Auf die Revision der Klägerin wird das
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 19.2.2019 - 8 K 2906/16
aufgehoben.
Der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 27.8.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 ist dahingehend zu
ändern, dass die Umsatzsteuer um 171.383,19 EUR gemindert
wird.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) lieferte im Streitjahr 2013
Kraftfahrzeuge aus dem Inland in die Türkei an dort
ansässige Abnehmer. Sie nahm dabei die Steuerfreiheit für
Ausfuhrlieferungen nach § 6 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in
Anspruch.
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Mit Änderungsbescheid vom 27.08.2015
setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - )
im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung die Steuer
abweichend fest, indem es keine Steuerfreiheit für die
Ausfuhrlieferung von 20 Kraftfahrzeugen für Umsätze in
Höhe von 1.132.400 EUR gewährte. Das FA ging davon aus,
dass die Fahrzeuge über eine Spedition zwar tatsächlich
in die Türkei geliefert worden seien, die Steuerfreiheit aber
im Hinblick auf die Missbrauchsrechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Union (EuGH) zur Richtlinie 2006/112/EG des Rates
vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem
(MwStSystRL) zu versagen sei, da sich die Klägerin aktiv an
einem Betrugsmodell beteiligt habe. Sie habe die Begehung von
Steuerverkürzungen im Empfangsstaat durch die Erteilung
unterfakturierter Zweitrechnungen, die das Entgelt im Vergleich zu
den zutreffenden Erstrechnungen nicht vollständig ausgewiesen
hätten, ermöglicht. In der Türkei seien mit diesen
Rechnungen die Sonderverbrauchsteuer ÖTV (Özel
Tüketim Vergisi) und die Umsatzsteuer KDV (Katma Deger
Vergisi) bei der Einfuhr hinterzogen worden. Der hiergegen
eingelegte Einspruch hatte nur in Bezug auf ein Fahrzeug Erfolg und
wurde mit Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 für die
übrigen 19 Kraftfahrzeuge als unbegründet
zurückgewiesen.
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Ebenso wies das Finanzgericht (FG) die
hiergegen eingelegte Klage als unbegründet ab. Nach seinem in
EFG 2019, 1236 = SIS 19 07 83 veröffentlichten Urteil sind die
19 Kraftfahrzeuge zwar nachweislich in die Türkei an
ausländische Abnehmer i.S. von § 6 Abs. 2 UStG geliefert
worden, so dass es unerheblich sei, ob Ausfuhrlieferungen nach
§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 UStG vorlägen. Die
Geschäftsführer der Klägerin hätten aber
für jedes der 19 Kraftfahrzeuge sowohl eine Rechnung, die
unstreitig in der Buchführung der Klägerin zutreffend
verbucht worden sei („erste“ Rechnung) sowie eine
weitere - unterfakturierte - Rechnung („zweite“
Rechnung), die mit der ersten Rechnung bis auf den Rechnungsbetrag
und den Zusatz „PRO“ hinter der Rechnungsnummer in 15
Fällen weitestgehend identisch war, erstellt. Vier der 19
unterfakturierten „zweiten“ Rechnungen seien, da der
Zusatz „PRO“ fehlte, von einer Endrechnung
überhaupt nicht zu unterscheiden gewesen. Werde durch die
Ausstellung zusätzlicher, unterfakturierter Rechnungen
über Ausfuhrlieferungen von Kraftfahrzeugen in die
Türkei, die dem türkischen Zoll bei der Zollabfertigung
als Handelsrechnungen vorgelegt wurden, bezweckt, die
eingeführten Kraftfahrzeuge durch die Verletzung
türkischer Steuergesetze auf dem türkischen Markt
billiger zu verkaufen, liege in der Türkei eine Hinterziehung
von Umsatzsteuer anlässlich des Imports und eine Hinterziehung
der türkischen Sonderverbrauchsteuer ÖTV vor. Die
Geschäftsführer der Klägerin seien Mittäter.
Entsprechend der EuGH-Rechtsprechung zu innergemeinschaftlichen
Lieferungen seien die Ausfuhrlieferungen nicht steuerfrei, da die
Klägerin wusste oder hätte wissen müssen, dass die
von ihr bewirkten Umsätze mit einer Steuerhinterziehung der
Erwerber verknüpft war.
