Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.7.2018 - 10 K 10247/16
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war Inhaber eines zertifizierten
Altersvorsorgevertrags bei der X-AG. Er ist Eigentümer eines
im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten
Einfamilienhauses.
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Im Jahr 2010 schloss der Kläger mit
der Sparkasse Y und der Landesbausparkasse (LBS) mehrere
Verträge. Zum einen nahm er ein Annuitätendarlehen
(Darlehen I), zum anderen einen zunächst tilgungsfreien
Vorfinanzierungskredit für ein Bauspardarlehen (Darlehen II)
auf. In Höhe des Darlehens II schloss er deshalb zeitgleich
einen - unstreitig - nicht zertifizierten Bausparvertrag ab, der
nach Zuteilung (Bausparguthaben und -darlehen) zur Tilgung jenes
Darlehens einzusetzen war. Zur Sicherung des Darlehens II
verpfändete er vereinbarungsgemäß sämtliche
Ansprüche aus dem Bausparvertrag an die Sparkasse Y. Zum
Verwendungszweck der Darlehen hat das Finanzgericht (FG) keine
Feststellungen getroffen.
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Am 05.09.2013 beantragte der Kläger
bei der Beklagten und Revisionsklägerin (Deutsche
Rentenversicherung Bund, Zentrale Zulagenstelle für
Altersvermögen - ZfA - ) die Entnahme seines bei der X-AG
aufgebauten Altersvorsorgevermögens zwecks Entschuldung seiner
Wohnimmobilie (sog. Altersvorsorge-Eigenheimbetrag, § 92a des
Einkommensteuergesetzes - EStG - ). In der dem Antrag
beigefügten Bestätigung der X-AG heißt es, der
Vertrag könne „frühestens zum 01.01.2014 zu Rente
abgerufen werden“, der späteste Vertragsbeginn der
„Rentenphase“ sei der 01.01.2018.
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Nachdem der Kläger weitere Nachweise
vorgelegt und mitgeteilt hatte, er wolle das Altersvorsorgekapital
für die Ablösung des Darlehens I verwenden, erließ
die ZfA am 05.12.2013 einen Bescheid über die Entnahme eines
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags gemäß § 92b EStG.
Sie gestattete, zu dem von ihr auf den 01.01.2014 angenommenen
Beginn der Auszahlungsphase des Altersvorsorgevertrags das
geförderte Kapital zu entnehmen. Der Bescheid erging unter der
auflösenden Bedingung des späteren Nachweises einer
wohnungswirtschaftlichen Verwendung des Kapitals.
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Im Dezember 2014 teilte der Kläger auf
Anforderung der ZfA mit, er habe sein Altersvorsorgevermögen
nur zum Teil zur Rückführung des Darlehens I genutzt, da
er andernfalls eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung
hätte entrichten müssen. Deshalb habe er das restliche
Kapital seinem Bausparguthaben zugeführt und so erreicht, dass
die Bausparsumme bereits im August 2017 zugeteilt werden
könne. Aufgrund der hiermit verbundenen früher
beginnenden Tilgung des Darlehens II erspare er sich erheblichen
Zinsaufwand.
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Im März 2015 teilte die X-AG mit,
vertraglicher Beginn der Auszahlungsphase sei der
01.01.2018.
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Mit Bescheid vom 13.04.2015 stellte die ZfA
rückwirkend die Unwirksamkeit ihres Bescheids über die
Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags fest. Zum einen sei
die Verwendung des Altersvorsorgekapitals zur Entschuldung nur zu
Beginn der Auszahlungsphase, die abweichend von der
ursprünglichen Annahme erst am 01.01.2018 beginnen werde,
möglich. Zum anderen sei das geförderte Kapital nicht -
wie bewilligt - vollständig zur Rückführung des
Darlehens I, sondern auch zur Auffüllung eines Bausparvertrags
eingesetzt worden. Es liege insgesamt eine schädliche
Verwendung vor. Über die Rückforderung werde ein
gesonderter Bescheid ergehen.
