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I. Streitig ist, ob im Rahmen der
Altersteilzeit geleistete Zahlungen steuerbegünstigte
Versorgungsbezüge sind.
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Der im Jahr 1948 geborene Kläger und
Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (2009) als
Beamter nichtselbständig tätig. Die zuständige
Behörde hatte ihm schon 2002 für den Zeitraum vom
1.8.2004 bis zum 30.11.2013 Altersteilzeit nach dem Blockmodell
gemäß § 80b des Niedersächsischen
Beamtengesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung (NBG)
durch Bescheid bewilligt. Der Kläger verrichtete danach bis
zum 31.3.2009 den Dienst mit der regelmäßigen
Arbeitszeit; seine Freistellungsphase begann am 1.4.2009. Ab diesem
Zeitpunkt war der Kläger bis zum Eintritt in den Ruhestand mit
Ablauf des 30.11.2013 von der Dienstleistung vollständig
freigestellt.
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Der Kläger gab mit der
Einkommensteuererklärung einen Bruttoarbeitslohn von 30.301
EUR an. Den auf den Zeitraum vom 1. April bis 31.12.2009
entfallenden Teil der Bezüge (25.190 EUR) erklärte er als
Versorgungsbezüge.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das
Finanzamt - FA - ) qualifizierte die Einnahmen im hier streitigen
Einkommensteuerbescheid allerdings nicht als Versorgungsbezüge
und gewährte dementsprechend keinen
Versorgungsfreibetrag.
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Die dagegen gerichtete Klage hat das
Finanzgericht (FG) abgewiesen.
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Mit der dagegen vom Senat zugelassenen
Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen
Rechts.
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Er habe zwar im Streitjahr kein Ruhegehalt
i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a des
Einkommensteuergesetzes (EStG) bezogen, allerdings habe er einen
Versorgungsbezug nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG
in Gestalt eines gleichartigen Bezugs aufgrund beamtenrechtlicher
Vorschriften erlangt.
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Der Kläger beantragt, das Urteil des
Niedersächsischen FG vom 26.7.2011 aufzuheben und den
Einkommensteuerbescheid 2009 vom 22.11.2010 in Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 29.3.2011 dahingehend zu ändern,
dass der Versorgungsfreibetrag in Höhe von 1.890 EUR und der
Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag in Höhe von 567 EUR
berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt, die Revision
zurückzuweisen.
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II. Die Revision ist unbegründet und
daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die
vom Kläger bezogenen Einkünfte keine
Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG
darstellen und deshalb nicht im Umfang des Versorgungsfreibetrags
sowie des Zuschlags dazu steuerfrei sind.
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Nach § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG bleiben von
den Versorgungsbezügen ein nach einem Prozentsatz ermittelter,
auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag
(Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag
steuerfrei. Versorgungsbezüge sind nach § 19 Abs. 2 Satz
2 Nr. 1 Buchst. a EStG das Ruhegehalt, Witwen- oder Waisengeld, der
Unterhaltsbeitrag oder ein gleichartiger Bezug aufgrund
beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher
Vorschriften.
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a) Die vom Kläger bezogenen und hier in
ihrer Qualifikation streitigen Zahlungen waren - -das wird von den
Beteiligten insoweit auch nicht bezweifelt - ersichtlich weder
Ruhegehalt noch Witwen- oder Waisengeld und auch kein
Unterhaltsbeitrag. Zutreffend hat das FG aber weiter entschieden,
dass die während der Freistellungsphase an den Kläger
gezahlten Bezüge auch keinen dem Ruhegehalt gleichartigen
Bezug i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG
darstellen.
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aa) Ein gleichartiger Bezug i.S. des § 19
Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG ist ein Bezug, der nach seinem
Zuwendungsgrund mit einem Ruhegehalt, Witwen- und Waisengeld oder
Unterhaltsbeitrag vergleichbar ist. Der Tatbestand des § 19
Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a EStG folgt der
öffentlich-rechtlichen Einordnung der Zuwendung durch das
insoweit vorgreifliche Dienstrecht. Ein dem Ruhegehalt
gleichartiger Bezug erfordert deshalb, dass dieser Bezug - wie das
Ruhegehalt - ebenfalls einem Versorgungszweck dient, ihm also die
Funktion eines (vorgezogenen) Ruhegehalts zukommt (Urteile des
Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1.3.1974 VI R 47/71, BFHE 111, 516,
BStBl II 1974, 490 = SIS 74 02 74; vom 12.2.2009 VI R 50/07, BFHE
224, 310, BStBl II 2009, 460 = SIS 09 12 02; Breinersdorfer in
Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 19 Rz C 27, C
30).