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Gegen das FG-Urteil wendet sich die
Klägerin mit der Revision. Die Lieferungen seien als
Ausfuhrlieferungen steuerfrei. Alle Fahrzeuge seien unstreitig aus
dem Inland in die Türkei gelangt. Auf die Besteuerung der
Einfuhr im Drittland komme es für die Steuerfreiheit der
Ausfuhrlieferung nicht an. Dies entspreche dem
Bestimmungslandprinzip. Eine Versagung ergebe sich auch nicht aus
der EuGH-Rechtsprechung. Diese beziehe sich beim Missbrauch nur auf
innergemeinschaftliche Lieferungen, nicht aber auch auf
Ausfuhrlieferungen. Dies werde nachträglich durch § 25f
UStG bestätigt, der keine Versagung der Steuerfreiheit nach
§ 6 UStG anordne. Anders als bei der innergemeinschaftlichen
Lieferung und dem innergemeinschaftlichen Erwerb bestehe keine
Korrelation zwischen Ausfuhrlieferung und Einfuhr. Die
türkischen Einfuhrabgaben und Steuern seien keine Steuer i.S.
des unionsrechtlichen Mehrwertsteuersystems. Das Missbrauchsverbot
habe keinen primärrechtlichen Charakter. Das Steueraufkommen
von Drittländern werde nicht geschützt. Es gehe vielmehr
um die Eigenmittel der Union. Die Steuerfreiheit sei auch nicht zum
Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen zu versagen, da sich diese auf
den türkischen Markt beschränkten. Die Versagung der
Steuerfreiheit sei auch unverhältnismäßig, da der
Unternehmer bei Annahme einer Steuerpflicht die Steuerbelastung
nicht auf den Abnehmer überwälzen könne. Weiter sei
das Territorialitätsprinzip verletzt. Der
Systemkonformität der Steuerfreiheit komme Vorrang zu. Es sei
auch offen, welche Anforderungen an die Feststellung einer
Steuerhinterziehung oder eines Missbrauchs im Drittstaat zu stellen
seien. Bereits tatbestandlich liege kein Missbrauch vor. In der
Türkei seien keine Verfahren wegen Steuerhinterziehung
eingeleitet worden. Unterfakturierte Rechnungen führten nicht
zu einer Mittäterschaft. Es fehle an einer Verkürzung
türkischer Mehrwertsteuer im Hinblick auf den Vorsteuerabzug
der türkischen Händler. Der Einfuhr in die Türkei
lägen auch Herstellerangaben zugrunde. Dies gelte auch
für die ÖTV. Die Besteuerung erfolge auf der Grundlage
offizieller Listenpreise. Bei der ÖTV handele es sich zudem um
eine Sonderverbrauchsteuer. Sie, die Klägerin, habe durch die
unterfakturierten Rechnungen keinen Vorteil erlangt. Auch im Inland
seien keine Strafverfahren eingeleitet worden. Das FG habe auch
gegen die Pflicht zur Sachaufklärung nach § 76 Abs. 1
Satz 1 sowie gegen § 96 der Finanzgerichtsordnung (FGO)
verstoßen.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 27.08.2015 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 18.10.2016 aufzuheben, so dass die
Umsatzsteuer um 171.383,19 EUR gemindert wird.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen, hilfsweise eine Vorlage an den EuGH.
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Die Geschäftsführer der
Klägerin hätten gewusst, dass die Lieferungen mit
Steuerhinterziehungen der türkischen Erwerber in der
Türkei verknüpft gewesen seien, was sie durch die
Ausstellung unterfakturierter Rechnungen zur Vorlage an den
türkischen Zoll bewusst gefördert hätten. Das
ausländische Recht gehöre nicht zum Bundesrecht i.S. von
§ 118 Abs. 1 FGO. Die Versagung der Steuerfreiheit durch
Beteiligung an einer Steuerhinterziehung erfordere nach der
EuGH-Rechtsprechung keine Auswirkung auf das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem. Es sei nicht zwischen innergemeinschaftlichen
Lieferungen und Ausfuhrlieferungen zu unterscheiden, wie sich aus
der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ergebe. In beiden
Fällen ergebe sich die Steuerfreiheit aus der Besteuerung mit
Umsatzsteuer im Bestimmungsland. Hieran fehle es bei einer
Steuerhinterziehung im Bestimmungsland. Die Versagung der
Steuerfreiheit sei auch verhältnismäßig, da die
Klägerin bösgläubig gehandelt habe. Auf den Ort der
Entstehung eines Steuerschadens komme es nicht an. Die Versagung
der Steuerfreiheit beruhe nicht auf einem weiteren
zusätzlichen Tatbestandsmerkmal. Im Übrigen liege ein
Betrug zum Nachteil des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems vor, da
die Klägerin aufgrund der Unterfakturierung die Fahrzeuge zu
wesentlich günstigeren Konditionen absetzen konnte, als die
Konkurrenz, die sich hieran nicht beteiligte. Zudem sei die
Türkei bezüglich des unternehmerischen Wettbewerbs als
Bestandteil des Binnenmarkts zu behandeln, da die Türkei Teil
der Europäischen Zollunion sei. Mit dem
ordnungsgemäßen Funktionieren der Zollunion sei es
unvereinbar, Verhaltensweisen zu dulden, die eine Verfälschung
des Wettbewerbs bezweckten. Es liege auch eine Steuerhinterziehung
i.S. von § 370 Abs. 6 der Abgabenordnung (AO) vor.
