Kfz-Steuer, Änderung wegen falschem Schadstoffschlüssel: 1. Die rückwirkende Änderung einer auf der Eingabe einer falschen Schadstoffkennziffer beruhenden zu niedrigen Kfz-Steuerfestsetzung kann nicht auf § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG gestützt werden. Bei der Zuordnung zu einer den Steuersatz bestimmenden Schadstoffklasse i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis e KraftStG handelt es sich nicht um eine Steuerermäßigung im Sinne dieser Vorschrift. - 2. Die Änderung ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 i.V.m. § 1 Abs. 2 KraftStG geboten. Die in den Fahrzeugpapieren durch eine Kennziffer dokumentierte Feststellung der Zulassungsbehörde zu den Schadstoffemissionen des Kfz stellt einen Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG dar. - 3. Die Spezialregelung des § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG schließt die Anwendbarkeit der Änderungsvorschriften der AO 1977 nicht aus. - Urt.; BFH 17.10.2006, VII R 13/06; SIS 07 00 13
I. Im Jahre 1995 wurde - nach Halterwechsel
- auf den Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ein Kfz
zugelassen. Die Zulassungsstelle übermittelte daraufhin dem
Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) im Wege der
elektronischen Datenübermittlung die für das Kfz
maßgeblichen Daten, unter anderem als
Schadstoffschlüssel die Schlüsselnummer 15. Aufgrund
einer hausinternen Hinweismitteilung mit dem Inhalt: „Fehler
153 KZ 26017 2302952? Schlüssel zur Kennzahl
unzulässig“ wurden die Daten und Kennzahlen nochmals
manuell eingegeben. Aufgrund dieser Eingaben erging der
Kraftfahrzeugsteuerbescheid.
Bei einem erneuten Datenabgleich im Jahr
2002 stellte das FA fest, dass bei der Steuerfestsetzung nicht der
Schadstoffschlüssel 15, sondern - abweichend von den Daten der
Zulassungsstelle - die Schlüsselnummer 01 zugrunde gelegt
worden war. Zur Beseitigung dieser Unstimmigkeiten setzte das FA,
gestützt auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO
1977), mit Bescheid vom 22.11.2002 die Kraftfahrzeugsteuer
rückwirkend ab dem 23.2.1998 neu fest und forderte den seitdem
zu wenig gezahlten Betrag nach. Mit weiterem Bescheid vom
27.11.2002 wurde diese Festsetzung gemäß § 12 Abs.
2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) an die
Tarifumstellung zum 1.1.2001 (Änderung des maßgeblichen
Steuersatzes gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f
KraftStG von 33,49 EUR auf 37,58 EUR) angepasst.
Den Einspruch des Klägers wies das FA
zurück, weil die Voraussetzungen für die Berichtigung
einer offensichtlichen Unrichtigkeit gemäß § 129 AO
1977 vorgelegen hätten.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Eine nach § 129 AO 1977 zu korrigierende offenbare
Unrichtigkeit liege nicht vor, vielmehr sei die Eingabe der
falschen Schlüsselnummer dem Bereich der unterlassenen
Sachverhaltsaufklärung zuzuordnen, weil sich den Akten nicht
entnehmen lasse, aufgrund welcher Erkenntnisse die Bearbeiterin
manuell die Schlüsselnummer 01 eingegeben oder dass sie sich
überhaupt um den Erhalt der bei der Zulassungsbehörde
erfassten Schlüsselnummer bemüht habe. Da sich in den
Akten auch keinerlei Hinweis darauf befinde, dass die
Schlüsselnummer richtigerweise mit der Zahl 15 zu erfassen
gewesen wäre, sei die Unrichtigkeit auch nicht offenbar i.S.
des § 129 AO 1977. Die rückwirkende
Kraftfahrzeugsteueränderung könne auch nicht auf §
175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 gestützt werden, denn bei der
Feststellung des Schadstoffschlüssels durch die
Zulassungsbehörde handele es sich nicht um einen
Grundlagenbescheid. Die Entscheidung ist in EFG 2006, 1539 = SIS 06 28 22 veröffentlicht.