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Während des Einspruchsverfahrens
erließ die ZfA am 29.07.2016 einen Teilabhilfebescheid, in
dem sie die Unwirksamkeit des Bescheids vom 05.12.2013 nur noch in
betragsmäßig vermindertem Umfang feststellte. Soweit der
Kläger das Altersvorsorgekapital zur Ablösung des
Darlehens I eingesetzt habe, sei von einer wohnungswirtschaftlichen
Verwendung gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
i.d.F. des Altersvorsorge-Verbesserungsgesetzes (AltvVerbG) vom
24.06.2013 - BGBl I 2013, 1667 - (EStG n.F.) auszugehen. Im
Übrigen wies die ZfA den Einspruch zurück. Die
Zuführung von Guthaben auf das Bausparkonto sei keine
wohnungswirtschaftliche Verwendung; der Kläger habe insoweit
kein Darlehen getilgt. Der Bausparvertrag habe sich noch in der
Ansparphase befunden. Der Kläger habe lediglich eine
frühere Zuteilung der Bausparsumme erreichen wollen.
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Das FG hob die angefochtenen
Feststellungsbescheide vom 13.04.2015 und 29.07.2016 mit in EFG
2018, 1710 = SIS 18 14 63 veröffentlichtem Urteil auf. Es ging
davon aus, der Kläger habe nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
EStG in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung (EStG a.F.) das
gesamte geförderte Altersvorsorgevermögen zu Beginn der
Auszahlungsphase zur Entschuldung einer Wohnung verwendet. Das
Darlehen II und der Bausparvertrag seien als einheitliches
Vertragsgebilde zu werten. Die Einzahlungen des
Altersvorsorgevermögens auf den Bausparvertrag seien einer
Darlehenstilgung gleichzusetzen. Hierdurch habe sich die
Darlehensschuld verringert. Das Darlehen II habe der
Vorfinanzierung der Bausparsumme gedient. Gesonderte Tilgungen
zugunsten des Darlehens II seien vertraglich nicht vorgesehen
gewesen.
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Mit ihrer Revision bringt die ZfA vor, das
FG sei zu Unrecht von einer wohnungswirtschaftlichen Verwendung des
gesamten Altersvorsorgevermögens nach § 92a Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG a.F. ausgegangen. Der Aufbau von Guthaben auf einem
Bausparkonto stelle weder vom Wortlaut noch vom Zweck und der
Systematik des Gesetzes eine „Entschuldung“ dar. Bei
der Einzahlung auf einen Bausparvertrag, der nicht i.S. von §
1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 des
Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG)
zertifiziert sei, handele es sich um einen bloßen
Sparbeitrag.
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Das FG habe ferner gegen das
Sachaufklärungsgebot verstoßen (§ 76 Abs. 1 der
Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Es habe nicht aufgeklärt, ob
das Darlehen II überhaupt der Finanzierung von Anschaffungs-
oder Herstellungskosten einer begünstigten Wohnung gedient
habe. Der vom Kläger vorgelegte Vertrag hätte Anlass dazu
geben müssen, den Verwendungszweck jenes Darlehens
aufzuklären.
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Die ZfA beantragt, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger hat keinen Antrag
gestellt.
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II. Die Revision ist begründet. Das
angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§
126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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Die Feststellung der Unwirksamkeit des
Bescheids über die Entnahme des
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags gemäß § 92b EStG
vom 5.12.2013 ist im Umfang des geänderten Bescheids vom
29.7.2016 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht
in seinen Rechten. Für den Erlass eines solchen
Feststellungsbescheids besteht eine Rechtsgrundlage (unter 1.). Der
Bescheid vom 05.12.2013 ist in vorgenanntem Umfang wegen Eintritts
der als Nebenbestimmung aufgenommenen auflösenden Bedingung
unwirksam (unter 2.).