Abweichendes ergebe sich auch nicht durch die erst nach dem
Streitjahr in Kraft getretene Neuregelung in § 25f UStG.
Hilfsweise sei eine Vorlage an den EuGH erforderlich, der
entscheiden solle, ob das Unionsrecht einer Praxis entgegensteht,
die die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung versagt, wenn sich der
Lieferer vorsätzlich an einer im Drittland begangenen
Steuerhinterziehung beteiligt hat, die nicht unmittelbar das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem gefährdet. Es liege auch kein
Verfahrensfehler vor. Mit der Revision könne nicht geltend
gemacht werden, dass die Vorentscheidung auf einer fehlerhaften
Anwendung ausländischen Rechts beruhe.
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II. 8
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Die Revision der Klägerin ist
begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und der Klage
stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Entgegen dem
Urteil des FG führt das Ausstellen einer unterfakturierten
Zweitrechnung nicht dazu, die Steuerfreiheit für die
Ausfuhrlieferung aufgrund einer vom Abnehmer zu Lasten des
Steueraufkommens eines Drittstaats begangenen Steuerhinterziehung
zu versagen, da hierdurch das Vorliegen der gesetzlichen
Befreiungsvoraussetzungen in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2
UStG nicht in Frage gestellt wird.
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1. Ausfuhrlieferungen sind gemäß
§ 4 Nr. 1 Buchst. a UStG unter den in § 6 UStG
bezeichneten Voraussetzungen steuerfrei.
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a) Die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung
setzt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus,
dass der Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das
Drittlandsgebiet, ausgenommen Gebiete nach § 1 Abs. 3 UStG,
befördert oder versendet hat. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr.
2 UStG ist die Lieferung für den Fall, dass der Abnehmer
befördert oder versendet hat, steuerfrei, wenn er ein
ausländischer Abnehmer ist.
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Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 146 Abs.
1 Buchst. a und b MwStSystRL. Danach befreien die Mitgliedstaaten
„die Lieferungen von Gegenständen, die durch den
Verkäufer oder für dessen Rechnung nach Orten
außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert
werden“ (Buchst. a) und „die Lieferungen von
Gegenständen, die durch den nicht in ihrem jeweiligen Gebiet
ansässigen Erwerber oder für dessen Rechnung nach Orten
außerhalb der Gemeinschaft versandt oder befördert
werden“ (Buchst. b).
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b) Der Unternehmer hat diese Voraussetzungen
nach § 6 Abs. 4 UStG nachzuweisen, wobei sich der Umfang der
dabei beizubringenden Nachweise nach den §§ 8 ff. der
Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung in der im Streitjahr
geltenden Fassung (UStDV) bestimmte. Nach § 8 Abs. 1 UStDV
hatte der Unternehmer für den sog. Ausfuhrnachweis durch
Belege nachzuweisen, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der
Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet
hat, wobei sich diese Voraussetzung aus den Belegen eindeutig und
leicht nachprüfbar ergeben musste. Im Beförderungsfall
handelte es sich dabei um eine zollrechtliche Ausfuhranmeldung im
elektronischen Ausfuhrverfahren oder eine Ausfuhrbestätigung
der Grenzzollstelle (§ 9 Abs. 1 UStDV). Im Versendungsfall
bestand der Ausfuhrnachweis in der zollrechtlichen Ausfuhranmeldung
im elektronischen Ausfuhrverfahren, in einem Versendungsbeleg oder
einer Spediteurbescheinigung (§ 10 Abs. 1 UStDV).
