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Ermäßigter Umsatzsteuersatz auf theaterähnliche Autorenlesung gegen Entgelt

Ermäßigter Umsatzsteuersatz auf theaterähnliche Autorenlesung gegen Entgelt: 1. Die reine Autorenlesung vor Publikum ist weder eine Theatervorführung noch eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung. - 2. Eine Autorenlesung vor Publikum kann jedoch theaterähnlich sein, so dass die Eintrittsberechtigungen hierfür dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen. - Urt.; BFH 25.2.2015, XI R 35/12; SIS 15 11 52

Kapitel:
Unternehmensbereich > Umsatzsteuer > Ermäßigter Umsatzsteuersatz
Fundstellen
  1. BFH 25.02.2015, XI R 35/12
    BStBl 2015 II S. 677
    DStR 2015 S. 1304
    NJW 2016 S. 832 (nur Leitsatz)

    Anmerkungen:
    zur Veröffentlichung in BStBl II bestimmt nach BMF-Online vom 20.7.2015
    H.F.L. in BFH/PR 8/2015 S. 272
    wt in UVR 10/2015 S. 293
    Ch. Wäger in UR 4/2016 S. 151
Normen
[UStG] § 4 Nr. 20, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a
[RL 2006/112/EG] Art. 98 Abs. 2, Anhang III Kategorie 7, Anhang III Kategorie 9
Vorinstanz / Folgeinstanz:
  • vor: FG Köln, 30.08.2012, SIS 13 00 39, Regelsteuersatz, Ermäßigter Steuersatz, Schriftsteller, Theater, Umsatzsteuer
Zitiert in... / geändert durch...
  • BFH 28.9.2022, SIS 23 00 18, Ermäßigter Steuersatz für die Mischform einer Sprech- und Gesangsdarbietung mit Abspielen von Bildern: Ei...
  • FG Baden-Württemberg 24.11.2021, SIS 22 01 74, Umsatzsteuersatz für Erlöse eines Trauer- und Hochzeitsredners: 1. Leistungen eines Trauerredners unterli...
  • FG Münster 17.6.2021, SIS 21 12 98, Frage der Besteuerung von Online-Klavierkursen, Online-Webinaren und Online-Tastentraining, Theaterbegrif...
  • FG Münster 26.11.2020, SIS 21 00 93, Umsätze aus der Tätigkeit als selbständiger Zauberkünstler, Frage der Steuerermäßigung, Theaterbegriff, K...
  • BMF 12.11.2020, SIS 20 18 10, Umsatzsteuerliche Begünstigung von Theateraufführungen und vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstle...
  • OFD Karlsruhe 31.1.2017, SIS 17 04 32, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der im BStBl veröffentlichten Urteile ...
  • OFD Karlsruhe 29.2.2016, SIS 16 04 70, Umsatzsteuer, Rechtsprechung: Die OFD Karlsruhe hat ihre Übersicht der seit 1.1.2000 im BStBl veröffentli...
  • BFH 8.7.2015, SIS 15 21 08, Kein Vorsteuerabzug, wenn in der zugrunde liegenden Rechnung lediglich Scheinsitz des Leistenden angegebe...

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 30.8.2012 12 K 1967/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

 

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Schriftstellerin und führte im Jahre 2008 (Streitjahr) Lesungen aus ihrem zuvor erschienenen Buch durch.

 

 

2

Die mit den Lesungen bewirkten Umsätze (brutto ... EUR) unterwarf sie in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr (ebenso wie ihre Umsätze aus den Buchverkäufen) dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Aufgrund der Feststellungen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) zu der Auffassung, dass die Umsätze aus den Lesungen dem Regelsteuersatz (19 %) unterlägen, und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geändertem Bescheid vom 21.9.2010 entsprechend fest. Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 19.5.2011 als unbegründet zurück.

 

 

3

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Sein Urteil ist in EFG 2012, 2247 = SIS 13 00 39 veröffentlicht.

 

 

4

Es hält die Voraussetzungen der Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für gegeben. Die Lesungen der Klägerin seien einer Theatervorführung vergleichbar.