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1. Die ZfA war befugt, die Unwirksamkeit des
Bescheids über die Entnahme des
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags durch Verwaltungsakt
festzustellen.
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a) Feststellende Verwaltungsakte bedürfen
im Hinblick auf den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20
Abs. 3 des Grundgesetzes - GG - ) jedenfalls dann einer
gesetzlichen Ermächtigung (sog. Verwaltungsaktbefugnis), wenn
der Inhalt des Verwaltungsakts etwas als Rechtens feststellt, was
erklärtermaßen im Widerspruch zur Auffassung des hiervon
Betroffenen steht (vgl. etwa Beschluss des
Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 10.10.1990 - 1 B 131/90,
NVwZ 1991, 267) oder aber belastende Wirkung hat (BVerwG-Urteil vom
29.11.1985 - 8 C 105/83, BVerwGE 72, 265). Allerdings bedarf es
insoweit nicht zwingend einer ausdrücklichen gesetzlichen
Grundlage; es genügt, wenn sich die Verwaltungsaktbefugnis dem
Gesetz durch Auslegung entnehmen lässt (BVerwG-Urteil vom
24.10.2002 - 7 C 9/02, BVerwGE 117, 133, unter 1., m.w.N.).
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b) Nach diesen Grundsätzen, denen der
Senat folgt, bestand für die ZfA eine gesetzliche Grundlage
zum Erlass der vom Kläger angefochtenen
Feststellungsbescheide.
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aa) Zwar findet sich hierfür keine
ausdrückliche Ermächtigung im Gesetz. Auch vermag der
Senat keine Notwendigkeit zu erkennen, die Unwirksamkeit eines
Gestattungsbescheids gemäß § 92b EStG durch einen
eigenständigen Verwaltungsakt festzustellen, da diesem
für etwaig nachfolgende Verfahren (insbesondere einen
Rückforderungsbescheid wegen schädlicher Verwendung
geförderten Altersvorsorgevermögens, § 93 Abs. 1
i.V.m. § 94 Abs. 2 EStG) keine inhaltliche Bindungswirkung
zukommt. Vielmehr erschöpft sich der Regelungsgehalt eines
Bescheids nach § 92b EStG darin, dem Zulageberechtigten zu
gestatten und dem Anbieter mitzuteilen, dass Altersvorsorgekapital
für einen bestimmten Zweck förderunschädlich
ausgezahlt und genutzt werden kann (Senatsbeschluss vom 23.05.2016
- X R 54/13, BFH/NV 2016, 1457 = SIS 16 18 95, Rz 21 f.).
Demzufolge berührt eine nachfolgende schädliche
Verwendung des Kapitals grundsätzlich weder die Wirksamkeit
noch die Rechtmäßigkeit des Bescheids nach § 92b
EStG.
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bb) Allerdings besteht hier die Besonderheit,
dass der Gestattungsbescheid vom 05.12.2013 mit einer
Nebenbestimmung in Gestalt einer auflösenden Bedingung
versehen war, wonach die Wirksamkeit jenes Bescheids
rückwirkend entfalle, sollte der Kläger zu späterer
Zeit eine wohnungswirtschaftliche Verwendung des ausgezahlten
Vermögens nicht nachweisen können (§ 96 Abs. 1 Satz
1 EStG i.V.m. § 120 Abs. 1 Alternative 2, Abs. 2 Nr. 2 der
Abgabenordnung - AO - ). Aus dieser, vom Kläger nicht
angefochtenen - nach Ansicht des Senats im Hinblick auf § 94
Abs. 2 EStG allerdings nicht erforderlichen - Bedingung lässt
sich die Befugnis der ZfA ableiten, bei Eintritt der Bedingung die
Unwirksamkeit des Bescheids nach § 92b EStG durch
eigenständigen förmlichen Verwaltungsakt
festzustellen.