Sonderregelungen bestanden für die Ausfuhr von Fahrzeugen
(§ 9 Abs. 2 und § 10 Abs. 2 UStDV). Zusätzlich
buchmäßig aufzuzeichnen war insbesondere der Name und
die Anschrift des Abnehmers (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UStDV).
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Unionsrechtliche Grundlage für diese
Nachweise ist Art. 131 MwStSystRL. Danach wird die Steuerbefreiung
„unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften und unter
den Bedingungen angewandt, die die Mitgliedstaaten zur
Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung dieser
Befreiungen und zur Verhinderung von Steuerhinterziehung,
Steuerumgehung oder Missbrauch festlegen“.
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2. Es steht der Steuerfreiheit nach § 6
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG nicht entgegen, wenn der
Lieferer bei der Ausstellung einer z.B. unterfakturierten
Zweitrechnung für die Ausfuhrlieferung wusste oder hätte
wissen müssen, dass der Abnehmer mit dem gelieferten
Gegenstand eine Steuerhinterziehung zu Lasten des Steueraufkommens
eines Drittstaats begeht. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2
UStG ist keine derartige Voraussetzung zu entnehmen. Sie ergibt
sich auch nicht aus der Rechtsprechung des EuGH.
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a) Nach der EuGH-Rechtsprechung ist
entsprechend dem Grundsatz der steuerrechtlichen Neutralität -
ebenso wie bei anderen Steuerbefreiungen - die Ausfuhrlieferung
steuerfrei, wenn sie die materiellen Voraussetzungen hierfür
erfüllt; dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige
bestimmten formellen Anforderungen nicht genügt hat
(EuGH-Urteil Unitel vom 17.10.2019 - C-653/18, EU:C:2019:876, Rz
28, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45).
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b) Ausnahmefälle, die dazu berechtigen,
hiervon abzuweichen (vgl. EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 29,
HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45), liegen nicht vor.
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aa) Die Ausfuhrlieferung ist zum einen
steuerpflichtig, wenn der Verstoß gegen eine formelle
Anforderung den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen
Anforderungen erfüllt sind (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876,
Rz 30, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45). Denn hier steht nicht fest,
dass die materiellen Voraussetzungen vorliegen. Umgekehrt wird der
sichere Nachweis, dass der gelieferte Gegenstand nach Orten
außerhalb der Union versandt wurde und das Gebiet der Union
physisch verlassen hat, nicht dadurch in Frage gestellt, dass der
tatsächliche Empfänger nicht identifiziert wird
(EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz 32, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45).
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Ebenso wie die fehlende Identifizierung dieses
Empfängers ist auch das Ausstellen von Rechnungen der hier
vorliegenden Art nicht geeignet, die materiellen Voraussetzungen
der Ausfuhrlieferung und damit die Beförderung oder Versendung
des gelieferten Gegenstands in das Drittlandsgebiet (s. oben unter
II.1.a) in Frage zu stellen.
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bb) Zum anderen kann die vorwerfbare
Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zur Versagung einer
Steuerfreiheit führen.
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(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann sich
ein Steuerpflichtiger, der sich vorsätzlich an einer das
Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems
gefährdenden Steuerhinterziehung beteiligt hat, für die
Zwecke der Mehrwertsteuerbefreiung nicht auf den Grundsatz der
Steuerneutralität berufen, so dass es nicht gegen das
Unionsrecht verstößt, von einem Wirtschaftsteilnehmer zu
fordern, dass er in gutem Glauben handelt und alle Maßnahmen
ergreift, die vernünftigerweise verlangt werden können,
um sicherzustellen, dass der von ihm getätigte Umsatz nicht zu
seiner Beteiligung an einer Steuerhinterziehung führt. Sollte
der Steuerpflichtige gewusst haben oder hätte er wissen
müssen, dass der von ihm bewirkte Umsatz mit einer
Steuerhinterziehung des Erwerbers zu Lasten des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems verknüpft war, und hat er nicht alle ihm
zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen,
um diese zu verhindern, müsste ihm der Anspruch auf
Mehrwertsteuerbefreiung versagt werden (EuGH-Urteil Unitel,
EU:C:2019:876, Rz 33, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45).