 

 

5

Mit der hiergegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

 

 

6

Das FG habe das Tatbestandsmerkmal der „den Theatervorführungen ... vergleichbaren Darbietungen“ entgegen dem Wortlaut und Normzweck zu weit ausgelegt. Eine Lesung könne nur dann eine einer Theatervorführung vergleichbare Darbietung darstellen, wenn sie theaterähnliche Merkmale aufweise. Allein die Einordnung einer Lesung als Kleinkunst genüge den Anforderungen des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht; eine generelle Umsatzsteuerermäßigung auf sämtliche kulturelle Leistungen jeder Form und Art werde durch diese Vorschrift nicht eröffnet. Das Buch der Klägerin habe im Wesentlichen autobiografischen Inhalt, weshalb die Klägerin bei den Lesungen von sich selbst erzähle und mit ihrer tatsächlichen Identität im Zentrum des Geschehens stehe; damit fehle es an dem für eine Theatervorführung prägenden Merkmal des Rollenwechsels bzw. Rollenspiels. Allein das Einsetzen von Stimme, Gestik und Mimik gebe den Lesungen nicht das Gepräge einer einer Theatervorführung vergleichbaren Darbietung. Die Klägerin gebe nicht den geistigen Gehalt des Werkes durch das Ausdrucksmittel von Stimme und Körpersprache wieder; es fehle am künstlerisch gesprochenen Vortrag, der als Stilmittel die Rezitation präge. Die in der Vorentscheidung angeführten Reaktionen des Publikums beruhten nicht auf einer besonderen Vortragsart der Klägerin, sondern seien auf die behandelten Themen und das im Buch verwendete Vokabular zurückzuführen. Nur wenn die Darbietung ein kulturelles Niveau aufweise, welches der Gestaltungshöhe einer Theateraufführung vergleichbar sei, sei eine Steuerermäßigung nach dem Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG gerechtfertigt. Das theaterähnliche Gepräge müsse den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen, während es der Klägerin in erster Linie darum gegangen sei, ihr Werk durch die Lesungen bekannt zu machen und zu vermarkten.

 

 

7

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

 

8

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

 

9

Sie schließt sich der Vorentscheidung an. Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des FG habe sie, die Klägerin, im Rahmen ihrer Lesungen als ausübende Künstlerin eine den Theatervorführungen i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG vergleichbare Darbietung erbracht. Die von ihr gehaltenen Lesungen fielen unter den Begriff der Kleinkunst.

 

 

10

II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

 

 

11

Die Entscheidung des FG, die Klägerin habe als ausübende Künstlerin den Theatervorführungen vergleichbare Darbietungen präsentiert, die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

 

12

1. Das FG ist (stillschweigend) zu Recht davon ausgegangen, dass die streitbefangenen Umsätze steuerpflichtig sind.

 

 

13

Die Voraussetzungen der im Streitfall allein in Betracht kommenden nationalen Steuerbefreiungsvorschriften in § 4 Nr. 20 Buchst. a bzw. § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG sind nicht erfüllt. Denn die Klägerin verfügt nicht über eine nach § 4 Nr. 20 Buchst. a Satz 2 UStG erforderliche Bescheinigung einer zuständigen Landesbehörde; sie ist auch kein Veranstalter i.S. von § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG.

 

 

14

Eine Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) scheidet ebenfalls aus, weil die Klägerin keine anerkannte Einrichtung im Sinne dieser Bestimmung ist (vgl. dazu z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18.2.2010 V R 28/08, BFHE 228, 474, BStBl II 2010, 876 = SIS 10 11 57, Rz 25).

 

 

15

2. Die Würdigung des FG, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, sondern gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist frei von Rechtsfehlern.

 

 

16

a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ermäßigt sich die Steuer (von 19 %) auf 7 % für die Eintrittsberechtigung für Theater, Konzerte und Museen sowie die den Theatervorführungen und Konzerten vergleichbaren Darbietungen ausübender Künstler.

 

 

17

aa) Unionsrechtliche Grundlage für § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ist Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 und 9 der MwStSystRL (BTDrucks 15/3677, S. 41). Danach können die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) einen ermäßigten Steuersatz anwenden auf die Eintrittsberechtigung für Veranstaltungen, Theater, Zirkus, Jahrmärkte, Vergnügungsparks, Konzerte, Museen, Tierparks, Kinos und Ausstellungen sowie ähnliche kulturelle Ereignisse und Einrichtungen (Nr. 7). Dasselbe gilt für Werke bzw. Darbietungen von Schriftstellern, Komponisten und ausübenden Künstlern sowie deren Urheberrechte (Nr. 9).

