Das Bundesministerium der Finanzen wird zum
Beitritt aufgefordert.
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I. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom
20.5.2010 wurde die ... GmbH (GmbH) auf die Klägerin und
Revisionsbeklagte (Klägerin), ebenfalls eine GmbH,
verschmolzen. Alleinige Gesellschafterin der beiden Gesellschaften
war seit Jahrzehnten eine gemeinnützige Stiftung. Die
Verschmelzung wurde am 6.7.2010 in das Handelsregister eingetragen.
Mit der Verschmelzung ging eine Vielzahl von in verschiedenen
Finanzamtsbezirken gelegenen Grundstücken auf die
Klägerin über.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt - FA - ) stellte die Besteuerungsgrundlagen für die
Grunderwerbsteuer gemäß § 17 des
Grunderwerbsteuergesetzes in der im Jahr 2010 geltenden Fassung
(GrEStG) gesondert fest. Die Steuerbegünstigung nach § 6a
GrEStG gewährte das FA nicht, da die Stiftung kein Unternehmer
im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sei. Der Einspruch blieb
erfolglos.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Seiner Ansicht nach folgt weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus
der Intention des Gesetzgebers eine Beschränkung des
Anwendungsbereichs des § 6a GrEStG auf herrschende
Rechtsträger, die Unternehmen im Sinne des UStG sind. Das
Urteil des FG ist in EFG 2015, 1739 = SIS 15 24 48
veröffentlicht.
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Dagegen richtet sich die Revision des
FA.
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Das FA beantragt, die Vorentscheidung
aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
als unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Aufforderung zum Beitritt beruht auf
§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung. Das vorliegende
Revisionsverfahren betrifft die Auslegung des § 6a GrEStG und
damit eine auf Bundesrecht beruhende Abgabe und eine
Rechtsstreitigkeit über Bundesrecht. Die Auslegung des §
6a GrEStG weist Schwierigkeiten von solchem Gewicht auf, dass dem
Senat die Beitrittsaufforderung als sachgerecht erscheint. Das
betrifft den Begriff des herrschenden Unternehmens, die Anwendung
der Vor- und Nachbehaltensfristen des § 6a Satz 4 GrEStG in
Verschmelzungsfällen sowie unionsrechtliche
Fragestellungen.
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1. Der durch die Verschmelzung bewirkte
Übergang des Eigentums an den Grundstücken der GmbH auf
die Stiftung unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der
Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um gesetzliche Eigentumswechsel,
bei denen kein den Anspruch auf Übereignung begründendes
Rechtsgeschäft vorausgegangen war und es auch keiner
Auflassung bedurfte.
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2. Im vorliegenden Verfahren ist zu
entscheiden, ob für diese Rechtsvorgänge die Steuer nach
§ 6a GrEStG nicht zu erheben ist.
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a) Nach § 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG
wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3
GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des
§ 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) die
Steuer nicht erhoben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG betrifft die
Verschmelzung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Aufspaltung,
Abspaltung und Ausgliederung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die
Vermögensübertragung.
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Die Nichterhebung der Steuer gemäß
§ 6a Satz 1 Halbsatz 1 GrEStG setzt nach dem Wortlaut des
§ 6a Satz 3 GrEStG voraus, dass an dem Umwandlungsvorgang
ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder
mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige
Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen
abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Der Begriff des
Unternehmens ist in § 6a GrEStG nicht definiert. Es bedarf
daher der Klärung, nach welchen Grundsätzen dieser
Begriff zu bestimmen ist.
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aa) Nach überwiegender Auffassung muss
das herrschende Unternehmen Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen
Sinne sein (so z.B. Gleich lautende Erlasse der obersten
Finanzbehörden der Länder vom 19.6.2012, BStBl I 2012,
662 = SIS 12 19 60, Tz. 2.2 Abs. 1 Satz 2; Viskorf in Boruttau,
Grunderwerbsteuergesetz, 17. Aufl., § 6a Rz 53; Hofmann,
Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 10. Aufl., § 6a Rz 11;
Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 6a Rz
43, jeweils m.w.N.). Unternehmer ist danach, wer eine gewerbliche
oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt und
nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig ist (§ 2
Abs. 1 UStG). Dabei wird unterschiedlich beurteilt, ob der
herrschende Gesellschafter lediglich allgemein Unternehmer im
umsatzsteuerrechtlichen Sinne sein muss (so Tz. 2.2 Abs. 1 Satz 2
der Erlasse in BStBl I 2012, 662 = SIS 12 19 60; Hofmann, a.a.O.,
§ 6a Rz 11) oder ob ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen
der unternehmerischen Tätigkeit und der
gesellschaftsrechtlichen Beteiligung bestehen muss, so dass die
Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft dem
unternehmerischen Bereich des herrschenden Unternehmens zugeordnet
werden kann (so Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 6a Rz 57;
Pahlke, a.a.O., § 6a Rz 44; Weilbach, Grunderwerbsteuergesetz,
Stand 10.6.2015, § 6a Rz 28).
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bb) Gegen die Bestimmung des herrschenden
Unternehmens nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben wird
der im Wortlaut des § 6a GrEStG fehlende Verweis auf § 2
UStG angeführt (z.B. Behrens, Die Unternehmensbesteuerung
2010, 845, 846, und DStR 2012, 2149, 2152; Schaflitzl/Götz, DB
2011, 374).
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cc) Zweifel an der Maßgeblichkeit des
umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensbegriffs könnten sich auch
aus der Zielrichtung des § 6a GrEStG ergeben, dessen Auslegung
sich am Verschonungszweck dieser Regelung auszurichten hat (zum
Zweck der Regelung vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen
Bundestags, BTDrucks 17/147, S. 10). Es erscheint beispielsweise
fraglich, welche sachlichen Gründe es rechtfertigen
könnten, dass bei der Verschmelzung einer Tochtergesellschaft
auf eine andere (ein Rechtsvorgang, der gemäß Tz. 5 Abs.