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Für den Fall, dass die Voraussetzungen
der Steuerbefreiung bei der Ausfuhr nach Art. 146 Abs. 1 Buchst. b
MwStSystRL und damit die Verbringung der Gegenstände aus dem
Zollgebiet nachgewiesen sind, weist der EuGH aber darauf hin, dass
für eine solche Lieferung keine Mehrwertsteuer geschuldet wird
und grundsätzlich keine Gefahr eines Steuerbetrugs oder
finanzieller Verluste mehr besteht, der die Besteuerung des
Umsatzes rechtfertigen kann (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz
35, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45, unter Bezugnahme auf das
EuGH-Urteil BDV Hungary Trading vom 19.12.2013 - C-563/12,
EU:C:2013:854, Rz 40, HFR 2014, 182 = SIS 14 00 61).
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(2) Danach führt das Ausstellen einer
unterfakturierten Zweitrechnung für eine Ausfuhrlieferung
nicht zu einer das Funktionieren des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems gefährdenden Steuerhinterziehung, wie
sich aus den zwischen den Steuerbefreiungen für
innergemeinschaftliche Lieferungen und für Ausfuhrlieferungen
bestehenden Unterschieden ergibt.
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(a) Die Steuerfreiheit für die
innergemeinschaftliche Lieferung dient der Verlagerung des
Steueraufkommens in den Mitgliedstaat des innergemeinschaftlichen
Erwerbs und hat dabei insbesondere die Funktion, die Durchsetzung
der Erwerbsbesteuerung sicherzustellen. So ist die Steuerfreiheit
nicht allgemein, sondern nur erwerberbezogen und damit „ad
personam“ zu gewähren, wenn der Erwerb des
gelieferten Gegenstandes nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG
beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der
Umsatzbesteuerung unterliegt. Damit setzt die Steuerfreiheit
voraus, dass die innergemeinschaftliche Lieferung beim Erwerber die
Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung (im Inland vgl.
§ 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 1a UStG) begründet.
Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 139 Abs. 1 Unterabs. 2
MwStSystRL, wonach die Steuerbefreiung nicht für die
Lieferungen von Gegenständen an Steuerpflichtige oder
nichtsteuerpflichtige juristische Personen gilt, deren
innergemeinschaftliche Erwerbe von Gegenständen
gemäß Art. 3 Abs. 1 MwStSystRL nicht der Mehrwertsteuer
unterliegen.
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Der EuGH umschreibt die danach bestehende
Korrespondenz dahingehend, dass „mit jedem
innergemeinschaftlichen Erwerb, der im Mitgliedstaat des
Bestimmungsorts der Versendung oder Beförderung von
Gegenständen (…) besteuert wird, eine
innergemeinschaftliche Lieferung einhergehen [muss], die im
Mitgliedstaat des Beginns der Versendung oder Beförderung
(…) befreit ist. Die Bestimmungen zum innergemeinschaftlichen
Erwerb und zur innergemeinschaftlichen Lieferung haben daher
dieselbe Bedeutung und dieselbe Reichweite“ (EuGH-Urteil
AREX CZ vom 19.12.2018 - C-414/17, EU:C:2018:1027, Rz 45, HFR 2019,
230 = SIS 18 20 94).
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Im Hinblick auf diese Korrespondenz, bei der
die vom Lieferer beizubringenden Angaben und Nachweise insbesondere
dazu dienen, die Durchsetzung der Erwerbsbesteuerung
sicherzustellen, ist es gerechtfertigt, aus dem Erfordernis einer
Lieferung an einen zur Erwerbsbesteuerung verpflichteten Abnehmer
nach § 6a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG auch abzuleiten, dass sich
der Abnehmer der Verpflichtung zur Vornahme der Erwerbsbesteuerung
nicht durch Steuerhinterziehung entziehen darf, so dass dem
Lieferer, dem dies bekannt ist oder bekannt sein muss, die
Steuerfreiheit entsprechend den subjektiven Vorgaben des EuGH (s.
oben unter II.2.b bb (1)) zu versagen ist (vgl. Wäger, UR
2020, 45 ff., 50).
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(b) Demgegenüber besteht bei
Ausfuhrlieferungen keine aus dem Tatbestand der Steuerfreiheit
ableitbare Korrespondenz zwischen der Steuerfreiheit der
Ausfuhrlieferung und der Besteuerung im Drittstaat.
