Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen
Teste, loggen Sie sich ein oder nutzen Sie unseren kostenlosen Test.
Sie sind bereits Abonnent der SIS-Datenbank Steuerrecht? Loggen Sie sich ein, um den vollen Zugriff auf die Dokumente zu erhalten.
Sie sind noch kein Bezieher der SIS-Datenbank Steuerrecht, wollen aber mehr erfahren oder die Datenbank testen? Hier finden Sie alle Informationen und können die Datenbank einen Monat lang kostenlos testen und erhalten Zugriff u.a. auf:
  • über 130.000 Dokumente (Urteile und Verwaltungsanweisungen)
  • umfangreiche Gesetzessammlung
  • 5 vollverlinkte Steuerhandbücher (AO, ESt/LSt, KSt, GewSt, USt)
  • viele weitere wertvolle Praxishilfen

Wirkung der Auszahlung von Kindergeld an den Sozialhilfeträger

Wirkung der Auszahlung von Kindergeld an den Sozialhilfeträger: Die Auszahlung von Kindergeld an einen Abzweigungsberechtigten führt - anders als die Zahlung an den originär Kindergeldberechtigten - nur dann zum Erlöschen des Kindergeldanspruchs, wenn der Abzweigungsbescheid bestandskräftig geworden ist. - Urt.; BFH 17.12.2015, V R 18/15; SIS 16 02 89

Kapitel:
Privatbereich > Kinder
Fundstellen
  1. BFH 17.12.2015, V R 18/15
    BStBl 2016 II S. 960
    BFH/NV 2016 S. 656
    NJW 2016 S. 1840 (nur Leitsatz)
    BFHE 252 S. 155

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 17.11.2016
    Ch. Wäger in BFH/PR 5/2016 S. 146
Normen
[FGO] § 100 Abs. 1 Satz 4
[EStG] § 74 Abs. 1 Satz 3, § 76
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG des Landes Sachsen-Anhalt, 24.02.2015, SIS 15 17 35, Kindergeld, Abzweigung, Rücknahme
Zitiert in... / geändert durch...
  • Sächsisches FG 12.4.2022, SIS 22 11 37, Aufhebung einer Abzweigung als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung: 1. Bei einem Abzweigungsbescheid handelt...
  • BFH 14.4.2021, SIS 21 13 09, Rückforderung von Kindergeld bei Auszahlung an das Kind: 1. Zahlt die Familienkasse Kindergeld rechtsgrun...

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 24.2.2015 4 K 180/13 = SIS 15 17 35 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erhielt von der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) Kindergeld für ihren schwerbehinderten Sohn. Nachdem die Beigeladene (Sozialhilfeträger) Sozialhilfe an die Klägerin gezahlt und deshalb die Abzweigung des Kindergeldes bei der Familienkasse beantragt hatte, zweigte diese mit Bescheid vom 5.7.2011 gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 76 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Hälfte des Kindergeldes (92 EUR) an den Sozialhilfeträger ab. Nachdem die Klägerin hiergegen Einspruch erhoben hatte, um weiterhin volles Kindergeld zu erhalten, stellte die Familienkasse im November 2011 die Zahlung des Kindergeldes bis zur Klärung des Streites zwischen der Klägerin und dem Sozialhilfeträger ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 30.1.2013 entschied die Familienkasse, die Abzweigung im Zeitraum Mai bis Juli 2011 auf 78 EUR zu reduzieren und ab August 2012 aufzuheben.

 

 

2

Hiergegen erhob die Klägerin Klage und beantragte zunächst, den Abzweigungsbescheid vom 5.7.2011 dahingehend zu ändern, dass ab Mai 2011 volles Kindergeld an sie zu zahlen sei. Nach einem rechtlichen Hinweis des Finanzgerichts (FG) auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18.4.2013 V R 48/11 (BFHE 241, 270, BStBl II 2013, 697 = SIS 13 19 60), wonach davon auszugehen sei, dass ein in den Haushalt aufgenommenes behindertes Kind Unterhaltsleistungen von mehr als dem Wert des Kindergeldes erhalte, gab der Sozialhilfeträger seine Forderung nach Abzweigung des Kindergeldes ab November 2011 auf und beide Beteiligten erklärten den Rechtsstreit insoweit für erledigt.

 

 

3

Hinsichtlich des Zeitraums Juli bis Oktober 2011 ging der Sozialhilfeträger jedoch davon aus, dass der Abzweigungsbescheid wegen der Auszahlung an ihn nicht mehr geändert werden könne. Zur Begründung verwies er auf das BFH-Urteil vom 26.8.2010 III R 21/08 (BFHE 231, 520, BStBl II 2013, 583 = SIS 11 01 50), wonach eine Auszahlung des Kindergeldes an den originär Kindergeldberechtigten zum Erlöschen des Anspruchs führe. Nach einem rechtlichen Hinweis des FG und der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung gab daraufhin die Klägerin ihren Verpflichtungsantrag auf und beantragte, die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Abzweigung, um eine Amtshaftungsklage gegen die Familienkasse vor dem Zivilgericht vorzubereiten.

 

 

4

Das FG gab der Feststellungsklage statt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei zulässig. Das Klagebegehren der Klägerin auf Auszahlung des gesamten Kindergeldbetrages habe sich durch die teilweise Zahlung an den Sozialhilfeträger erledigt, auch wenn die Abzweigung materiell rechtswidrig gewesen sei.