Mit seiner Revision macht das FA geltend,
die Entscheidung des FG verstoße gegen Bundesrecht. Das FG
gehe zu Unrecht und im Widerspruch zur Entscheidung des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.8.1986 VII B 107/86 (BFHE 147, 276,
BStBl II 1986, 865 = SIS 86 20 07) davon aus, dass die
Voraussetzungen für die Änderung nach § 175 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 AO 1977 nicht vorlägen, denn die Feststellung des
Schadstoffschlüssels durch die Zulassungsbehörde sei als
Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 zu werten.
Abgesehen davon habe das FG übersehen, dass § 12 Abs. 2
Nr. 2 KraftStG die rückwirkende
Kraftfahrzeugsteueränderung im Streitfall rechtfertige. Diese
Änderungsnorm gestatte die fehlerbeseitigende Änderung
einer Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung ohne Rücksicht auf das
Entstehen des jeweiligen Fehlergrundes und ermögliche es, die
irrtümlich gewährte Steuerermäßigung
rückwirkend - innerhalb der Grenzen der
Festsetzungsverjährung - zu ändern.
Der Kläger hält die Entscheidung
des FG für zutreffend und ist im Übrigen der Auffassung,
dass die Vorschriften des § 12 Abs. 2 Nr. 2 und 4 KraftStG
Spezialvorschriften zu den allgemeinen Änderungsvorschriften
der AO 1977 darstellten. Im Streitfall lägen allerdings die
Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG nicht vor, da
dem FA bei Erlass des ursprünglichen Bescheides bekannt
gewesen sei, dass die Voraussetzungen für eine
Kraftfahrzeugsteuerermäßigung fehlten. Der Streitfall
stelle einen Anwendungsfall des § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG
dar, der eine rückwirkende Änderung des
Kraftfahrzeugsteuerbescheides nicht ermögliche.
II. Die Revision ist begründet. Sie
führt unter Aufhebung des FG-Urteils zur Abweisung der Klage.
Das Urteil des FG verstößt gegen Bundesrecht (§ 118
Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FA war nach
§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 171 Abs. 10 AO 1977 i.V.m.
§ 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG berechtigt, den
Kraftfahrzeugsteuerbescheid wegen Berücksichtigung einer
falschen Schadstoffklasse rückwirkend zu berichtigen.
1. Entgegen der Auffassung des FA war es nicht
schon nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG zu der vorgenommenen
Korrektur berechtigt. Danach ist die Steuer neu festzusetzen, wenn
nachträglich festgestellt wird, dass die Voraussetzungen
für eine Steuerbefreiung, eine Steuerermäßigung
oder die Nichterhebung der Steuer für
Kraftfahrzeuganhänger nicht vorgelegen haben oder nicht
vorliegen. Nach ständiger Senatsrechtsprechung wird mit dieser
Vorschrift die rückwirkende Berichtigung einer - auch
rechtsirrig vorgenommenen - im Nachhinein als rechtsfehlerhaft
erkannten Steuerfestsetzung ermöglicht (Senatsurteile vom
5.10.2004 VII R 73/03, BFHE 208, 303, BStBl II 2005, 222 = SIS 05 08 90; vom 21.1.1999 VII R 58/98, BFH/NV
1999, 1127 = SIS 98 60 40; vom 20.8.1985 VII R 182/82, BFHE 144,
465, BStBl II 1985, 716 = SIS 85 22 39).
Bei der Zuordnung zu einer den Steuersatz
bestimmenden Schadstoffklasse i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 2
Buchst. a bis e KraftStG handelt es sich jedoch nicht um eine
Steuerermäßigung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 2
KraftStG. Das Ausmaß der Schadstoff- und
Kohlendioxidemissionen bildet vielmehr neben dem Hubraum bei PKW
die Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer (§ 8
Nr. 1 KraftStG).