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(1) Hierauf kommt es bereits deshalb nicht an,
da die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung unstreitig auch dann zu
gewähren ist, wenn eine Besteuerung der Einfuhr im Drittstaat
nicht vorgesehen ist. Hiergegen sprechen zudem die praktischen
Schwierigkeiten, die sich aus der Anwendung eines den
innergemeinschaftlichen Umsätzen vergleichbaren
Korrespondenzprinzips im Hinblick auf Ausfuhrlieferungen in
Drittländer ergeben.
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(2) In Übereinstimmung hiermit geht der
EuGH davon aus, dass bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen
für die Ausfuhrlieferung grundsätzlich keine Gefahr eines
Steuerbetrugs oder finanzieller Verluste besteht, die eine
Besteuerung rechtfertigen (EuGH-Urteil Unitel, EU:C:2019:876, Rz
35, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45). Soweit der EuGH zusätzlich
darauf verweist, dass der Begehungsort einer betrügerischen
Handlung in einem Drittstaat nicht ausreicht, um das Vorliegen
irgendeines Betrugs zum Nachteil des gemeinsamen
Mehrwertsteuersystems auszuschließen (EuGH-Urteil Unitel,
EU:C:2019:876, Rz 37, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45), folgt hieraus
nicht, dass betrügerische Handlungen in einem Drittstaat zum
Verlust der Steuerbefreiung für die Ausfuhrlieferung
führen, sondern fordert nur dies eine Prüfung, ob sich
aus Handlungen in einem Drittstaat eine Schädigung des
unionalen Steueraufkommens ergibt. So könnte es z.B. sein,
wenn derartige Handlungen darauf abzielen, betrügerisch einen
Vorsteuerabzug in der Union zu erlangen. Demgegenüber folgt
aus der Verkürzung von Einfuhrumsatzsteuer in einem Drittstaat
kein Nachteil für das gemeinsame Mehrwertsteuersystem.
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(3) Bestätigt wird dies dadurch, dass die
Mitgliedstaaten nach Art. 325 Abs. 1 des Vertrags über die
Arbeitsweise der Europäischen Union Betrügereien und
sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete
rechtswidrige Handlungen mit Maßnahmen zu bekämpfen
haben, die wirksam und abschreckend sind, wobei die finanziellen
Interessen der Union auch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer
umfassen (EuGH-Urteil Scialdone vom 02.05.2018 - C-574/15,
EU:C:2018:295, Rz 27, HFR 2018, 591 = SIS 18 06 55). Hierzu
gehört ersichtlich nicht das Steueraufkommen von
Drittstaaten.
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(4) Abweichendes ergibt sich auch nicht aus
dem Bestehen einer Zollunion mit der Türkei (vgl. hierzu
Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrats EG-Türkei vom
22.12.1995, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1996 Nr.
L 35/1). Hierdurch wird die Türkei nicht zum Teil des
Binnenmarkts, wie sich bereits aus der Anwendung von § 6 UStG
anstelle von § 6a UStG im Streitfall ergibt. Im Übrigen
steht es dem FA frei, den zuständigen türkischen
Behörden auf der Grundlage der hierfür einschlägigen
gesetzlichen Regelungen alle Informationen zu übermitteln, die
dort für die Abgabenerhebung erforderlich sind.
Demgegenüber besteht auch in einer Zollunion keine Grundlage
dafür, zollrechtliche Verstöße zwingend mit
steuerrechtlichen Sanktionen bewehren zu müssen.
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c) Vorsorglich weist der erkennende Senat
darauf hin, dass mit der Gewährung der Steuerfreiheit für
die Ausfuhrlieferung trotz unterfakturiert erteilter
Zweitrechnungen dieses Verhalten entgegen der Auffassung des FA,
das insoweit auf eine Wettbewerbsgefährdung zu Lasten des
redlichen Geschäftsverkehrs hinweist, nicht sanktionslos
bleiben würde. Zwar gehört die Kopie der für die
Lieferung unter den Bedingungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
UStG zu erteilenden Rechnung bei der Ausfuhrlieferung - anders als
bei der innergemeinschaftlichen Lieferung (§ 17a Abs. 2 Nr. 1
UStDV) - nicht zum Belegnachweis (vgl. §§ 9, 10 UStDV),
gleichwohl ist auch bei der Ausfuhrlieferung das Entgelt
buchmäßig aufzuzeichnen (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 UStDV).