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Hierbei verkennt der Senat nicht, dass der
Zulageberechtigte durch ein solches Verfahren - wie der Streitfall
anschaulich zeigt - zur Anfechtung des Feststellungsbescheids
veranlasst werden kann, ohne dass hierdurch verbindliche Regelungen
für etwaig nachfolgende Verfahren getroffen werden. Dennoch
überwiegt das Bedürfnis der Behörde, dem durch
Bedingungseintritt (rückwirkend) unwirksam gewordenen
Gestattungsbescheid im Wege einer Feststellung den Rechtsschein der
Wirksamkeit zu nehmen. Hierfür spricht vorliegend auch der
Umstand, dass die Regelungen zum
„Eigenheimrentenmodell“ (§§ 92a, 92b
EStG) durch das AltvVerbG ab dem Jahr 2014 in nicht nur
unerheblichem Maße geändert wurden. Ein
Feststellungsbescheid, der die Beurteilung einer
wohnungswirtschaftlichen Verwendung im zeitlichen Grenzbereich
zwischen alter und neuer Rechtslage zum Gegenstand hat, ist
zumindest geeignet, Rechtsklarheit darüber zu verschaffen,
welche Rechtslage anwendbar ist (vgl. hierzu unter II.2.a).
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2. Der vom Kläger angefochtene
Feststellungsbescheid ist entgegen der Ansicht des FG
rechtmäßig, da die in dem Gestattungsbescheid vom
05.12.2013 enthaltene auflösende Bedingung eingetreten ist.
Demzufolge entfällt die Wirksamkeit jenes Bescheids im Umfang
der geänderten Feststellung vom 29.07.2016 rückwirkend.
Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass er sein
gefördertes Altersvorsorgevermögen insoweit
wohnungswirtschaftlich i.S. von § 92a Abs. 1 EStG n.F.
verwendet hat, als er es auf das bei der LBS geführte
Bausparkonto eingezahlt hat.
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a) Ob eine wohnungswirtschaftliche Verwendung
vorlag, ist - abweichend von der Auffassung des FG und der
Beteiligten - nach Maßgabe der durch das AltvVerbG vom
24.06.2013 (BGBl I 2013, 1667) eingeführten Rechtslage zu
bestimmen. Nach § 52 Abs. 23h EStG i.d.F. des AltvVerbG ist
§ 92a EStG n.F. erstmals im Veranlagungszeitraum 2014
anzuwenden.
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aa) Zwar hat der Kläger den Antrag auf
Entnahme eines Altersvorsorge-Eigenheimbetrags noch vor dem
01.01.2014 gestellt; ebenso hat die ZfA den Antrag vor jenem
Zeitpunkt positiv beschieden. Dies hat allerdings nicht zur Folge,
die Anforderungen für das Vorliegen einer
wohnungswirtschaftlichen Verwendung zwingend an der bis zum
31.12.2013 geltenden Fassung von § 92a EStG zu messen.
Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt der Verwendung. Denn die
Vorschrift macht - sowohl nach damaliger als auch nach aktueller
Fassung - eine förderunschädliche Entnahme eines
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags von einer im Gesetz
abschließend bestimmten wohnungswirtschaftlichen
„Verwendung“ des Altersvorsorgekapitals
abhängig. Bereits der Wortlaut belegt, dass es sich hierbei um
den tatsächlichen Einsatz des durch den Anbieter ausgezahlten
Kapitals handeln muss und nicht um eine dementsprechende Absicht
des Zulageberechtigten. Folglich ist unter Berücksichtigung
von § 52 Abs. 23h EStG i.d.F. des AltvVerbG diejenige
Rechtslage relevant, die zum Verwendungszeitpunkt galt.
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Im Streitfall hatte der Kläger das
ausgezahlte Altersvorsorgekapital im Februar 2014 und demnach zum
Zeitpunkt der Geltung der durch das AltvVerbG eingeführten
Rechtslage seinem bei der LBS geführten Bausparvertrag
zugeführt.