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bb) Die während der Altersteilzeit im
Wege des Blockmodells in der Freistellungsphase gezahlten
Bezüge des Klägers haben diese Funktion nicht. Die
Bezüge dienen keinem Versorgungszweck. In der Altersteilzeit
erbrachte Bezüge sind vielmehr Entlohnung für die aktive
Tätigkeit des Teilzeitbeschäftigten, also laufende
Dienstbezüge; danach sind sie letztlich auch bemessen. Diese
Funktion der Altersteilzeitbezüge wird offenbar, wenn die
Altersteilzeit statt durch Blockmodell durch
Teilzeitbeschäftigung nach § 80b Abs. 2 Satz 2 i.V.m.
§ 80b Abs. 1 Satz 1 NBG praktiziert wird, der in
Altersteilzeit tätige Beamte also bei den nämlichen
Dienstbezügen während der gesamten Altersteilzeitphase
durchgängig die Hälfte der regelmäßigen
Arbeitszeit erbringt. Nichts anderes gilt für die Bezüge,
wenn die Altersteilzeit im Blockmodell statt im Teilzeitmodell
durchgeführt wird. Die in der Altersteilzeit erbrachten
Bezüge sind laufende Dienstbezüge, unabhängig davon,
ob die Altersteilzeit in Form des Blockmodells oder in Form des
Teilzeitmodells durchgeführt wird. Deshalb ist dem FG auch
darin zu folgen, dass sich die einkommensteuerrechtliche
Qualifikation der vom Dienstherrn im Blockmodell erbrachten
Bezüge auch nicht durch den Übergang von der
Dienst– in die Freistellungsphase ändert.
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Leistung und Gegenleistung im Rahmen der
Altersteilzeit betreffen in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht
lediglich die Frage, in welchen Zeiträumen die Dienstleistung
durch den Beamten einerseits und die Dienstbezüge andererseits
erbracht werden, regeln also Fälligkeit und Zuflusszeitpunkt,
nicht aber die grundlegende Qualifikation der beiderseitig
geschuldeten Leistungen. Wenn der Kläger also seine Dienste
entsprechend dem Blockmodell der Altersteilzeit nach § 80b
Abs. 2 Satz 1 NBG in der Weise erbrachte, dass er sie in der ersten
Hälfte der Altersteilzeit vollständig vorab leistete und
anschließend vom Dienst freigestellt war, waren
gleichermaßen die in der Dienstleistungsphase wie in der
Freistellungsphase erhaltenen Dienstbezüge keine
Versorgungsbezüge.
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b) Entgegen der Auffassung des Klägers
gelten vom Dienstherrn gezahlte Bezüge nicht stets schon dann
als ruhegehaltsgleichartig, wenn der Beamte keine
Dienstverpflichtung mehr hat und vollständig und
unwiderruflich von der Dienstleistung freigestellt wird. Deshalb
hat der Senat gleichartige Bezüge etwa bei
Übergangsgebührnissen eines Zeitsoldaten verneint
(BFH-Urteil in BFHE 111, 516, BStBl II 1974, 490 = SIS 74 02 74),
sie dagegen bei Dienstbezügen, die emeritierten Professoren
wegen Erreichens der Altersgrenze geleistet wurden, bejaht;
Letztere waren als dem Ruhegehalt gleichartige Bezüge
anzusehen (BFH-Urteil vom 19.6.1974 VI R 37/70, BFHE 113, 281,
BStBl II 1975, 23 = SIS 75 00 16). Entscheidend ist nicht die
Entbindung von den amtlichen Verpflichtungen an sich, sondern der
Rechtsgrund der Entbindung, beim Ruhegehalt eine Entbindung wegen
Erreichens der Altersgrenze. Etwas anderes folgt entgegen der
Auffassung des Klägers auch nicht aus dem Urteil des
erkennenden Senats in BFHE 224, 310, BStBl II 2009, 460 = SIS 09 12 02. Der Senat hatte dort zwar für den Sonderfall der
„58er-Regelung“ entscheidend darauf abgestellt,
dass die davon begünstigten Beamten auf Dauer von ihren
Verpflichtungen entbunden, also zur Erbringung von Dienstleistungen
nicht mehr verpflichtet gewesen seien und das wesentliche Merkmal
der Bezüge i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG fehle,
nämlich Gegenleistung für im gleichen Zeitraum
geschuldete und erbrachte Dienstleistungen zu sein. Die
Gleichartigkeit der Bezüge ergab sich aber auch im dort
entschiedenen Fall erst daraus, dass auch ansonsten die
Unterschiede zum beamtenrechtlichen Ruhegehalt nach
Einschätzung des Senats nicht so entscheidend waren, dass ein
dem Ruhegehalt gleichartiger Bezug verneint werden konnte; denn
auch dort war maßgeblich, dass die Bezüge die Funktion
eines vorgezogenen Ruhegehalts hatten.
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