Obwohl die Höhe des Entgelts für die Steuerfreiheit der
Ausfuhrlieferung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 UStG unerheblich ist,
kommt dem Entgelt dabei dann Bedeutung zu, wenn die in Anspruch
genommene Steuerfreiheit zu versagen ist. So ist es z.B., wenn der
gelieferte Gegenstand das Inland nicht verlässt oder im Fall
des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG die Ansässigkeit des
Abnehmers nicht nachgewiesen werden kann. Im Hinblick hierauf kann
jede vorsätzlich oder leichtfertig für eine
Ausfuhrlieferung unterfakturiert ausgestellte Rechnung zu einer
Steuergefährdung nach § 379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO
führen und entsprechend zu ahnden sein. Darüber sowie
über eine zusätzliche Anwendung von § 379 Abs. 1
Satz 2 AO ist hier indes nicht zu entscheiden.
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Die somit ggf. ordnungswidrigkeitsrechtlich
vorzunehmende Sanktionierung verhindert, dass der Lieferer, der
z.B. unterfakturierte Rechnungen erteilt, hierdurch
Wettbewerbsvorteile zum Nachteil von Konkurrenten erhält, die
sich gesetzeskonform verhalten.
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3. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des
FA greifen nicht durch.
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a) Das FA verweist für die von ihm
angenommenen Steuerpflicht der Ausfuhrlieferung auf das EuGH-Urteil
Netto Supermarkt vom 21.02.2008 - C-271/06 (EU:C:2008:105, Rz 22
f., HFR 2008, 408 = SIS 08 16 63), berücksichtigt dabei aber
nicht, dass der EuGH hier lediglich seine zur
innergemeinschaftlichen Lieferung ergangene Rechtsprechung
wiedergibt und hieraus für die in dieser Rechtssache streitige
Ausfuhrlieferung ableitet, dass es gegen den Grundsatz der
Rechtssicherheit verstieße, „wenn ein Mitgliedstaat,
der die Voraussetzungen für die Befreiung einer
Ausfuhrlieferung nach einem Ort außerhalb der Gemeinschaft
festgelegt hat (…), den Lieferer später zur Zahlung der
auf diese Lieferung entfallenden Mehrwertsteuer verpflichten
könnte, wenn sich herausstellt, dass infolge eines vom
Abnehmer begangenen Betrugs, von dem der Lieferer weder Kenntnis
hatte noch haben konnte, die Befreiungsvoraussetzungen
tatsächlich nicht vorlagen“ (EuGH-Urteil Netto
Supermarkt, EU:C:2008:105, Rz 26, HFR 2008, 408 = SIS 08 16 63).
Hieraus folgert der EuGH, dass der Lieferer auf die
Rechtmäßigkeit des Umsatzes, den er tätigt,
vertrauen können muss, ohne Gefahr zu laufen, sein Recht auf
Befreiung von der Mehrwertsteuer zu verlieren, wenn er, wie im
Ausgangsverfahren, selbst bei Beachtung der Sorgfalt eines
ordentlichen Kaufmanns außerstande ist, zu erkennen, dass die
Voraussetzungen für die Befreiung in Wirklichkeit nicht
gegeben waren, weil die vom Abnehmer vorgelegten Ausfuhrnachweise
gefälscht waren (EuGH-Urteil Netto Supermarkt, EU:C:2008:105,
Rz 27, HFR 2008, 408 = SIS 08 16 63).
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Aus dem EuGH-Urteil Netto Supermarkt
(EU:C:2008:105, HFR 2008, 408 = SIS 08 16 63) ergibt sich somit
nur, dass dem gutgläubigen Lieferer, der - wie in dieser
Rechtssache entscheidungserheblich - die Steuerfreiheit der
Ausfuhrlieferung in Anspruch nimmt, ohne erkennen zu können,
dass die hierfür nach dem Befreiungstatbestand erforderliche
Beförderung in das Drittlandsgebiet aufgrund einer
Täuschung durch den Abnehmer nicht vorliegt, die
Steuerfreiheit gleichwohl zu gewähren ist. Dem Urteil ist
demgegenüber nichts für den Umkehrfall zu entnehmen, dass
eine Beförderung in das Drittlandsgebiet vorliegt und der
Lieferer in Bezug auf einen Umstand, der nicht zum gesetzlich
bestimmten Befreiungstatbestand gehört, bösgläubig
ist.
