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I. Streitig ist, ob der Beklagte und
Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) verpflichtet ist, nach
Abschluss eines Insolvenzverfahrens den
Körperschaftsteuerbescheid für 2008 nach § 164 Abs.
2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.
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Die Klägerin und
Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt in der Rechtsform
einer AG ein Unternehmen der Beschichtungstechnologie. Durch
Beschluss des Amtsgerichts A vom 1.9.2009 wurde auf ihren Antrag
hin das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen
eröffnet.
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Weil sie für das Jahr 2008
zunächst keine Steuererklärungen abgegeben hatte,
schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen. Es ging hierbei
von dem Zahlenmaterial aus, das die Klägerin in ihrem Antrag
auf Anpassung der Körperschaft- und
Gewerbesteuervorauszahlungen ab 2008 mitgeteilt hatte. Das von der
Klägerin angegebene körperschaftsteuerrechtliche
Einkommen für 2008 in Höhe von 3.117.029 EUR erhöhte
das FA um Zinsaufwendungen in Höhe von 500.000 EUR, die aus
seiner Sicht nicht zum Betriebsausgabenabzug zuzulassen waren. Auf
dieser Grundlage setzte es die Körperschaftsteuer für
2008 mit gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt
der Nachprüfung stehenden Bescheid vom 30.7.2009 auf 542.554
EUR fest. Nach Abzug der von der Klägerin bereits im
Vorauszahlungswege geleisteten Zahlungen in Höhe von 458.552
EUR verblieb eine noch zu entrichtende Abschlusszahlung in
Höhe von 84.002 EUR. Diesen Betrag sowie die Nachzahlung des
Solidaritätszuschlags zur Körperschaftsteuer 2008 in
Höhe von 4.620,47 EUR meldete das FA im Rahmen des
Insolvenzverfahrens zur Insolvenztabelle an.
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Die Klägerin legte mit Schreiben vom
17.8.2009 Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid
für 2008 ein. Zur Begründung trug sie im Wesentlichen
vor, für das Jahr 2008 ergebe sich, wie der dem
Einspruchsschreiben beigefügten vorläufigen Gewinn- und
Verlustrechnung zu entnehmen sei, ein negatives zu versteuerndes
Einkommen.
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Den vom FA zur Insolvenztabelle
angemeldeten Forderungsbeträgen zur Körperschaftsteuer
2008 wurde seitens der Klägerin nicht widersprochen.
Allerdings widersprach der Insolvenzverwalter zunächst der
Forderung. Er nahm den Widerspruch später zurück und die
Forderung wurde als festgestellt in die Insolvenztabelle
eingetragen.
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Das FA sah daraufhin den Einspruch vom
17.8.2009 gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2008 als
erledigt an.
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Während des Insolvenzverfahrens
beauftragten die Gläubiger den Insolvenzverwalter, einen
Insolvenzplan zu erstellen. Ziel des daraufhin entworfenen Planes
war die Fortführung des Geschäftsbetriebes der
Klägerin und damit die Erhaltung des Unternehmens und der
Arbeitsplätze auf der Grundlage einer leistungswirtschaftlich
orientierten Sanierung und finanzwirtschaftlichen Reorganisation
unter Zustimmung der Gläubiger. Der Insolvenzplan wurde
rechtskräftig gerichtlich bestätigt und erfüllt.
Nach den Regeln dieses Insolvenzplanes wurden die seitens des FA
als Gläubiger der Gruppe 3 zur Insolvenztabelle angemeldeten
Forderungen, soweit diese festgestellt worden waren, mit einer
Quote von X % bedient.
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Nach Planbestätigung wurde das
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin
durch Beschluss des Amtsgerichts A im Mai 2011 aufgehoben.
