Die Revision des Beklagten gegen das Urteil
des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 21.3.2018 - 1 K
1/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der
Beklagte zu tragen.
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH, ist durch Verschmelzung
Gesamtrechtsnachfolgerin der A KG geworden.
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Bis zum 17.5.2010 waren an der A KG als
Komplementärin die C GmbH (Komplementär-GmbH) und als
Kommanditisten die Eheleute B mit einer Kapitaleinlage von je
53.550 EUR (je 25,5 %) sowie die D GmbH mit einer Kapitaleinlage
von 102.900 EUR (49 %) beteiligt. Die Kommanditisten waren zugleich
Gesellschafter zweier Kapitalgesellschaften. So hielten die
Eheleute B je 6.400 EUR des 25.100 EUR betragenden Stammkapitals
der Komplementär-GmbH, die restlichen 12.300 EUR entfielen auf
die D GmbH. An der E GmbH waren die Kommanditisten mit nahezu
identischen Quoten beteiligt. Die Beteiligungen gehörten zum
notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Kommanditisten der A
KG.
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Am 18.3.2010 hatten die Eheleute B bereits
die F GmbH gegründet, deren Geschäftsanteile sie zu
gleichen Teilen hielten.
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Mit notariellem Übertragungsvertrag
vom 17.5.2010 brachten die Eheleute B ihre Gesellschaftsanteile an
der A KG, der Komplementär-GmbH und der E GmbH zum
Zwischenwert gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile nach
§ 20 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr (2010)
geltenden Fassung (UmwStG 2006) in die F GmbH ein. Darüber
hinaus legten die Eheleute B zuvor begründete Optionsrechte in
die F GmbH ein, die den Eheleuten B insbesondere das Recht
gewährten, ihre gesamten Gesellschaftsanteile in Bezug auf die
A KG der D GmbH mit Wirkung auf den 30.6.2010 zu einem näher
vereinbarten Preis anzudienen.
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Mit Vertrag vom 17.5.2010 übte die F
GmbH diese Optionsrechte aus und veräußerte die
eingebrachten Kommanditanteile an der A KG sowie die eingebrachten
Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH und der E GmbH
mit Wirkung zum 30.6.2010 an die D GmbH.
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Die Beteiligten gingen übereinstimmend
davon aus, dass aufgrund der Veräußerung der
Geschäftsanteile an der E GmbH durch die F GmbH
gemäß § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 ein
Einbringungsgewinn II (EBG II) in Höhe von ... EUR entstanden
war.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) erfasste den EBG II gemäß § 3
Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden
Fassung (EStG) zu 60 % bei der Ermittlung des
Gewerbesteuermessbetrags.
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Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht
(FG) gab der dagegen gerichteten Klage statt.
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Mit seiner Revision rügt das FA eine
Verletzung von § 7 des Gewerbesteuergesetzes in der im
Streitjahr geltenden Fassung (GewStG) und § 22 UmwStG
2006.
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Es beantragt, das Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass im
Streitfall der EBG II nicht der Gewerbesteuer unterliegt.
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1. Gemäß § 7 Satz 1 GewStG ist
Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes
oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus
dem Gewerbebetrieb, vermehrt oder vermindert um die in §§
8 und 9 GewStG bezeichneten Hinzurechnungen und Kürzungen.
Dieser Gewinn ist um solche Bestandteile zu bereinigen, die nicht
mit dem Zweck der Gewerbesteuer als einer auf den tätigen
Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen. Zu diesen
- herauszurechnenden - Bestandteilen gehören Gewinne, die
nicht dem laufenden Betrieb, sondern dessen Aufgabe oder
Veräußerung zuzuordnen sind. Aus dem Fiskalzweck der
Gewerbesteuer als einer auf den tätigen Betrieb bezogenen
Sachsteuer folgt, dass Gewinne aus der Veräußerung oder
Aufgabe eines Gewerbebetriebs oder eines Teilbetriebs bei einem
Einzelgewerbetreibenden oder einer Personengesellschaft - nicht
aber bei einer Kapitalgesellschaft - bei der Ermittlung des
Gewerbeertrags auszuscheiden sind, wenn damit die endgültige
Einstellung der gewerblichen Betätigung verbunden ist
(ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl.
z.B. Urteile vom 18.12.2014 - IV R 59/11, BFH/NV 2015, 520 = SIS 15 05 59; vom 1.2.1979 - IV R 219/75, BFHE 127, 410, BStBl II 1979,
444 = SIS 79 02 21; vom 02.07.1981 - IV R 136/79, BFHE 134, 23,
BStBl II 1981, 798 = SIS 82 02 13). Lediglich soweit der Gewinn aus
der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs oder eines
Teilbetriebs einer Mitunternehmerschaft, eines
Mitunternehmeranteils und des Anteils eines persönlich
haftenden Gesellschafters einer KGaA nicht auf eine natürliche
Person als unmittelbar beteiligtem Mitunternehmer entfällt,
gehört er zum Gewerbeertrag (§ 7 Satz 2 GewStG).
