Die Revision der Klägerin gegen das
Urteil des Finanzgerichts München vom 8.6.2016 3 K 3557/13
wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die
Klägerin zu tragen.
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I. Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) vermietete im Streitjahr
2011 im eigenen Namen Häuser im Inland sowie in
Österreich und Italien zu Urlaubszwecken an Privatkunden. Sie
mietete diese ihrerseits für die Zeiträume der eigenen
Vermietung von dem jeweiligen Eigentümer an. Die
Kundenbetreuung vor Ort erfolgte durch die jeweiligen
Eigentümer oder deren Beauftragte. Zu den Leistungen
gehörte neben der Bereitstellung der Unterkunft typischerweise
auch die Reinigung der Unterkunft sowie gegebenenfalls ein
Wäsche- und Semmelservice.
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Die Klägerin berechnete die Steuer
nach der sogenannten Margenbesteuerung des § 25 des
Umsatzsteuergesetzes (UStG) unter Anwendung des Regelsteuersatzes.
Mit Schreiben vom 6.5.2013 beantragte sie die Änderung der
Steuerfestsetzung und die Anwendung des ermäßigten
Steuersatzes. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -
FA - ) lehnte dies ebenso wie das Finanzgericht (FG) ab. Das FG
begründete dies damit, dass unter Berücksichtigung der
Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH)
zu Art. 26 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern 77/388/EWG und zu der später in Kraft
getretenen Richtlinie des Rates vom 28.11.2006 über das
gemeinsame Mehrwertsteuersystem 2006/112/EG (MwStSystRL) die
sogenannte Margenbesteuerung für Reiseleistungen nach §
25 UStG im Streitfall anzuwenden sei. Die zusätzliche
Anwendung des ermäßigten Steuersatzes komme nicht in
Betracht, da die Reiseleistung des § 25 UStG nicht im Katalog
der Steuersatzermäßigungen des § 12 Abs. 2 UStG
genannt sei.
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Hiergegen richtet sich die Revision der
Klägerin, mit der sie geltend macht, dass im Rahmen der
Margenbesteuerung der ermäßigte Steuersatz anzuwenden
sei.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil des
FG aufzuheben und die Umsatzsteuer 2011 unter Änderung des
Umsatzsteuerbescheids vom 13.3.2013 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 6.11.2013 auf 377,74 EUR
festzusetzen.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Das FG habe zutreffend entschieden.
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Im Revisionsverfahren hat der erkennende
Senat mit Beschluss vom 3.8.2017 V R 60/16 (BFHE 258, 558, BStBl II
2018, 37 = SIS 17 16 21) den EuGH um Vorabentscheidung zur
Klärung folgender Fragen zur Auslegung der MwStSystRL
ersucht:
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„1. Unterliegt eine Leistung, die im
Wesentlichen in der Überlassung einer Ferienwohnung besteht
und bei der zusätzliche Leistungselemente nur als Neben- zur
Hauptleistung anzusehen sind, entsprechend dem EuGH-Urteil Van
Ginkel vom 12.11.1992 C-163/91 (EU:C:1992:435) der Sonderregelung
für Reisebüros nach Artikel 306 MwStSystRL?
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2. Bei Bejahung der Frage zu 1.: Kann diese
Leistung neben der Sonderregelung für Reisebüros nach
Artikel 306 MwStSystRL zusätzlich auch der
Steuersatzermäßigung für die Beherbergung in
Ferienunterkünften im Sinne von Artikel 98 Absatz 2 MwStSystRL
in Verbindung mit Anhang III Nummer 12 unterliegen.“
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Hierzu hat der EuGH in seinem Urteil
Alpenchalets Resorts vom 19.12.2018 C-552/17 = SIS 18 20 98
(EU:C:2018:1032) wie folgt geantwortet:
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„1. Die Art. 306 bis 310 der
Richtlinie 2006/112/EG ... sind dahin auszulegen, dass die
bloße Überlassung einer von anderen Steuerpflichtigen
angemieteten Ferienwohnung durch ein Reisebüro oder eine
solche Überlassung einer Ferienwohnung mit zusätzlichen,
als Nebenleistungen einzustufenden Leistungselementen
unabhängig von dem Stellenwert dieser zusätzlichen
Leistungen jeweils eine einheitliche Leistung darstellt, die der
Sonderregelung für Reisebüros unterliegt.
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2. Art. 98 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112
ist dahin auszulegen, dass die in der Beherbergung in
Ferienunterkünften bestehende Dienstleistung von
Reisebüros, die unter Art. 307 der Richtlinie fällt,
nicht dem ermäßigten Steuersatz oder einem der
ermäßigten Steuersätze im Sinne von Art. 98 Abs. 2
der Richtlinie unterliegen kann.“
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Die Klägerin weist hierzu darauf hin,
dass nach dem EuGH-Urteil bereits dann eine Einordnung als
Reiseveranstalter zu erfolgen habe, wenn Vorleistungen in Anspruch
genommen werden. Nicht entschieden habe der EuGH aber, unter
welchen Voraussetzungen ein Reisebüro vorliege. Sie erbringe
keine Reiseleistungen. Die bloße Vermietung könne
hierfür nicht ausreichen. Der ermäßigte Steuersatz
sei anzuwenden. Es könnten nicht alle Kettengeschäfte
unter die Sonderregelung fallen. Die Sonderregelung sei auf die
Erbringung einer einzelnen Leistung durch einen anderen Unternehmer
als ein Reisebüro nicht anzuwenden. Hierfür sprächen
Wortlaut, Sinn und Zweck sowie eine historische Auslegung. Es
müsse eine Leistung durch einen Reiseveranstalter
vorliegen.