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b) Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem
EuGH-Urteil Vinš vom
28.03.2019 - C-275/18 (EU:C:2019:265, Rz 33 f., HFR 2019, 446 = SIS 19 06 05). Danach kann „sich ein Steuerpflichtiger,
der sich vorsätzlich an einer das Funktionieren des
gemeinsamen Mehrwertsteuersystems gefährdenden
Steuerhinterziehung beteiligt hat, für die Zwecke der
Mehrwertsteuerbefreiung nicht auf den Grundsatz der
Steuerneutralität berufen (…)“ (EuGH-Urteil
Vinš, EU:C:2019:265, Rz 33, HFR 2019, 446 = SIS 19 06 05).
Dass der EuGH dann in dieser die Steuerfreiheit einer
Ausfuhrlieferung betreffenden Rechtssache hierzu ergänzt, dass
„nichts in den Akten des Gerichtshofs darauf hin[weist],
dass die Versagung der im Ausgangsverfahren fraglichen
Steuerbefreiung auf dem Vorliegen einer solchen Steuerhinterziehung
beruht“ (EuGH-Urteil Vinš, EU:C:2019:265, Rz 34, HFR
2019, 446 = SIS 19 06 05), beschränkt sich auf die bloße
Verneinung einer Steuerhinterziehung für den Streitfall, ohne
dass hieraus weitergehend abzuleiten ist, dass eine das
Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems
gefährdende Steuerhinterziehung hier überhaupt gegeben
sein kann.
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c) Zudem beruft sich das FA zu Unrecht auf das
Senatsurteil vom 28.05.2009 - V R 23/08 (BFHE 226, 177, BStBl II
2010, 517 = SIS 09 25 67). Der erkennende Senat hat hier
entschieden, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität
nicht nur bei innergemeinschaftlichen Lieferungen, sondern wegen
rechtssystematischer Gemeinsamkeiten auch bei Ausfuhrlieferungen zu
beachten ist und hat die sich hieraus ergebenden Schlussforderungen
in Bezug auf die den Unternehmer treffenden Nachweispflichten
gezogen. Derartige Gemeinsamkeiten ändern indes nichts an den
im Übrigen bestehenden Unterschieden, wie sie sich aus der
Korrespondenz zwischen innergemeinschaftlicher Lieferung und
innergemeinschaftlichem Erwerb ergeben, an der es bei
Ausfuhrlieferungen fehlt (s. oben unter II.2.b bb (2)).
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4. Von einer Einholung eines
Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH sieht der erkennende Senat
ab. Insbesondere im Hinblick auf das EuGH-Urteil Unitel
(EU:C:2019:876, HFR 2019, 1103 = SIS 19 18 45) bestehen keine
Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Unionsrechts.
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5. Danach ist das Urteil des FG aufzuheben und
der Klage stattzugeben. Entgegen dem Urteil des FG begründet
die Unterfakturierung einer für eine Ausfuhrlieferung
erteilten Zweitrechnung im Zusammenhang mit einer in Bezug auf den
gelieferten Gegenstand begangenen Steuerhinterziehung (nur) zu
Lasten des Steueraufkommens eines Drittstaats nicht die
Steuerpflicht dieser Lieferung.
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Die gesetzlichen Befreiungsvoraussetzungen von
§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStG liegen vor. Es ist
insbesondere zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die
gelieferten Fahrzeuge in die Türkei befördert oder
versendet wurden. Im Hinblick hierauf kommt es auf die weiteren
Details des Transports und einer Anwendung von § 10 UStDV
nicht an (vgl. zur entsprechenden Sachbehandlung bei
innergemeinschaftlichen Lieferungen Senatsurteil vom 26.09.2019 - V
R 38/18, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BStBl II
2020, 112 = SIS 19 18 32, Rz 17, und zur übereinstimmenden
Bedeutung des Beleg- und Buchnachweises bei Ausfuhrlieferungen und
bei innergemeinschaftlichen Lieferungen Senatsurteil in BFHE 226,
177, BStBl II 2010, 517 = SIS 09 25 67, Rz 20).
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6. Auf die geltend gemachten Verfahrensfehler
kommt es somit nicht an.
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7. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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