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Im Oktober desselben Jahres reichte die
Klägerin den Jahresabschluss und die Steuererklärungen
für das Streitjahr beim FA ein. Aus den Unterlagen ergab sich
ein körperschaftsteuerrechtliches Einkommen von ./. 194.175
EUR. Das FA wertete dieses Schreiben als Antrag auf Änderung
des Körperschaftsteuerbescheids für 2008 vom 3.7.2009,
den es allerdings ablehnte. Zur Begründung führte die
Behörde im Wesentlichen aus, dass die Forderung aus dem
Körperschaftsteuerbescheid im Insolvenzverfahren
widerspruchsfrei festgestellt worden sei und der Tabelleneintrag
für die festgestellten Forderungen gemäß § 178
Abs. 3 der Insolvenzordnung (InsO) wie ein rechtskräftiges
Urteil gegenüber allen Beteiligten wirke. Änderungen
seien nur noch nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung -
vorliegend unter den Voraussetzungen einer Restitutionsklage -
möglich. Eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO scheide
daher aus.
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In ihrem Einspruch und der
anschließend erhobenen Verpflichtungsklage beharrte die
Klägerin auf ihrer Auffassung, dass der
Körperschaftsteuerbescheid 2008 gemäß § 164
Abs. 2 AO zu ändern sei. Das Finanzgericht (FG) Köln
schloss sich mit seinem in EFG 2013, 1371 = SIS 13 33 67
veröffentlichten Urteil vom 8.5.2013 10 K 3191/12 im
Wesentlichen der Argumentation des FA an und wies die Klage
ab.
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Dagegen richtet sich die Revision, mit der
die Klägerin eine Verletzung des § 164 Abs. 2 AO
rügt.
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Die Klägerin beantragt, das Urteil der
Vorinstanz sowie den Ablehnungsbescheid vom 29.2.2012 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 26.9.2012 aufzuheben und das FA zu
verpflichten, die Körperschaftsteuer für 2008 auf 0 EUR
festzusetzen.
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Das FA beantragt, die Revision als
unbegründet zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
(FGO) zurückzuweisen. Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon
ausgegangen, dass der Körperschaftsteuerbescheid 2008 nicht
geändert werden kann.
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1. a) Gemäß § 251 Abs. 1 Satz
1 AO bleiben die Vorschriften der Insolvenzordnung unberührt;
sie gehen daher den Regelungen der Abgabenordnung vor. Abweichend
wiederum von den Vorschriften der Insolvenzordnung können die
Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger und der
Insolvenzgläubiger, die Verwertung der Insolvenzmasse und
deren Verteilung an die Beteiligten sowie die Verfahrensabwicklung
und die Haftung des Schuldners in einem Insolvenzplan geregelt
werden (§ 217 Satz 1 InsO). Mit der Rechtskraft der
Bestätigung eines solchen Planes treten die in dessen
gestaltendem Teil festgelegten Wirkungen für und gegen alle
Beteiligten ein (§ 254 Abs. 1 InsO). Der Plan bildet fortan
die allein maßgebliche Grundlage für die gesamte
Vermögens- und Haftungsabwicklung und auch die betroffenen
Abgabenforderungen unterliegen nur noch dessen Festlegungen
(MünchKommInsO/Huber, 3. Aufl., Band 3, § 254 Rz 16;
MünchKommInsO/Schüppen/Ruh, a.a.O., Insolvenzsteuerrecht
Rz 243; ähnlich Bartone, Der AO-Steuer-Berater - AO-StB -
2005, 155).
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1. b) Gemäß § 257 Abs. 1 Satz
1 InsO können die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen
festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüftermin bestritten
worden sind, aus dem rechtskräftig bestätigten
Insolvenzplan in Verbindung mit der Eintragung in die Tabelle wie
aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den
Schuldner betreiben.
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Die Finanzbehörden werden mit ihren
Forderungen mangels abweichender gesetzlicher Regelungen im
Insolvenzplanverfahren wie andere Insolvenzgläubiger
behandelt. Sie unterliegen wie diese der Gruppenbildung
gemäß § 222 InsO und sind innerhalb ihrer Gruppe
mit allen Beteiligten gleichzubehandeln (§ 226 InsO).