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bb) Dasselbe Ergebnis lässt sich aus
prozessualen Erwägungen ableiten. Für einen - wie
vorliegend - im Wege der Anfechtungsklage zu verfolgenden Anspruch
ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der
finanzgerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Denn das FG hebt
nach § 100 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO den angefochtenen
Verwaltungsakt auf, wenn er rechtswidrig ist. Der Erfolg im
Anfechtungsprozess hängt somit davon ab, dass der Anspruch auf
Aufhebung des Verwaltungsakts im Zeitpunkt der Entscheidung des
Gerichts - vorliegend im Jahr 2018 - nach dem jeweils
einschlägigen materiellen und formellen Recht besteht (Urteil
des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16.04.2013 - VII R 44/12, BFHE
241, 291, BStBl II 2013, 778 = SIS 13 23 14, Rz 9); maßgebend
ist daher eine gegenwärtige Rechtswidrigkeit (BFH-Beschluss
vom 05.08.2015 - II B 113/14, BFH/NV 2015, 1554 = SIS 15 22 60, Rz
7; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 100 FGO Rz
39).
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Abweichendes würde im Hinblick auf den
noch im Jahr 2013 positiv beschiedenen Antrag auf Entnahme des
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags aus Gründen des
Vertrauensschutzes nur dann gelten, wenn sich die Rechtslage
nachträglich zu Lasten des Klägers geändert
hätte. Dies ist im Streitfall ausgeschlossen. Vielmehr hat der
Gesetzgeber zu Gunsten der Zulageberechtigten durch das AltvVerbG
die begünstigte Entschuldung der selbstgenutzten Wohnimmobilie
auf die Zeit der Ansparphase ausgedehnt (BTDrucks 17/10818, 18),
während nach vorheriger Rechtslage eine solche nur zu Beginn
der Auszahlungsphase - im Streitfall somit erst zum 01.01.2018 -
möglich war (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F.).
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b) Die Voraussetzungen des § 92a Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 EStG n.F. liegen nicht vor.
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Nach dieser Vorschrift kann der
Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und
nach § 10a EStG oder nach dem XI. Abschnitt des EStG
geförderte Kapital in vollem Umfang oder unter bestimmten
Voraussetzungen teilweise bis zum Beginn der Auszahlungsphase
entweder unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung
einer nach Satz 5 der Vorschrift begünstigten Wohnung oder -
nur dies kommt im Streitfall ernsthaft in Betracht - zur Tilgung
eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden.
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Mit der alternativ zur Kapitalentnahme bei
Anschaffung/Herstellung des Wohneigentums begünstigten
Entschuldung wollte der Gesetzgeber gewährleisten, dass auch
die Ablösung von Darlehen, deren Mittel der Finanzierung des
Erwerbs dienten, vom Zweck des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags -
dem „mietfreien Wohnen“ im Alter - erfasst wird
(BTDrucks 16/8869, 16 f.; vgl. auch Mühlenharz in
Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 92a
Rz 32). Durch diese Form der wohnungswirtschaftlichen Verwendung
soll dem Zulageberechtigten ermöglicht werden, die Zins- und
Tilgungskosten aus der selbstgenutzten Wohnimmobilie zu senken
(Myßen/Emser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG,
§ 92a Rz B 49). Eine begünstigte Entschuldung liegt auch
dann vor, wenn das zu tilgende Darlehen der Umschuldung
ursprünglicher Anschaffungs- bzw. Herstellungsdarlehen dient
(Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 21.12.2017,
BStBl I 2018, 93 = SIS 17 24 34, Rz 255).
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Nach diesen Maßstäben ist der vom
Kläger vorgenommene Aufbau von Bausparguthaben nicht als
wohnungswirtschaftliche Verwendung i.S. von § 92a Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 Alternative 2 EStG n.F. zu qualifizieren. Der Kläger
hat hierdurch kein zum Zweck der Anschaffung oder Herstellung von
Wohneigentum bereits aufgenommenes Darlehen getilgt.
