Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil
des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.4.2015 10 K 10044/12 =
SIS 15 16 89 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu
tragen.
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) ist deutscher Staatsbürger, der in der
Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) lebt und Leistungen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht. Seine 2007
geborene Tochter A lebt im Haushalt der von dem Kläger dauernd
getrennt lebenden Kindsmutter in Litauen. Die Kindsmutter ist
litauische Staatsangehörige und war im Streitzeitraum nicht
erwerbstätig.
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Nachdem die Rechtsvorgängerin der
Beklagten und Revisionsklägerin (die Familienkasse)
zunächst Kindergeld für A festgesetzt hatte, hob sie die
Festsetzung mit Bescheid vom Dezember 2011 ab Januar 2012 auf, da
die Kindsmutter einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe. Den
dagegen eingelegten Einspruch des Klägers wies die
Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom Februar 2012
zurück. Der Kläger erhob daraufhin Klage. Im Juni 2012
legte er ein Schreiben der Kindsmutter vor, in dem sie den
Kläger bevollmächtigte, sämtliche Anträge und
Handlungen für sie und A vorzunehmen, dass weiterhin
Kindergeld gewährt würde. Mit Urteil vom 22.4.2015 10 K
10044/12 gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Dagegen wendet
sich die Familienkasse mit der Revision.
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Nach Veröffentlichung des Urteils des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) Trapkowski
vom 22.10.2015 C-378/14, (EU:C:2015, 720, DStRE 2015, 1501 = SIS 15 28 09) hat der Senat den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu
dem EuGH-Urteil zu äußern. Die Familienkasse ist der
Auffassung, der EuGH habe ihren Rechtsstandpunkt
bestätigt.
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Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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Er verweist auf das Schreiben der
Kindsmutter vom Juni 2012 und ein inhaltsgleiches Schreiben vom Mai
2015.
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II. Die Revision ist begründet und
führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Abweisung der Klage
(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -
). Das FG-Urteil verletzt § 64 Abs. 2 Satz 1 des
Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung
(EStG). Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des
Kindergeldes.
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1. Der Kläger ist zwar
kindergeldberechtigt, weil er in Deutschland lebt und Vater einer
Tochter ist, die ihren Wohnsitz in Litauen hat (§ 62 Abs. 1
Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 EStG) und für die
ein Anspruch auf Kindergeld besteht (§ 32 Abs. 3 EStG). Dem
Anspruch steht nicht entgegen, dass der Kläger Leistungen nach
SGB II bezieht (vgl. BFH-Urteile vom 28.4.2016 III R 40/12, III R
50/12 = SIS 16 19 02 und III R 3/15 = SIS 16 19 05).
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Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf
Zahlung des Kindergeldes; denn mit Blick auf das Unionsrecht ist
nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG die Kindsmutter vorrangig
anspruchsberechtigt.
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a) Nach § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG wird bei
mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das
Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat.
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b) Eine Person hat nach Art. 67 Satz 1 der
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen
Sicherheit (VO Nr. 883/2004) - wie hier der Kläger nach Art. 2
Abs. 1 der VO Nr. 883/2004 - Anspruch auf Familienleistungen (wie
hier Kindergeld nach Art. 1 Buchst. z, Art. 3 Abs. 1 Buchst. j der
VO Nr. 883/2004) nach den Rechtsvorschriften des zuständigen
Mitgliedstaats (hier Deutschland gemäß Art. 11 Abs. 3
Buchst. c und e der VO Nr. 883/2004), auch für
Familienangehörige, die zwar in einem anderen Mitgliedstaat
wohnen, die aber so behandelt werden, als wohnten sie im
zuständigen Mitgliedstaat. Denn bei der Anwendung von Art. 67
und 68 der VO Nr. 883/2004 ist nach Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der
Verordnung (EG) Nr. 987/2009 (VO Nr. 987/2009) des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.9.2009 zur
Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der
Systeme der sozialen Sicherheit die Situation der gesamten Familie
in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle
Beteiligten - insbesondere was das Recht zur Erhebung eines
Leistungsanspruchs anbelangt - unter die Rechtsvorschriften des
betreffenden Mitgliedstaats (hier: Deutschland) fallen und dort
wohnen (dazu eingehend EuGH-Urteil Trapkowski, EU:C:2015:720, DStRE
2015, 1501 = SIS 15 28 09).
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Diese Fiktion führt dazu, dass der
Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im
EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in
seinen Haushalt aufgenommen hat (vgl. dazu im Einzelnen BFH-Urteil
vom 4.2.2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612 = SIS 16 11 20).
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c) So verhält es sich im Streitfall: A
lebt im Haushalt der ebenfalls kindergeldberechtigten Kindsmutter,
so dass der Kläger keinen Anspruch auf Auszahlung des
Kindergeldes hat. Aus der von der Kindsmutter dem Kläger
erteilten Vollmacht ergibt sich nichts anderes.
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aa) Der Kläger dürfte aufgrund
dieser Vollmacht zwar möglicherweise als Bevollmächtigter
(§ 80 der Abgabenordnung - AO - ) einen Kindergeldanspruch der
Klägerin geltend machen. Darauf kommt es aber im Streitfall
nicht an. Denn der Kläger hat Kindergeld nicht im Namen der
Kindsmutter, sondern in eigenem Namen beantragt.
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bb) Zu einem Antrag in eigenem Namen konnte
ihn die Kindsmutter nicht wirksam ermächtigen.
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(1) Bei mehreren Berechtigten (Eltern) ist das
Kindergeld an denjenigen zu zahlen, in dessen Haushalt das Kind
aufgenommen ist, auch wenn die Berechtigten zivilrechtlich etwas
anderes vereinbart haben (BFH-Beschluss vom 10.11.1998 VI B 125/98,
BFHE 187, 477, BStBl II 1999, 137 = SIS 99 03 09). Durch
zivilrechtliche Vereinbarungen, auch wenn sie durch gerichtlichen
Vergleich bestätigt werden, kann § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG
nicht außer Kraft gesetzt werden (BFH-Urteil vom 14.5.2002
VIII R 64/00, BFH/NV 2002, 1425 = SIS 02 97 81, unter II.3.).
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(2) Zwar kann der Anspruch auf Kindergeld als
Steuervergütung (§ 31 Satz 3 EStG) unter bestimmten
Voraussetzungen abgetreten werden (vgl. § 46 AO). Die
Abtretung erfasst indes nicht die gesamte Rechtsstellung des
Kindergeldberechtigten. Übertragen werden kann nur der
Zahlungsanspruch im Auszahlungsverfahren, nicht die
Antragsberechtigung im Festsetzungsverfahren (vgl. BFH-Urteile vom
21.3.1975 VI R 238/71, BFHE 115, 413, BStBl II 1975, 669 = SIS 75 03 90, unter 2.; vom 18.8.1998 VII R 114/97, BFHE 187, 1, BStBl II
1999, 84 = SIS 99 01 35, unter II.1.b; vom 16.4.2013 VII R 44/12,
BFHE 241, 291, BStBl II 2013, 778 = SIS 13 23 14, Rz 16;
BFH-Beschluss vom 15.12.2008 VII B 155/08, BFH/NV 2009, 715 = SIS 09 12 29).
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2. Der Senat entscheidet mit
Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
(§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Satz 2 FGO).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
135 Abs. 1 FGO.
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