Ergänzend zu den Regelungen der Insolvenzordnung bestimmt
§ 251 Abs. 2 Satz 2 AO lediglich, dass die Finanzbehörde
nach Beendigung des Insolvenzverfahrens berechtigt ist, im Fall des
§ 257 InsO gegen den Schuldner im Verwaltungsweg zu
vollstrecken. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber klargestellt,
dass die nachinsolvenzliche Beitreibung der festgestellten
Steuerforderung nicht nach den Regeln des zivilprozessualen
Vollstreckungsrechts erfolgen muss, sondern im
Verwaltungszwangsverfahren durchgeführt werden darf (vgl.
Beschluss des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20.7.2000 VII B 12/00,
BFH/NV 2001, 144 = SIS 01 52 06; BTDrucks VI/1982, 175).
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2. Nach diesen Grundsätzen ist nach der
rechtskräftigen Bestätigung eines Insolvenzplanes und der
damit verbundenen Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine
Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 164
Abs. 2 AO, die zum Wegfall der bereits in der Tabelle und dem
Insolvenzplan festgestellten Forderung des FA führen soll,
unzulässig. Einwendungen des Steuerpflichtigen gegen die
Forderung sind durch Bestreiten im Prüfungstermin geltend zu
machen. Ob und unter welchen Voraussetzungen sonstige
Änderungen einer bereits vor Eröffnung des
Insolvenzverfahrens erfolgten Steuerfestsetzung in Betracht zu
ziehen sind (z.B. zwecks Berücksichtigung eines
rückwirkenden Ereignisses oder eines später ergangenen
Grundlagenbescheids gemäß § 175 AO), bedarf im
Streitfall keiner Entscheidung, da vorliegend allein die
Korrekturvorschrift des § 164 Abs. 2 AO einschlägig
ist.
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a) Die rechtsgestaltenden und
abschließenden Regelungen des Insolvenzplanes stehen einer
nachträglichen Änderung der Steuerfestsetzung
gemäß § 164 Abs. 2 AO, die zu einer Erhöhung,
Verringerung oder dem Wegfall der Steuerforderung führen
würde, entgegen (a.A. Bartone, AO-StB 2008, 132).
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aa) Mit Rechtskraft des
Bestätigungsbeschlusses haben die Gläubiger nur noch den
Anspruch aus dem Plan (K. Schmidt/Spliedt, InsO, 18. Aufl., §
254 Rz 2). Dies bedeutet zugleich aber auch, dass eben dieser
Anspruch in der angemeldeten Höhe durch den Plan positiv
bestätigt wird (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom
19.1.2012 IX ZR 4/11, HFR 2012, 669 = SIS 13 06 49 zum
Tabelleneintrag im Regelinsolvenzverfahren) und er - mit anderen
Ansprüchen - die alleinige Grundlage der Vermögens- und
Haftungsabwicklung bildet. Der gestaltende Teil des
streitgegenständlichen Planes sieht für die nicht
nachrangigen Gläubiger, zu denen auch das FA gehört, vor,
dass sie (schuldrechtlich) als Abfindungsbetrag auf ihre
festgestellten Forderungen eine Quote in Höhe von X %
erhalten. Unter der Zwischenüberschrift „Dinglicher
Vollzug“ ist geregelt, dass unter der aufschiebenden
Bedingung einer nach dem vorliegenden Insolvenzplan zu zahlenden
Quote auf festgestellte Forderungen in Höhe von X % alle
Gläubiger gegenüber der dies annehmenden Schuldnerin den
Verzicht auf alle bis zum 31.8.2009 entstandenen Forderungen
erklären. Es kann dahinstehen, ob durch diese Regelungen die
Forderungen der nicht nachrangigen Gläubiger teilweise in
sogenannte Naturalobligationen umgewandelt wurden (Umkehrschluss
aus § 254 Abs. 3 InsO; hierzu BGH-Urteil vom 19.5.2011 IX ZR
222/08, HFR 2011, 1380 = SIS 11 20 66; BFH-Beschluss vom 15.5.2013
VII R 2/12, BFH/NV 2013, 1543 = SIS 13 25 03), die gegen den
Schuldner nicht mehr durchsetzbar sind, oder die
Insolvenzforderungen in voller Höhe - bedingt durch die
Zahlung des Abfindungsbetrages - gemäß § 397 Abs. 1
des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) erloschen sind (vgl. K.
