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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte
(Klägerin), eine GmbH & Co. KG, deren Zweck die Vermietung
und Verpachtung eigenen Grundbesitzes ist, ist Eigentümerin
eines Bürogebäudes in X, das sie nach dessen
Fertigstellung im Streitjahr 2002 vermietete. Gesellschafter der
Klägerin waren als Komplementärin ohne Beteiligung am
Vermögen und am Ergebnis die Z-GmbH und als Kommanditisten die
E-S.a.r.l., eine Körperschaft, sowie die B-GmbH.
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Die S-GmbH & Co. KG (S-KG), deren
Unternehmensgegenstand den Erwerb, die Verwaltung und die
Vermietung des Bürogebäudes in X umfasst, ist eine
Fondsgesellschaft, bei der eine GmbH als persönlich haftende
Gesellschafterin und drei Kommanditisten, die natürliche
Personen sind, zur Geschäftsführung befugt sind. Zur
Verwirklichung des Unternehmensgegenstands erwarb die S-KG mit
Kauf- und Abtretungsvertrag sowie Vereinbarung über das
Ausscheiden und den Eintritt von Gesellschaftern vom 27.7.2001
(Kaufvertrag) mit wirtschaftlicher Wirkung zum 28.2.2002
sämtliche Kommanditanteile von den Kommanditisten der
Klägerin; die Kommanditanteile wurden mit Wirkung zum
28.2.2002 an die S-KG abgetreten. Sie hält infolge des Erwerbs
99,98 % der Kommanditanteile der Klägerin.
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Der Klägerin traten mit Wirkung zum
28.2.2002 drei weitere natürliche Personen als zur
Geschäftsführung befugte Kommanditisten sowie die S-GmbH
als Komplementärin bei; die Z-GmbH schied aus der Gesellschaft
aus. Die S-GmbH, die im Streitjahr eine Haftungsvergütung in
Höhe von 2.081 EUR erhielt, ist weder am Vermögen noch am
Ergebnis der Klägerin beteiligt.
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Das Finanzamt X setzte wegen des
Gesellschafterwechsels mit Bescheid vom 19.12.2002 gegenüber
der Klägerin Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.634.640 EUR
fest. Nach § 8 Ziff. 1 des Kaufvertrags, zu dessen
Vertragsparteien neben der S-KG und den bisherigen Kommanditisten
der Klägerin u.a. auch die Klägerin zählte, sollten
Steuererstattungen und Steuernachzahlungen für Sachverhalte
vor dem Stichtag 28.2.2002 zu Lasten der bisherigen Kommanditisten
gehen, wobei dies - mit Ausnahme der Grunderwerbsteuer - auch
für etwa im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Abtretung der
Kommanditanteile anfallende Steuern gelten sollte, die zu Lasten
der Klägerin erhoben werden. Die Grunderwerbsteuer sollte den
Kaufpreis nicht mindern. Sie wurden von der Klägerin am
30.12.2002 entrichtet und an die S-KG weiterbelastet, wo sie als
Aufwand erfasst wurde.
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Die S-KG berücksichtigte in ihrer
Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von
Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für das
Streitjahr die Grunderwerbsteuer in voller Höhe als
Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung. Nach Durchführung einer Außenprüfung
erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA
- ) die Grunderwerbsteuer im geänderten Feststellungsbescheid
vom 20.6.2008 nicht in voller Höhe als Werbungskosten an,
sondern beurteilte sie als Anschaffungs(neben)kosten und ließ
lediglich einen Betrag im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung
(AfA) zum Abzug zu. Das nach erfolglosem Einspruchsverfahren von
der S-KG beim Finanzgericht (FG) München erhobene
Klageverfahren (Az. 5 K 1701/09) wurde mit Beschluss vom 28.3.2012
bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für
die Einkommensbesteuerung für 2002 der Klägerin
ausgesetzt. Die hiergegen beim Bundesfinanzhof (BFH) erhobene
Beschwerde wurde mit Senatsbeschluss vom 19.9.2012
zurückgewiesen (IX B 65/12, BFH/NV 2013, 15 = SIS 12 32 77).