1 Satz 3 und Beispiel 1 zu Tz. 5 der Erlasse in BStBl I 2012, 662 =
SIS 12 19 60, nach § 6a GrEStG begünstigt sein kann) die
Grunderwerbsteuer gegen den übernehmenden Rechtsträger
nur deshalb festzusetzen ist, weil der Alleingesellschafter beider
Tochtergesellschaften nicht Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen
Sinne ist. Dass das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel,
Umstrukturierungen von Unternehmen zu erleichtern und
Wachstumshemmnisse zu beseitigen, eine solche Unterscheidung, die
auch zu einem Eingriff in den Wettbewerb führen kann,
begründen könnte, ist jedenfalls nicht ohne weiteres
erkennbar.
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dd) Aus der zur Auslegung des § 1 Abs. 3
Nr. 1 GrEStG vertretenen Auffassung, wonach herrschendes
Unternehmen im Sinne dieser Vorschrift jeder Unternehmer im
umsatzsteuerrechtlichen Sinne sein kann und diese Voraussetzung
nicht erfüllt ist, wenn die Anteile am erwerbenden Unternehmen
zum Privatvermögen einer natürlichen Person gehören
(Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.3.1974 II R 185/66,
BFHE 113, 306, BStBl II 1974, 769 = SIS 74 04 33; ebenso z.B.
Fischer in Boruttau, a.a.O., § 1 Rz 1052; Hofmann, a.a.O.,
§ 1 Rz 176), können keine Rückschlüsse für
die Auslegung desselben Begriffs in § 6a GrEStG gezogen
werden. Dem BFH-Urteil in BFHE 113, 306, BStBl II 1974, 769 = SIS 74 04 33 lag die Fassung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des
Grunderwerbsteuergesetzes vom 29.3.1940 - GrEStG 1940 - (RGBl I
1940, 585) zugrunde. Von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG 1940 wurden
nur „Unternehmen im Sinn des § 2 Abs. 2 des
Umsatzsteuergesetzes“ erfasst. Auf eine entsprechende
gesetzliche Anknüpfung des Unternehmensbegriffs an das UStG in
der seit dem 1.1.1983 geltenden Neufassung des § 1 Abs. 3
GrEStG hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich verzichtet
(vgl. Gesetzesentwurf zum Grunderwerbsteuergesetz, BTDrucks 9/251,
S. 16).
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ee) Aus der Definition des abhängigen
Unternehmens in § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG lässt
sich ebenfalls nicht herleiten, dass § 6a GrEStG nur auf
Unternehmen im Sinne des UStG Anwendung findet. Die Vorschrift
definiert, unter welchen Voraussetzungen eine juristische Person
als abhängig i.S. des § 1 Abs. 3 GrEStG gilt. Danach gilt
eine juristische Person, die nach dem Gesamtbild der
Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in
ein Unternehmen eingegliedert ist, als abhängiges Unternehmen.
Der Wortlaut des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG knüpft
zwar an § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG an. Dies rechtfertigt es, bei
der Auslegung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG die
für § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG geltenden Grundsätze
heranzuziehen (vgl. Fischer in Boruttau, a.a.O., § 1 Rz 1058).
§ 6a Satz 4 GrEStG definiert die Abhängigkeit von
Gesellschaften jedoch anders als § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b
GrEStG und gilt zudem nicht nur für juristische Personen,
sondern auch für Personengesellschaften. Danach gilt eine
Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das
herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor und nach
dem Rechtsvorgang mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 95 %
ununterbrochen beteiligt ist, als abhängig. Auf das Bestehen
einer Organschaft kommt es nicht an. Das spricht dafür, den
Begriff des abhängigen Unternehmens in § 6a GrEStG anders
auszulegen als in § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Buchst.
b GrEStG. Dabei wird auch zu beachten sein, dass es sich bei §
1 Abs. 3 GrEStG um einen steuerbegründenden Tatbestand und bei
§ 6a GrEStG um eine Steuerbegünstigung handelt.
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b) Das zum Beitritt aufgeforderte
Bundesministerium der Finanzen (BMF) wird um Stellungnahme gebeten,
auf welche herrschenden Rechtsträger seiner Auffassung nach
§ 6a GrEStG anwendbar sein soll. Sollte sich der
Anwendungsbereich des § 6a GrEStG nicht auf Unternehmen im
Sinne des UStG beschränken, sondern auch einen
Rechtsträger wie im Streitfall erfassen, wird sich zudem die
bislang zwischen den Beteiligten unstreitige Frage stellen, ob die
Ansicht der Finanzverwaltung, dass die Verschmelzung einer
Tochtergesellschaft auf eine andere ein nach § 6a GrEStG
begünstigter Rechtsvorgang sein kann (vgl. oben II.2.a cc),
mit dem Wortlaut des § 6a GrEStG vereinbar ist. Insoweit wird
auf die Ausführungen im Beitrittsaufforderungsbeschluss vom
25.11.2015 II R 62/14 verwiesen.
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3. In unionsrechtlicher Hinsicht wird zudem zu
prüfen sein, ob es sich bei § 6a GrEStG um eine neu
eingeführte Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
handelt. Das BMF wird gebeten mitzuteilen, ob ein
beihilferechtliches Genehmigungsverfahren durchgeführt wurde
und welches Ergebnis dieses ggf. hatte, oder andernfalls zu der
Frage des Vorliegens einer Beihilfe Stellung zu nehmen.
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