Schmidt/Spliedt, a.a.O., § 254 Rz 12; Spahlinger in
Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 254 Rz 19 f., zur
streitigen Frage, ob durch ausdrückliche Regelung im
Insolvenzplan das Erlöschen der Forderung geregelt werden
kann). In beiden Fällen wird auf die Forderung des FA und die
Forderungen der anderen Gläubiger in rechtsgestaltender Weise
mit Geltung für alle Beteiligten eingewirkt. Daran kann eine
spätere Änderung der Steuerfestsetzung, die zu einer
Erhöhung, Verminderung oder dem Wegfall der Steuerforderung
führen würde, nichts mehr ändern. Für die in
der Literatur vertretene Auffassung, wonach die aufgrund einer
nachträglich geänderten Steuerfestsetzung verminderte
Steuerforderung ipso iure die bisher im Insolvenzplan
berücksichtigte Steuerforderung ersetzen soll (so Bartone,
AO-StB 2008, 132, 136), fehlt die Rechtsgrundlage.
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§ 251 Abs. 2 Satz 2 AO i.V.m. § 257
InsO ist schließlich auch zu entnehmen, dass der Eintragung
der Steuerforderung in die Tabelle in Verbindung mit der
rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplanes nicht
lediglich Bedeutung für die Behandlung der Steuerforderung als
Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren (insbesondere
Verfahrensteilnahmeberechtigung und Berücksichtigung bei der
Vermögensverteilung) zukommt (so aber wohl Bartone, AO-StB
2008, 132: ausschließlich insolvenzmäßige
Feststellung ohne Bindungswirkung für nachfolgende
Steuerfestsetzungen). Vielmehr werden durch den Insolvenzplan im
Hinblick auf die Altschulden die Beziehungen zwischen dem Schuldner
und seinen Gläubigern gerade auch mit Wirkung für die
Zeit nach dem Insolvenzverfahren auf eine neue Rechtsgrundlage
gestellt.
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bb) Die bereicherungsrechtlichen Regelungen
des Insolvenzplanverfahrens zeigen, dass das FA materiell
berechtigt ist, das auf die angemeldete Forderung Gezahlte zu
behalten und Rückforderungsverlangen in Gestalt eines auf
§ 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbegehrens
zurückzuweisen.
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aaa) Die rechtsgestaltende Umwandlung der
Forderung in eine sogenannte Naturalobligation führt dazu,
dass die Forderung ihre Durchsetzbarkeit verliert, sie aber nach
wie vor den Rechtsgrund für das Behaltendürfen von
Zahlungen bildet (BGH-Urteil in HFR 2011, 1380 = SIS 11 20 66).
§ 254 Abs. 3 InsO bestimmt daher, dass der Schuldner die
Zuvielleistung nicht zurückverlangen kann, wenn Gläubiger
weiter gehend befriedigt worden sind, als sie nach dem Plan zu
beanspruchen haben. Können aber selbst auf die
Naturalobligation geleistete Zahlungen nicht zurückverlangt
werden, dann gilt dies erst recht für den vom FA aufgrund des
Insolvenzplanes empfangenen Abfindungsbetrag in Höhe von X %
der festgestellten Forderung. Der Insolvenzplan bildet den
Rechtsgrund für das Behaltendürfen. Damit streitet §
254 Abs. 3 InsO entgegen der Auffassung der Revision nicht für
die spätere Änderbarkeit der Steuerfestsetzung, sondern
dagegen.