 

 

5

Hiergegen wendet sich die Familienkasse mit der Revision. Das FG habe die Fortsetzungsfeststellungsklage als unzulässig verwerfen müssen, weil eine Abzweigungsentscheidung auch nach Auszahlung des Kindergeldes noch änderbar sei, denn eine Zahlung an den falschen Empfangsberechtigten könne von diesem zurückgefordert und die Zahlung an den materiell Berechtigten nachgeholt werden. Die Klage sei als unzulässig zu verwerfen.

 

 

6

Die Familienkasse beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage als unzulässig abzuweisen, hilfsweise, die Sache an das FG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

 

 

7

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

 

8

II. Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung zur erneuten Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Das FG hat rechtsfehlerhaft die Fortsetzungsfeststellungsklage als zulässig beurteilt, da sich der angefochtene Verwaltungsakt mit der Auszahlung des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger nicht i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO „erledigt“ hat. Der Klägerin ist Gelegenheit zu geben, zu ihrem ursprünglich gestellten Antrag zurück zu kehren.

 

 

9

1. Das FG hat die Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO unzutreffend bejaht. Es ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Auszahlung von Kindergeld an den Sozialhilfeträger zur „Erledigung“ einer Klage des originär kindergeldberechtigten Elternteils auf Auszahlung des Kindergeldes führt, wenn der Abzweigungsbescheid aufgrund der Anfechtung noch geändert werden kann und infolgedessen das an den Sozialhilfeträger ausgezahlte Kindergeld an die Familienkasse zurück zu erstatten ist.

 

 

10

a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH scheidet eine Abzweigung des Kindergeldes an den Sozialhilfeträger oder an das Kind aus, wenn das Kindergeld zuvor bereits an den originär kindergeldberechtigten Elternteil tatsächlich ausgezahlt wurde. Der Kindergeldanspruch wird durch die Auszahlung erfüllt und erlischt damit (BFH-Urteile in BFHE 231, 520, BStBl II 2013, 583 = SIS 11 01 50; vom 27.10.2011 III R 16/09, BFH/NV 2012, 720 = SIS 12 10 21; BFH-Beschluss vom 2.12.2013 III S 33/13 (PKH), BFH/NV 2014, 574 = SIS 14 07 50).

 

 

11

b) Entgegen der Rechtsauffassung des FG kommt der Auszahlung von Kindergeld an einen Dritten (Sozialhilfeträger) nicht dieselbe Wirkung zu wie einer Auszahlung an den originär Kindergeldberechtigten. Denn die Erfüllungszuständigkeit für erhaltenes Kindergeld ändert sich von der Person des Kindergeldberechtigten auf einen Dritten erst dann und soweit, wie ein bestandskräftiger Abzweigungsbescheid der Familienkasse ergangen ist, bei dem es sich für den Empfänger um einen begünstigenden und für den bisher Kindergeldberechtigten um einen belastenden Verwaltungsakt mit Doppelwirkung handelt (BFH-Urteil vom 24.8.2001 VI R 83/99, BFHE 196, 278, BStBl II 2002, 47 = SIS 01 13 68; Wendl in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 74 Rz 14). Wird dieser Verwaltungsakt der Familienkasse fristgerecht durch Einspruch des Kindergeldberechtigten angefochten, kann er im Einspruchsverfahren wieder aufgehoben oder eingeschränkt werden. Dadurch wird die vormalige Erfüllungszuständigkeit des Kindergeldberechtigten wieder hergestellt. Demgemäß hat der BFH bereits entschieden, dass im Hinblick auf die Sonderregelung des § 112 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X), wonach zu Unrecht erstattete Beträge zurückzuerstatten sind, eine entsprechende Anwendung der unter II.1.a dargestellten Grundsätze bei Zahlung von Kindergeld an den originär Kindergeldberechtigten bei einer angefochtenen Abzweigungsentscheidung nicht in Betracht kommt (BFH-Urteil vom 19.9.2013 V R 25/12, BFH/NV 2014, 322 = SIS 14 03 85). Der Sozialhilfeträger hat nach erfolgreicher Anfechtung des Abzweigungsbescheides das zu Unrecht erhaltene Kindergeld an die Familienkasse gemäß § 112 SGB X zu erstatten, sodass diese das Kindergeld dem Berechtigten nachzahlen kann. Die Rechtsauffassung des FG, wonach der Kindergeldberechtigte zunächst eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Abzweigungsentscheidung vor dem FG erheben muss, um anschließend einen Schadensersatzanspruch im Wege der Amtshaftungsklage vor dem Zivilgericht nach § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches durchzusetzen und damit die Zivilgerichtsbarkeit mit Fragen der Kindergeldberechtigung zu befassen, wäre zudem schwerlich mit den Grundsätzen der Prozessökonomie zu vereinbaren.

 

 

12

2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung wegen der unzutreffenden Annahme eines Feststellungsinteresses nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO aufzuheben. Die Sache ist mangels Spruchreife an das FG zurückzuverweisen. Die Klage ist trotz des Feststellungsantrags der Klägerin nicht als unzulässig zu verwerfen, da der Wechsel vom ursprünglich gestellten Aufhebungsantrag auf den Feststellungsantrag auf Initiative des FG zustande gekommen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20.2.1990 VII R 125/89, BFHE 159, 573, BStBl II 1990, 546 = SIS 90 12 52; Gräber, Kommentar zur FGO, § 56 Rz 20).

 

 

13

3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens wird dem FG übertragen (§ 143 Abs. 2 FGO).