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2. Soweit im Rahmen einer Sacheinlage (§
20 Abs. 1 UmwStG 2006) oder des Anteilstausches (§ 21 Abs. 1
UmwStG 2006) unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb
eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt
durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar
veräußert werden und soweit beim Einbringenden der
Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im
Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 des
Körperschaftsteuergesetzes steuerfrei gewesen wäre, ist
der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung
rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der
Veräußerung von Anteilen zu versteuern (EBG II); §
16 Abs. 4 und § 34 EStG sind nicht anzuwenden (§ 22 Abs.
2 Satz 1 UmwStG 2006).
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3. Bei Anwendung dieser gesetzlichen Vorgaben
ist der im Streitfall entstandene EBG II nicht der Gewerbesteuer zu
unterwerfen. Der Senat folgt damit der ganz herrschenden Meinung
(Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 22 UmwStG Rz
324; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz,
Umwandlungssteuergesetz, 8. Aufl., § 22 UmwStG Rz 136; Stangl
in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl., § 22
Rz 151; Blümich/Nitzschke, § 22 UmwStG 2006 Rz 80a; Patt
in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer,
§ 22 UmwStG Rz 80g; Weiss/Brühl, DB 2018, 1548;
Unterberg, GmbHR 2018, 875; Pitzal, DStR 2018, 985; Franke in
Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2019, § 7 Rz
77).
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a) Zwischen den Beteiligten besteht zu Recht
kein Streit darüber, dass die mit Wirkung zum 30.06.2010
vollzogene Veräußerung der Anteile an der E GmbH durch
die F GmbH einen rückwirkend zu besteuernden EBG II i.S. des
§ 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 ausgelöst hat. Die
veräußerten E-Anteile hatte die F GmbH zuvor als
übernehmende Gesellschaft im Rahmen der von den Eheleuten B
getätigten Einlage ihrer jeweiligen Mitunternehmeranteile an
der A KG erhalten (miteingebrachte Kapitalgesellschaftsanteile i.S.
des § 22 Abs. 2 Satz 1 Variante 1 UmwStG 2006). Dass die
Veräußerung bereits das erste Jahr der sog. Sperrfrist
betraf, ändert an der Tatbestandsmäßigkeit des
Vorganges nichts.
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b) Für die Ansicht, den EBG II nicht der
Gewerbesteuer zu unterwerfen, spricht bereits der Wortlaut und der
systematische Zusammenhang des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006.
Die Vorschrift ordnet - nach Maßgabe ihrer
Tatbestandsvoraussetzungen - als Folge davon, dass mit dem Gesetz
über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung
der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer
steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) vom 7.12.2006 (BGBl I 2006,
2782, BStBl I 2007, 4) auch die früheren Sonderbestimmungen
zur Besteuerung einbringungsgeborener Anteile abgelöst wurden,
die rückwirkende Erhöhung des durch die Einbringung der
Anteile erzielten Gewinns an (BTDrucks 16/2710, S. 48). Dies legt
nahe, dass dieser Gewinn (EBG II) auch gewerbesteuerrechtlich den
Rechtsregeln unterworfen ist, die für eine Gewinnrealisierung
im Zeitpunkt der Einbringung zum Tragen gekommen wären.
Hierfür spricht auch, dass abweichend von anderen
Regelungsbereichen des Umwandlungssteuergesetzes (s. z.B.
§§ 18, 23 Abs. 5 UmwStG 2006) der Gesetzgeber für
die gewerbesteuerrechtliche Behandlung des EBG II keine
sondergesetzliche Anweisung getroffen hat.
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c) Dass hiernach der EBG II im Streitfall,
d.h. mit Rücksicht auf die ursprüngliche Beteiligung
einer natürlichen Person an der gewerblich tätigen
Mitunternehmerschaft sowie die Zugehörigkeit der
miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile zum gewerblichen
Vermögen der Mitunternehmerschaft (hier:
Sonderbetriebsvermögen II), nicht der Gewerbesteuer
unterliegt, weil die Einbringung des Kapitalgesellschaftsanteils
auch bei Ansatz des gemeinen Werts keine Gewerbesteuer
ausgelöst hätte, entspricht des Weiteren Sinn und Zweck
des Umwandlungssteuergesetzes.
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In der Begründung des SEStEG wird
ausgeführt, dass es Sinn und Zweck der §§ 20 ff.
UmwStG 2006 sei, im Interesse der Erleichterung von
Unternehmensumstrukturierungen ein einheitliches System für
die steuerliche Behandlung von Einbringungsfällen zu schaffen,
das Doppelbesteuerungen von stillen Reserven weitgehend vermeidet.