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bbb) Soweit die Klägerin davon ausgeht,
dass ihr - ausgehend von einer gemäß § 164 Abs. 2
AO noch festzusetzenden Körperschaftsteuer 2008 in Höhe
von 0 EUR - materiell ein Bereicherungsanspruch in Höhe der an
das FA geleisteten Zahlungen aufgrund einer teleologischen
Reduktion des § 254 Abs. 3 InsO zusteht, beruht dies auf einem
falschen Verständnis der im insolvenzrechtlichen Schrifttum
vertretenen Auffassung. Die von Teilen der Literatur
befürwortete teleologische Reduktion betrifft den Fall, dass
der Insolvenzgläubiger mehr erhalten hat, als ihm nach seiner
ursprünglichen Forderung - ohne die Beschränkungen des
Planes - zustand. Das zuviel Erlangte ist dann nach
Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) herauszugeben, wobei allerdings
die Grenze des § 254 Abs. 3 InsO zu beachten ist. Daher ist
nur der die ursprüngliche Forderung übersteigende Betrag
zurückzuerstatten (MünchKommInsO/Huber, a.a.O., §
254 Rz 35; K. Schmidt/Spliedt, a.a.O., § 254 Rz 13; Spahlinger
in Kübler/Prütting/Bork, a.a.O., Rz 22). Die
Klägerin übersieht bei ihrer Übertragung dieser
Rechtssätze auf den Streitfall, dass mit der
ursprünglichen Forderung nicht die
Körperschaftsteuerforderung von 0 EUR gemeint ist, sondern die
Forderung, die das FA zunächst angemeldet hat und die zum
Anmeldezeitpunkt noch nicht den Beschränkungen des Planes
(Teilerlass) unterlegen hat. Erhält das FA - aus welchen
Gründen auch immer - mehr (z.B. 120.000 EUR) als ihr aufgrund
der Anmeldung (z.B. 100.000 EUR) zugestanden hat, dann ist dieses
zuviel Erlangte (im Beispiel 20.000 EUR) nach § 812 BGB
zurück zu gewähren. Das was sie auf dem vom Teilerlass
(z.B. in Höhe von 90 %) betroffenen Forderungsteil erhalten
hat, darf sie aber gemäß § 254 Abs. 3 InsO behalten
(im Beispiel 90.000 EUR). Zahlungen, die der Gläubiger auf
seine Ansprüche nach dem Insolvenzplan (im Beispiel 10.000 EUR
bei einer Quote von 10 % der angemeldeten Forderung) erhalten hat,
sind mit „vollem“ Rechtsgrund geleistet und
dürfen ohnehin behalten werden. Der Zahlungspflicht aus einer
von Anfang an unberechtigten Forderung kann der Schuldner somit
nicht durch eine nachträgliche Kondiktion entgehen, sondern
nur durch ein Bestreiten der Forderung im Prüfungstermin.
Versäumt er dies, dann wird die Forderung mit urteilsgleicher
Wirkung festgestellt mit der Folge, dass der Gläubiger die
Zahlung aufgrund des Planes zu beanspruchen hat und diese vom
Schuldner später nicht mehr bereicherungsrechtlich
zurückverlangt werden kann.
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b) Der Rechtsschutz der Schuldnerin ist trotz
Versagung einer nachträglichen Änderung gemäß
§ 164 Abs. 2 AO gewährleistet. Die urteilsgleiche Wirkung
des rechtskräftig bestätigten Insolvenzplanes tritt nur
ein, wenn der Schuldner die Forderung im Prüftermin nicht
bestritten hat (§ 257 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Klägerin
hätte ihre Einwendungen gegen die Höhe der angemeldeten
Körperschaftsteuerforderung 2008, die auf einer Schätzung
der Besteuerungsgrundlagen beruhte, ohne Weiteres durch Widerspruch
geltend machen können (so schon Welzel, Deutsche Steuerzeitung
1994, 331, 336).
