Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Düsseldorf vom 14.3.2018 8 K 3180/16 Verk
aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der
Kläger zu tragen.
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I. Streitig ist, ob der Kläger und
Revisionsbeklagte (Kläger) eine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung
für ein landwirtschaftlich genutztes Fahrzeug gemäß
§ 3 Nr. 7 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG)
beanspruchen kann.
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Der Kläger ist Inhaber eines
landwirtschaftlichen Betriebes. Ausschließlich in diesem
Betrieb verwendet er eine seit dem 22.5.2014 auf ihn zugelassene
Sattelzugmaschine. Dieses Fahrzeug erreicht eine bauartbedingte
Höchstgeschwindigkeit von 89 km/h und verfügte
ursprünglich nur über die bauarttypische Sattelkupplung
zwecks Verbindung mit einem Sattelauflieger.
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Unmittelbar bevor die Sattelzugmaschine auf
den Kläger zugelassen wurde, hatte er im Mai 2014 daran eine
Anhängerkupplung montieren lassen, die die Verwendung
üblicher landwirtschaftlicher Anhänger
einschließlich deren Versorgung mit Elektrizität sowie
Druckluft zum Betrieb der Bremsen ermöglichte. Die
Verwendbarkeit des Fahrzeugs zum Betrieb mit einem Sattelauflieger
wurde durch diesen Umbau nicht beeinträchtigt.
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Das Fahrzeug wurde von der Zulassungsstelle
als „Sattelzugmaschine“ mit der Fahrzeugklasse 88,
Aufbauart 0000 eingestuft (Felder „5“, „J“
und „4“ der Zulassungsbescheinigung Teil I, im
Folgenden: Schlüsselnummer 88 0000). Der Beklagte und
Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA - ) setzte ab dem
22.5.2014 rückwirkend Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 556
EUR fest.
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Am 10.3.2016 beantragte der Kläger
beim HZA die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 7 KraftStG, nachdem
er im Einzelgenehmigungsverfahren die Zulassungsbescheinigung
dahingehend hatte berichtigen lassen, dass das Fahrzeug nunmehr als
„LOF.Sattelzugmaschine“ (Schlüsselnummer 90 0000)
eingetragen ist. Das HZA lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom
14.3.2016 ab. Der hiergegen gerichtete Einspruch vom 11.4.2016
blieb ohne Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der
anschließend erhobenen Klage statt. Es war der Ansicht, dass
LOF.Sattelzugmaschinen, ebenso wie sonstige Zugmaschinen,
angesichts ausschließlicher Nutzung in einem land- oder
forstwirtschaftlichen Betrieb von der Kraftfahrzeugsteuer befreit
seien. Der Ausschluss für Sattelzugmaschinen in § 3 Nr. 7
Satz 1 1. Alternative KraftStG sei im Wege der teleologischen
Reduktion zu begrenzen, so dass die für spezifisch land- und
forstwirtschaftliche Verwendung umgerüstete und
zulassungsrechtlich entsprechend ausgewiesene Sattelzugmaschine
nicht erfasst sei.
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Hiergegen wendet sich die Revision des HZA.
Es ist der Meinung, Sattelzugmaschinen seien von der
Steuerbefreiung ausgeschlossen und die Auslegung des FG verletze
§ 3 Nr. 7 Satz 1 1. Alternative KraftStG. Die Besteuerung
folge der zulassungsrechtlichen Einordnung.
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Das HZA beantragt, das Urteil des FG
Düsseldorf vom 14.3.2018 8 K 3180/16 Verk aufzuheben und die
Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Er ist der Ansicht, dass sich die
LOF.Sattelzugmaschine von der gewöhnlichen Sattelzugmaschine
so wesentlich unterscheidet, dass die Ausnahme von der
Steuerbefreiung für Sattelzugmaschinen nicht greifen
könne.
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II. Die Revision des HZA ist begründet
und führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung
der Klage.