Zwar hat das FG des Saarlandes im Urteil vom
10.12.1992 2 K 17/89 (EFG 1993, 608, unter II. 5. b) den
günstigeren niedrigeren Steuersatz für schadstoffarme PKW
als Ausnahme von den ansonsten höheren gewöhnlichen
Steuersätzen und damit in der Sache als eine (bedingten)
schadstoffarmen PKW gesetzlich gewährte
Steuerermäßigung verstanden. Diese Erwägungen
können aber auf den vorliegenden Streitfall nicht
übertragen werden, denn die Entscheidung des FG des Saarlandes
ist zum KraftStG 1979 in der Fassung des Gesetzes über
steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen
Personenkraftwagens vom 22.5.1985 (BGBl I 1985, 784) ergangen. Nach
§ 8 Nr. 1 KraftStG in jener Fassung war die
Bemessungsgrundlage für die Kraftfahrzeugsteuer bei PKW allein
durch deren Hubraum definiert. Die Formulierung
„Die Steuer bemißt sich
1.
|
bei Krafträdern und Personenkraftwagen
nach dem Hubraum, soweit diese Fahrzeuge durch Hubkolbenmotoren
angetrieben werden, bei Personenkraftwagen mit Hubkolbenmotoren
zusätzlich nach Schadstoffemissionen und
Kohlendioxidemissionen; ...“
|
ist erst durch Art. 1 Nr. 6 Buchst. a des
Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetzes 1997 vom 18.4.1997 (BGBl
I 1997, 805) mit Wirkung vom 1.7.1997 in das KraftStG aufgenommen
worden. Daraus ergibt sich nunmehr, dass die in § 9 Abs. 1 Nr.
2 KraftStG aufgeführten Steuersätze schadstofforientierte
Regelsätze und keine Steuerermäßigungen
darstellen.
In § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG ordnet das
Gesetz die Schadstoffemissionen selbst den Besteuerungsgrundlagen
zu, indem es neben der zulassungsbehördlichen Beurteilung
dieser Emissionen auch die „anderer Besteuerungsgrundlagen
technischer Art“ für verbindlich erklärt.
Auch aus dem Kontext der Regelung des §
12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG folgt, dass eine günstige
Schadstoffklasse keine Steuerermäßigung bewirkt und
dementsprechend die nachträgliche Feststellung einer zu
günstigen Einordnung nicht unter diese Regelung fällt. So
ist die aus einer Änderung der Bemessungsgrundlage zu
ziehende Konsequenz - die Neufestsetzung der Steuer - in § 12
Abs. 2 Nr. 1 KraftStG geregelt; von der Berichtigung einer
fehlerhaften Bemessungsgrundlage ist nicht die Rede. Fehler
bei der Steuerfestsetzung finden Berücksichtigung nach §
12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG und § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG
(i.d.F. des Art. 3 Nr. 6 Buchst. a des Zerlegungs- und
Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetzes vom 6.8.1998, BGBl I
1998, 1998, m.W. vom 12.8.1998), wobei Nr. 2 konkret die
Fehlerbehebung bei Steuerbefreiung, Steuerermäßigung und
Nichterhebung der Steuer für Kraftfahrzeuganhänger
regelt, während Nr. 4 als umfassende Berichtigungsnorm
für „aufgrund von unklaren Sachverhalten (ergangene)
falsche Steuerbescheide“ für nötig befunden
wurde (so der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und
Ergänzung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes 1997, BTDrucks
13/10151, unter A. 3.). Daraus wird deutlich, dass in § 12
Abs. 2 Nr. 2 KraftStG die speziellen Regelungen im KraftStG selbst
angesprochen sind, nämlich die Ausnahmen von der Besteuerung
(Steuerbefreiung) in § 3, § 3a Abs. 1, § 3b und
§ 3d KraftStG die Steuerermäßigung in § 3a
Abs. 2 KraftStG (die Herabsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für
Fahrzeuge, die für bestimmte schwerbehinderte Personen
zugelassen sind) und die Sonderregelungen für
Kraftfahrzeuganhänger in § 10 Abs. 1 KraftStG. Einer
entsprechenden Anwendung auf Sachverhalte, in denen aus anderen
Gründen betragsmäßig eine Ermäßigung der
Steuer im Streit ist, ist die Regelung als lex specialis nicht
zugänglich.
Soweit der Senat § 12 Abs. 2 Nr. 2
KraftStG angewendet und eine Neufestsetzung zur Beseitigung von
Rechtsfehlern auch für die Vergangenheit für möglich
und geboten gehalten hat, hatte er stets über die Berichtigung
einer rechtsfehlerhaften Freistellung zu urteilen (Urteile vom
16.11.2004 VII R 16/04, BFHE 207, 376, BStBl II 2005, 186 = SIS 05 08 30; in BFHE 208, 303, BStBl II 2005, 222 = SIS 05 08 90; in
BFH/NV 1999, 1127 = SIS 98 60 40; in BFHE 144, 465, BStBl II 1985,
716 = SIS 85 22 39). Zur Anwendbarkeit der Regelung bei
Berücksichtigung eines falschen Schadstoffschlüssels
liegt bislang keine höchstrichterliche Entscheidung vor.
2. § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG scheidet
als Rechtsgrundlage für die rückwirkende Korrektur des
streitigen Kraftfahrzeugsteuerbescheides schon deshalb aus, weil
Anlass für die Neufestsetzung nicht eine Änderung der
Bemessungsgrundlage, sondern die bisherige Berücksichtigung
einer falschen Bemessungsgrundlage, der Schadstoffklasse mit der
Kennziffer 01 statt 15, war.
3. Auch § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG kommt
als Änderungsnorm nicht in Betracht. Danach ist zwar die
Neufestsetzung zur Beseitigung eines (beliebigen) Fehlers der
bisherigen Festsetzung zulässig, jedoch frühestens vom
Beginn des Entrichtungszeitraums an, in dem der Steuerbescheid
erteilt wird, wenn die Berichtigung zu einer Erhöhung der
Steuer führt. Im Streitfall geht es aber gerade um die Frage,
ob die rückwirkende Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer -
innerhalb der durch die Festsetzungsverjährung gezogenen
Grenzen - rechtmäßig ist.
4. In Ermangelung einer speziellen
Änderungsvorschrift im KraftStG, richtet sich die
Rechtmäßigkeit der streitbefangenen
Änderungsbescheide nach den Vorschriften der AO 1977 (§ 1
Abs. 2 KraftStG).
a) Es kann offenbleiben, ob das FG die
Voraussetzungen für die Änderung des
Kraftfahrzeugsteuerbescheides wegen offensichtlicher Unrichtigkeit
nach § 129 AO 1977 zu Recht verneint hat. Zweifel gründen
darin, dass das FG die Eintragung der falschen Schlüsselnummer
dem Bereich der unterlassenen Sachaufklärung zugeordnet hat,
die ein rein mechanisches Versehen ausschließt. Nach der
Sachverhaltsdarstellung im Urteil, die auch die
Einspruchsentscheidung einschließt, bleibt unklar, was das FG
zu der Annahme veranlasst hat, die Sachbearbeiterin habe sich bei
der Neueingabe der Zulassungsdaten aufgrund der Hinweismitteilung
im Jahr 1995 um die Aufklärung der zutreffenden
Schadstoffkennziffer bei der Zulassungsbehörde bemühen
müssen. Die Hinweismitteilung betraf - wovon wohl auch das FG
ausgeht - nicht diese Kennziffer. Dem Urteil ist nicht zu
entnehmen, dass die Sachbearbeiterin ihr Augenmerk anlässlich
der Bearbeitung der Fehlermeldung noch auf andere als die gemeldete
Kennziffer gerichtet hat oder hätte richten müssen.
Deshalb ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen
ausgerechnet hinsichtlich der - nicht beanstandeten -
Schadstoffkennziffer Sachverhaltsaufklärung hätte
betrieben werden müssen.
Der Senat ist einer Entscheidung darüber,
ob die Sache mangels Nachvollziehbarkeit der aus dem festgestellten
Sachverhalt gezogenen Schlussfolgerungen an das FG
zurückzuverweisen ist (vgl. Gräber/Ruban,
Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 55), enthoben, denn
die Sache ist anderweitig spruchreif.
b) Das FA war zur rückwirkenden
Änderung der Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung - unter Einhaltung
der Frist für die Festsetzungsverjährung wie geschehen -
gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 nicht nur
berechtigt, sondern, da es sich um eine gebundene Entscheidung
handelt, verpflichtet (so auch FG München, Urteil vom
25.7.1994 4 K 2609/93, EFG 1995, 41). Nach dieser Vorschrift ist
ein Steuerbescheid zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid
i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977, dem Bindungswirkung für
diesen Steuerbescheid zukommt, erlassen, aufgehoben oder
geändert wird.