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Das FA änderte aufgrund eines Antrags
der Klägerin den Bescheid für 2002 über die
gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen
und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) vom 2.3.2009 mit Bescheid vom
14.6.2012 gemäß § 174 der Abgabenordnung,
berücksichtigte jedoch bei den Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung lediglich einen der Höhe nach unstreitigen
AfA-Betrag von 36.586 EUR als weitere (Sonder)Werbungskosten und
stellte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe
von 767.036 EUR (davon 2.081 EUR Haftungsvergütung als
Sondereinnahmen der S-GmbH) fest. Dementsprechend verminderte es
nach dem zwischen den Beteiligten unstreitigen
Gewinnverteilungsschlüssel die der S-KG zuzurechnenden
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um einen Betrag von
36.586 EUR. Das FA beurteilte die entrichtete Grunderwerbsteuer als
Anschaffungs(neben)kosten und ließ insoweit lediglich einen
AfA-Betrag zum Abzug zu. Der Einspruch gegen den Bescheid vom
14.6.2012, der am 12.9.2012 nochmals aus nicht
streitgegenständlichen Gründen geändert worden ist,
blieb erfolglos.
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Das FG gab der Klage mit seinem in EFG
2014, 478 = SIS 14 05 49 veröffentlichten Urteil statt. Die
aufgrund der Übertragung von mehr als 95 v.H. der
Kommanditanteile an der Klägerin auf die S-KG nach § 1
Abs. 2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) in Höhe von
1.634.640 EUR festgesetzte Grunderwerbsteuer sei nicht den
Anschaffungs(neben)kosten zuzuordnen und demgemäß nicht
nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 Satz 1 i.V.m. § 7 EStG im
Rahmen der AfA, sondern - auch wenn die Grunderwerbsteuer im
Rechtsverhältnis untereinander von der S-KG getragen werde -
als sofort abziehbare Werbungskosten bei den gesondert und
einheitlich festzustellenden Einkünften aus Vermietung und
Verpachtung auf der Ebene der Klägerin mindernd im Streitjahr
zu berücksichtigen.
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Mit der Revision rügt das FA die
Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 7
und § 7 EStG i.V.m. § 255 des Handelsgesetzbuchs - HGB -
i.V.m. § 1 Abs. 2a GrEStG). Die entrichtete Grunderwerbsteuer
sei als Anschaffungskosten bei der Klägerin zu aktivieren.
Anschaffungskosten seien neben der Entrichtung des Kaufpreises alle
sonstigen Aufwendungen des Erwerbers, die in einem unmittelbaren
wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stünden,
insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfielen.
Die Anschaffung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden
Personengesellschaft stehe ertragsteuerlich der Anschaffung des
anteiligen Grundstücks gleich. Bei wirtschaftlicher
Betrachtungsweise finde bei einer vollständigen oder einer
wesentlichen Änderung des Gesellschafterbestandes die
Übertragung des Grundstücks im Gesellschaftsvermögen
von der aus den „Altgesellschaftern“ bestehenden
Gesellschaft auf eine aus den „Neugesellschaftern“
bestehende Personengesellschaft statt. Hätte diese neue KG das
Grundstück von der bisherigen KG erworben, wäre die
Grunderwerbsteuer zu den Anschaffungs(neben)kosten zu zählen
gewesen. Werde im Streitfall auf zivilrechtlich anderem Wege
wirtschaftlich das gleiche Ergebnis erzielt wie durch einen
unmittelbaren Grundstückserwerb, so müssten auch die
steuerrechtlichen Folgen die Gleichen sein.
