßigung nach
§ 35a EStG geltend, und zwar gemäß § 26a Abs.
2 Satz 2 EStG jeder der Kläger die Hälfte
hiervon.
|
|
|
5
|
Das FA berücksichtigte jeweils nur
eine Ermäßigung in Höhe von 49 EUR für die
unstreitigen anderweitigen Aufwendungen.
|
|
|
6
|
Die Einsprüche der Kläger blieben
erfolglos. Die im Anschluss erhobenen Klagen wies das Finanzgericht
(FG) mit den in EFG 2018, 42 = SIS 17 23 51 veröffentlichten
Gründen ab.
|
|
|
7
|
Mit ihrer Revision rügen die
Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
|
|
|
8
|
Sie beantragen,
|
|
das FG-Urteil aufzuheben und die
Einkommensteuerbescheide 2015 vom 09.08.2016 in Gestalt der
Einspruchsentscheidungen vom 14.06.2017 dahingehend zu ändern,
dass jeweils weitere 817 EUR der Steuerermäßigung nach
§ 35a Abs. 3 EStG zugrunde gelegt werden.
|
|
|
9
|
Das FA beantragt,
|
|
die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
|
|
|
10
|
II. Die Revision der Kläger ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat zu Recht
entschieden, dass die Vorausleistung über den
Erschließungsbeitrag nicht nach § 35a Abs. 3 Satz 1
i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG begünstigt ist.
|
|
|
11
|
1. Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1
EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche
Einkommensteuer für die Inanspruchnahme von
Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200
EUR. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die
Ermäßigung nur für Arbeitskosten.
|
|
|
12
|
a) Handwerkerleistungen sind einfache wie
qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig
davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende
Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und
Modernisierungsmaßnahmen handelt (zuletzt Senatsurteil vom
21.02.2018 - VI R 18/16, BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641 = SIS 18 07 93, Rz 12). Begünstigt werden handwerkliche
Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die
zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden
(zu Beispielen s. Senatsurteil vom 20.03.2014 - VI R 56/12, BFHE
245, 49, BStBl II 2014, 882 = SIS 14 15 64, Rz 11).
|
|
|
13
|
b) Da nach allgemeiner Meinung nicht
erforderlich ist, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle
eingetragen ist, kann auch die öffentliche Hand
steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen (Senatsurteil
in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882 = SIS 14 15 64, für die
Verlegung der Hausanschlussleitungen gegen Kostenerstattung durch
einen Zweckverband - juristische Person des öffentlichen
Rechts - im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art, sowie
Senatsurteile vom 06.11.2014 - VI R 1/13, BFHE 247, 424, BStBl II
2015, 481 = SIS 15 00 55, Rz 12, und in BFHE 261, 42, BStBl II
2018, 641 = SIS 18 07 93, Rz 13, jeweils m.w.N.). Auf welcher
Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (z.B.
Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) erhebt,
ist insoweit ebenso unerheblich (a.A. Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 09.11.2016 - IV C 8 - S
2296 - b/07/10003:008, BStBl I 2016, 1213 = SIS 16 24 95, Rz 22
Satz 3) wie der Umstand, ob diese Leistung
„eigenhändig“ oder durch einen von ihr
beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird
(Senatsurteil in BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641 = SIS 18 07 93,
Rz 13). Denn auch insoweit nimmt der Steuerpflichtige eine - wenn
auch durch eine juristische Person vermittelte - Handwerkerleistung
in Anspruch.
|
|
|
14
|
c) Die Handwerkerleistung muss ferner
„in“ einem in der Europäischen Union oder
dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des
Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG).
Dabei legt der erkennende Senat den Begriff „im
Haushalt“ räumlich-funktional aus (zuletzt
Senatsurteil in BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641 = SIS 18 07 93, Rz
14, m.w.N.).
|
|
|
15
|
Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S.
des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos -
unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - durch die
Grundstücksgrenzen abgesteckt (Senatsurteil vom 20.03.2014 -
VI R 55/12, BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880 = SIS 14 15 63).
Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen,
die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise
öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3
Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um
Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen
Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt
dienen (Senatsurteile in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880 = SIS 14 15 63; in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882 = SIS 14 15 64, und in
BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641 = SIS 18 07 93; BMF-Schreiben in
BStBl I 2016, 1213 = SIS 16 24 95, Rz 2). Hiervon ist insbesondere
auszugehen, wenn der Haushalt des Steuerpflichtigen an das
öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird (Senatsurteil
in BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882 = SIS 14 15 64; BMF-Schreiben
in BStBl I 2016, 1213 = SIS 16 24 95, Anlage 1
„Hausanschlüsse an Ver- und
Entsorgungsnetze“).
|
|
|
16
|
2. Nach diesen Grundsätzen ist das FG zu
Recht davon ausgegangen, der für die Herstellung des vormals
als Sandstraße vorhandenen C-wegs erhobene
beitragsfähige Erschließungsaufwand sei nach § 35a
Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG nicht begünstigt.