 

 

18

bb) Zweck der Steuerermäßigung ist, zugunsten der Besucher entsprechender Veranstaltungen eine Preiserhöhung zu vermeiden (vgl. BFH-Urteile vom 26.4.1995 XI R 20/94, BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47; vom 9.10.2003 V R 86/01, BFH/NV 2004, 984 = SIS 04 23 20).

 

 

19

cc) Seit der mit Wirkung vom 16.12.2004 erfolgten Änderung des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG durch Art. 5 Nr. 8 des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 9.12.2004 (BGBl I 2004, 3310) kann offenbleiben, ob die Klägerin mit dem Abhalten der jeweiligen Lesung eine sonstige Leistung gegenüber einem Veranstalter oder eine sonstige Leistung als Veranstalterin gegenüber dem Publikum bewirkt hat (vgl. dazu Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 23.10.2003 C-109/02, Kommission/ Deutschland, Slg. 2003, I-12691 = SIS 04 01 30, Rz 28; Klenk in Sölch/ Ringleb, Umsatzsteuer, § 12 Rz 250).

 

 

20

b) Der BFH versteht unter Theatervorführungen i.S. von § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG nicht nur Aufführungen von Theaterstücken, Opern und Operetten, sondern auch Darbietungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst und des Varietés sowie Puppenspiele und Eisrevuen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47; in BFH/NV 2004, 984 = SIS 04 23 20, unter II.1.a; vom 19.10.2011 XI R 40/09, BFH/NV 2012, 798 = SIS 12 10 75, Rz 33; vom 10.1.2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352 = SIS 13 07 90, Rz 42; s.a. Abschn. 12.5. Abs. 2 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses - UStAE - ). Begünstigt sind auch „Mischformen“ von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen, so dass eine Unterhaltungsshow in Gestalt einer Kampfkunstshow (sog. „Budo-Gala“) ebenfalls eine Theatervorführung i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG sein kann (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 2004, 984 = SIS 04 23 20, unter II.1.a und c, m.w.N.; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352 = SIS 13 07 90, Rz 42). Das gilt auch für eine Feuerwerksveranstaltung mit Vorführung kreativer Kombinationen von Farb- und Klangelementen (vgl. BFH-Urteil vom 30.4.2014 XI R 34/12, BFHE 245, 409, BStBl II 2015, 166 = SIS 14 19 71).

 

 

21

aa) Allerdings kann die Steuervergünstigung nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Vorführung zumindest entweder als „theaterähnlich“ oder als „konzertähnlich“ einzustufen ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18.8.2005 V R 50/04, BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, unter II.3.a; in BFHE 245, 409, BStBl II 2015, 166 = SIS 14 19 71, Rz 23) und dies der Hauptbestandteil der Veranstaltung ist (vgl. BFH-Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352 = SIS 13 07 90, Rz 43).

 

 

22

bb) „Theater“ bezeichnet alle Formen szenischer Darstellung sowie die künstlerische Kommunikation zwischen Darstellern und Zuschauern (Brockhaus, Enzyklopädie, 21. Aufl.). Hierzu zu zählen ist als eine Form der „Kleinkunst“ auch die „Rezitation“, unter der der künstlerische Vortrag verstanden wird (Brockhaus, Enzyklopädie, a.a.O.). Deren Ziel ist es, literarische Werke mit Hilfe von Sprache hörbar zu machen, wobei Interpretationstechniken wie Atemtechnik, Stimmtechnik sowie Sprechtechnik von Bedeutung sind; der Vortragende transportiert mit Hilfe der Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung Emotionen und Gedanken zum Zuhörer (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 28.5.2009 1 K 53/08, EFG 2009, 1878 = SIS 09 27 96, rkr.). Diesem wird der Stoff in einer Form und auf einer Ebene näher gebracht, die eine Auseinandersetzung mit ihm erlaubt, zum Nachdenken anregt und unterhält (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.7.2008 9 B 80/07, HFR 2009, 313, UR 2009, 25, Rz 7).

 

 

23

cc) Ebenso, wie das bloße Abspielen eines Tonträgers kein Konzert ist (BFH-Urteil in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, unter II.3.b), stellt das reine Vorlesen eines Autors aus seinem Buch vor Publikum weder eine Theatervorführung noch eine den Theatervorführungen vergleichbare Darbietung eines ausübenden Künstlers i.S. des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dar (vgl. Abschn. 12.7. Abs. 8 Satz 2 UStAE zu § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG). Auch eine Frage- oder Autogrammstunde ist keine begünstigte Veranstaltung.