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Das FA verweist auf das Urteil des
EuGH.
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II. Die Revision der Klägerin ist
unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2
der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Klägerin hat mit der
Vermietung von Ferienwohnungen, die sie von anderen Unternehmern
angemietet hat, Leistungen erbracht, die der Margenbesteuerung nach
§ 25 UStG unter Anwendung des Regelsteuersatzes
unterliegen.
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1. Im Streitfall ist § 25 UStG
anzuwenden.
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a) Nach § 25 Abs. 1 UStG gelten die
nachfolgenden Vorschriften für Reiseleistungen eines
Unternehmers, die nicht für das Unternehmen des
Leistungsempfängers bestimmt sind, soweit der Unternehmer
dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen
auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die Leistung des
Unternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der
Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise
mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche
sonstige Leistung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich
nach § 3a Abs. 1 UStG. Reisevorleistungen sind Lieferungen und
sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugute
kommen.
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Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 306 Abs.
1 MwStSystRL. Danach wenden die Mitgliedstaaten auf Umsätze
von Reisebüros die Mehrwertsteuer-Sonderregelung dieses
Kapitels an, soweit die Reisebüros gegenüber dem
Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchführung der
Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen
anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Diese Sonderregelung
gilt nicht für Reisebüros, die lediglich als Vermittler
handeln und auf die zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage
Art. 79 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL anzuwenden ist.
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b) Hierzu hat der EuGH in seinem Urteil Alpenchalets Resorts
(EU:C:2018:1032, Leitsatz 1) entschieden, dass nach Art. 306 ff.
MwStSystRL die bloße Überlassung einer von anderen
Steuerpflichtigen angemieteten Ferienwohnung durch ein
Reisebüro oder eine solche Überlassung einer
Ferienwohnung mit zusätzlichen, als Nebenleistungen
einzustufenden Leistungselementen unabhängig von dem
Stellenwert dieser zusätzlichen Leistungen jeweils eine
einheitliche Leistung darstellt, die der Sonderregelung für
Reisebüros unterliegt.
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Der EuGH hat dies ausdrücklich damit
begründet, dass er entgegen den Bedenken, die der erkennende
Senat in seinem Vorlagebeschluss in BFHE 258, 558, BStBl II 2018,
37 = SIS 17 16 21 formuliert hat, an seiner bisherigen
Rechtsprechung zu dieser Sonderregelung festhält.
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Würden vom Anwendungsbereich von Art. 306
MwStSystRL Leistungen eines Reisebüros allein deswegen
ausgeschlossen, weil sie nur die Unterkunft umfassen, so
führte das zu einer komplexen steuerlichen Regelung, in der
die anwendbaren Mehrwertsteuervorschriften davon abhingen, welche
Bestandteile die dem Reisenden angebotenen Leistungen umfassten.
Eine solche Steuerregelung widerspräche den Zielen der
Richtlinie (EuGH-Urteil Alpenchalets Resorts, EU:C:2018:1032, Rz
25). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
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c) Nach Maßgabe dieser Rechtsprechung
unterliegt die Klägerin entgegen ihren Einwendungen somit als
Reisebüro i.S. von Art. 306 MwStSystRL der Margenbesteuerung,
da sie eine Anmietung von Unterkünften an Ferienorten
ermöglichte. Der EuGH ist auf die gegen die Anwendung der
Sonderregelung bestehenden Bedenken nicht eingegangen. Es liegen
auch keine Anhaltspunkte für Leistungsbezüge von
Nichtunternehmern vor (EuGH-Urteil Alpenchalets Resorts,
EU:C:2018:1032, Rz 22).
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2. Die Steuersatzermäßigung nach
§ 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG kommt nicht in Betracht.
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a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG
ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Vermietung
von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur
kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die
kurzfristige Vermietung von Campingflächen.
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Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist
Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL. Danach können die Mitgliedstaaten
einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden. Die
ermäßigten Steuersätze sind gemäß Art.
98 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL nur auf die Lieferungen von
Gegenständen und die Dienstleistungen der in Anhang III
genannten Kategorien anwendbar. Anhang III Nr. 12 zur MwStSystRL
bezieht sich dabei auf die Beherbergung in Hotels und
ähnlichen Einrichtungen, einschließlich der Beherbergung
in Ferienunterkünften, und Vermietung von Campingplätzen
und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen.
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b) Hierzu hat der EuGH in seinem Urteil
Alpenchalets Resorts (EU:C:2018:1032, Leitsatz 2) entschieden, dass
nach Art. 98 Abs. 2 MwStSystRL die in der Beherbergung in
Ferienunterkünften bestehende Dienstleistung von
Reisebüros, die unter Art. 307 MwStSystRL fällt, nicht
dem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann. Dem
schließt sich der erkennende Senat an.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 2 FGO.
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