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Das FA beantragt, das angefochtene Urteil
des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung). Zutreffend hat das FG die gegen die
Klägerin festgesetzte und im Streitjahr entrichtete
Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.634.640 EUR als sofort
abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei den
gesondert und einheitlich festgestellten Einkünften aus
Vermietung und Verpachtung mindernd berücksichtigt. Sie stellt
keine Anschaffungs(neben)kosten des Vermietungsobjekts dar, die in
Höhe der AfA abzusetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m.
§ 7 EStG) wären.
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1. Welche Aufwendungen zu den
Anschaffungskosten zählen, bestimmt sich für die
steuerrechtliche Beurteilung und insbesondere auch für
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs.
1 HGB (vgl. BFH-Urteile vom 3.8.2005 I R 36/04, BFHE 211, 112,
BStBl II 2006, 369 = SIS 06 02 12; vom 20.7.2010 IX R 4/10, BFHE
230, 392, BStBl II 2011, 35 = SIS 10 33 19; vom 9.7.2013 IX R
43/11, BFHE 242, 51 = SIS 13 24 90).
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Nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB sind
Anschaffungskosten alle Aufwendungen, die u.a. geleistet werden, um
einen Vermögensgegenstand zu erwerben, ihn also von der
fremden in die eigene Verfügungsmacht zu überführen.
Dazu gehören nach § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB auch die
Nebenkosten des Erwerbs, die alle im wirtschaftlichen Zusammenhang
mit dem Anschaffungsvorgang verbundenen Kosten umfassen (vgl.
BFH-Urteile vom 19.4.1977 VIII R 44/74, BFHE 122, 108, BStBl II
1977, 600 = SIS 77 03 28; vom 20.4.2011 I R 2/10, BFHE 233, 251,
BStBl II 2011, 761 = SIS 11 19 85). Nicht entscheidend ist, ob
diese Nebenkosten bereits vor oder im Zeitpunkt des Erwerbs oder
erst im Anschluss hieran als Folgekosten des Erwerbsvorgangs
entstehen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom
12.6.1978 GrS 1/77, BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620 = SIS 78 03 42; BFH-Urteile vom 3.7.1997 III R 114/95, BFHE 183, 504, BStBl II
1997, 811 = SIS 97 22 24; in BFHE 242, 51 = SIS 13 24 90).
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Allerdings können
„Anschaffungs“kosten eines Wirtschaftsguts nur
solche Kosten sein, die nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten
dessen Beschaffung tatsächlich zuzuordnen sind (BFH-Urteile in
BFHE 183, 504, BStBl II 1997, 811 = SIS 97 22 24; vom 17.10.2001 I
R 32/00, BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349 = SIS 02 06 17; in BFHE
233, 251, BStBl II 2011, 761 = SIS 11 19 85). Hierzu ist ein
bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der
Anschaffung nicht ausreichend. Vielmehr kommt es auf die
Zweckbestimmung der Aufwendungen an (finaler Begriff der
Anschaffungskosten, vgl. BFH-Urteile vom 13.10.1983 IV R 160/78,
BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101 = SIS 84 01 08; in BFHE 233, 251,
BStBl II 2011, 761 = SIS 11 19 85, jeweils m.w.N.).
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2. Nach diesen Maßstäben hat das FG
- entgegen der Auffassung des FA - zu Recht die entrichtete
Grunderwerbsteuer in Höhe von 1.634.640 EUR als sofort
abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung
und Verpachtung berücksichtigt.
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a) Im Streitfall ist die Grunderwerbsteuer
nach Maßgabe des § 1 Abs. 2a GrEStG festgesetzt worden.
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein
inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb
von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder
mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 v.H. der Anteile am
Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen,
gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die
Übereignung eines Grundstücks auf eine neue
Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft.
Steuerschuldner ist bei Änderung des Gesellschafterbestandes
einer Personengesellschaft die Personengesellschaft (§ 13 Nr.