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1. Von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind
nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG Zugmaschinen, mit
Ausnahme von Sattelzugmaschinen, solange diese Fahrzeuge
ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben
verwendet werden.
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a) Seit dem Gesetz zur Änderung des
Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes
(Verkehrsteueränderungsgesetz - VerkehrStÄndG - ) vom
5.12.2012 (BGBl I 2012, 2431) ist die Feststellung von
Fahrzeugklassen und Aufbauarten durch die Zulassungsbehörde
gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG für Zwecke der
Kraftfahrzeugsteuer verbindlich (Beschluss des Bundesfinanzhofs -
BFH - vom 22.10.2014 II B 111/13, BFH/NV 2015, 357 = SIS 15 01 50,
Rz 7; vgl. BTDrucks 17/10039, S. 24). Mit dieser
Gesetzesänderung ist die frühere ständige
Rechtsprechung bezüglich der Bindungswirkung von
Fahrzeugklassen und Aufbauarten (seit dem BFH-Urteil vom 30.9.1981
II R 56/78, BFHE 134, 367, BStBl II 1982, 82 = SIS 82 06 30; vgl.
auch BFH-Urteile vom 26.11.1991 VII R 88/90, BFH/NV 1992, 414; vom
3.4.2001 VII R 7/00, BFHE 194, 477, BStBl II 2001, 451 = SIS 01 09 16, unter II.1.) überholt (so bereits Niedersächsisches
FG, Urteil vom 30.6.2016 14 K 16/16, EFG 2016, 1671 = SIS 17 23 42;
Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuergesetz, § 2 Rz 2a, 13b, §
3 Rz 67, 68, 74, § 8 Rz 8a, 8b; Halaczinsky, UVR 2016, 364;
Beyme, Agrarbetrieb 2017, 39, 40). Die durch die
Zulassungsbehörde in den Fahrzeugpapieren dokumentierte
Feststellung bezüglich Fahrzeugklasse und Aufbauart stellt
damit einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 der
Abgabenordnung (AO) dar (bereits bisher zur Schadstoffklasse,
BFH-Urteil vom 17.10.2006 VII R 13/06, BFHE 215, 562, BStBl II
2007, 134 = SIS 07 00 13, unter II.4.b), an den die Zollverwaltung
bei der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer gemäß §
182 Abs. 1 Satz 1 AO gebunden ist, soweit keine anderweitige
Regelung getroffen wird (vgl. z.B. § 18 Abs. 12 KraftStG).
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b) Eigenständige Regelungen zur
Bestimmung von Zugmaschinen und Sattelzugmaschinen enthält das
KraftStG nicht (s. Strodthoff, a.a.O., § 3 Rz 68).
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2. Die Zulassungsbehörden stellen die
Fahrzeugklasse und die Aufbauart entsprechend dem
„Verzeichnis zur Systematisierung von Kraftfahrzeugen und
ihren Anhängern“ des Kraftfahrtbundesamts
(KBA-Verzeichnis) fest. Das KBA-Verzeichnis dient der einheitlichen
Erfassung der gemäß § 6 Abs. 7 Nr. 1 und Nr. 7
Buchst. a der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum
Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV - ) in
den Fahrzeugregistern zu speichernden und in den Fahrzeugpapieren
zu erfassenden Daten (Dauer in Hentschel/König/Dauer,
Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 11 FZV Rz 4,
§ 12 FZV Rz 8; KBA-Verzeichnis, S. 7). Die
Zulassungsbehörden unterscheiden demnach zwischen den
Fahrzeugklassen 87 „Zugmaschine“, 88
„Sattelzugmaschine“, 89
„LOF.Zugmaschine“ und 90
„LOF.Sattelzugmaschine“ (KBA-Verzeichnis, S.
46).
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3. Kraftfahrzeugsteuerrechtlich wird in §
3 Nr. 7 KraftStG lediglich zwischen
„Zugmaschine“ und
„Sattelzugmaschine“, als deren Unterfall,
unterschieden. Das zulassungsrechtliche Merkmal
„LOF“ hat über die zulassungs- und
verkehrsrechtliche Bedeutung hinaus (z.B.