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c) Das Vorbringen der Revision, wonach der
Tabelleneintrag einem finanzgerichtlichen Urteil gleichstehe,
dessen Rechtskraftwirkung die Korrekturvorschriften der
Abgabenordnung grundsätzlich unberührt lasse (§ 110
Abs. 2 FGO) und somit eine Korrektur nach § 164 Abs. 2 AO
ermögliche, überzeugt nicht. Denn vorliegend geht es
nicht um die Rechtskraftwirkungen des Tabelleneintrags im
Regelinsolvenzverfahren, sondern um die Rechtskraft, die dem
Insolvenzplan in Verbindung mit dem Tabelleneintrag zukommt. Der
Insolvenzplan wirkt rechtsgestaltend für und gegen alle
Beteiligten und betrifft im Streitfall damit nicht nur die
Klägerin als Schuldnerin und das FA als
Insolvenzgläubiger, sondern sämtliche
verfahrensbeteiligten Gläubiger und sogar alle Gläubiger,
die ihre Forderungen nicht angemeldet haben (§ 254 Abs. 1 Satz
3 InsO a.F.; jetzt: § 254b InsO i.d.F. des Gesetzes zur
weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 7.12.2011,
BGBl I 2011, 2582). Dagegen wirkt das finanzgerichtliche Urteil -
wie der Tabelleneintrag im Regelinsolvenzverfahren (vgl. § 201
Abs. 1 InsO; K. Schmidt/Jungmann, a.a.O., § 201 Rz 2) - nicht
rechtsgestaltend (vgl. Gräber/von Groll,
Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 110 Rz 4 und 5) und es gilt
auch nur inter partes, es bindet also ausschließlich die
Beteiligten (§ 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO). Den Bestand der
Forderung betreffende Änderungsmöglichkeiten in der
Sonderbeziehung des Schuldners zu einem einzelnen Gläubiger zu
erwägen, widerspricht im Übrigen dem Grundgedanken des
Insolvenzplanverfahrens, in dem das FA ohne jedes Vorrecht allen
anderen Gläubigern seiner Gruppe gleichgestellt wird, es sei
denn die Betroffenen stimmen einer unterschiedlichen Behandlung zu
(§ 226 Abs. 1 und 2 InsO).
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d) Es kommt für die Entscheidung des
Streitfalles nicht darauf an, ob der widerspruchslosen
Tabelleneintragung der Steuerforderung dieselbe Wirkung wie der
beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gemäß §
185 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO zukommt und wie diese (nur)
unter den Voraussetzungen des § 130 AO geändert werden
kann (BFH-Urteil vom 24.11.2011 V R 13/11, BFHE 235, 137, BStBl II
2012, 298 = SIS 11 39 41; so jetzt auch Anwendungserlass zur
Abgabenordnung i.d.F. des Schreibens des Bundesministeriums der
Finanzen vom 31.1.2013, BStBl I 2013, 118 = SIS 13 05 12, zu §
251 AO Rz 5.3.4 und 5.3.6). Der V. Senat des BFH hat für eine
dem Regelinsolvenzverfahren unterworfene Steuerforderung so
entschieden (a.A. Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 8. Aufl.,
S. 312; zum bisherigen Meinungsstand vgl.
Waza/Uhländer/Schmittmann, Insolvenzen und Steuern, 10. Aufl.,
Rz 740 ff.). Gegen die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze im
Insolvenzplanverfahren spricht, dass mit einer Änderung
gemäß § 130 AO nicht nur unmittelbar in den
für und gegen alle Beteiligten wirkenden Insolvenzplan und
seine im gestaltenden Teil abschließend getroffenen
Regelungen über die Vermögens- und Haftungsabwicklung
eingegriffen wird, sondern auch den Willenserklärungen der
Gläubiger, der Feststellung der Stimmrechte (§ 237 Abs. 1
InsO) und der Abstimmung über den Insolvenzplan (§§
243 ff. InsO) nachträglich die
„Geschäftsgrundlage“ entzogen würde
(a.A. Waza/Uhländer/Schmittmann, a.a.O., Rz 743). Jedenfalls
scheidet vorliegend eine Korrektur gemäß § 130 AO
schon deswegen aus, weil das FA unter Betätigung des ihm
eingeräumten Ermessens eine Änderung abgelehnt hat.
Ermessensfehler sind von Seiten der Revision weder geltend gemacht
noch sonst ersichtlich. In Übereinstimmung mit der
höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 24.11.2011
V R 20/10, BFH/NV 2012, 711 = SIS 12 10 15; vgl. auch Frotscher,
a.a.O., S. 312) hat das FA zutreffend berücksichtigt, dass
für die Klägerin die Möglichkeit bestand, durch
Bestreiten gemäß § 178 Abs. 2 i.V.m. § 257
Abs. 1 InsO den Eintritt der Urteilswirkung zu verhindern.
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