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aa) Eine wohnungswirtschaftliche Verwendung,
wie sie der Kläger versteht, ist insoweit bereits vom Wortlaut
der Vorschrift ausgeschlossen.
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Die „Tilgung“ eines
Darlehens setzt auch vom Wortsinn und Sprachgebrauch voraus, dass
durch eine Leistung des Schuldners der Rückzahlungsanspruch
des Gläubigers ganz oder zumindest teilweise erlischt; das
Darlehen muss „abgelöst“ werden (vgl. zu
diesem Begriff Myßen/Emser, a.a.O., Rz B 49; Hahner in
Bordewin/Brandt, § 92a EStG Rz 19 a.E.; Braun in
Herrmann/Heuer/Raupach, § 92a EStG Rz 8; Arteaga/Veit in Korn,
§ 92a EStG Rz 13.1). Zudem ist eine finale Beziehung
(„zur“) zwischen der Verwendung des
Altersvorsorge-Eigenheimbetrags und der Darlehenstilgung
erforderlich. Vorbereitende - selbst in (späterer)
Tilgungsabsicht vorgenommene - Verwendungsmaßnahmen sind
nicht begünstigt.
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Im Streitfall hat der Kläger sein
Altersvorsorgekapital zwar in der Absicht der Tilgung des Darlehens
II seinem Bausparguthaben zugeführt. Allerdings verringerte
diese Einzahlung - anders als vom FG vertreten - noch nicht den
Rückzahlungsanspruch der Sparkasse Y aus dem Darlehen II. Die
nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG n.F.
erforderliche Tilgungswirkung konnte erst zum Zeitpunkt der
Zuteilung der Bausparsumme eintreten, da erst dann das Darlehen II
vereinbarungsgemäß zurückgeführt werden sollte
(vgl. C 4.1 der Erläuterungen und ergänzenden
Bestimmungen zur Darlehensurkunde vom 30.03.2010). Hieran
ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger zur
Sicherung des Rückzahlungsanspruchs aus dem Darlehen II u.a.
das sich ratierlich aufbauende Sparguthaben aus dem Bausparvertrag
an die Sparkasse Y verpfändet hat (vgl. D 2.2 der
Darlehensurkunde). Denn durch die Begründung eines Pfandrechts
erlosch nicht etwa der Darlehensrückzahlungsanspruch; vielmehr
erhielt die Sparkasse Y nur das Recht, im Sicherungsfall
Befriedigung aus den verpfändeten Rechten zu suchen (§
1204 Abs. 1, § 1273 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
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bb) Eine über den Wortlaut des § 92a
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 2 EStG n.F. hinausgehende Auslegung
des Merkmals einer Darlehenstilgung widerspräche der
gesetzlichen Systematik der Förderung privater Altersvorsorge
und ist daher ausgeschlossen.
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(1) Die durch das Eigenheimrentengesetz vom
29.07.2008 (BGBl I 2008, 1509) eingeführte Erweiterung der
steuerlichen Förderung privater Altersvorsorge auf selbst
genutzte eigene Wohnimmobilien und Genossenschaftswohnungen
(„Eigenheimrentenmodell“) beruht auf zwei vom
Ansatz her unterschiedlichen, hinsichtlich der Besteuerungsfolgen
aber identischen Förderungen (vgl. hierzu BTDrucks 16/8869, 16
f.). Zum einen kann das in einem zertifizierten
Altersvorsorgevertrag angesparte Altersvorsorgevermögen bis
zum Beginn der Auszahlungsphase für die in § 92a Abs. 1
Satz 1 EStG n.F. abschließend genannten Zwecke
förderunschädlich verwendet werden. Eine
Rückführung des Entnahmebetrags in den Vorsorgevertrag
ist nicht erforderlich. Vielmehr wird dieser Betrag als in die
Wohnimmobilie investiertes Kapital nach Maßgabe von §
92a Abs. 2 EStG über das sog. Wohnförderkonto
nachträglich besteuert.