6 GrEStG).
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Ob die Grunderwerbsteuer, die bei
Änderung des Gesellschafterbestands einer
grundstücksbesitzenden Personengesellschaft nach Maßgabe
von § 1 Abs. 2a GrEStG entsteht, als Anschaffungsnebenkosten
„auf die Beteiligung“ (so Rundverfügung der
Oberfinanzdirektion - OFD - Frankfurt am Main vom 2.5.2013 S 2171
A-21-St 210, ofix HE EStG/6/57, unter 2.) bzw. „auf die
Anteile an den Grundstücken“ (so OFD Niedersachsen
vom 19.1.2012, aktualisiert am 22.8.2013, S 2171-65-St 221/St 222 =
SIS 13 34 66) anzusehen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Die
Finanzverwaltung bejaht dies (s. die soeben genannten
Verwaltungsanweisungen und OFD Rheinland vom 23.1.2012 S 2174 - St
141, DB 2012, 486 = SIS 12 09 71), während sich die
herrschende Meinung in der Literatur für eine Behandlung als
sofort abziehbaren Aufwand ausspricht (vgl. Behrens, DStR 2008, 338
f.; Lohmann/von Goldacker/Gick, BB 2007, 295, 296; Lohmann/von
Goldacker/Zeitz, BB 2009, 477, 480; Adolf, GmbHR 2011, 834, 836;
Henerichs/Stadje, FR 2011, 890, 895; Bührer, Steuern und
Bilanzen 2011, 825, 827; Gadek/Mörwald, DB 2012, 2010,
2012).
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b) Bei der nach Maßgabe des § 1
Abs. 2a GrEStG festgesetzten Grunderwerbsteuer handelt es sich -
wie der Senat (Beschluss in BFH/NV 2013, 15 = SIS 12 32 77) bereits
entschieden hat - um eine gemeinschaftlich verwirklichte
Besteuerungsgrundlage. Die Grunderwerbsteuer führt nicht schon
deshalb zu Sonderwerbungskosten der S-KG, weil sie sie nach den
gesellschaftsinternen Vereinbarungen - also im
Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander - allein zu
tragen hatte. Es handelt sich vielmehr um Aufwand der Klägerin
und nicht um einen solchen des Gesellschafters. Allein die
Klägerin ist nach § 13 Nr. 6 GrEStG Steuerschuldnerin;
sie kann jedoch ihren daraus entstehenden Aufwand auch abweichend
vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf ihre
Gesellschafter verteilen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2013, 15 = SIS 12 32 77).
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c) Gegenstand der Besteuerung nach § 1
Abs. 2a Satz 1 GrEStG ist nicht die geänderte Sachherrschaft
(gesamthänderische Mitberechtigung/Beteiligung am
Vermögen der Gesamthand) in der Person des einzelnen
Neugesellschafters oder auch mehrerer Neugesellschafter, sondern
die geänderte Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke auf
der Gesellschaftsebene (Gesamthand als eigenständiger
Rechtsträger). § 1 Abs. 2a GrEStG enthält die
Fiktion eines auf Übereignung des Grundstücks auf eine
neue Personengesellschaft gerichteten Rechtsgeschäfts
(BFH-Urteil vom 8.11.2000 II R 64/98, BFHE 194, 252, BStBl II 2001,
422 = SIS 01 04 04; BFH-Beschluss vom 11.9.2002 II B 113/02, BFHE
199, 32, BStBl II 2002, 777 = SIS 02 94 74). Das Gesetz fingiert
folglich mit Hilfe des Ersatztatbestands des Wechsels im
Gesellschafterbestand einen zivilrechtlich nicht vorhandenen
grundstücksbezogenen Erwerbsvorgang. Die Fiktion des
Grundstücksübergangs gilt nur im Rahmen der
Grunderwerbsteuer, während zivilrechtlich die Identität
der grundbesitzenden Personengesellschaft unberührt bleibt
(ebenso Behrens, DStR 2008, 338).