Es solle jedoch auch weiterhin sichergestellt werden, dass die im
Zeitpunkt der Betriebseinbringung aufgelaufenen und auf die Anteile
an der übernehmenden Gesellschaft übertragenen stillen
Reserven bei einer Veräußerung der Anteile der (vollen)
Besteuerung unterliegen (BTDrucks 16/2710, S. 42). Auch hiernach
kann der Senat keinen sachlichen Grund erkennen, die auf die
erhaltenen Anteile übertragenen stillen Reserven erstmalig mit
Gewerbesteuer zu belasten, wenn diese bei Realisation im Rahmen der
Einbringung keinem gewerbesteuerlichen Zugriff unterlegen
hätten. Dies widerspräche zudem der grundsätzlichen
Zielsetzung der Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes, die als
steuerrechtliche Lenkungsnormen betriebswirtschaftlich sinnvolle
Umstrukturierungen begünstigen, nicht aber als
Fiskalzwecknormen Besteuerungsansprüche begründen wollen,
die es ansonsten nicht gäbe.
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4. Die Einwendungen des FA rechtfertigen keine
andere Beurteilung.
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a) Das FA geht im Streitfall von einer
Gewerbesteuerpflicht des EBG II aus. Nach seiner Auffassung
besteuere der EBG II selektiv lediglich die Veräußerung
der miteingebrachten Kapitalgesellschaftsanteile (an der E GmbH)
und nicht die Veräußerung des gesamten
Mitunternehmeranteils. Besteuerungsrelevant sei damit ein
Einzel-Wirtschaftsgut (GmbH-Beteiligung), auch wenn dieses
ursprünglich zu einer Sachgesamtheit (Mitunternehmeranteil)
gehört habe. Da schließlich auch bei einer isolierten
Veräußerung der zum Sonderbetriebsvermögen II
gehörenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch das
Ehepaar B als Mitunternehmer Gewerbesteuer ausgelöst worden
wäre (vgl. BFH-Urteil vom 3.4.2008 - IV R 54/04, BFHE 220,
495, BStBl II 2008, 742 = SIS 08 21 95), sei die
Gewerbesteuerpflicht des EBG II auch sachlich zu rechtfertigen.
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b) Diese Sichtweise ist jedoch fiktiv und
deshalb zurückzuweisen. Sie entspricht weder den
tatsächlichen noch den rechtlichen Gegebenheiten.
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aa) Rechtlich kommt es allein auf die
Besteuerung des Einbringungsvorgangs („Gewinn aus der
Einbringung“) an. Die Veräußerung der
miteingebrachten Anteile innerhalb der Sperrfrist durch die
übernehmende Gesellschaft ist lediglich das auslösende
Moment für die (rückwirkende) Besteuerung des
Einbringungsvorganges beim Einbringenden. Auch der Gesetzeswortlaut
(„ist der Gewinn aus der Einbringung ... als Gewinn des
Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu
versteuern“) steht dieser Betrachtung nicht entgegen.
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bb) Rein tatsächlich betrachtet
ändert die Veräußerung des miteingebrachten
Kapitalgesellschaftsanteils - mit der weiteren Folge der
rückwirkenden Besteuerung des EBG II - auch nichts daran,
dass, wie der Streitfall zeigt, der ursprüngliche
(Mit-)Unternehmer seine gewerbliche Tätigkeit mit der
Einbringung insgesamt eingestellt hat und dieser Vorgang die
Gewerbesteuerfreiheit nach allgemeinen Grundsätzen gebietet.
Schließlich ist es - wie aufgezeigt - auch bei einer
Veräußerung der miteingebrachten Anteile nach der
Zielsetzung des Umwandlungssteuergesetzes nicht sachgerecht, einen
EBG II gemäß § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 der
Gewerbesteuer zu unterwerfen, obgleich die stillen Reserven bei der
natürlichen Person, die den vollständig eingebrachten
Mitunternehmeranteil bislang unmittelbar gehalten hatte, nicht
gewerbesteuerrechtlich verstrickt waren.
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c) Selbst wenn man mit dem FA für die
Anwendung des § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 nur auf den
veräußerten Kapitalgesellschaftsanteil blicken wollte,
so wäre jedenfalls die Rückwirkung auf den
Einbringungszeitpunkt und damit der unmittelbare Zusammenhang mit
der Einbringung des Mitunternehmeranteils, d.h. mit der Beendigung
der gewerblichen Tätigkeit zu beachten. Für eine solche
Konstellation hat der Senat aber bereits entschieden, dass die
Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern (also z.B.
auch einer einzelnen Kapitalgesellschaftsbeteiligung), die in einem
engen Zusammenhang mit der
Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung steht, von der
gewerbesteuerrechtlichen Begünstigung der
Betriebsaufgabe/Betriebsveräußerung mit erfasst wird
(Senatsurteil vom 2.2.1972 - I R 217/69, BFHE 105, 35, BStBl II
1972, 470 = SIS 72 02 74).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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