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Zum anderen stellen Tilgungsleistungen, die
auf einen als Altersvorsorgevertrag zertifizierten Darlehensvertrag
erbracht werden, bei wohnungswirtschaftlicher Verwendung jenes
Darlehens steuerlich zu fördernde Altersvorsorgebeiträge
dar (§ 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 5 EStG). Als
Tilgungsleistungen in diesem Sinne fingiert das Gesetz auch
(Spar-)Beiträge, die einem zertifizierten
Altersvorsorgevertrag gemäß § 1 Abs. 1a Satz 1 Nr.
3 AltZertG zugeführt und zur Tilgung eines im Rahmen jenes
Altersvorsorgevertrags abgeschlossenen Darlehens abgetreten wurden
(§ 82 Abs. 1 Satz 3 EStG; sog. Bausparkombi-Kredite, vgl.
hierzu Killat in Herrmann/Heuer/Raupach, § 82 EStG Rz 6). Um
in diesen Fällen die nachgelagerte Besteuerung
sicherzustellen, werden neben den Tilgungsleistungen die als solche
Leistungen fingierten Sparbeiträge ins Wohnförderkonto
aufgenommen (§ 92a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG n.F.). Auch
insoweit wird - ebenso wie beim entnommenen
Altersvorsorge-Eigenheimbetrag - das tatsächlich in die
Immobilie investierte Kapital der nachgelagerten Besteuerung
unterworfen.
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Neben diesen Sparbeiträgen ist auch die
Übertragung von Altersvorsorgevermögen in diese Art von
Bausparverträgen möglich. Überträgt der
Zulageberechtigte Altersvorsorgevermögen
förderunschädlich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 10
Buchst. b AltZertG i.V.m. § 93 Abs. 2 Satz 1 EStG in einen
Altersvorsorgevertrag i.S. von § 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3
AltZertG, bestimmt § 82 Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 EStG, dass
die (bislang geleisteten) Beiträge als Tilgungsleistungen
gemäß Satz 3 der Vorschrift gelten. Auch diese - infolge
der Vermögensübertragung umqualifizierten -
Tilgungsleistungen werden Bestandteil des Wohnförderkontos
(vgl. Killat, a.a.O., § 82 EStG Rz 6). Der gesetzlichen
Förderungssystematik zufolge besteht somit nur im Fall einer
Übertragung von Altersvorsorgevermögen auf einen
zertifizierten Bausparkombi-Kreditvertrag keine
förderschädliche Verwendung dieses
Altersvorsorgevermögens.
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(2) Liegen dagegen die Voraussetzungen
für eine förderunschädliche Übertragung von
Altersvorsorgevermögen auf einen Altersvorsorgevertrag i.S.
von § 1 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 AltZertG - wie im Streitfall
mangels Zertifizierung - nicht vor, erlaubt es die vorgenannte, in
sich konsistente Systematik nicht, im Wege wortlauterweiternder
Auslegung der Tatbestandsmerkmale einer wohnungswirtschaftlichen
Verwendung eine nachgelagerte Besteuerung des ausgezahlten
Vermögens zu erreichen. Vielmehr stellt sich der Einsatz jenes
Vermögens zum Zwecke der Auffüllung des Bausparguthabens
- selbst wenn von Entschuldungsabsicht getragen - als
schädliche Verwendung dar. Der vom Kläger hervorgehobene
Umstand, die von ihm gewählte Gestaltung habe sich im Hinblick
auf die Vermeidung von Vorfälligkeitsentschädigungen und
zu erwartenden Zinsersparnissen als insgesamt wirtschaftlich
sinnvoll erwiesen, ändert insoweit nichts.
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cc) Der Senat braucht nicht mehr entscheiden,
inwiefern der Nachweis einer wohnungswirtschaftlichen Verwendung
vorliegend auch aus anderen Gründen nicht erbracht worden
ist.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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