Agrardiesel-Rückvergütung, Sonntagsfahrverbot,
EU-Kontrollgerät - vgl. Höner, top agrar 10/2016, S. 86)
keine kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bedeutung.
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a) Dementsprechend unterfallen dem
kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Begriff der
„Zugmaschine“ i.S. des § 3 Nr. 7 Satz 1 1.
Alternative KraftStG alle Fahrzeuge, die von der
Zulassungsbehörde in den Fahrzeugklassen 87
„Zugmaschine“, 88
„Sattelzugmaschine“, 89
„LOF.Zugmaschine“ oder 90
„LOF.Sattelzugmaschine“ zugelassen wurden.
Ausgenommen von der Steuerbefreiung sind
„Sattelzugmaschinen“, worunter alle Fahrzeuge
fallen, die von der Zulassungsbehörde in den Fahrzeugklassen
als 88 „Sattelzugmaschine“ oder 90
„LOF.Sattelzugmaschine“ zugelassen wurden (so
auch Strodthoff, a.a.O., § 3 Rz 74; Vaupel, LAND&Forst
9/2017, S. 41 f.; Höner, top agrar 10/2016, S. 86).
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b) An der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen
Differenzierung zwischen „Zugmaschine“ und
„Sattelzugmaschine“ ändert auch die
zulassungsrechtliche Dreiteilung in § 2 Nr. 14, 15 und 16 FZV
nichts. Ansonsten wären alle „land- oder
forstwirtschaftliche Zugmaschinen“ nach § 2 Nr. 16
FZV mangels Nennung in § 3 Nr. 7 KraftStG nicht von der
Steuerbefreiung erfasst.
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c) Die Unterscheidung zwischen
„Zugmaschine“ und
„Sattelzugmaschine“ bedarf entgegen der
Vorentscheidung auch keiner teleologischen Reduktion. Denn es
entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers, dass die
Steuerbefreiung „[...] nach ihrem Sinn und Zweck so weit
wie nur möglich auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft
beschränkt bleiben“ sollte (vgl. BTDrucks IV/1690).
Im Interesse dieser Beschränkung sollten Sattelzugmaschinen
und Sattelanhänger ausdrücklich von der Befreiung
ausgeschlossen sein, da diese auch anderweitig, insbesondere im
Güterkraftverkehrsgewerbe und in Gewerbebetrieben auf dem
Gebiet der Land- und Forstwirtschaft verwendbar sind (vgl. 25.
Subventionsbericht vom 27.8.2015, BTDrucks 18/5940, S. 240). Diese
Verwendung selbst steht aber nicht in einem unmittelbaren
Zusammenhang mit dem eigentlichen landwirtschaftlichen Betrieb,
sondern kann z.B. auch von einem Handelsbetrieb veranlasst werden
und rechtfertigt somit keine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer
(BFH-Urteil vom 22.6.2004 VII R 42/03, BFHE 206, 383, BStBl II
2004, 903 = SIS 04 35 05, unter II.1.).
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4. Das FG-Urteil entspricht nicht diesen
vorgenannten Grundsätzen und ist daher aufzuheben (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Entgegen
der Vorentscheidung unterfallen von der Zulassungsbehörde in
der Fahrzeugklasse 90 als
„LOF.Sattelzugmaschinen“ eingruppierte Fahrzeuge
als „Sattelzugmaschine“ nicht der
Steuerbefreiung in § 3 Nr. 7 Satz 1 1. Alternative KraftStG.
Die Sache ist spruchreif, die Klage ist abzuweisen. Denn im
vorliegenden Fall handelt es sich nach den Feststellungen des FG um
eine solche von der Steuerbefreiung ausgenommene Sattelzugmaschine
i.S. des § 3 Nr. 7 Satz 1 1. Alternative KraftStG.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135
Abs. 1 FGO.
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