 

 

24

3. Ausgehend von diesen Grundsätzen begegnet die Entscheidung des FG, wonach die Lesungen der Klägerin gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

 

 

25

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat die Klägerin ihr literarisches Werk auf andere Weise, nämlich in Form von Lesungen, dargeboten. Bei ihren Lesungen veränderte sie häufig ihre Stimme zum Ausdruck besonderer Situationen oder zur Darstellung handelnder Personen und unterstrich dies mit Mimik, Körperhaltung und Bewegung, wodurch sie beim Publikum Emotionen hervorrief. Sie unterbrach das eigentliche Lesen des Buches immer wieder für Erläuterungen, die mehr oder weniger Bezug zum Buch hatten. Stellenweise geriet die Lesung völlig in den Hintergrund; mit Zwischenbemerkungen und Erzählen von Geschichten außerhalb des Buches erreichte ihre Darbietung teilweise auch kabarettistische Züge.

 

 

26

b) Die Würdigung dessen durch das FG dahingehend, dass diese Darbietungen Theatervorführungen vergleichbar sind und gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, ist möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze; sie bindet daher den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO. Dass das FG die seine Würdigung tragenden tatsächlichen Feststellungen teilweise nicht im Tatbestand, sondern in den Entscheidungsgründen getroffen hat, ist unschädlich (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 6.4.2000 IV R 56/99, BFH/NV 2000, 1191 = SIS 00 12 35; in BFHE 211, 557, BStBl II 2006, 101 = SIS 06 00 23, unter II.4.b).

 

 

27

4. Die hiergegen erhobenen Einwendungen des FA greifen nicht durch.

 

 

28

a) Nach den Feststellungen des FG gingen die Darbietungen der Klägerin über (nicht begünstigte) reine Autorenlesungen hinaus (vgl. auch Lippross/Janzen, Umsatzsteuer 2015, S. 515). Diese Feststellungen hat das FA nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen angegriffen. Es setzt lediglich seine eigene Wertung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung des FG, weshalb sein Einwand, den Darbietungen der Klägerin fehle es an der einer Theateraufführung vergleichbaren Gestaltungshöhe, der Revision nicht zum Erfolg verhelfen kann.

 

 

29

b) Soweit das FA geltend macht, aufgrund des autobiografischen Inhalts des Werkes fehle es an dem für eine Theatervorführung prägenden Merkmal des Rollenwechsels bzw. Rollenspiels, ist dieses Vorbringen bereits nicht schlüssig, zumal das Buch, aus dem die Klägerin vorgelesen hat, auch als Theaterstück aufgeführt worden ist.

 

 

30

c) Schließlich geht der Einwand des FA, die Theatervorführung müsse den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 177, 548, BStBl II 1995, 519 = SIS 95 17 47, und in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352 = SIS 13 07 90), ins Leere. Das FG hat weder festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass die Klägerin neben ihren Darbietungen bei den Lesungen weitere selbständige Leistungen erbracht hätte, noch dass die Vermarktung ihres Werkes das prägende Element der Veranstaltungen gewesen sei.

 

 

31

Ein bloßes Vermarktungsinteresse der Klägerin bzw. des Verlags spricht nicht gegen das Vorliegen einer theaterähnlichen Veranstaltung.

 

 

32

5. Das Ergebnis entspricht den unionsrechtlichen Vorgaben.

 

 

33

Die Aufzählung in Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 und 9 der MwStSystRL ergibt, dass die Richtlinie den EU-Mitgliedstaaten einen weiten Beurteilungsspielraum einräumt (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2004, 984 = SIS 04 23 20, unter II.2.).

 

 

34

Zwar sind Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, eng auszulegen, was auch für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gilt (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 18.1.2001 C-83/99, Kommission/Spanien, Slg. 2001, I-445, UR 2001, 210 = SIS 01 05 45, Rz 19). Die Beurteilung des FG im Streitfall, wonach die von der Klägerin gezeigten Darbietungen in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG fallen, steht aber im Einklang mit dem Wortlaut und dem Zweck der genannten Richtlinienbestimmungen.

 

 

35

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.