|
|
|
17
|
a) Es ist allerdings zweifelhaft, ob es sich
bei den streitgegenständlichen Arbeiten um eine - wie das FG
meint - Modernisierungsmaßnahme i.S. des § 35a Abs. 3
Satz 1 EStG handelte. Denn nach den bindenden Feststellungen des FG
(§ 118 Abs. 2 FGO) wurde die Vorausleistung des
Erschließungsbeitrags, der von den Klägern jeweils
anteilig als Steuerermäßigung i.S. des § 35a Abs. 3
Satz 1 EStG begehrt wird, für die erstmalige grundhafte
Herstellung des C-wegs in Form einer Mischverkehrsfläche mit
Asphaltbahn nebst angepflastertem Bereich und
Straßenbegleitgrün erhoben.
|
|
|
18
|
b) Der erkennende Senat kann dies jedoch
offenlassen. Denn jedenfalls ist die rechtliche Würdigung des
FG, die Arbeiten an der Straße seien - im Gegensatz zu
solchen an einer individuellen Grundstückszufahrt ab der
Abzweigung von der eigentlichen Straße - nicht
grundstücks- und damit nicht haushaltsbezogen, nicht nur
rechtlich möglich, sondern zutreffend (ebenso z.B. Fischer in
Kirchhof, EStG, 19. Aufl., § 35a Rz 7; i.E. zustimmend auch
Schmidt/Krüger, EStG, 39. Aufl., § 35a Rz 21; a.A. FG
Nürnberg, Urteil vom 24.06.2015 - 7 K 1356/14, EFG 2016, 294 =
SIS 15 25 20; Arbeitskreis Steuern und Revision im Bund der
Wirtschaftsakademiker (BWA) e.V., DStR 2019, 1677; Koss, BB 2017,
2209).
|
|
|
19
|
aa) Die Würdigung des FG entspricht
letztlich der Sichtweise des Senats, die dieser seiner Entscheidung
in BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641 = SIS 18 07 93 zugrunde gelegt
hat. Dort hat der Senat im Fall der (Neu-)Verlegung einer
öffentlichen Mischwasserleitung als Teil des öffentlichen
Sammelnetzes zwischen den Kosten für den eigentlichen
Grundstücksanschluss (= die Verbindung des öffentlichen
Sammelnetzes mit der Grundstücksentwässerungsanlage,
beginnend an der Abzweigstelle von der jeweiligen Sammelleitung und
endend mit dem Grundstücksanschlussschacht an der
Grundstücksgrenze des Anschlussgrundstücks) einerseits
sowie dem öffentlichen Wasser-Verteilungs- oder Sammelnetz
andererseits unterschieden und Letzteres als nicht mehr zum
Haushalt i.S. des § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG zählend
beurteilt (s. Senatsurteil in BFHE 261, 42, BStBl II 2018, 641 =
SIS 18 07 93, Rz 19). Insoweit fehlt es an einem
räumlich-funktionalen Zusammenhang der Leistung mit dem
Haushalt des einzelnen Grundstückseigentümers, da die
Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Versorgungsnetzes
erfolgt, das - im Unterschied zum Hausanschluss - nicht nur
einzelnen Grundstückseigentümern, sondern vielmehr allen
Nutzern des Versorgungsnetzes zugutekommt.
|
|
|
20
|
bb) Dem entspricht es, wie das FG zutreffend
ausgeführt hat, den allgemeinen Straßenbau ebenfalls
nicht mehr als eine im Haushalt des Steuerpflichtigen erbrachte
Handwerkerleistung anzusehen. Denn auch Leistungen im allgemeinen
Straßenbau kommen nicht nur einzelnen
Grundstückseigentümern, sondern allen Nutzern zugute.
Dass der Straßenbau auch für den einzelnen
Grundstückseigentümer „wirtschaftlich
vorteilhaft“ ist, ist insoweit unerheblich.
|
|
|
21
|
Die Abrechnung anhand der
Grundstücksfläche und einem Nutzungsfaktor ändert an
der fehlenden
räumlich-funktionalen Beziehung zum Haushalt nichts (a.A.
Arbeitskreis Steuern und Revision im BWA e.V., DStR 2019, 1677,
1679). Dies dient lediglich der
Verteilung der nach Abzug des Gemeindeanteils verbleibenden
Gesamtkosten auf die Beitragspflichtigen und führt
insbesondere nicht dazu, dass der einzelne Anlieger für das
vor seinem Grundstück verlaufende Straßenstück
zahlt (hier die Kläger für den Straßenabschnitt im
Bereich des C-wegs ...).
|
|
|
22
|
cc) Nichts anderes ergibt sich aus dem
Senatsurteil in BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880 = SIS 14 15 63.
Soweit der Senat dort einen räumlich-funktionalen Zusammenhang
für einen (auch) auf dem öffentlichen Gehweg
durchgeführten Winterdienst bejaht hat, basiert dies darauf,
dass es sich insoweit um einen notwendigen Annex zur
Haushaltsführung handelt, da solche Arbeiten auf dem
Grundstück jeweils gewöhnlich durch Mitglieder des
privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt
werden. Damit ist die finanzielle Heranziehung des Anliegers zum
Straßenbau durch eine Gemeinde nicht ansatzweise
vergleichbar.
|
|
|
23
|
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 2 FGO.
|