Die in den Fahrzeugpapieren unter
„Ziff. 1 Fahrzeug- und Ausbauart an Stelle 5 und
6“ der dort aufgeführten Schlüsselnummer durch
eine zweistellige Kennnummer dokumentierte Feststellung der
Zulassungsbehörde zu den Schadstoffemissionen des Kfz stellt -
wie der Senat bereits entschieden hat (BFH-Beschluss in BFHE 147,
276, BStBl II 1986, 865 = SIS 86 20 07, m.w.N.) - einen
Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO 1977 dar. Nach
dieser Vorschrift ist einzige Voraussetzung für einen
Grundlagenbescheid, dass ein anderer Verwaltungsakt für die
Festsetzung einer Steuer bindend ist. Gemäß § 2
Abs. 2 Satz 2 KraftStG sind bei PKW für die Beurteilung der
Schadstoffemissionen und der Kohlendioxidemissionen, für die
Beurteilung als schadstoffarm und für die Beurteilung anderer
Besteuerungsgrundlagen technischer Art die Feststellungen der
Zulassungsbehörde verbindlich.
Zwar hat es der Senat im Urteil vom 15.5.1990
VII R 78/89 (BFH/NV 1991, 123) im Hinblick auf eine
differenzierende Betrachtungsweise in der Literatur
(Ziemer/Haarmann/Lohse/ Beermann, Rechtsschutz in Steuersachen, Bd.
3, Tz. 5320/104) dahinstehen lassen, ob die verkehrsrechtliche
Einstufung als Grundlagenbescheid i.S. des § 171 Abs. 10 AO
1977 zu beurteilen ist oder ob die Bindung an diese Einstufung aus
der so genannten Tatbestandswirkung der Feststellung der
Fachbehörde herrührt. Damit hat er aber seine
frühere Rechtsprechung nicht aufgegeben. An ihr ist auch
weiterhin festzuhalten (so auch FG Baden-Württemberg,
Beschluss vom 10.4.2001 3 V 13/00, Deutsches Autorecht 2002, 428 =
SIS 01 83 67, FG Köln, Urteil vom 15.11.2000 6 K 2452/00, UVR
2001, 155 = SIS 01 74 28). Den Einwendungen gegen die Einordnung
eines rechtswegfremden Verwaltungsaktes als Grundlagenbescheid ist
schon deshalb nicht zu folgen, weil sie im Widerspruch zu dem
offenen Wortlaut des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO 1977
(„oder ein anderer Verwaltungsakt“) stehen. Im
Übrigen ist für eine Vielzahl rechtswegfremder Bescheide
unbestritten, dass sie Grundlagenbescheide i.S. des § 171 Abs.
10 AO 1977 sind (z.B. die Feststellung des Versorgungsamtes nach
dem Schwerbehindertengesetz, die Genehmigung zum
Güterfernverkehr; weitere Nachweise in Klein/Rüsken, AO,
9. Aufl., § 175 Rz. 17).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist
die Änderung eines Steuerbescheides unabhängig vom
Zeitpunkt des Bekanntwerdens der im Grundlagenbescheid getroffenen
Feststellungen so lange zwingend geboten, bis der
Grundlagenbescheid „richtig“ umgesetzt ist. Das
bedeutet, dass auch Fehler, die bei der Auswertung eines
Grundlagenbescheides im Folgebescheid unterlaufen sind,
nachträglich richtig zu stellen sind (BFH-Urteil vom 29.6.2005
X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749 = SIS 05 40 15, m.w.N.). Eine
zeitliche Einschränkung für die Anwendung des § 175
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 ergibt sich lediglich aus den
Vorschriften über die Festsetzungsverjährung bzw.
Feststellungsverjährung (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 4.9.1996 XI
R 50/96, BFHE 181, 388, BStBl II 1997, 261 = SIS 97 07 40;
Klein/Rüsken, a.a.O., § 175 Rz. 20, 21; von
Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 175 Rz. 17 ff.).
Nach diesen Grundsätzen war die vom
Kläger angefochtene rückwirkende Änderung der
Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung rechtmäßig, denn infolge
der Änderung ist die Kraftfahrzeugsteuer entsprechend der von
der Zulassungsstelle festgestellten Schadstoffstufe nach § 9
Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f KraftStG für die Zeit ab 23.2.1998
(für Zeiträume davor war unstreitig
Festsetzungsverjährung eingetreten) festgesetzt worden.