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d) Auf der Ebene der Klägerin als
grundbesitzenden Gesamthand liegt daher ertragsteuerlich keine
„Anschaffung“ des Bürogebäudes vor.
Der Grundbesitz befindet sich nach dem Wechsel im
Gesellschafterbestand unverändert im zivilrechtlichen und
wirtschaftlichen Eigentum der Klägerin. Die
Verfügungsmacht über den Grundbesitz ist weder rechtlich
noch wirtschaftlich Gegenstand der Erwerbsvorgänge in Bezug
auf die Kommanditanteile. Der grunderwerbsteuerrechtliche
Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG findet im
Ertragsteuerrecht keine Entsprechung (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE
233, 251, BStBl II 2011, 761 = SIS 11 19 85 zu § 1 Abs. 3 Nr.
1 GrEStG).
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Das FG hat zutreffend erkannt, dass die
Grunderwerbsteuer nicht „für“ die
Anschaffung der Kommanditanteile entstanden ist. Es fehlt
ertragsteuerlich an einem über die reine Kausalität
hinausgehenden inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Anschaffung
der Kommanditanteile und der Grunderwerbsteuer. Da der
Anknüpfungspunkt für die Entstehung der Steuer nicht der
Gesellschafterwechsel als solcher, sondern eine spezifisch
grunderwerbsteuerrechtliche Fiktion im Hinblick auf ein anderes,
nicht vom Anteilserwerber angeschafftes und nicht bei diesem zu
erfassendes Wirtschaftsgut ist, handelt es sich dabei um Aufwand,
der aus ertragsteuerlicher Sicht nicht spezifisch und final den
erworbenen Kommanditanteilen zugeordnet werden kann.
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Für die Richtigkeit dieses Ergebnisses
spricht zudem, dass das fingierte Rechtsgeschäft i.S. des
§ 1 Abs. 2a GrEStG - neben einem einzelnen Rechtsvorgang -
auch aus einer Summe von Teilakten bestehen kann, die zusammen die
vollständige oder wesentliche Änderung des
Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft ausmachen. Dies
kann sich über einen Zeitraum von längstens fünf
Jahren hinziehen und in eine unbegrenzte Zahl von Teilakten
zerfallen, die zusammen genommen tatbestandserfüllend sind und
deren letzter die wesentliche Änderung des
Gesellschafterbestandes endgültig herbeiführt (BFH-Urteil
in BFHE 194, 252, BStBl II 2001, 422 = SIS 01 04 04).
Rechtsgeschäft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG ist demnach
nicht die letzte, zur Vollständigkeit oder Wesentlichkeit
führende Veränderung im Gesellschafterbestand, sondern
die Summe aller Rechtsakte, die die vollständige oder
wesentliche Änderung des Gesellschafterbestandes bedeuten
(BFH-Urteil in BFHE 194, 252, BStBl II 2001, 422 = SIS 01 04 04).
Auch daran wird erkennbar, dass der Aufwand ertragsteuerlich nicht
final den erworbenen Kommanditanteilen zugeordnet werden kann.
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e) Entgegen der Auffassung des FA folgt aus
§ 23 Abs. 1 Satz 4 EStG, wonach die Anschaffung einer
unmittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als
Anschaffung der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt, kein anderes
Ergebnis. Denn die im Streitfall gegenständliche
Grunderwerbsteuer stellt - wie oben dargestellt - bereits keine
„Anschaffungs“(neben)kosten des Grundbesitzes
der Klägerin dar. Der dem Streitfall zugrunde liegende
Sachverhalt ist überdies aus ertragsteuerlicher Sicht gerade
nicht mit dem Fall vergleichbar, dass eine „neue
KG“ ein Grundstück von einer „bisherigen
KG“ erwirbt. Anders als in der gegebenen Konstellation
des § 1 Abs. 2a GrEStG wird in einem solchen Fall auf der
Ebene der Gesamthand das Grundstück angeschafft.
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